
Die Welt wird instabiler
Trumps „Schock“-Offensive geht weiter, national und international. Ziel ist es, seinen Anhänger*innen zu zeigen, dass er entschlossen handelt, indem er eine Entscheidung oder Ankündigung nach der anderen bekannt gibt. Und um Trumps Gegner*innen national und international aus dem Gleichgewicht zu bringen.
von Robert Bechert, Komitee für eine Arbeiter*inneninternationale
Einige von Trumps Entscheidungen waren nicht von langer Dauer, insbesondere die rasche Erkenntnis, dass einige der am 16. Februar entlassenen Mitarbeiter*innen im Bereich der nuklearen Sicherheit tatsächlich gebraucht wurden, was zu dem verzweifelten Versuch führte, sie zu kontaktieren und an ihren alten Arbeitsplatz zurückzuholen.
Bei anderen Vorschlägen, insbesondere in Bezug auf Zölle, handelt es sich eindeutig um Verhandlungstaktik, um Zugeständnisse zu erzwingen.
Eines ist jetzt schon klar, nämlich, dass „Make America Great Again“ (MAGA) international auf Kosten aller Konkurrenten oder Lieferanten der USA geht. Dies wird die zunehmend stürmischen Weltbeziehungen weiter anheizen, im Zuge derer große und kleine Mächte in geopolitische Kämpfe um Einfluss und Ressourcen verwickelt sind, die manchmal auch militärische Aktionen beinhalten.
Die US-Regierung macht unverblümt klar, dass sie die wichtigsten Entscheidungen auf nationaler und internationaler Ebene allein treffen wird. Trumps Ausschluss der Ukraine und anderer europäischer Länder von seinen ersten Gesprächen mit Putin ist ein klassisches Beispiel für Trumps „Großmacht“-Politik.
Innerhalb der USA ignoriert Trump den neu gewählten US-Kongress trotz dessen republikanischer Mehrheiten weitgehend, indem er keine neuen Gesetze usw. vorlegt, sondern sich auf präsidiale Erlasse und Dekrete seinerseits verlässt. Damit verhält sich Trump ähnlich wie die britische Regierung, die zunehmend das „königliche Vorrecht“ für Erlasse nutzt, oder ähnlich wie Macron und seine Regierungen in Frankreich, die ihre Politik durch Präsidialdekrete und nicht durch parlamentarische Abstimmungen durchgesetzt haben. Nicht ohne Grund scherzte der Komiker Jon Stewart in der Daily Show im US-Fernsehen, dass MAGA in Wirklichkeit „Make America a Monarchy Again“ („Macht Amerika wieder zur Monarchie“) bedeutet. Diese Tendenz zur bonapartistischen Herrschaft symbolisiert die Art und Weise, in der Trump das, was er den „Washingtoner Sumpf“ nennt, durch eine „imperiale Präsidentschaft“ ersetzt.
Diese Herrschaftsmethoden stehen im Zusammenhang mit dem höchst personalisierten Regime, das Trump führt, das absolute Loyalität verlangt und von seinen Untergebenen unterwürfiges Verhalten erwartet. So erklärte US-Verteidigungsminister Hegseth bei den geplanten Verhandlungen mit Putin über die Ukraine: „Was er [Trump] zulässt oder nicht zulässt, fällt allein in den Zuständigkeitsbereich des Führers der freien Welt, nämlich Präsident Trump“. Mit anderen Worten: eine Ein-Personen-Herrschaft, die durch das jüngste Urteil des Obersten Gerichtshofs der USA, wonach ein Präsident rechtliche Immunität für alle in offizieller Funktion getroffenen Entscheidungen genießt, bekräftigt wird.
Aber das Verhalten der Regierung Trumps ist nicht einfach ein Kotau vor dem Chef. Trump und seine Leute repräsentieren eine eindeutig chauvinistisch-nationalistische und aggressive Strömung innerhalb der US-Kapitalist*innenklasse. Auf internationaler Ebene vertieft und verschärft die Trump-Regierung den nationalistischen Vorstoß des US-Imperialismus, in Reaktion auf die Verschlechterung seiner relativen Position gegenüber China im Besonderen.
