
Stoppt die Angriffe auf Frauen, LGBTQ+, Demonstrant*innen und Eingewanderte!
Vier Monate nach Beginn Donald Trumps zweiter Amtszeit kommt es zu immer größer werdenden Protesten gegen seine Angriffe auf die Rechte von Migrant*innen, Frauen und der LGBTQ+ Gemeinschaft. Trumps schnell aufeinanderfolgende Regierungsanordnungen sollen die Leute einschüchtern und Angst verbreiten. Die Menschen in den USA sind wütend, erschöpft, überfordert und haben Schwierigkeiten, mit dem Nachrichtenzyklus Schritt zu halten.
Von S. J. Dickie, Independent Socialist Group, (Schwesterorganisation der Sol in den USA)
Dennoch regt sich Widerstand. Millionen von Menschen gingen für die landesweiten „Hands Off!“-Demonstrationen (dt.: „Hände weg!“) auf die Straßen, die am 5. und 19. April in Hunderten von Städten organisiert worden waren. Diese Proteste fanden als Reaktion auf eine Vielzahl von Ereignissen statt, von Trumps offen rassistischen Razzien gegen Migrant*innen durch die Einwanderungsbehörde ICE, über die Entziehung von Studierendenvisa und Angriffen auf die Rechte von Trans-Personen bis hin zu den zerstörerischen Massenentlassungen auf Bundesebene, und die Ausradierung von Sozialeinrichtungen und zugänglicher Gesundheitsversorgung. An den „Hands Off!“-Protesten beteiligen sich viele Arbeiter*innen, auf der Suche nach Alternativen zum sogenannten Trumpismus. Das ist eine positive Entwicklung, aber um erfolgreich gegen Trumps Angriffe und das System, das er vertritt, vorzugehen, muss sich aus ihnen eine neue Massenbewegung der arbeitenden Bevölkerung entwickeln.
Trumps Angriffe
Die Angriffe aus dem Weißen Haus und von Trumps milliardenschweren Unterstützer*innen sind die letzte Eskalation einer altbekannten Taktik des Kapitalismus, um die Arbeiter*innenklasse zu spalten. Sie sollen Trans-Personen aus dem öffentlichen Leben ausschließen, während gleichzeitig bei Gesundheitsversorgung und Forschung gekürzt wird. Die Trump-Regierung definiert das Geschlecht einer Person jetzt als „die unveränderliche biologische Klassifikation eines Individuums als männlich oder weiblich“ und erkennt die Geschlechtsidentität nicht mehr als Teil dieses an. Die Regierungsanordnung dazu trägt den fragwürdigen Titel „Women’s Defense“ (dt.: Verteidigung der Frauen).
Trumps Position ist es, dass die sogenannte „Geschlechterideologie“ (oder Menschen, die trans sind) eine Bedrohung für Frauen darstelle, wobei er insbesondere Trans-Frauen als Betrügerinnen und Straftäterinnen darstellt. Er beschreibt die „finstere Bedrohung der Geschlechterideologie“ als „eine der verbreitetsten Formen des Kindesmissbrauchs in unserem Land.“ Dabei nutzt er die Panikmache gegen Trans-Personen gezielt, um von Kürzungen bei sozialen Diensten und seinem Versagen, die Lebenshaltungskosten in den Griff zu bekommen, abzulenken. So spaltet er die arbeitende Bevölkerung, um eine vereinte Arbeiter*innenbewegung zu verhindern.
Trump hat kein Interesse daran, Frauen zu schützen. Abgesehen von sexistischen Aussagen und Handlungen in der Vergangenheit, hat Trump sich nun dafür ausgesprochen, die Hyde-Abänderung (amendment) durchzusetzen, die das Einsetzen von Bundesmitteln für Schwangerschaftsabbrüche verbietet. Die Biden-Regierung hatte diese Möglichkeit offen gelassen, als sie es versäumte, das Recht auf Abtreibungen im Bundesgesetz festzuschreiben, als die Demokraten in beiden Häusern die Mehrheit hatten.
