
Beitrag der ‘Bewegung Sozialistischer Kampf’ aus Israel-Palästina zum 14. Weltkongress des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale (CWI)
Am 14. Weltkongress des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale (CWI), der Ende Juli in Berlin stattfand, nahm eine Gastdelegation der “Bewegung Sozialistischer Kampf” aus Israel-Palästina teil, die diesen Text zur Debatte eingereicht hatte. Dieser wurde nicht abgestimmt, wird aber als Anhang zur beschlossenen Resolution zur Weltlage vom CWI veröffentlicht.
Die israelische Regierung unter Netanjahu und der extremen Rechten wird vor allem von Expansionsbestrebungen und ethnischen Säuberungen “zwischen dem Fluss und dem Meer” angetrieben, mit der Logik der Auslöschung der Palästinenser*innen als Nation, während sie militärisch den israelischen Kapitalismus als dominierende Macht in der Region unter der Schirmherrschaft des US-Imperialismus durchsetzt. Mit der entschiedenen Unterstützung Washingtons haben sie eine der schlimmsten Katastrophen dieses Jahrhunderts auf dem Planeten ausgelöst, darunter massive Vernichtung und Zerstörung sowie den Einsatz von Hungersnöten, um die Palästinenser*innen aus Gaza und weiten Teilen des Westjordanlands zu vertreiben und generell Annexionen in der einen oder anderen Form hin zu einem „Groß-Israel” voranzutreiben.
Einerseits waren die Spaltungen innerhalb der israelischen herrschenden Klasse erheblich und weitgreifend, was strategische Dilemmata angesichts einer tiefgreifenden allgemeinen Krise widerspiegelte, darunter Bedenken hinsichtlich der Ideen einer Annexion und eines Rekolonialisierungsprojekts im Gazastreifen sowie Opposition gegen eine Reihe von Regierungsmaßnahmen. Dies ging so weit, dass wichtige Kräfte des Kapitals und hochrangige ehemalige Beamte aus der Militär- und Sicherheitselite sowie dem Staatsapparat eine offene Allianz mit der Führung der Gewerkschaft Histadrut eingingen, um zwei Generalstreiks gegen die Politik der Regierung zu organisieren, darunter einen im Kontext der höchst widersprüchlichen israelischen Protestbewegung für die Rückkehr der Geiseln (wo linke und sozialistische Kräfte, die ein Ende des genozidalen Kriegs fordern, selbst in der Minderheit sind). Dies ist ein Zeichen für eine gewisse Verzweiflung der israelischen herrschenden Klasse, die sich auf Methoden zur Legitimierung stützt, die sich in Zukunft möglicherweise gegen sie selbst richten könnten (die Generalstreiks, Anm. der Übersetzung). Dennoch bestand der Großteil der Militäraktion der Regierung Netanjahu darin, die geostrategischen Bestrebungen der herrschenden Klasse insgesamt zu verwirklichen, indem sie die Offensive der Hamas vom 7. Oktober 2023 auf äußerst zynische Weise ausnutzte.
Erst seit kurzem kritisieren einige Sprecher der israelischen Bourgeoisie die „Kriegsverbrechen“ der israelischen Regierung. Dies spiegelt ihre Angst vor möglichen langfristigen politischen Folgen auf globaler und regionaler Ebene wider, während die öffentliche Unterstützung über Israel selbst in den USA stark abnimmt. Auch westliche Regierungen sehen sich gezwungen, das israelische Regime einzudämmen oder sanft herauszufordern, um ihre letztendliche Mitschuld an dem genozidalen Angriff gegen die Palästinenser*innen durch symbolische Maßnahmen politisch zu verschleiern, darunter auch die Unterstützung der nominellen Verfahren des Internationalen Gerichtshofs (IGH) und des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) wegen Genozids.
Weltweit haben der genozidale Krieg gegen die Palästinenser*innen und die massive regionale Aggression reaktionäre Phänomene wie Chauvinismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit weiter verbreitet. Aber er hat auch die Explosion einer internationalen Solidaritätsbewegung ausgelöst, die weltweit ein Sammelruf war und trotz systematischer Repression international länger Bestand hatte als die Bewegung gegen die Invasion des Irak im Jahr 2003. In einigen Ländern wurde sie zu einem wichtigen Faktor in Wahlkämpfen und in Bezug auf den Druck auf Regierungen.