Dies ist nicht das erste Mal, dass der US-Imperialismus gegen seine kapitalistischen Rivalen vorgeht. Im Jahr 1924 argumentierte Trotzki, dass die USA, die zu einem Nettoexporteur von Industriegütern geworden waren, gegen ihre europäischen Konkurrenten vorgingen, indem sie ihnen Grenzen „setzte“ und „fest umrissene Parzellen des Weltmarkts zuwies“. (Perspektiven der Weltentwicklung) Aber das ist heute nicht mehr so einfach angesichts der enormen potenziellen Stärke der chinesischen Industrie, die das internationale Gleichgewicht der wirtschaftlichen Macht verändert hat.
Zwischen den beiden Weltkriegen war dies nicht nur eine Frage des Handels, sondern auch der strategischen Rivalität und des potenziellen Konflikts zwischen den imperialistischen Mächten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte der US-Imperialismus begonnen, die Weltmacht des britischen Imperialismus herauszufordern. Im Jahr 1927 begann das US-Militär mit einer detaillierten Planung (dem „Atlantic Strategic War Plan“) für einen Krieg gegen Britannien und sein damaliges Empire. Diese Politik wurde 1930 von der US-Regierung gebilligt, und der Plan wurde bis 1939 beibehalten, als beschlossen wurde, keine weiteren Vorbereitungen für einen Konflikt mit Britannien zu treffen.
Bezeichnenderweise waren es nicht nur die USA, die zu dieser Zeit einen Krieg planten. Anfang 1921 hatte das kanadische Militär einen eigenen Plan, „Defence Scheme No. 1“, ausgearbeitet, um einen Erstschlag gegen die USA zu führen und Seattle, Great Falls, Minneapolis und Albany zu besetzen. Ziel war es, die US-Streitkräfte von der Invasion Kanadas abzulenken und den britischen Streitkräften Zeit zu verschaffen, um Kanada zu verteidigen. Dieser Plan wurde jedoch 1928 fallen gelassen, als klar wurde, dass Britannien einen weiteren Krieg mit den USA vermeiden wollte.
Heute sind die Rivalen des US-Imperialismus nicht mehr nur die europäischen Mächte und Japan, wie es beispielsweise in den 1980er Jahren der Fall war. Zu seinen Rivalen gehören vor allem China und mehrere andere Länder. Die Financial Times sprach von „separaten Handelsblöcken, die sich entwickeln, aber eher auf geopolitischer als auf geografischer Basis“. Im vergangenen Mai stellte eine IWF-Studie fest, dass sich drei große, politisch ausgerichtete Handelsblöcke herausbilden. Erstens ein amerikanisch geprägter Block, der die USA, Europa, Kanada, Australien und Neuseeland umfasst. Der zweite Block ist China zugeneigt und umfasst Russland, Belarus, Syrien und Eritrea. Schließlich gab es einen dritten Block, der von Ländern wie Indien, den ASEAN-Staaten und anderen Ländern des „globalen Südens“ gebildet wurde, die in ihren Beziehungen zu den USA und/oder China bündnisfrei oder neutral sind. (London, 17. Februar). Während Trump und andere wahrscheinlich versuchen werden, diese Gruppierungen zu destabilisieren, ist ihre Entwicklung ein weiteres Produkt der wachsenden internationalen Rivalität und Spannungen.
Die Zeit zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg hat gezeigt, dass es bei Konflikten nicht nur um Handelsfragen geht, sondern um Machtbeziehungen und strategische Interessen, die zwangsläufig eine militärische Komponente haben können. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass Trump die im „Atlantic Strategic War Plan“ enthaltenen Vorschläge für eine Invasion Kanadas reaktivieren wird, liegt das Hauptaugenmerk des US-Militärs jetzt auf dem Pazifik. Die USA konzentrieren sich auf die rasch wachsende militärische Stärke Chinas; eine Entwicklung, die die Aussicht auf militärische Zusammenstöße erhöht.
So erklärte der neue US-Verteidigungsminister Hegseth bei seinem Besuch in der NATO den NATO-Mitgliedern, dass die Abkehr der USA von Europa notwendig sei. Die USA, so Hegseth, „sehen sich einer konsequenten Bedrohung unseres Heimatlandes gegenüber“ und fügte hinzu, dass „wir mit den kommunistischen Chinesen auch einen ebenbürtigen Konkurrenten haben“, der das amerikanische Festland und „zentrale nationale Interessen im indopazifischen Raum“ bedrohen könne. Daher die militärische Verlagerung der USA in den Pazifik.