Um weiter Angst und Zwietracht in der Bevölkerung zu säen, hat die Trump-Regierung die unter Biden in Gang gesetzten Repressionen gegen palästinensische Aktivist*innen zusätzlich verschärft. Die US-Einwanderungsbehörden haben bereits mehrere internationale Studierende festgenommen, nachdem diese sich mit Palästina solidarisiert oder an Protesten gegen den Völkermord teilgenommen haben, darunter Rumeysa Ozturk, eine Absolventin der Tufts University, die von ICE-Agenten in Zivil verhaftet und in ein Abschiebegefängnis in Louisiana gebracht wurde. Das setzt einen gefährlichen Präzedenzfall, auch in Zukunft Einwander*innen aufgrund politischen Aktivismus ihren legalen Status entziehen zu können.
Trump hat eine Regierungsanordnung erlassen, um „verschwenderische“ Diversitäts-, Gleichstellungs- und Inklusionsaktivitäten (DEI) in der Regierung sowie bei Regierungsauftragnehmern und Förderungsempfängern zurückzufahren. Dies soll angeblich „leistungsbasierte Chancen“ wiederherstellen, wobei impliziert wird, dass gute, fleißige weiße Männer Chancen verloren hätten zugunsten von Frauen, Nicht-weißen oder LGBTQ+ Personen oder Menschen mit Behinderung, zusammengefasst: Menschen, die diese Chancen nicht verdient hätten. Dieser Versuch, Misstrauen und Ablehnung innerhalb der Arbeiter*innenklasse zu schüren und sie auf Basis ihrer Geschlechtsidentität zu spalten, soll Trump den Kahlschlag der sozialen Dienstleistungen und Programmen erleichtern. Es untergräbt außerdem die Organisation der arbeitenden Bevölkerung über Unterschiede in Ethnie, Geschlecht und Einwanderungsstatus hinweg, um für mehr Gelder und Ressourcen zu kämpfen. Damit wird verhindert, dass diese einzelnen Sektionen der Arbeiter*innenklasse ihre gemeinsamen Probleme und deren Ursachen erkennen: die Unterdrückung durch die herrschende Klasse.
Die verschiedenen Teile der Arbeiter*innenklasse haben mehr gemeinsam, als viele von uns denken. Wir alle beschäftigen uns mit den gleichen Problematiken. Die Lebenshaltungskosten – Wohnen, Gesundheitsversorgung, Schulden, Bildung – steigen weiter, während Löhne stagnieren. Klimakatastrophen verwüsten weiterhin Gemeinden auf der ganzen Welt. Angriffe auf DEI und Massenentlassungen verursachen Chaos im Leben der arbeitenden Bevölkerung. Obwohl diese Probleme bereits vor Trump bestanden, werden er und die anderen Kapitalist*innen, die er vertritt, weiterhin zusehen, wie die Welt brennt, wenn sie daraus Profit schlagen können. Daher muss der Kampf gegen Trump nur ein weiterer Schritt im Kampf gegen das kapitalistische System als Ganzes sein.
Mitverantwortung der Demokratischen Partei
2020 setzten Millionen Amerikaner*innen auf die Demokratische Partei als Alternative zu Trumpismus und Rechtsextremismus. Doch anstatt ihre Wahlversprechen, wie die Schließung von Lagern an Grenzen, die Beendigung der Finanzierung von Trumps Grenzmauer, die Umsetzung von Gleichstellungsgesetzen zum Schutz von LGBTQ+ Personen vor Diskriminierung, die Tilgung der Studienkredite, die Festschreibung von Roe (Recht auf Abtreibung) in Bundesgesetze und den Green New Deal umzusetzen, setzten die Demokraten Trumps Kurs in großen Teilen fort. Sie drängten auf eine friedliche Machtübergabe und beschränkten sich auf symbolische „Kämpfe“ gegen Trump vor Gericht, wobei sie sich weigerten, Massenproteste auf den Straßen zu organisieren. 2021 riet der demokratische Bürgermeister von Washington, DC den Menschen, von Gegenprotesten gegen den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar ab. Die kapitalistische Klasse und ihre beiden Parteien sehen die extreme Rechte oft nicht als Bedrohung und haben sich mit dem neuen Trump-Regime arrangiert.
Wenn überhaupt, ergreifen die Demokraten jede Gelegenheit, um sozialen Bewegungen ihre Dynamik zu entziehen und die Arbeiter*innenklasse weg von unabhängiger Politik, hin zum Wählen der Demokraten zu lenken. Als die Black Lives Matter Proteste 2020 nach dem Tod von George Floyd zunehmend die arbeitende Bevölkerung erreichten, wurden sie kurzer Hand in die Biden-Kampagne subsumiert. Die Finanzierung für Polizeibehörden ist in den letzten fünf Jahren allerdings nur gestiegen.
