Merz & Klingbeil regieren für die Reichen

Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons

Kürzungen, Aufrüstung, Arbeitszeitverlängerung – die Pläne der neuen Regierung

Zum Zeitpunkt des Schreibens ist es etwa zwei Monate her, dass Merz erst im zweiten Wahlgang zum Bundeskanzler gewählt wurde. Dass der ehemalige Blackrock-Manager auf Die Linke zugehen musste, um diesen zweiten Wahlgang noch am gleichen Tag zu ermöglichen, zeigt die Schwäche dieser Regierung. Die ersten Wochen der historisch kleinsten „GroKo“ haben jedoch auch gezeigt, dass diese Regierung eine Regierung des Kapitals ist, von der Lohnabhängige keine Verbesserungen zu erwarten haben – im Gegenteil.

von Caspar Loettgers, Sol-Bundesleitung

Seit zwei Jahren steckt Deutschland in einer Rezession. Unter den entwickelten Industrienationen bildet Deutschland das Schlusslicht bzgl. des Wirtschaftswachstums. Diese Konjunkturkrise ist Teil einer strukturellen Niedergangsperiode des kapitalistischen Systems. Die Folge sind Steuerausfälle, Betriebsschließungen, Arbeitslosigkeit, Kürzungspolitik. Alle Versuche, die Profitraten für die Kapitalist*innen wieder zu erhöhen, werden auf dem Rücken der Arbeiter*innenklasse ausgetragen werden. Dies, zusammen mit der gesellschaftlichen und politischen Polarisierung in Deutschland, bedeutet, dass die Regierung Merz von Anfang an unter Druck steht.

Investitionsprogramm

Das 500-Milliarden-Sondervermögen für Infrastrukturinvestitionen, welches zusammen mit der Aufhebung der Schuldenbremse für Rüstungsausgaben völlig undemokratisch noch vom alten Bundestag beschlossen wurde, gibt der Bundesregierung einen gewissen finanziellen Spielraum. Auch wenn noch unklar ist, wofür das Geld konkret ausgegeben wird, kann die Regierung einen Teil davon nutzen, um große, verallgemeinerte Angriffe auf Sozialstandards und Arbeiter*innenrechte vorübergehend zu umgehen. So soll ein Teil auch den Ländern zugutekommen, um einen Teil der Einnahmeausfälle zu kompensieren, die durch die Steuergeschenke ans Kapital entstehen. Die Steuergeschenke belaufen sich auf insgesamt 48 Milliarden Euro⁴, darüber hinaus ist eine Stromsteuersenkung nur für Unternehmen geplant – im Übrigen ein weiterer Bruch des Koaltionsvertrags. Für die Kommunen bedeuten die Steuergeschenke einen Verlust von 13,5 Milliarden Euro. Diese sollen zwar ausgeglichen werden, indem die Kommunen mit einem größeren Betrag an der Umsatzsteuer beteiligt werden. Dies wird aber nicht das jetzt schon große Defizit in vielen Kommunen ausgleichen. Sowohl auf kommunaler als auch auf Landes- und Bundesebene ist mit weiteren Einsparungen und Kürzungen zu rechnen, um die Geschenke an die Banken und Konzerne zu finanzieren.

Militarisierung

Vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Weltlage hat Merz die Politik seiner Vorgänger*innen zur weiteren Aufrüstung und Militarisierung der Gesellschaft fortgesetzt. Die Weltlage wird als Legitimation der Aufrüstung angeführt. Doch zunehmende Kriege und militärische Konflikte sind Ausdruck der Krise des Weltkapitalismus, in der Staaten um Einfluss, Ressourcen und Absatzmärkte kämpfen. Auch die Bundeswehr soll nicht zu einer reinen Verteidigungsarmee ausgebaut werden, sondern die deutschen Kapitalinteressen global verteidigen und zur Not durchsetzen. Dazu werden nun Milliarden in die Armee gesteckt. Auch diese Ausgaben werden früher oder später zu Kürzungen bei Sozialem etc. führen.

