
Der 14. Weltkongress des CWI diskutierte die Weltlage und Aufbauschritte
„Marxist*innen sind immer optimistisch“ – Dieser Satz wurde Ende Juli zitiert auf einer Rally zu Ehren des vor wenigen Monaten verstorbenen englischen Sozialisten Peter Taaffe. Daran nahmen im Rahmen des 14. Weltkongresses des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale (CWI) in Berlin über hundert Mitglieder des CWI und Gäste aus über zwanzig Ländern teil. Peter Taaffes Wirken floss auf dem 14. Weltkongress des CWI in die Diskussionen ein, die die Weltlage analysierten, das Programm und die Aufgaben der verschiedenen Sektionen erfassten und eine Bilanz der letzten vier Jahre zogen.
von Alexandra Arnsburg und Sascha Staničić, Berlin
Anwesend waren CWI-Vertreter*innen aus den USA, Chile, Nord- und Südirland, Schottland, England und Wales, den Niederlanden, Deutschland, Frankreich, Österreich, Norwegen, Südafrika, Nigeria, Malaysia, Pakistan, Indien und Sri Lanka. Aus Japan, Australien und Kanada nahmen CWI-Mitglieder per Zoom teil. Außerdem waren Gäste von Organisationen und Gruppen aus Israel/Palästina, Schweden, Kasachstan und Rumänien anwesend, die zur Zeit mit dem CWI in Diskussion über Zusammenarbeit und Mitgliedschaft stehen.
Von der Sol waren Teilnehmer*innen aus neun Städten anwesend, die sich intensiv in die Debatten einbrachten. Der Kongress verabschiedete Resolutionen zur Weltlage, zur Situation in Europa und zum Aufbau der Sektionen des CWI. Papiere zu Asien und Afrika werden in Zusammenarbeit des Internationalen Sekretariats mit den Sektionen auf diesen Kontinenten nach dem Kongress erarbeitet. Außerdem begann der Kongress einen Diskussionsprozess über neue programmatische Dokumente des CWI, deren erste Entwürfe vorlagen und in den nächsten Monaten in den Sektionen und dem Internationalen Vorstand diskutiert und verabschiedet werden.

Weltweiter Kampf
Der weltweite Kampf für die Verbreitung eines sozialistischen Programms gegen Krise und Kapitalismus und für eine Gesellschaft, die nach den Bedürfnissen der Menschen und des Planeten demokratisch geplant wird, ist kein einfacher. Angesichts der enormen Polarisierung und Instabilität in wirtschaftlicher, sozialer und politischer Hinsicht, die der beginnende Todeskampf des Kapitalismus verursacht, ist er jedoch im wahrsten Sinne des Wortes überlebenswichtig.

Zunehmende Auseinandersetzungen
Der zunehmende Konkurrenzkampf zwischen den imperialistischen Mächten führt zu mehr Protektionismus, Nationalismus, Auseinandersetzungen, Handelskriegen und militärischen Konflikten.
Trump 2.0 versucht, mit Maßnahmen wie Einfuhrzöllen der Wirtschaftskrise zu begegnen, was zu Gegenzöllen und verheerenden Auswirkungen für viele Länder, insbesondere in der neokolonialen Welt, führt. In Südafrika wurden beispielsweise schon 100.000 Arbeitsplätze vernichtet. Eine noch nie dagewesene Schuldenkrise wird einige Länder in die Zahlungsunfähigkeit treiben. Aber allen Volkswirtschaften stehen neue Krisen bevor, was zu weiteren Verschlechterungen der Lebensbedingungen führen.

Aufrüstung und Kriege
Massiv steigende Ausgaben mancher Regierungen für Rüstung und Militär steigern vielleicht die Profite der Rüstungsonzerne, aber bringen keinen Cent mehr in die Taschen der Masse der Bevölkerung. Stattdessen gibt es zunehmende Angst vor Kriegen und Nuklearwaffen. Auch wenn die Herrschenden einen Weltkrieg vermeiden wollen, stellen die aktuell weltweit 52 militärischen Konflikte einen schockierenden Höhepunkt seit 1945 dar. Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten haben internationale Dimensionen angenommen. Die Lage im Nahen Osten wurde auf dem Kongress in einem Extra-Tagesordnungspunkt behandelt, woran sich Gäste der “Bewegung Sozialistischer Kampf” aus Israel/Palästina beteiligten. Diese Entwicklungen demaskieren für viele die Institutionen der Herrschenden, die einst Stabilität und Frieden versprachen, befördern soziale Aufstände und die Suche nach dauerhaften Lösungen.

Arbeiter*innenparteien fehlen
In keinem Land gibt es sozialistische Massenparteien, die Antworten auf die Krise des Kapitalismus geben und ein Programm vertreten, welches die Arbeiter*innenklasse und die Jugend in eine sozialistische Revolution führt. Der größte Teil der sozialistischen Linken hat ideologisch kapituliert. In mehreren lateinamerikanischen Ländern, berichtete ein chilenischer Teilnehmer, gewannen im Rahmen der „pinken Wellen“ linke Kräfte mit Versprechungen Wahlen, um dann alle zu enttäuschen, was nun der populistischen und extremen Rechten ermöglicht, Regierungen zu erobern.