Der Women’s March in Washington, DC, war mit über 470.000 Teilnehmer*innen einer der größten Proteste an einem einzelnen Tag in der Geschichte der USA– doch verändert hat sich nichts. Wenn die Demonstrant*innen den Marsch verließen, hatten sie kein Programm, dem sie folgen konnten, außer sich den Demokraten anzuschließen. Progressiver anmutende Demokraten wie Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez haben versucht, die Wut gegen Trump zu nutzen, um durch ihre „Oligarchie Bekämpfen“ Tour dieses Jahr wieder mehr Menschen in die Demokratische Partei zu lenken, anstatt das derzeitige Momentum zu nutzen, um eine politische Organisation von und für Arbeiter*innen aufzubauen. Das „Squad“ gibt vor für die Arbeiter*innenklasse einzutreten, während es in Wirklichkeit alles andere tut. Sowohl Sanders als auch AOC stimmten dafür, Marco Rubio zum Außenminister zu machen, und unterstützten die Finanzierung des Völkermords in Gaza. Die Demokratische Partei setzte zudem brutale Repressionen gegen Proteste für Gaza im letzten Frühjahr durch. Sie bieten der Arbeiter*innenklasse keinen Weg nach vorne.
Echter Widerstand
Vergleicht man den „Widerstand“ der Demokratischen Partei gegen Trump mit denjenigen, die bei den Stonewall-Unruhen beteiligt waren, so haben letztere bedeutend größere Fortschritte für arbeitende LGBTQ+ Menschen erzielt. Die Unruhen begannen, als das Stonewall Inn, eine beliebte Schwulenbar in New York City, am Abend des 28. Juni 1969 von der Polizei gestürmt wurde. Solche Razzien in Schwulenbars waren damals gang und gäbe, doch in dieser Nacht wehrten sich die Gäste. Die Menge vor der Bar wuchs und zog solidarische Arbeiter*innen aus der ganzen Stadt an. Gay- und Trans-Aktivist*innen nutzten den Moment, um Informationen zu verbreiten und eine Gemeinschaft aufzubauen, die später die Schwulenrechtsbewegung massiv vorantrieb. Diese Aktivist*innen konnten später Kontakte zu den Black Panthers, zu Sozialist*innen und anderen Gruppen, die gegen Polizeigewalt im Rahmen der Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre kämpften, aufbauen. Sie erkämpften unter anderem massive Fortschritte für die Rechte von LGBTQ+ Personen, die gleichgeschlechtliche Ehe, und die Implementierung von Anti-Diskriminierungsgesetzen. Auch Gewerkschaften setzten sich für LGBTQ+ Rechte ein, beispielsweise 1977 beim Streik von 1.500 Lastwagenfahrern gegen die Coors Brauerei als Antwort auf ihre homophoben Einstellungspraktiken. Der Boykott dauerte bis in die Mitte der 1980er Jahre.
Massenarbeiter*innenbewegungen haben in der Vergangenheit bedeutende Erfolge erkämpft, und genau deren Taktiken und Strategien müssen wieder aufgenommen werden, wenn die reale Lösungen für die Angriffe auf LGBTQ+ und Frauenrechte erreicht werden sollen. Der Schlüssel liegt darin, Proteste und Streiks in einer anhaltenden, koordinierten Massenbewegung zu organisieren, die an eine unabhängige Arbeiter*innenpartei gebunden ist.
Die United Auto Workers, deren Mitglieder an vorderster Front der Pro-Palästina-Proteste beteiligt sind, könnten ihre Mitglieder – nicht nur an Universitäten, sondern auch an anderen Arbeitsplätzen – mobilisieren, um sich gegen ICE-Razzien, Belästigungen durch Vorgesetzte, Diskriminierung, Restriktionen bei Abtreibung und reproduktiven Freiheiten sowie die Aushöhlung vieler Bundesprogramme und Dienstleistungen, von denen LGBTQ+, Frauen und Migrant*innen besonders profitieren, zur Wehr zu setzen. An der Columbia University und der University of California haben Gewerkschaften Demonstrationen und sogar Streiks zum Schutz pro-palästinensischer Aktivist*innen organisiert. Eine oder einige wenige Gewerkschaften werden jedoch nicht ausreichen, es braucht eine Massenbewegung der breiten Arbeiter*innenklasse, um sich gegen Trumps Politik zur Wehr zu setzen. Eine Arbeiter*innenpartei ist hierbei ein entscheidendes Element, bei der Frage, wie wir die arbeitende Bevölkerung über soziale und gewerkschaftliche Bewegungen hinweg vereinen können.
