Kommunale Kürzungen stoppen

Protest gegen Kürzungen in Dresden im Dezember 2024

Für eine sozialistische Kommunalpolitik

Die wirtschaftliche Krise hat verschiedene Folgen. Eine davon ist, dass der Staat geringere Steuereinnahmen hat. Diese Entwicklung trifft insbesondere die Kommunen.

Von Torsten Sting, Rostock

Die Städte und Gemeinden sind das schwächste Glied der staatlichen Kette. Sie verfügen über wenige Möglichkeiten, ihre Einnahmeseite zu verbessern, müssen aber viele Aufgaben im Auftrag des Bundes oder des jeweiligen Landes umsetzen.

Kürzungen

Angesichts der zunehmenden wirtschaftlichen Probleme, insbesondere der Industriebetriebe, sinken auch die Steuereinnahmen, die den kommunalen Haushalten zufließen. Das trifft oftmals ohnehin schon hoch verschuldete Kommunen. In den meisten dieser Fälle erhöhen die etablierten bürgerlichen Parteien und die AfD die lokalen Abgaben, zum Beispiel die Hundesteuer oder die Friedhofsgebühren. Zudem wird bei Einrichtungen, die für die Masse der Bevölkerung wichtig sind, massiv der Rotstift angesetzt. Leider macht Die Linke vor Ort häufig genug keine grundlegend andere Politik.

Einen wahren Horrorkatalog an sozialen Grausamkeiten gibt es in Dresden. Die dortige Ortsgruppe der Sol ist federführend bei den Protesten dabei. Aber auch in Berlin, Mainz und vielen anderen Kommunen gibt es massive Kürzungen. Was kann man dagegen tun?

Gegen Prestigeprojekte

Der Krise ungeachtet gönnen sich allerorten Kommunen Prestigeprojekte, die tiefe Löcher in die öffentlichen Kassen reißen. Stuttgart 21 wurde zum Sinnbild für diesen Irrsinn. Sozialistische Kommunalpolitik steht in der Verantwortung, außerparlamentarischen Widerstand gegen Projekte dieser Art zu organisieren und sie als das zu enthüllen, was sie sind: teuer, ineffizient, gewinnbringend nur für wenige Unternehmen und Kreditgeber, und oftmals mit erheblichen Folgekosten für die Menschen in den Kommunen verbunden.

Kommunalfinanzen

Der katastrophale Zustand vieler Kommunen ist in erster Linie das Produkt politischer Entscheidungen. So wurde über viele Jahre nach und nach die Verantwortung für soziale Pflichtleistungen von Bund und Ländern an die Kommunen delegiert.

Mehr ins Gewicht fällt jedoch die Einnahmeseite, wo die Kommunen systematisch Opfer einer Steuerpolitik im Interesse der Superreichen, der Banken und Konzerne sind. Infolge von diversen „Reformen“ sanken damit auch die Einnahmen für die Städte und Gemeinden. Die einzige Steuer, die die Kommunen selbst erheben können, ist die Gewerbesteuer. Die Sol fordert eine Erhöhung der Gewerbesteuer als Beitrag zur besseren finanziellen Ausstattung der Kommunen.

Gemeindefinanzen

Gewerkschaften und die politische Linke müssen den Druck für eine grundsätzliche Umgestaltung der Gemeindefinanzen erhöhen. Der Kampf für höhere Zuwendungen von Bund und Ländern muss aufgenommen werden. Durch Massenmobilisierungen in den Kommunen könnte dazu der nötige Druck aufgebaut werden. Ein gutes Beispiel ist der sozialistische Stadtrat der verarmten englischen Stadt Liverpool in den 1980er Jahren. Unter dem Motto “Besser das Gesetz zu brechen, als den Armen das Rückgrat” weigerte sich der damals von Marxist*innen geführte Stadtrat, Kürzungen umzusetzen, beschloss stattdessen unausgeglichene Haushalte und mobilisierte die Bevölkerung der Stadt in Massendemonstrationen und Streiks gegen die Regierung in London.

Statt Umverteilung von unten nach oben sollen die Reichen und die Konzerne für die Misere ihres Systems zahlen. Die 226 Milliardär*innen in Deutschland verfügen über 1,1 Billionen Euro Vermögen. Diese müssen endlich deutlich höhere Steuern zahlen! Hiervon könnten unter anderem kommunale Investitionsprogramme finanziert werden.

Würde über Massenmobilisierungen erreicht, dass höhere Einkommen und Gewinne stärker besteuert werden und mehr Geld für die kommunalen Aufgaben bereitgestellt wird, wäre das zwar zunächst ein riesiger Erfolg. Innerhalb dieses Systems würden die Kapitalist*innen aber schnell versuchen, dafür zu sorgen, an anderer Stelle wieder begünstigt zu werden. Ein Beispiel war der Skandal um die vier frühzeitig pensionierten Steuerfahnder in Hessen. Nachdem sie erreicht hatten, dass unter anderem die Commerzbank Mitte der Neunziger Jahre 260 Millionen Euro an das Land nachzahlen musste, stellte man ihnen psychiatrische Gutachten aus, dass sie arbeitsunfähig seien. Das ist nur ein Beispiel für die wahren Machtverhältnisse im Kapitalismus.

Zinszahlungen stoppen

Mit den Schulden der öffentlichen Haushalte machen einige riesige Profite: die Banken. Mit einem Stopp der Zinszahlungen für ausstehende Kredite an die Banken oder sogar einem Schuldenmoratorium könnte auf einen Schlag der finanzielle Spielraum von Kommunen massiv erweitert werden, um öffentliche Investitionen in den Bereichen Bildung, Kultur, Gesundheit und Soziales zu tätigen. In vielen Städten und Gemeinden stellen die Zinsen die größte Haushaltsstelle dar.

Widerstand von unten

Der wütenden Reaktion des Kapitals und der Banken in Folge eines Zahlungsstopps müsste eine Mobilisierung der Bevölkerung unter dem Motto „Besser bei den Banken kassieren als bei den Armen“ gegenüberstehen. Der Widerstand und der Zahlungsstopp müssten auf andere Kommunen ausgeweitet werden. Die Kassen der Kommunen wurden im Interesse des Großkapitals geplündert. Soll etwas gegen die klamme Lage der Kommunen getan werden, ist es nötig, sich mit den Banken und Konzernen anzulegen und innerhalb und außerhalb des Parlaments konsequenten Widerstand aufzubauen. Das ist möglich, wenn linke Mehrheiten in Stadträten ein sozialistisches Kommunalprogramm aufstellen und den Menschen deutlich wird, dass sich ein solcher Kampf lohnen würde, um mehr Kita-Plätze, kommunalen Wohnungsbau, Kultur-, Jugend- und Breitensportförderung, einen besseren öffentlichen Nahverkehr etc. zu erreichen.