Guter Auftakt im Kampf für einen TVStud

Bericht von der Aktiven-Konferenz für einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte

Am Wochenende des 21. bis 23. Februar 2025 fand die bundesweite TVStud-Konferenz in Göttingen statt, an der knapp 200 Studierende teilnahmen. Das Ziel der Konferenz, die hauptsächlich von ver.di und der GEW organisiert wurde, war die Vernetzung von studentischen Hilfskräften (SHKs) aus ganz Deutschland zur Vorbereitung auf die Verhandlungen zum Tarifvertrag der Länder im Winter dieses Jahres. Das Ziel ist erneut: Ein bundesweiter Tarifvertrag für studentische Beschäftigte.

von Till Freyberg, aktiv bei der ver.di-Betriebsgruppe an der Freien Universität Berlin und Teilnehmer der Konferenz

Studentische Hilfskräfte markieren mit knapp 300.000 Angestellten die größte „Tariflücke“ im öffentlichen Dienst. Berlin ist das einzige Bundesland mit einem Tarifvertrag für SHKs. Studierende müssen sich oft mit kurzen Vertragslaufzeiten (teils nur zwei, drei Monate; im Durchschnitt haben Studierende während ihres Studiums sieben Verträge), Mindestlohn und unbezahlten Überstunden auseinandersetzen. Außerdem haben nur Berlin und Brandenburg studentische Personalräte. In anderen Bundesländern haben SHKs kaum bis gar keine Repräsentation in den Betriebsstrukturen. Schon 2023 war der TVStud Teil der Tarifverhandlung der Länder, konnte jedoch nicht durchgesetzt werden. Stattdessen gab es eine sogenannte „schuldrechtliche Vereinbarung“, die zwar zumindest eine Mindestvertragslaufzeit von 12 Monaten und eine Anhebung des Mindestgehaltes vorsah, aber nicht dieselbe rechtliche Bedeutung wie ein Tarifvertrag hat und individuell nicht einklagbar ist. Demzufolge halten sich Universitäten in vielen Fällen nicht daran. Dieses Jahr soll der TVStud also wieder Verhandlungspunkt werden und bundesweit durchgesetzt werden.

Organising-Pläne

Dazu wurde auf der Konferenz ein Zeitstrahl präsentiert: Über das Sommersemester hinweg sollen so viele Gespräche mit SHKs wie möglich geführt werden. In diesen sollen sie auf die Thematik Tarifvertrag angesprochen werden, es sollen Unterschriften gesammelt und Kolleg*innen zum Mitmachen in der Initiative und den Gewerkschaften organisiert werden. Dann werden im Juli auf einer großen Konferenz bundesweit die Forderungen zusammen ausgearbeitet, damit man mit diesen auf die Gewerkschaften zugehen kann. ver.di und GEW sollen dann die Forderungen in ihren Katalog mit aufnehmen und im Winter wird für die Umsetzung gestreikt.

Nach der anfänglichen Vorstellung der TVStud-Initiative, ihrer Geschichte und dem Zeitplan am Freitag gab es dann am Samstag zuerst eine Organising-Akademie, die fast den gesamten Tag in Anspruch nahm. Hier ging es um grundsätzliche Themen des Organisierens: Wie verschaffe ich mir einen Überblick über Kolleg*innen im Betrieb, wie komme ich ins Gespräch, wie führe ich so ein Gespräch gut, wie kann ich für meine Sache begeistern und wie gehe ich mit Widerspruch um? In jedem Fall sind die Ziele: Unterschriften sammeln, für die Initiative und die Gewerkschaft gewinnen und Streikbereitschaft abfragen. Nach dieser Akademie gab es Workshops zu verschiedenen Themen, z.B. die sogenannte „betriebliche Mitbestimmung“ und schlussendlich am Abend eine Podiumsdiskussion zum Thema „Gemeinsam sind wir stärker“ u.a. mit einer Professorin der Uni Göttingen und einer Vertreterin von ver.di. Insgesamt 12 Stunden Programm. Am Sonntag dann nochmal eine Workshopschiene mit Themen wie „Was können wir gegen Rechts tun?“, wo auch Vertreter*innen vom DGB und Studis gegen Rechts zum Diskutieren eingeladen waren sowie ein Abschlussplenum, wo jedes Bundesland seine Ziele für zu führende Gespräche bis Juli vorgestellt hat. 48 Stunden vollgepackte Konferenz

Kaum inhaltliche Diskussion möglich

Die Konferenz war ein guter Auftakt, und doch hatte man auf dem Nachhauseweg auch kritische Gedanken im Kopf. Trotz des vollen Programms und der vielen Workshops gab es zu keinem Zeitpunkt eine richtige Gelegenheit zum Diskutieren oder für die anwesenden Aktivist*innen, sich auch inhaltlich einzubringen. Was den Ablauf der Kampagne angeht, wurden wir vor vollendete Tatsachen gesetzt. In den Diskussionen wurden oft schon vorbereitete Fragen an die verschiedenen Gäste gestellt. Der einzige Moment für richtiges Einbringen waren die letzten 15 Minuten der Podiumsdiskussion am Samstagabend. Das zeigt leider auch die Kehrseite des Organising, wie es oft praktiziert wird: So wertvoll es ist, die Aktiven mit organisatorischem Handwerkszeug auszustatten, sollte das nicht dazuführen, dass inhaltliche und politische Diskussionen und demokratische Entscheidungsfindungen unter den Tisch fallen.

Dass es viel Diskussionsstoff gegeben hätte, drang an verschiedenen Stellen durch. Die Konferenz wurde u.a. vom „Gespenst des Kommunismus“ heimgesucht: Drei Mal fiel das Wort „Kapitalismus“ und jedes Mal wurde gebuht. Aber darüber hinaus blieb die Konferenz weitgehend unpolitisch. Warum das ein Fehler ist, wurde aber angerissen. In unserem Fall ist der „Arbeitgeber“ der Staat, die Vertreter*innen der Länder sind Politiker*innen. In Berlin wurden Gelder für Universitäten schon gekürzt, und es ist abzusehen, dass dies auch anderswo passieren wird.

Politisierung nötig

Dabei wäre das Geld, das hier und im Gesundheitswesen oder der öffentlichen Daseinsvorsorge angeblich fehlt, bei den Superreichen zu holen, indem man sie drastisch besteuert. Stattdessen kürzen die pro-kapitalistischen Parteien lieber, um Profite zu schützen und Aufrüstung zu finanzieren. Auf diese Probleme wird auch der Arbeitskampf um einen TVStud treffen und eine klare politische Positionierung und Kampagne, ist nötig, um diesem entgegenzutreten.

Es ist zu hoffen, dass wir in diesem Jahr Erfolg haben. Alle Erfolge im Kapitalismus sind allerdings temporär und können jederzeit wieder zunichtegemacht werden. Für eine dauerhaft gute und sichere Arbeidiesemt an der Universität braucht es eine sozialistische Demokratie, um die Universitäten vom Profitzwang und Sozialabbau abzubringen.