Gleichzeitig geht die Aufrüstung der Bundeswehr einher mit einer Militarisierung der Gesellschaft. Beispielhaft steht dafür der kürzlich abgehaltene Veteranentag. Aber auch die Debatte um einen Wehrdienst bzw. – wenn dieser nicht die nötigen Rekruten bringt – eine Wiedereinführung der Wehrpflicht verdeutlicht die Aufrüstungsambitionen der Herrschenden.

Angriffe auf Migrant*innen

Direkt nach seinem Amtsantritt hat Merz versucht, von seiner unsozialen Politik mit weiteren Angriffen auf die Rechte von Migrant*innen abzulenken. Die rechtswidrigen Zurückweisungen⁵ an den deutschen Außengrenzen kosten zwar enorm viel Geld (mehr als fünfzig Millionen Euro  im letzten Halbjahr)⁶, ändern aber nichts daran, dass Menschen vor Krieg, Hunger und Armut fliehen müssen. Stattdessen wird eine migrationsfeindliche Politik genutzt, um die Bevölkerung zu spalten und von den unsozialen Angriffen von oben abzulenken.

Angriffe auf Arbeitszeit

Ein konkreter Ansatz dieser unsozialen Politik ist die Debatte um die „Flexibilisierung“ der Arbeitszeit. Konkret ist damit gemeint, dass die tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden aufgehoben werden soll⁷. Auf den ersten Blick mag diese „Flexibilisierung“ für manche Beschäftigte attraktiv wirken, weil die Regierung so tut, als ob Beschäftigte sich freier selbst ihre Arbeitszeiten einteilen könnten. Doch in kaum einem Betrieb wird dies der Fall sein, vielmehr wird der Druck von seiten der Unternehmen steigen, Arbeiter*innen zu mehr längeren Schichten zu verdonnern. Das wird Stress und Krankheiten erhöhen und ein geregeltes Privatleben erschweren.

Gegenwehr organisieren

Diese Regierung steht fest an der Seite der Reichen. Von Merz und Co. haben Lohnabhängige keine Verbesserungen zu erwarten – im Gegenteil: Wir müssen uns auf Angriffe auf Sozialstandards und Arbeiter*innenrechte gefasst machen. Doch diese Regierung ist auch eine der schwächsten Regierungen seit Langem. Eine entschlossene Gegenwehr von Gewerkschaften und der Linken könnte die anstehenden Angriffe abwehren. Dazu ist aber eine klare Strategie und ein kämpferisches Programm nötig. Die Sol schlägt daher vor, eine Widerstandskonferenz zu organisieren, auf der Pläne für die  Organisierung von Gegenwehr diskutiert und verabredet werden könnten. Gleichzeitig muss klar sein, dass Merz und seine Politik keine Zufallsprodukte sind, sondern Ausdruck der tiefen Krise des Kapitalismus. Die Sol kämpft daher für eine Überwindung dieses Systems und für eine sozialistische Demokratie.


¹ https://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Bundestag#/media/Datei:German_parliamentary_elections_diagram.svg

² https://de.statista.com/statistik/daten/studie/5848/umfrage/prognose-zur-entwicklung-des-realen-bruttoinlandsprodukts-in-deutschland/

³ https://de.statista.com/infografik/23188/iwf-prognose-zur-veraenderung-des-realen-bip/

https://www.tagesspiegel.de/politik/einigung-bei-investitionspaket-bund-entlastet-kommunen-vollstandig-fur-steuerausfalle-13903327.html

https://verfassungsblog.de/zuruckweisung-grenze-kontrolle-dobrindt/

https://www.welt.de/politik/deutschland/article256153914/grenzkontrollen-kosten-ueber-50-millionen-euro-im-halbjahr-vor-dem-regierungswechsel.html

https://www.verdi.de/themen/tarifpolitik/++co++45818654-0d2e-11ef-b8fd-0db5bd6c9048