Trumps Gesten gegenüber Putins Regime betreffen nicht nur die Interessen der USA im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine, sondern können auch als Teil eines Versuchs gesehen werden, Russlands Beziehungen zu China zu schwächen und das Land zumindest zu einer „neutraleren“ Haltung gegenüber den Spannungen zwischen den USA und China zu bewegen. Vor diesem Hintergrund kritisiert Trump die Osterweiterung der NATO und verweist darauf, dass auch die russischen Machthaber vor Putin gegen deren Ausbau waren.
Trumps Kritiker*innen unter den pro-kapitalistischen Politiker*innen in Europa sind völlig heuchlerisch, da sie auch in ihrem eigenen Interesse handeln. Sie argumentieren über die Notwendigkeit, die Ukraine zu verteidigen, während sie zu den Angriffen des israelischen Staates im Gazastreifen, im Libanon und jetzt im Westjordanland weitgehend schweigen. Keine der beiden Seiten im Krieg in der Ukraine lässt den Völkern der Ukraine und Russlands die Möglichkeit, frei über ihre Zukunft zu entscheiden. In Wirklichkeit ist die Art und Weise, in der die Gespräche zwischen den USA und Russland geführt werden, typisch für ihre imperialistische Politik, bei der nicht nur die arbeitenden Menschen ausgeschlossen werden, sondern auch schwächere kapitalistische Mächte als bloße Spielfiguren behandelt werden.
Zölle
Dies ist der Hintergrund von Trumps doppeltem Bestreben, den US-Kapitalismus zu verteidigen und handelspolitische Zugeständnisse zu erzwingen. Das hatte mit der Ankündigung von Zöllen in Höhe von 25 Prozent auf alle kanadischen und mexikanischen Einfuhren in die USA und 10 Prozent auf alle chinesischen Einfuhren begonnen. Während die Erhöhung der Zölle auf kanadische und mexikanische Waren auf Anfang März verschoben wurde, wurde die Erhöhung der Zölle auf chinesische Waren umgesetzt. Der Angriff auf chinesische Einfuhren in die USA wurde jedoch schnell abgeändert: Die US-Post hob ihr plötzliches Verbot für unversteuerte Pakete aus China mit Waren im Wert von weniger als 800 Dollar wieder auf. Trump wollte die Millionen von Menschen nicht verärgern, die über das Internet chinesische Waren für ihren persönlichen Gebrauch gekauft hatten.
Während Trump es für nötig hielt, Anfang Februar zu warnen, dass höhere Zölle der US-Bevölkerung „Schmerzen“ bereiten könnten, hat er eindeutig Angst davor, dass der Anstieg der Zölle zu höheren Preisen führt. Dies umso mehr, als eines der Hauptthemen seiner jüngsten Wahlkampagne der Angriff auf die Inflation unter Bidens Präsidentschaft war.
Die Ankündigung höherer Zölle ist eine Eröffnungsdrohgebärde in Verhandlungen, und Trump mag wohl damit einige Zugeständnisse erreichen. Dies ist jedoch nicht in allen Fällen sicher, und selbst wenn dies geschieht, können sich diese Zölle immer noch negativ auf die Wirtschaft auswirken. Sollten die Zölle ernsthaft erhöht werden, droht die Gefahr eines Handelskriegs. Dies wird die Verbitterung darüber, dass Trump die europäischen Mächte sowie die Ukraine von den anfänglichen Gesprächen über einen Waffenstillstand in der Ukraine ausgeschlossen hat, noch verstärken.
Die Welt sieht die zerstörerische Natur des kapitalistischen Wettbewerbs und der Rivalität in allen Sphären. Die kapitalistischen Ideolog*innen sprechen von der „schöpferischen Zerstörung“ des Kapitalismus und ignorieren dabei den unnötigen Schmerz und das Leid, das dies mit sich bringen wird. Dies geschieht unweigerlich in Zeiten kapitalistischer Krisen und Kriege, aber jetzt ist es auch das Ergebnis der politischen Entscheidungen in Washington. Trumps abrupte Schließung von USAID bedeutet, dass allein in Nigeria rund 28.000 Beschäftigte des Gesundheitswesens nicht mehr bezahlt werden und die Fortführung der Behandlung von 20 Millionen HIV-Infizierten gefährdet ist.
