
Erklärung des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale zum 8. März 2025
Wenn man sich am Internationalen Frauentag 2025 in der Welt umschaut, hat man den Eindruck, die Rechte der Frauen seien in fast allen Teilen der Welt stärker als je zuvor unter Beschuss.
Armut, Ungleichheit, Krieg und Umweltzerstörung sind die vielfältigen Folgen eines globalen kapitalistischen Systems, das sich in einer tiefen Krise befindet. Diese Krisen betreffen alle Menschen der Arbeiter*innenklasse und der armen Bevölkerung weltweit. Aber aufgrund der bereits bestehenden Ungleichheit der Geschlechter leiden Frauen unter besonderer Not und Unterdrückung.
Die Zahlen sind erschreckend. Weltweit lebt jede zehnte Frau in extremer Armut, während der Reichtum der Milliardär*innen der Welt in nur einem Jahr um zwei Billionen US-Dollar gewachsen ist. Jedes Jahr sterben weltweit etwa 300.000 Frauen während der Schwangerschaft oder bei der Geburt. Mindestens jede dritte Frau – 763 Millionen Frauen – wird mindestens einmal in ihrem Leben körperliche und/oder sexuelle Gewalt erleben.
Am schlimmsten ist das Leid im „Globalen Süden“. Bei der völkermörderischen Zerstörung des Gazastreifens fielen Frauen überdurchschnittlich oft israelischen Bomben zum Opfer. In den oft „vergessenen“ brutalen Konflikten im Sudan und in der Demokratischen Republik Kongo werden Vergewaltigung und sexuelle Gewalt massenhaft als Kriegswaffen eingesetzt. In Afghanistan haben die Taliban Frauen nicht nur das Recht auf Arbeit und Bildung verweigert, sondern sogar ihre Stimmen an öffentlichen Orten zum Schweigen gebracht.
In den wirtschaftlich stärker entwickelten kapitalistischen Ländern sind die Folgen der „Großen Rezession“ von 2007/2008 immer noch spürbar, da Regierungen aller Couleur weiterhin eine Sparpolitik verfolgen und versuchen, die Arbeiter*innenklasse für die Krise des von ihnen verteidigten kapitalistischen Systems bezahlen zu lassen. Und da Frauen nach wie vor den Großteil der Kinderbetreuung und unbezahlten Hausarbeit übernehmen, in den meisten Fällen zusätzlich zu ihrer bezahlten Arbeit, wirken sich Kürzungen bei öffentlichen Dienstleistungen und Sozialleistungen nachteilig auf die Tätigkeiten, die sie ausüben können, die Arbeitszeiten, die Löhne, die sie verdienen können, und ihren Lebensstandard im Ruhestand aus.
Gleichzeitig haben die Wirtschaftskrise und das Fehlen einer politischen Alternative der Arbeiter*innenklasse den Aufstieg des Rechtspopulismus in vielen Ländern angeheizt, insbesondere die jüngste Rückkehr von Donald Trump ins Amt des US-Präsidenten, was die Befürchtung einer weiteren Gegenreaktion gegen die Rechte der Frauen schürt.
Dies ist jedoch nur eine Seite dessen, was weltweit geschieht. Der Internationale Frauentag wurde am 8. März 1911 von sozialistischen Frauen als Protesttag ins Leben gerufen, um den Kampf der Frauen aus der Arbeiter*innenklasse gegen wirtschaftliche Ausbeutung und Unterdrückung zu feiern. Und in den letzten Jahren gab es von Lateinamerika bis Bangladesch, von Spanien bis Indien, vom Iran bis Sri Lanka zahlreiche Beispiele dafür, wie Frauen, Jugendliche, Angehörige der Arbeiter*innenklasse und arme Menschen international gegen Armut, Ungleichheit, Unterdrückung und Korruption protestieren, streiken und sich erheben.
Wahl von Trump
Trumps zweiter Sieg hat verständlicherweise bei Frauen, Migrant*innen, LGBTQ+-Personen und Minderheiten Angst ausgelöst, und es ist dringend notwendig, Widerstand gegen Angriffe auf alle unterdrückten Gruppen sowie gegen die Angriffe auf die Rechte und den Lebensstandard von Arbeiter*innen zu organisieren, die bereits im Gange sind und wahrscheinlich noch zunehmen werden.
Es wäre jedoch falsch zu glauben, dass die Wahl von Trump einen Rechtsruck in der US-Gesellschaft oder einen Rückfall in der gesellschaftlichen Einstellung zu Frauenrechten widerspiegelt. Zwar mag eine Minderheit derjenigen, die für Trump gestimmt haben, frauenfeindliche Ansichten vertreten und sich von der Rhetorik angezogen fühlen, dass Männer “verlieren”, weil die Rechte der Frauen „zu weit gegangen sind“, doch in Wirklichkeit gaben 80 Prozent die Wirtschaft als Hauptgrund für ihre Wahl von Trump an.