Im Allgemeinen wird die Frage der Befreiung Palästinas sowohl in den imperialistischen Ländern als auch in der neokolonialen Welt ein wichtiger Kristallisationspunkt für die Radikalisierung und Mobilisierung der Massen bleiben. Es ist die Aufgabe von Marxist*innen, energisch zu intervenieren und dabei zu helfen, Begrenztheiten zu überwinden, indem sie einen Weg für eine wirksame Mobilisierung der internationalen Solidarität der Arbeiter*innenklasse aufzeigen – unter anderem aufbauend auf den großartigen Beispielen militanter Aktionen von Hafenarbeiter*innen in mehreren Ländern –, um zu organisieren und programmatisch den Weg für den Kampf der Arbeiter*innenklasse zur Überwindung des Imperialismus, der Unterdrückung der Palästinenser*innen und der repressiven Regime in der gesamten Region aufzuzeigen.
Die Wurzeln der historischen blutigen Krise im Gazastreifen liegen in erster Linie in der extremen Unterdrückung und Enteignung der Palästinenser*innen. Der 7. Oktober ereignete sich vor dem Hintergrund wichtiger Veränderungen in den globalen und regionalen Beziehungen. Der regionale arabisch-israelische „Normalisierungsprozess“ – in Wirklichkeit die Normalisierung der Besatzung und Unterwerfung der Palästinenser*innen –, der in Washingtons umfassendere Bemühungen eingebunden war, die Vorstöße der rivalisierenden imperialistischen Interessen Chinas und Russlands in der Region zu behindern, stand kurz vor dem Abschluss eines offiziellen Abkommens mit Saudi-Arabien. Die Hamas, der es an echten strategischen Möglichkeiten mangelte, um die Besatzung, den Kapitalismus und den Imperialismus grundlegend in Frage zu stellen, versuchte, diesen Prozess zu durchbrechen und die Palästina-Frage wieder in den Mittelpunkt der weltweiten Aufmerksamkeit zu rücken.
Für die israelische herrschende Klasse war der 7. Oktober mit dem massiven Schock der israelischen Bevölkerung aufgrund der damit einhergehenden Morde und Entführungen von Zivilist*innen eine historische Gelegenheit, massive Feuerkraft einzusetzen, um die Region nach ihrem Willen qualitativ neu zu gestalten. Das heißt, die grundlegende Logik des diplomatischen „Normalisierungsprozesses“ mit „anderen Mitteln“ umzusetzen, den Palästinenser*innen einen historischen Schlag zu versetzen und die regionale Position des iranischen Regimes und seiner Verbündeten zu untergraben.
Die israelische Regierung strebte von Anfang an eine Massenvertreibung der Palästinenser*innen aus dem Gazastreifen an, stieß jedoch auf den Widerstand arabischer Regime, was letztlich den Druck der massenhaften Wut und das zugrunde liegende regionale Kräfteverhältnis zwischen den Klassen widerspiegelte. Trumps Unterstützung hat jedoch ihre Entschlossenheit in diesem Zusammenhang erneut gestärkt, mit einem Plan für ein riesiges Konzentrationslager, das der Vorbereitung einer „freiwilligen“ Auswanderung dienen soll. Angesichts der extremsten Bedingungen unter den ständigen barbarischen Angriffen der israelischen Besatzung kann die massive Verzweiflung dazu führen, dass ein Teil der Bevölkerung entweder einer „freiwilligen“ Vertreibung zustimmt oder sogar versucht, die Grenze zu Ägypten zu stürmen.
Dieses Schreckgespenst einer weiteren Massenvertreibung aus dem historischen Palästina erinnert an den katastrophalen Massenexodus von 1967 und natürlich an die ursprüngliche kolossale ethnische Säuberung im Rahmen der Ereignisse der Nakba von 1948. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das israelische Regime dieses Ziel erreichen wird. Allerdings nicht durch eine vollständige Entvölkerung des Gazastreifens und nicht ohne weitere Wut der Massen in der Region und weltweit hervorzurufen.
Die massive Solidarität mit den Palästinenser*innen in der gesamten Region und die tiefe Feindseligkeit der Massen gegenüber dem US-Imperialismus üben massiven Druck auf die pro-amerikanischen arabischen Regime in der Region aus, ihre strategische Annäherung oder ihre offenen Bündnisse mit dem israelischen Regime zu verschleiern, unabhängige Proteste zu unterdrücken und rhetorisch so zu tun, als würden sie die Wut der Massen widerspiegeln und „etwas unternehmen“.
In den letzten anderthalb Jahrzehnten haben sich im Nahen Osten und in Nordafrika revolutionäre und konterrevolutionäre Prozesse in einer verallgemeinerteen Weise entwickelt als in anderen Regionen, nicht zuletzt in Form der revolutionären Welle des sogenannten „Arabischen Frühlings“ von 2011, bei der Teile der Arbeiter*innenklasse eine wichtige Rolle spielten, aber auch in nachfolgenden Episoden von Massenaufständen, oft auf einer höheren Ebene, aus denen Lehren aus früheren Erfahrungen gezogen wurden.