In den USA beginnt bereits Widerstand von Beschäftigten des öffentlichen Sektors gegen die Welle von Stellenstreichungen, die von dem von Musk geführten DOGE-Team (das Department of Government Efficiency soll Kürzungen im Staatshaushalt organisieren, A.d.Ü.) brutal durchgesetzt werden. Dieser Widerstand wird zunehmen, wenn klar wird, dass Trump die von ihm versprochenen „guten Arbeitsplätze mit guten Löhnen“ nicht liefern kann. Schon jetzt werden Entschuldigungen dafür vorgebracht, warum die Preise in den USA nicht bereits zu sinken beginnen, wie es Trump für den Fall seines Wahlsiegs versprochen hat.
Die Beschäftigten auf der ganzen Welt werden lernen, dass sie in ihrem eigenen Interesse kollektiv genauso rücksichtslos handeln müssen, wie Trump und seine Bande es tun. Das wäre natürlich nicht im Interesse der Elite und der Kapitalist*innen, sondern zum Nutzen der großen Mehrheit.
Die Welt ist heute stärker vernetzt als je zuvor. Die Weltwirtschaft ist in hohem Maße miteinander verflochten, und ihre Funktionsweise gibt einen Hinweis darauf, wie es möglich ist, im globalen Maßstab zu planen. Doch im Kapitalismus verhindert der Wettbewerb um Profit zwischen konkurrierenden Unternehmen und auch zwischen Nationalstaaten, dass diese Möglichkeit voll ausgeschöpft wird. Millionen von Menschen verfügen nicht einmal über technologisch simple Dinge wie sauberes Wasser oder regelmäßigen Strom.
Der drohende Handelskrieg verdeutlicht den Charakter und die Grenzen des Kapitalismus. Doch was kann man tun, wenn die kapitalistischen Nationen diesen Weg einschlagen? Für Sozialist*innen ist der Ausgangspunkt, dass im Kapitalismus weder Freihandel noch Zölle letztlich den arbeitenden Menschen zugutekommen. Die Neoliberalen befürworten den Abbau von Handelsschranken, um neue Gebiete für die Ausbeutung zu erschließen und den Einfluss der großen Produktions-, Handels-, Finanz- und Dienstleistungskonzerne auf Kosten der lokalen Konkurrenten zu stärken. Lokale Kapitalist*innen befürworteten häufig Zölle und geschlossene Märkte, um ihre eigenen Gewinne zu steigern, indem sie den Wettbewerb mit ausländischen Konkurrenten einschränkten. Während gegen das unmittelbare Leid, das beide Ansätze verursachen, vorgegangen werden muss, kann die Alternative zu diesen beiden kapitalistischen Praktiken im Grunde nur in einer sozialistischen Alternative gefunden werden. Das bedeutet kollektives Eigentum und demokratische Planung der wichtigsten Wirtschaftssektoren weltweit, zunächst in den einzelnen Ländern, die damit ein internationales Beispiel geben, dem andere folgen können.
Um diesen grundlegenden Wandel zu erreichen, müssen sozialistische und Arbeiter*innenorganisationen aufgebaut und gestärkt werden, damit ein kollektiver Widerstand entstehen und Unterstützung für eine sozialistische Transformation gewonnen werden kann.
Tatsache ist, dass viele kapitalistische Gesellschaften beginnen, sich rückwärts zu entwickeln, wobei der Lebensstandard stagniert oder sinkt und Grundbedürfnisse wie Gesundheit und Wohnen nicht erfüllt werden. Dies führt dazu, dass Millionen Menschen immer weniger Hoffnung für die Zukunft haben. Dies geschieht vor dem Hintergrund zunehmender internationaler Spannungen und steigender Militärausgaben sowie einer Verschlechterung der klimatischen Bedingungen und der Umwelt. Diese Kombination verdeutlicht die stürmische Zeit, in die wir eingetreten sind. Es gibt keinen wissenschaftlichen oder technischen Grund, warum diese Bedingungen anhalten; der Grund ist der Charakter des Kapitalismus.
Überall werden Menschen aus der Arbeiter*innenklasse und Jugendliche nach einem Ausweg suchen, nach Antworten auf die vielen Fragen über die Zukunft und was getan werden kann, neben den entscheidenden Erfahrungen der Massenkämpfe. Dies kann Sozialist*innen die Möglichkeit geben, die Grundlage für den Aufbau einer Bewegung zu schaffen, die die herrschenden Klassen der Welt herausfordern und die grundlegenden sozialistischen Veränderungen herbeiführen kann, die notwendig sind, damit das Leben in vollen Zügen genossen werden kann.