Die Vorteile des viel gepriesenen Wirtschaftswachstums in den USA (das im historischen Vergleich tatsächlich schwach ist) sind nicht bei den US-Amerikaner*innen aus der Arbeiter*innenklasse angekommen, deren Löhne im Durchschnitt immer noch so hoch sind wie vor 50 Jahren. Vielmehr ist es bei der superreichen Minderheit geblieben, deren Vermögen sich vervielfacht hat.
Joe Biden und die Demokraten werden mit stark gestiegenen Preisen und einer verheerenden Krise der Lebenshaltungskosten in Verbindung gebracht. Die meisten aus der Minderheit der US-Wähler*innen, die für Trump gestimmt haben, darunter auch Frauen, hoffen, dass sie mit ihm mehr Geld in der Tasche haben und ihre finanzielle Situation verbessern. Angesichts der Krise des Kapitalismus wird das nicht passieren. Im Gegenteil könnte seine Wirtschaftspolitik die Inflation erhöhen und sogar eine globale Rezession auslösen.
Zeitgleich mit den US-Präsidentschaftswahlen stimmten die Menschen in zehn Bundesstaaten in Referenden über die Verteidigung der Abtreibungsrechte ab. In acht dieser Referenden stimmte eine Mehrheit dafür, auch in Bundesstaaten, in denen Trump gewählt wurde. Über 60 Prozent der US-Bevölkerung befürworten das Recht auf Abtreibung in einigen oder den meisten Fällen. Dies erklärt, warum Trump sich bisher geweigert hat, die Forderung von Abtreibungsgegner*innen nach einem nationalen Abtreibungsverbot zu unterstützen, anstatt die Entscheidung den einzelnen Bundesstaaten zu überlassen, wie es seit der Aufhebung von Roe v. Wade durch den Obersten Gerichtshof im Jahr 2022 der Fall ist.
Gemeinsam zurückschlagen
Die stürmischen Ereignisse in Südkorea haben einen Eindruck davon vermittelt, was passieren kann, wenn autoritäre Populist*innen versuchen, zu weit zu gehen. Der ehemalige Präsident Yoon Suk Yeol wurde 2022 mit einem rechtspopulistischen Programm gewählt, das in dem Versuch, eine Schicht unzufriedener junger koreanischer Männer für sich zu gewinnen, den Feminismus und die Rechte der Frauen angriff und damit drohte, das Ministerium für Gleichstellungsfragen zu schließen. Als Yoon im Dezember 2024 das Kriegsrecht verhängte, wurde er durch Massenproteste gestürzt, bei denen junge Frauen und Männer gemeinsam mit den Gewerkschaften, die einen Generalstreik ausriefen, gegen Yoons autoritären Schritt aufbegehrten.
Es stimmt, dass die Demonstrationen zum Zeitpunkt von Trumps Amtseinführung in diesem Jahr nur ein schwaches Echo der Demonstrationen von 2017 waren, als vier bis fünf Millionen Menschen bei den Women’s Marches in den USA auf die Straße gingen – damals die größten Proteste in den USA seit dem Vietnamkrieg. Die unterschiedliche Resonanz dieses Mal ist jedoch nicht überraschend. Die selbst ernannten Anführer*innen der Bewegung haben es versäumt, auf der kollektiven Stärke der Proteste aufzubauen, sich mit anderen unterdrückten Gruppen und vor allem mit Arbeiter*innen, die sich an ihren Arbeitsplätzen zu organisieren begannen, zusammenzuschließen. Stattdessen haben sie die Energie und Wut auf der Straße in den Wahlkampf der Demokraten gesteckt, die Frauen sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch in der Frage der Abtreibungsrechte offenkundig im Stich gelassen haben.
Angesichts der Angriffe, die Trump bereits gegen Migrant*innen, unterdrückte Gruppen und Arbeiter*innen gestartet hat, und der unvermeidlichen Enttäuschung der Hoffnungen auf eine Verbesserung des Lebensstandards der Arbeiter*innenklasse sind zukünftige Kämpfe an mehreren Fronten unvermeidlich. Die Frage des Aufbaus einer neuen Arbeiter*innenpartei, die diese Kämpfe vereinen und eine politische Alternative zu den beiden Parteien der Großunternehmen bieten kann, wird in den USA, aber auch in anderen Ländern, in denen die populistische Rechte auf dem Vormarsch zu sein scheint, immer wichtiger werden.