Die bürgerlich-demokratische Revolution kann in den neokolonialen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas im Zeitalter des Imperialismus letztlich nicht vollendet werden, da scharfe Klassenwidersprüche eine potenziell existenzielle Bedrohung für die Interessen der kapitalistischen Klasse, der Großgrundbesitzenden und der Militärgeneräle darstellen. Während die „Normalisierung” der Beziehungen zum Staat Israel zuvor schon äußerst unpopulär war, ist sie es heute noch mehr, und die Wut der Massen über die Geschehnisse in Gaza, selbst in Ländern wie Ägypten, in denen unabhängige Proteste weitgehend unterdrückt wurden, ist ein weiterer wichtiger Faktor für die Entwicklung schwelender Feindseligkeit der Massen, die früher oder später wieder aufflammen werden.
Die Absetzung des Baath-Regimes von Assad, wenn auch nicht durch die Massen und zugunsten eines neuen diktatorischen kapitalistischen Regimes, spiegelte dennoch die völlig erodierte soziale Basis Assads wider und stellte erneut, wenn auch in völlig verzerrter Form, die Idee der Möglichkeit des Sturzes langjähriger Diktaturen in den Raum. Weitere neue Episoden von Massenbewegungen und revolutionären Krisen würden mit der Aufgabe konfrontiert sein, unabhängige Massenkampforganisationen unter der Führung der Arbeiter*innenklasse wiederaufzubauen, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und die Aufgaben der Permanenten Revolution zu verfolgen, indem demokratische und sozialistische Forderungen miteinander verbunden werden.
Die Idee, dass eine gemeinsame Streitmacht mehrerer arabischer Regime in der Region, mit oder ohne Zusammenarbeit der zutiefst unpopulären Palästinensischen Autonomiebehörde, in den Gazastreifen einmarschieren würde, um dort anstelle der Hamas als Subunternehmer der israelischen Besatzung die Bevölkerung zu regieren, würde als weitere fremde Besatzungsmacht auf erneuten Widerstand stoßen, könnte aber auch die Reihen einer solchen arabischen Streitmacht mit Revolten gegen die Regime in ihren Heimatländern „anstecken”.
In jedem Fall werden die Palästinenser*innen selbst weiterhin nach Befreiung streben und die Besatzung bekämpfen. Die jüngsten Proteste der überlebenden Bewohner*innen in Gaza selbst, die ein Ende der genozidalen Aggression Israels fordern, aber auch gegen die Sackgassenpolitik der Hamas im Befreiungskampf gerichtet sind, machen implizit deutlich, dass eine alternative, unabhängige sozialistische Stimme organisiert werden muss, um den Weg in die Zukunft zu weisen. Solange der Kapitalismus existiert, gibt es keine Lösung für die festgefahrene Besatzung und Unterdrückung der Palästinenser*innen. Während die israelischen Besatzungstruppen möglicherweise noch jahrelang in Teilen des Gazastreifens bleiben werden, könnte die derzeitige Phase des hyperintensiven genozidalen Kriegs Versuchen weichen, die Besatzung neu zu strukturieren und die Lage zu stabilisieren. Es sind Interventionen der Massen auf globaler, regionaler und lokaler Ebene, die die brutale Kriegsmaschinerie des israelischen Kapitalismus und seine westlich-imperialistische Unterstützung zurückdrängen und Zugeständnisse erzwingen können.
Ein unabhängiges Klassenprogramm ist unerlässlich, um die Krise im Kampf gegen Kapitalismus und Imperialismus zu lösen. Eine Massenbewegung des palästinensischen Volkes, die sich mit den Bewegungen der Arbeiter*innenklasse und der Armen in der gesamten Region verbindet, mit einem revolutionären sozialistischen Programm, ist notwendig. Unter dem Einfluss von Krisen in Israel/Palästina, aber auch unter Einfluss der Entwicklung unabhängiger linker und sozialistischer Kräfte in der Arbeiter*innenklasse international und in der Region, werden Teile der israelischen Arbeiter*innenklasse in Zukunft ebenfalls entschlossener gegen den israelischen Kapitalismus vorgehen. Das erfordert einen Bruch mit dem Nationalchauvinismus und die Annahme eines unabhängigen Programms, das alle Formen der Unterdrückung und Enteignung der Palästinenser*innen vollständig in Frage stellt, um eine vollständige nationale und soziale Befreiung zu erreichen.