Warum wir den Sozialismus brauchen
Der Kapitalismus schürt das „Wir gegen die“-Gefühl, das gegen die vulnerabelsten Gruppen der Arbeiter*innenklasse eingesetzt wird, während Trump und seine Gruppe von Milliardär*innen davon profitieren. Unsere Probleme als Arbeiter*innen – ob homosexuelle oder trans, ob nicht-weiße, eingewanderte oder behinderte Menschen – sind durch die wirtschaftlichen Strukturen des Kapitalismus untrennbar miteinander verbunden. Gesetze gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz sind bedeutungslos, wenn Einstellung und Entlassung willkürlich erfolgen. Frauen und die LGBTQ+-Gemeinschaft verdienen im Vergleich zu heterosexuellen, cis-gender Männern oft weniger. 40 Prozent arbeiten im Niedriglohnsektor, wie Gastgewerbe, Bildung und Einzelhandel – Jobs, die häufig keine Krankenversicherung oder bezahlten Urlaub bieten. Besonders Transfrauen verdienen nur 60 Cent für jeden Dollar, den der durchschnittliche Arbeiter in den USA verdient. Zudem ist Diskriminierung in diesem profitorientierten Gesundheitswesen weit verbreitet, in dem der Versichertenstatus an die Beschäftigung geknüpft ist und die selbst zu leistenden Zuzahlungen den Zugang zu medizinischer Versorgung erschweren, ob man versichert ist oder nicht.
Diese Form der Unterdrückung ist im kapitalistischen System fest verankert: Unterschiede bei Löhnen und Sozialleistungen werden gezielt genutzt, um einen „Wettlauf nach unten“ zu erzeugen. Der Kapitalismus verbreitet die Lüge, dass gute Jobs endliche Ressourcen sind, um die Arbeiter*innen konkurrieren müssen. Ganz nach dem Motto „teilen und herrschen“, versucht die politische Rechte, die Arbeiter*innenklasse zu spalten, indem sie die breite Masse gezielt gegen marginalisierte Gruppen aufhetzt und diese für das Leid anderer verantwortlich macht. Wir dürfen nicht vergessen, dass sie nach den Trans-Personen, Einwander*innen und Antikriegsaktivist*innen auch alle anderen Arbeiter*innen ins Visier nehmen werden.
Den USA fehlt eine unabhängige Arbeiter*innenpartei. Das stärkt die extreme Rechte, die weder von Republikanern noch den Demokraten echte Opposition fürchten muss. Wir müssen unsere Kämpfe verbinden und uns gegen die herrschende Klasse vereinen. Als Sozialist*innen glauben wir, dass durch eine sozialistische Revolution eine bessere Welt möglich ist. Wir brauchen ein sozialistisches Programm, um die Unterdrückung der LGBTQ+ Gemeinschaft, von Nicht-weißen Personen und Frauen zu beenden. Wir brauchen eine Arbeiter*innenpartei, die Wohnraum, Energie, Gesundheitsversorgung und Verkehr in demokratische, öffentliche Kontrolle überführt und sicherstellt, dass alle Menschen haben, was sie brauchen – unabhängig von Beschäftigungsstatus oder Geschlechtsidentität. Eine Arbeiter*innenpartei würde eine Führung garantieren, die rechenschaftspflichtig gegenüber ihrer Mitgliedschaft ist. Wenn nur genug Arbeiter*innen sich für eine unabhängige, linke, arbeiter*innenfreundliche Politik entscheiden, anstatt die von Konzernen kontrollierte Duopol-Parteien zu wählen, werden Trump und die extreme Rechte keine Chance haben.
Dieser Artikel wurde aus dem englischen übersetzt und erschien auch hier im Original.