Österreich: Die Falle Staatsräson

Parlamentsgebäude Wien; by SPÖ Presse und Kommunikation, on Flickr (CC BY-SA 2.0)

Neue Dreier Koalition plant Kürzungen

Am 29.9.24 fanden in Österreich Parlamentswahlen statt. Im März 2025 steht die Regierung. Dazwischen fanden Verhandlungen statt: Zuerst zwischen konservativer ÖVP, sozialdemokratischer SPÖ und liberalen Neos, dann zwischen rechtspopulistischer FPÖ und ÖVP und zum Schluss wieder ÖVP-SPÖ-Neos. Die erste mögliche Regierung unter einem FPÖ-Kanzler scheiterte. Vordergründig an der Frage, wer welche Ministerien erhält. Doch tatsächlich war sogar jenen Wirtschaftsleuten, die Fans dieser Variante gewesen waren, flau geworden, da die FPÖ anders als 2000 und 2017 selbstbewusster ihr Programm umsetzen wollte. 

Von Sonja Grusch, Sozialistische Offensive (Wien)

Mit dem aggressiven Vorgehen gegen Migrant*innen, der folkloristischen Überhöhung von angeblich traditionellem “Brauchtum” und dem Abbau bürgerlich-demokratischer Spielregeln hätten die Vertreter*innen des Kapitals keine Probleme gehabt. Sehr willkommen wäre alles gewesen, was die Lohnstückkosten der Betriebe reduziert. Zum Problem wurde, dass ein Kanzler Kickl in Brüssel EU-kritisch und Russland-freundlich aufgetreten wäre. Ein Problem, wenn rund siebzig Prozent der Exporte in die EU gehen und der Balkan Zielregion Nummer Eins für das österreichische Kapital ist.

Alle für Budgetkonsolidierung

Die Weltwirtschaft ist angeschlagen, die europäische Wirtschaft schwächelt und Österreich ist im dritten Jahr der Rezession. Die Perspektiven sind düster. Das ist der Hintergrund der Regierungsbildung. Die zentralen Aufgaben der kommenden Regierung sind Stabilität und Kostensenkungen für die Unternehmen. Für Erstes soll die SPÖ über den ÖGB helfen, Proteste zu verhindern. Zweites wird zum Beispiel durch Kürzungen der Lohnnebenkosten und eine “Fördereffizienzarbeitsgruppe” erledigt. Im Regierungspaket gibt es zwar durchaus auch positive Ankündigungen, doch die meisten unter “Budgetvorbehalt”. Konkret sind die die Milliarden für die Aufrüstung und die milliardenschweren Kürzungen in den nächsten Jahren. Dabei mangelt es nicht am Geld: In Summe waren allein die Dividenden der ATX-Unternehmen 2024 höher als die für 2025 geplanten Kürzungen.

Stillhalten nützt nur der FPÖ

Andreas Babler hat sich meilenweit von den linken Ankündigungen wegbewegt, mit denen er vor zwei Jahren SPÖ-Vorsitzender wurde. Übrig ist staatstragende Rhetorik. Babler hat alle Hoffnungen enttäuscht. Viele kritisieren das, sehen aber gleichzeitig keine Alternative zu dieser Koalition, um einen Kanzler Kickl zu verhindern. Das Konzept, sehr, sehr viel zu akzeptieren, um eine Regierung gegen Kickl zu schmieden, klingt aufs Erste vernünftig. Doch so kommt ein Gruselpaket zustande, das die FPÖ erst recht stärkt. Das Regierungspaket setzt bei „Migration“ und „Asyl“ zahlreiche FPÖ-Forderungen um. Die Lebenssituation der „normalen“ Menschen wird sich weiter verschlechtern. Die Unzufriedenheit wird zu Recht steigen. Auch die Instabilität von Regierungen sind Symptome der generellen Krise und werden nicht aufhören. Solange es keine kämpferische linke Alternative gibt, werden die Rechten profitieren!

Jetzt Widerstand organisieren!

Die Wahlerfolge der Kommunistischen Partei (KPÖ) in den letzten Jahren zeigen ebenso wie der (kurzfristige) Hype um Babler, wie groß der Wunsch nach einer echten Alternative im Interesse der Arbeitenden ist. Eine solche Alternative zu dieser Koalition startet bei einem kämpferischen Programm für die Ausfinanzierung von Bildung, Gesundheit und Sozialem, mit Jobgarantien bei Betriebsschließungen, für leistbares Wohnen und gleiche Rechte für alle die hier leben – finanziert aus den Gewinnen der Konzerne und den Vermögen der Superreichen. Um so ein Programm können Linke aus der SPÖ, Betriebsrät*innen, die KPÖ und Aktivist*innen im Umfeld der Partei und v.a. Beschäftigte und Klient*innen aus diesen Bereichen gemeinsam eine Kampagne und Bewegung aufbauen. Diese kann der Startpunkt für eine politische Alternative, eine neue Partei für Arbeiter*innen und Jugendliche sein. Eine solche bräuchte ein sozialistisches Programm, das über den Tellerrand des Kapitalismus hinaus blickt, um Kürzungen und Rechtsextremismus ein für alle Mal den Boden zu entziehen!