Dies würde die Grundlage für eine notwendige zukünftige Einheit im Kampf gegen den israelischen Kapitalismus, die arabischen Eliten und das theokratische iranische Regime bilden und die Errichtung einer demokratischen, sozialistischen Konföderation der Region auf freiwilliger und gleichberechtigter Basis ermöglichen.
Nur in diesem Zusammenhang könnten die Ressourcen der Region demokratisch mobilisiert werden, um den Bedürfnissen der Massen gleichermaßen gerecht zu werden, um zur umfassenden Erfüllung der nationalen und sozialen Bestrebungen der palästinensischen Geflüchteten beizutragen, einschließlich des Rechts auf Rückkehr, und gleichzeitig die Rechte aller Nationen und Minderheiten zu garantieren. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erscheint eine solche Lösung in weiter Ferne und steht nicht auf der Tagesordnung. Dies kann sich jedoch durch Ereignisse und Kämpfe ändern. Es ist die Aufgabe von Marxist*innen, ein sozialistisches Übergangsprogramm vorzulegen, um auf die Notwendigkeit einer grundlegenden, revolutionären Lösung hinzuweisen, den Weg für die vollständige Befreiung von allen Formen der Unterdrückung, Ausbeutung, imperialistischen und kolonialen Unterwerfung zu ebnen und auf dieser Grundlage die Aussicht auf einen dauerhaften Frieden für alle zu eröffnen.
Regionaler Machtkampf
Mit den demonstrativen Bombenangriffen gegen die Allianz der „Achse des Widerstands“ wollten das israelische Regime und die herrschende Klasse insgesamt offen zeigen, dass sie auch ein effizienter „Vorposten“ für die Interessen der westlichen imperialistischen Mächte insgesamt sind. Der umfassende Angriff auf den Iran war ein weiterer Schritt in einer bedeutenden Verschiebung des regionalen Kräfteverhältnisses, mit erheblichen Rückschlägen für die „Achse des Widerstands“. Dies wurde vom deutschen Bundeskanzler Merz offen gelobt, der erklärte, dass „Israel die Drecksarbeit macht“, im Wesentlichen für den westlichen Imperialismus.
Während Moskau und Peking unter den gegenwärtigen Umständen angesichts der imperialistischen Offensive des Westens nicht ohne erhebliche Konsequenzen für sich selbst in der Region intervenieren konnten, wollen sie versuchen, das Regime in Teheran zu schützen, das kurz nach dem Waffenstillstand bereits eine Lieferung chinesischer Luftabwehrraketen erhalten hat.
Der dramatische militärische Sturz des Assad-Regimes in Syrien, eine Entwicklung, die durch den erklärten Waffenstillstand im Libanon ausgelöst wurde, führte zu einem erheblichen regionalen Rückschlag für Moskau, da das neue, von al-Sharaa geführte Regime unter türkischer Schirmherrschaft derzeit eindeutig auf eine Zusammenarbeit mit dem westlichen Imperialismus ausgerichtet ist. Obwohl Trump auf eine „Normalisierung“ der Beziehungen zwischen Syrien und Israel gedrängt hat, scheint dies in der nächsten Zeit unwahrscheinlich, und das israelische Regime hat die Umstände für eine umfangreichere militärische Intervention und Besetzung vor Ort ausgenutzt.
Trotz der erheblichen Rückschläge der „Achse des Widerstands“, nicht zuletzt der Hisbollah, ist keine ihrer Schlüsselkomponenten zerfallen, sie verfügen im Allgemeinen weiterhin über eine politische Unterstützungsbasis und sind nicht dazu gezwungen, einfach zu kapitulieren. Das Houthi-Regime im Jemen kann selbst nach massiven Bombardements durch die USA und Großbritannien sowie nach israelischen Luftangriffen noch immer Zehntausende zu Kundgebungen mobilisieren und stellt mit militärischen Maßnahmen, nicht zuletzt durch die anhaltende Störung der Handelswege im Roten Meer, nach wie vor eine gewisse Herausforderung für den israelischen Staat und die imperialistischen Interessen des Westens dar.
Es ist jedoch notwendig, jeglichen Illusionen entgegenzuwirken, dass diese Maßnahmen einen Weg aufzeigen könnten, um den US-Imperialismus und das israelische Regime strategisch zu zwingen, ihre militärische Aggression in der Region einzustellen. Keine der rechtsgerichteten islamistischen, prokapitalistischen Komponenten der „Achse des Widerstands“ bietet einen Ausweg zur Überwindung des Imperialismus, zur Befreiung Palästinas und zur sozialen Befreiung der Massen.
