Kahlschlag bei Thyssenkrupp

Foto: ThyssenKrupp Steel AG in Duisburg. von Dortmund2008 - CC BY-SA 3.0 https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2b/ThyssenKrupp_Steel_AG.JPG

Das ist kein Naturgesetz!

Der Thyssenkrupp-Konzern unter Vorstandschef Miguel López hat angekündigt, weitere Unternehmensteile abzuspalten. Sparten sollen verselbstständigt und teils verkauft werden. Laut IG Metall droht dabei der Verlust von über 20.000 Arbeitsplätzen.

Von Julian Engels, Dortmund

Jürgen Kerner, stellvertretender Aufsichtsratschef und Zweiter Vorsitzender der IG Metall, kritisiert die Pläne scharf. Es gehe ausschließlich um Profitmaximierung und Aktionärsinteressen – die Beschäftigten blieben außen vor. Auch der Betriebsrat beklagt in einer Stellungnahme vom 25.05.2025 mangelnde Einbindung und fordert mehr Transparenz, aber auch verbindliche Perspektiven für Standorte und Belegschaften. Doch was folgt auf diese Analyse? Wenig mehr als moralische Appelle.

IG Metall-Führung zu zahm

Die IG Metall beschreibt die Lage so: Die Misere sei Folge jahrelanger Fehlentscheidungen im Management – nicht der Belegschaften, die Tag für Tag ihre Arbeit leisten. Aber auch, wenn die hochbezahlten Manager*innen einen schlechten Job machen, liegt das Problem nicht bei Managementfehlern, sondern in der kapitalistischen Profit- und Konkurrenzlogik selbst. Denn in einem System, in dem nicht die Bedürfnisse der Menschen, sondern die Renditeerwartungen der Aktionär*innen zählen, sind Standortschließungen, Spaltungen und Massenentlassungen keine „Fehler“ – sondern logische Folgen. Wer also meint, mit „vernünftigerem Management“ lasse sich der Kurs korrigieren, verkennt die Ursache.

Außerdem bleiben die Reaktionen der IG Metall-Führung viel zu zahm. Worte wie „über den eigenen Schatten springen“ oder Appelle an mehr „Sensibilität“ zeigen: Statt Widerstand zu organisieren, versucht man es weiterhin mit Co-Management. Die Zielsetzung ist allenfalls sozialverträglicher Stellenabbau statt Kampf um jeden Arbeitsplatz. Betriebsbedingte Kündigungen sind möglich – aber der entschlossene Widerstand bleibt aus.

Das ist kein Schicksal – es gibt eine Alternative!

„Es gibt Situationen, da muss man die Tür eintreten.“ sagte Wili Hajek in der Dokumentation „Luft zum Atmen“, in der es um den Arbeitskampf bei Opel Bochum 2004 geht.

In solch einer Situation befinden sich die Kolleginnen und Kollegen bei Thyssenkrupp. Jetzt ist nicht die Zeit für Verzicht oder Nichtstun – sondern für Widerstand. Es geht jetzt darum, eine Entscheidung zu treffen. Entweder entschlossener Arbeitskampf, um einen Kurswechsel zu erzwingen, verbunden mit der politischen Forderung nach Verstaatlichung des Konzerns unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung. Schlüsselindustrien gehören in die öffentliche Hand – nicht an die Börse! Oder man schluckt erneut einen Sozialtarifvertrag, der das Unvermeidliche nur abfedert – aber nicht verhindert: Die Vernichtung zehntausender Arbeitsplätze und die weitere Privatisierung einer ehemals industriellen Schlüsselstruktur.

Ein Arbeitskampf wie 1987 in Duisburg-Rheinhausen wirkt heute weit weg – aber er zeigt, was möglich ist, wenn Belegschaften entschlossen handeln. Damals setzten die Kolleginnen und Kollegen eine Betriebsversammlung dauerhaft fort für eine so genannte stille Besetzung. Die Produktion lief weiter, aber unter Kontrolle der Stahlkocher. Mehrmals wurden für Stunden, Tage und eine Woche die Arbeit niedergelegt. Zeitweise war das Betriebsratsbüro 24 Stunden besetzt, damit sich Kolleg*innen jederzeit Informationen abholen konnten. Während des gesamten Arbeitskampfes waren Betriebsversammlungen gleichzeitig öffentliche (Protest)Veranstaltungen. Betriebsbesuche wurden organisiert, öffentliche Protestaktionen wie Brückenbesetzungen, Demos und Fackelzüge organisiert. Ein Höhepunkt des AufRuhrs in Rheinhausen war der Stahlaktionstag im Ruhrgebiet am 10.12.1987 mit einem regionalen Generalstreik.

IG Metall: Erfüllt euren Auftrag!

In §2, Absatz 4 der IG Metall-Satzung ist klar formuliert: „Die IG Metall strebt die Überführung von Schlüsselindustrien in Gemeineigentum an.“ Es ist an der Zeit, diese Worte mit Leben zu füllen – nicht sie als Papiertiger zu verwalten. Jetzt braucht es nicht Verwaltung, sondern Mobilisierung. Keine symbolischen Mahnwachen, sondern Streiks, Betriebsversammlungen, Besetzungen, Blockaden – und den Willen, zu gewinnen.