Frauenrechte verteidigen
Der Women’s March 2017 in den USA war Teil einer globalen Protestwelle von Frauen in vielen verschiedenen Ländern im Zuge der Großen Rezession – eine Reaktion auf alle Formen von Ungleichheit und Ungerechtigkeit sowie auf die Gefahr, die rechtspopulistische Ideen für die Rechte der Frauen darstellen. Diese Bewegungen haben es geschafft, das Bewusstsein für geschlechtsspezifische Gewalt, sexuelle Belästigung, Sexismus und Frauenfeindlichkeit zu schärfen und einige wichtige Gesetzesänderungen zu erwirken, insbesondere in der Frage der Abtreibung, vor allem in Lateinamerika und Irland.
Diese Proteste haben jedoch auch die Grenzen von Frauenbewegungen aufgezeigt, die sich auf den Kampf für Gesetzesänderungen und die Änderung von Einstellungen beschränken, ohne ein umfassenderes Programm und eine Strategie für wirtschaftliche, soziale und politische Veränderungen zu haben.
Das hart erkämpfte Recht auf Abtreibung in Argentinien ist nun durch den rechtspopulistischen Präsidenten Javier Milei bedroht. In anderen Ländern sind es nicht rechtspopulistische Ideologien, sondern Sparmaßnahmen und Kürzungen im Gesundheitswesen und anderen wichtigen Bereichen, die die reproduktiven Rechte und die Sicherheit von Frauen gefährden. Obwohl sich die gesellschaftliche Einstellung gegen Gewalt an Frauen in vielen Ländern verbessert hat und Gesetzesreformen durchgesetzt wurden, wird dies durch fehlende Mittel für Unterstützungsdienste bei sexuellen Übergriffen, Frauenhäuser, Wohnraum usw. untergraben.
Geschlechtsspezifische Gewalt und Missbrauch, sexuelle Belästigung, Sexismus, Frauenfeindlichkeit, Verweigerung von reproduktiven Rechten, Geschlechterdiskriminierung und Ungleichheit sind das Ergebnis veralteter Vorstellungen von männlicher Kontrolle über die Fortpflanzung, Sexualität und das Verhalten von Frauen, die ihre Wurzeln in der Entwicklung der ersten ständischen Gesellschaften vor Tausenden von Jahren haben. Sie werden jedoch durch den Kapitalismus aufrechterhalten und reproduziert, der als System die bereits bestehende Ungleichheit der Geschlechter und die ihr zugrunde liegende Ideologie und Strukturen, einschließlich der Familie, für seine eigenen wirtschaftlichen Interessen ausnutzt – am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft im Allgemeinen.
Daher muss jedes Programm zur Verteidigung und Ausweitung der Rechte der Frau und zur Beendigung der Unterdrückung über Kampagnen zur Änderung von Verhaltensweisen, Einstellungen und Gesetze hinausgehen und dies mit einem Kampf um die wirtschaftlichen Ressourcen verbinden, die notwendig sind, um Frauen, insbesondere Frauen aus der Arbeiter*innenklasse, in die Lage zu versetzen, ihre Rechte in der Praxis auszuüben, und um ein Ende des kapitalistischen Systems zu erreichen, das Ungleichheiten in Bezug auf Macht und Reichtum in sein Gefüge integriert hat.
Die zentrale Bedeutung der Arbeiter*innenklasse
Solange der Kapitalismus existiert, wird die spezifische Unterdrückung der Frauen aufgrund ihres Geschlechts wahrscheinlich ein Gegenstand zukünftiger Kämpfe sein, egal in welcher Form sie stattfinden. Sie kann sogar ein Auslöser für breitere gesellschaftliche Bewegungen sein, wie wir es 2022 im Iran gesehen haben, nachdem Mahsa Amini von der „Sittenpolizei“ wegen „unangemessenen“ Tragens des Schleiers getötet wurde.
Die Kraft, die den notwendigen Systemwandel herbeiführen kann, um Unterdrückung und Ausbeutung ein Ende zu setzen, ist jedoch die organisierte Arbeiter*innenklasse aller Geschlechter. Die Arbeiter*innenklasse hat nicht nur ein wirtschaftliches Interesse daran – denn die Profite der Kapitalist*innenklasse stammen aus der Ausbeutung der Arbeiter*innen am Arbeitsplatz –, sondern vor allem hat sie die potenzielle kollektive Macht, die Entstehung dieser Profite und das kapitalistische Profitsystem als Ganzes zu stören.