Weltweit kann die populistische Rechte die Schwäche der Linken nutzen, sich als Anti-Establishment-Kraft zu präsentieren und in einer Reihe von Ländern bei Wahlen zu gewinnen. Einmal an der Macht ergreifen diese Kräfte autoritäre Maßnahmen. Aber auch traditionelle, bürgerliche Regierungen verschärfen die Repression. Unter den Teilnehmenden gab es auch davon Betroffene, wie eine wegen Beteiligung an einem Palästina-Protest suspendierte Dozentin aus den USA oder Genossen aus Nigeria, die von Verhaftung und Gefängnisaufenthalten berichteten. Das CWI leistete mit Protesten einen Beitrag zur Rücknahme der Suspendierung und Freilassung der Verhafteten.
Die Lage und Bedeutung der Gewerkschaften als wichtigste Massenorganisationen der Arbeiter*innenklasse spielten eine wichtige Rolle beim Kongress. Anwesend waren unter anderem die Generalsekretärin der größten nordirischen Gewerkschaft (NIPSA) und ihr Stellvertreter, die in der Gewerkschaft ein sozialistisches Wirtschaftsprogramm durchsetzen konnten und die ihre Gewerkschaft in den letzten Wochen massiv zu Protesten gegen rechtsextreme Übergriffe und Aufmärsche mobilisierten. Aber auch aus England und Wales, Schottland, Frankreich, Südafrika, Indien und anderen Ländern berichteten Teilnehmende von intensiven betrieblichen und gewerkschaftlichen Aktivitäten.

Zunehmende Instabilität
Die rechtspopulistische Kräfte sind instabil, was die Auseinandersetzungen um Trump selbst im MAGA-Block oder in der Koalition Netanjahus zeigen. Auch wenn solche Kräfte international gestärkt wurden, sehen wir in den meisten Ländern eine Polarisierung, die sich in einer Zunahme von Klassenkämpfen und auch Erfolgen linker Kräfte ausdrückt. Beispiele hierfür sind nicht zuletzt die Streikbewegungen der letzten Jahre, die internationalen Proteste in Solidarität mit den Palästinenser*innen, der Aufschwung der Linkspartei in Deutschland, die enorme Resonanz, die die Ankündigung der Gründung einer neuen Partei durch Jeremy Corbyn in Großbritannien auslöste oder auch der Wahlerfolg von Zohran Mamdani bei den Bürgermeister-Vorwahlen in New York City (auch wenn die Demokraten eine kapitalistische und keine linke Partei sind). Delegierte der Socialist Party aus England und Wales (SP) berichteten von einem von über eintausend gewerkschaftlichen Aktivist*innen besuchten Zoom-Treffen, zu dem das SP-Mitglied Dave Nellist eingeladen hatte, um die Rolle der Gewerkschaften beim Aufbau einer neuen Partei zu diskutieren.
Neokoloniale Welt
Der Kongress diskutierte die Lage in Afrika und Asien mit den anwesenden Vertreter*innen aus Nigeria, Südafrika, Pakistan, Indien, Malaysia und Sri Lanka (und per Zoom teilnehmenden Genossen aus Japan). In Afrika kam es zu einer Reihe von Militärputschen, die sich ein antiimperialistisches Image gegeben haben. Die neuen Machthaber orientieren sich jedoch in der Regel an Russland und/oder China und bieten keine Perspektive für die armen Massen in ihren Ländern an. Die Vertreter aus Sri Lanka berichteten, dass die neue Regierung eine pro-kapitalistische Politik umsetzt, obwohl sie als links gilt.

Widerstand
All die Krisen, Kriege und Katastrophen werden nicht unbeantwortet bleiben, was die Teilnehmenden mit vielen Berichten von Protesten und Streiks untermauerten. Eine neue Generation von Kämpfer*innen wird in den nächsten Jahren in massenhaften Klassenkämpfen geformt werden und die nötigen Schlussfolgerungen für eine sozialistische Veränderung der Gesellschaft ziehen. Die Bildung von Massenparteien der Arbeiter*innenklasse kann ein wichtiger Hebel sein. Der Aufbau revolutionär-sozialistischer Kräfte international wird entscheidend sein, die Arbeiter*innenbewegung weltweit mit einem Programm zu bewaffnen, das dem Kapitalismus die Stirn bietet; um ihn zu stürzen und den Weg in eine sozialistische Gesellschaft zu beschreiten. Der 14. Weltkongress des CWI hat dafür wichtige Weichen gestellt und alle Teilnehmenden optimistisch gestimmt, dass am Ende über kapitalistisches Chaos und Zerstörung die internationale Solidarität siegen wird.