Während Trump neue geostrategische Abkommen in der Region anstrebt, um den Einfluss des US-Imperialismus zu sichern, darunter auch die Wiederbelebung des „Normalisierungsprozesses“ arabischer und islamischer Regime mit dem israelischen Kapitalismus, bleibt die allgemeine Lage in der Region weiterhin äußerst instabil.
Trotz der triumphalen Rhetorik von Trump und Netanjahu nach dem Krieg gegen den Iran deuten jüngste Berichte darauf hin, dass bei den US-Bombardements lediglich die Anlage in Fordo weitgehend zerstört wurde und das iranische Regime sich nicht beeilt, Trumps Diktat für erneute Verhandlungen zu befolgen. Die Motivation des Regimes, ein militärisches Atomprogramm zu verfolgen, hat infolge der imperialistischen Aggression des Westens allgemein zugenommen, und die Motivation des machtbesessenen israelischen Regimes, seinen Rivalen herauszufordern, ist auf ihrem Höhepunkt. Die zugrundeliegenden Ursachen der Krise bestehen weiterhin.
Während es für die Trump-Regierung keine Grundlage für eine mögliche entschlossene Intervention gibt, um einen „Regimewechsel“ nach irakischem Vorbild durchzusetzen, da solche direkten und umfangreichen militärischen Besetzungen in der Region für den US-Imperialismus unter den gegenwärtigen Umständen als Option ausgeschlossen sind, hat das israelische Regime einen Appetit entwickelt und strebt nun ganz offen danach, einen „Regimewechsel“ durch Bemühungen zur Destabilisierung seines Rivalen in Teheran voranzutreiben.
Weitere und noch zerstörerischere „Runden“ des Konflikts zwischen Israel und dem Iran stehen bevor. Die herrschenden Klassen insgesamt, einschließlich eines Teils der israelischen herrschenden Klasse, würden es vorziehen, eine mögliche Verstrickung in einen möglicherweise außer Kontrolle geratenen regionalen Konflikt zu vermeiden, aber sie sind in diesen allgemein eskalierten Konflikt verstrickt.
In der heutigen Zeit kann die bloße Präferenz der herrschenden Klassen, weitere explosive militärische Krisen zu vermeiden, den Verlauf der sich allgemein verschärfenden zwischenimperialistischen und nationalistischen Konflikte nicht aufhalten, und der militärische Aufbau folgt der Logik der Vorbereitung auf weitere qualitative neue Konfrontationen.
Die jüngsten Bombenangriffe auf den Iran haben dem iranischen Regime vorübergehend geholfen, seine Position zu festigen. Wie lange dies anhält, ist eine andere Frage. Die Erinnerung an den niedergeschlagenen Massenaufstand von 2022 – bei dem die Unterdrückung von Frauen und Kurd*innen ein wichtiger Auslöser für eine allgemeine Bewegung gegen das theokratisch-kapitalistische Regime unter dem kurdischen Slogan „Frau, Leben, Freiheit“ war – ist noch frisch. Ein Wiederaufleben sozialer Proteste und Streikaktionen war eine wichtige Entwicklung in den Monaten und Wochen vor den israelischen Bombenangriffen. Diese wurden durch die Bombenangriffe zwar abgeschwächt, werden aber letztendlich wieder auf einem höheren Niveau ausbrechen und zu allgemeineren Schlussfolgerungen gegen den Imperialismus und über die potenzielle Rolle der Arbeiter*innenklasse führen, wie heute von einigen unabhängigen Gewerkschaften hervorgehoben wurde.
Verflochten mit den generell erstickenden Lebensbedingungen, staatlicher Unterdrückung und geschlechtsspezifischer Unterdrückung werden die Fragen der nationalen Unterdrückung selbst weitere Wut gegen das Regime in Teheran schüren. Im Allgemeinen bleibt die kurdische nationale Frage im gesamten historischen Kurdistan ein ständiges Problem für die Stabilität der Regime in der Region, sicherlich auch nach der offiziellen Auflösung der PKK und ihrer Verbündeten infolge einer gescheiterten Strategie für nationale und soziale Befreiung.
Massenproteste nehmen in dieser Ära in der gesamten Region generell zu, wie die jüngste Protestbewegung in der Türkei gegen Erdoğan und die AKP zeigt. Allerdings sind sie mangels einer unabhängigen Führung der Arbeiter*innenklasse anfälliger für Interventionen und Manipulationen durch bürgerliche Kräfte, die darauf abzielen, die Macht der Massenkämpfe ihrem eigenen Programm unterzuordnen – worauf ständig hingewiesen und vor dem gewarnt werden muss.