In mehreren Ländern kam es in letzter Zeit zu einem Aufschwung bei Streiks und Arbeitskämpfen, die insbesondere durch die Krise der Lebenshaltungskosten ausgelöst wurden, wie zum Beispiel die Streikwelle in Großbritannien, aber auch in den USA rund um das Recht auf gewerkschaftliche Vertretung. Da die Beteiligung von Frauen an der Erwerbsbevölkerung in den letzten Jahrzehnten in vielen Teilen der Welt zugenommen hat, standen sie auch bei vielen der Streiks, die stattgefunden haben, im Vordergrund. Und wenn Frauen aus der Arbeiter*innenklasse sich in der Vergangenheit für wirtschaftliche Belange eingesetzt haben, die die Arbeiter*innenklasse als Ganzes betreffen, haben sie sich auch dafür eingesetzt, dass die Gewerkschaften und die Arbeiter*innenbewegung die Themen aufgreifen, die sie speziell als Frauen betreffen.
Die wichtige Rolle, die die Gewerkschaften spielen können, wurde kürzlich in Indien hervorgehoben. Die schreckliche Vergewaltigung und Ermordung einer angehenden Ärztin in einem Krankenhaus in Westbengalen im September letzten Jahres löste weitreichende Proteste aus. Ärztinnen und Ärzte im Bundesstaat traten in den Streik, der sich dann auf das ganze Land ausbreitete, und forderten Gerechtigkeit und mehr Sicherheit in Krankenhäusern, um die Sicherheit weiblicher Arbeiterinnen zu gewährleisten.
Sozialistischer Wandel
Dies ist nur einer von vielen globalen Kämpfen von Frauen und der Arbeiter*innenklasse insgesamt, die wir am Internationalen Frauentag feiern. Die kapitalistische Krise und die damit einhergehende Armut, Ungleichheit, Kriege und Klimakatastrophen sind der Nährboden für künftige Massenkämpfe. Doch wie die jüngsten Aufstände in Bangladesch, Syrien, Chile und anderen Ländern gezeigt haben, reicht es nicht aus, ein kapitalistisches Regime durch ein anderes zu ersetzen. Das gesamte kapitalistische System muss gestürzt werden, um die Probleme, mit denen Arbeiter*innen, Arme und unterdrückte Gruppen weltweit konfrontiert sind, an der Wurzel zu packen.
Dies erfordert den Aufbau von Massenparteien, die auf der organisierten Arbeiter*innenklasse basieren und ein Programm mit Forderungen haben, das die Kämpfe der Arbeiter*innenklasse und der unterdrückten Gruppen vereinen kann und bei jedem Schritt dieser Kämpfe den Weg zu dem notwendigen grundlegenden systemischen und strukturellen Wandel weist.
Sechs Jahre nach der Ausrufung des ersten Internationalen Frauentags entfachten arbeitende Frauen in Russland die Revolution, die unter der Führung der bolschewistischen Partei den Kapitalismus und den Feudalismus in diesem Land stürzen sollte.
Die stalinistische Konterrevolution, die aus der wirtschaftlichen Unterentwicklung Russlands und seiner Isolation resultierte, verhinderte den Aufbau einer echten sozialistischen Gesellschaft, die auf der Demokratie der Arbeiter*innen und Internationalismus basiert. Viele der Errungenschaften, die Frauen in den frühen Tagen der Revolution errungen hatten, wurden rückgängig gemacht. Aber ihr Vermächtnis lebt weiter.
Wenn 1917 eine Arbeiter*innenregierung in einem bitterarmen, hauptsächlich von Bäuer*innen bewohnten Land gleiche Bezahlung, Mutterschaftsrechte, das Recht auf Abtreibung, öffentliche Kindergärten und Restaurants einführen konnte, was wäre dann heute möglich, wenn der enorme Reichtum und die Ressourcen international aus den Händen der sie kontrollierenden kapitalistischen Minderheit genommen und in öffentliches Eigentum überführt würden, das demokratisch geplant wird, um Bedürfnisse zu erfüllen, nicht Profite zu generieren? Das Leben der Menschen aus der Arbeiter*innenklasse, insbesondere der Frauen, würde sich dramatisch verändern. Und in einem System, in dem alle ungleichen Machtverhältnisse beendet und das Profitmotiv beseitigt wäre, wäre der Weg frei für die Beseitigung der Unterdrückung von Frauen sowie aller anderen Formen von Unterdrückung, Krieg und Konflikten.
Dafür kämpft das Komitee für eine Arbeiter*inneninternationale in all den vielen Ländern auf der ganzen Welt, in denen wir organisiert sind. Schließ’ auch du dich uns in diesem Kampf für eine bessere Welt an!