Preise runter, Löhne rauf!

Wie den Kampf gegen die Folgen der Inflation führen?

In den letzten Monaten lagen die Inflationsraten wieder bei circa zwei Prozent. Ende gut, alles gut? Von wegen! Nur weil die Preise nicht mehr so schnell steigen, werden Miete, Essen und Strom ja nicht billiger. Maßnahmen gegen die weiterhin hohen Preise und die Profitgier der Konzerne sind immer noch nötig.

von Tom Hoffmann, Sol-Bundesleitung

Im Fünf-Jahres-Zeitraum wird das Ausmaß der Teuerung richtig deutlich. Um 20,5 Prozent sind seit 2019 die Verbraucherpreise gestiegen. Nahrungsmittel und Getränke sind um 36,7 Prozent, Energie ist um 37,1 Prozent teurer geworden.

Löhne und Einkommen sind zwar nominal auch gestiegen, aber nicht annähernd im selben Ausmaß. Die Reallöhne und -einkommen und der Anteil der Lohneinkommen am Volkseinkommen sind geschmolzen. Das Stück vom Kuchen, das den Lohnabhängigen zufällt, ist kleiner geworden.

Lohn-Preis-Spirale?

Das Märchen der Lohn-Preis-Spirale, nach der steigende Löhne ursächlich für steigende Preise seien, ist damit auserzählt. Im Gegenteil gab und gibt es eine Profit-Preis-Spirale: Gestiegene Kosten wurden und werden von den Unternehmen weitergegeben. Teilweise nutzen Konzerne ihre Quasi-Monopolstellung (zum Beispiel bei Engpässen), um sogar Extra-Profite einzufahren. Selbst die Chefin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, sprach 2022 davon, dass zwei Drittel der Preissteigerungen auf Unternehmensprofite zurückzuführen seien. 2023 belief sich der Nettogewinn allein der DAX-Konzerne auf 117 Milliarden Euro – im Übrigen subventioniert durch Milliarden an Steuergeld.

Die Ursachen der Inflation sind systembedingt. Die Konkurrenz zwischen Unternehmen und der Zwang zum Profit führen dazu, dass Gewinnmargen stimmen müssen. Deshalb werden steigende Kosten in der Regel weitergegeben, während sinkende Kosten in der Regel nicht zu sinkenden Preisen führen. Die unmittelbaren Ursachen der Inflation in den letzten Jahren (Auswirkungen der Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, wachsender Protektionismus u.a.) sind aber auch nicht vom Himmel gefallen, sondern zum Teil politische Entscheidungen und in letzter Instanz Ergebnisse eines auf Profit getrimmten kapitalistischen Systems, in dem die Spannungen zwischen den Staaten immer mehr anwachsen.

Dazu gehören steigende Zölle, wie aktuell in der Automobilindustrie, oder auch die Sanktionen gegen Russland, welche die Gaspreise massiv erhöht hatten. Dieser Wirtschaftskrieg hat Putin nicht an der Fortsetzung seines Krieges in der Ukraine gehindert, aber die Kosten für die arbeitende Bevölkerung in Russland und im Westen in die Höhe getrieben, weswegen die Sol diese Sanktionen abgelehnt hat.

Es ist davon auszugehen, dass die Inflation schnell wieder anziehen kann, wenn zum Beispiel (Handels-)Kriege zunehmen oder andere unvorhersehbare Ereignisse auftreten.

Mehr vom Kuchen… 

Die Sol kämpft gegen das Absenken des Lebensstandards der Masse der Bevölkerung, während Banken, Konzerne und Super-Reiche in immer mehr Geld schwimmen.

Dazu braucht es massive Steigerungen der realen Löhne und Einkommen. Diese müssen von Gewerkschaften und den Lohnabhängigen erkämpft werden, denn sie werden ihnen nicht geschenkt. Leider haben die Gewerkschaftsführungen in den letzten Jahren Tarifabschlüsse mit Reallohnverlusten akzeptiert und das ohne die ganze Kampfkraft der Beschäftigten in die Waagschale zu werfen und Erzwingungsstreiks zu organisieren. Das muss sich dringend ändern, weswegen Sol-Mitglieder in diesen Organisationen für einen kämpferischen Kurswechsel und mehr innergewerkschaftliche Demokratie eintreten. Doch die Gewerkschaften sollten nicht nur in Tarifrunden für die Interessen der jeweiligen Beschäftigten einstehen, sondern auch für politische Forderungen für die ganze Arbeiter*innenklasse ihre Macht einsetzen und mobilisieren.

…und die ganze Bäckerei erkämpfen

Unsere Forderungen (links) würden Millionen Menschen das Leben massiv erleichtern und den Kuchen wieder etwas umverteilen. Doch solange der Kapitalismus existiert, wird der Lebensstandard der Masse immer wieder unter Beschuss geraten. Wer der räuberischen Praxis, welche die Massen ärmer macht, auf Dauer ein Ende bereiten will, muss die kapitalistischen Macht- und Eigentumsverhältnisse infrage stellen.

Banken und Konzerne sollten in einem ersten Schritt ihre Geschäftsbücher gegenüber demokratisch gewählten Vertreter*innen der Belegschaften und der arbeitenden Bevölkerung offenlegen, um Lieferantenverträge und ihre Preispolitik transparent zu machen. Diese Unterlagen werden viele weitere Argumente dafür liefern, sie in Gemeineigentum zu überführen. Den Anfang sollten Energie-, Immobilien- und Rüstungskonzerne machen, die in den letzten Jahren besonders abkassiert haben. Unter der demokratischen Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung würde das Profitmotiv ausgeschaltet und die Voraussetzungen dafür geschaffen, die Wirtschaft nach gesellschaftlichem Bedarf und in nachhaltiger und harmonischer Weise demokratisch zu planen.

Die Sol fordert u.a.

  • Gewerkschaften in die Offensive: Kein Tarifabschluss ohne Reallohnerhöhung und länger als 12 Monate!
  • Automatische Anpassung der Löhne, Renten und Sozialleistungen an die Inflationsrate
  • Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde ohne Ausnahmen
  • Soziale Mindestsicherung und -rente von 900 Euro plus Warmmiete und 700 Euro pro Kind
  • Staatliche, kontrollierte und bezahlbare Obergrenzen für Lebensmittel- & Energiepreise
  • Sofortiger Mietenstopp und Einführung einer reglementierten und kontrollierten Kostenmiete
  • Wiedereinführung des 9-Euro-Ticket im Regionalverkehr und ÖPNV zum Nulltarif (bei massiven Investitionen, höheren Löhnen und mehr Personal für die Beschäftigten bei der Bahn und Verkehrsbetrieben)