Buchbesprechung: Die gescheiterte Revolution

Warum die revolutionäre Bewegung in der kapitalistischen Sackgasse endete. Marxistische Analyse eines Teilnehmers.

Dreißig Jahre nach dem Mauerfall arbeiten Menschen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR im Durchschnitt jede Woche eine Stunde mehr und verdienen 100 Euro weniger als ihre Kolleg*innen im ehemaligen Westen. Die letzten Verhandlungen für eine 35-Stunden-Woche hat die IG Metall abgebrochen, weil „die Arbeitgeber die 35-Stunden-Woche in Ostdeutschland nicht wollen“. Die alte Propaganda vom „Aufschwung Ost“ wurde schon vor Jahren aufgegeben und inzwischen passiert eine Angleichung eher nach unten, dadurch, dass Regionen im Westen wie im Ruhrgebiet in Prekariat und Armut versinken.

Von Alexandra Arnsburg, Berlin

Immer noch nutzen Vertreter*innen aller etablierten Parteien den Jahrestag des Mauerfalls, um sich als größte Verfechter*innen von Freiheit und Demokratie zu präsentieren und nutzen ihre Propaganda, um von der herrschenden Ungleichheit abzulenken und zu behaupten, dass es keine Alternative zum Kapitalismus gibt. 

Und damals – 1989? Gingen die Ostdeutschen für die D-Mark und Bananen auf die Straße und war eine Alternative zur kapitalistischen Restauration möglich? Robert Bechert, der zu der Zeit in Berlin lebte, schrieb bereits 1999 die erste Auflage des Buches „DDR 1989 – Die gescheiterte Revolution“. 

Von Revolution zu Konterrevolution

Ausgehend vom Entstehen der DDR und des Stalinismus, der Rolle der Kommunistischen Parteien in West und Ost, gibt Bechert ein umfassendes Bild von den Phasen der Revolution 1989. Es beginnt mit einer spontanen Bewegung aufgrund von Wahlfälschung mit den Forderungen nach freien Wahlen und Reisefreiheit bis zu einer Revolution, die das Regime ins Wanken brachte. Fast jeden Tag wurde ein verhasster SED-Funktionär abgesetzt. Es entstand ein riesiges Vakuum, weil es keine Vorstellung davon gab, wie ein neuer besserer Sozialismus erreicht werden kann. Das „Neue Forum“ und andere selbsternannte Führer*innen, die die Regierung nicht übernehmen wollten, gaben die Macht an Teile des alten Regimes zurück. Sie wollten mit ihnen gemeinsam Reformen erarbeiten und sprachen sich gegen die Selbstorganisation der Massen und Streiks aus. Das veränderte Vieles ab Mitte November. Einige begannen, nur in der kapitalistischen Vereinigung einen Weg zu sehen, den alten Stalinismus loszuwerden.

Lehren

Robert Bechert zieht auch die Lehren aus den Entwicklungen und dem Versuch, ein Programm für die Bewegung aufzustellen. Eine Hauptforderung des CWI war das Ersetzen bestehender und die Schaffung demokratische Strukturen und das Erlangen der Kontrolle über die Produktion und die Verwaltung. Auf den Demonstrationen gab es Forderungen, die an die Revolution 1918 anknüpften; in einigen Orten wurden Räte gebildet und teilweise Aufgaben der Verwaltung übernommen. Es gab kein Vertrauen in die alte Elite. Wenn auch in wenigen Tagen noch so viele Köpfe rollten, so riefen die Massen nur: „Das ist nicht genug“. Die Kontrolle war nicht über runde Tische zu erlangen. 

1990 gab es fast jeden Tag Streiks für höhere Löhne, aber auch für politische Forderungen.

Entgegen den Behauptungen der Springer-Presse damals wie heute, gab es anfangs kaum Illusionen in den Kapitalismus. Ein Erfolg einer politischen Revolution gegen die stalinistische Bürokratie und der Aufbau einer wirklich demokratischen sozialistischen Gesellschaft in der DDR mit einem internationalen Appell an die Arbeiterklasse im Ostblock, aber auch an die in der BRD, hätte einen Weg aufzeigen können, wie eine Alternative zu Stalinismus und Kapitalismus erkämpft werden kann. Bis heute setzt sich der Widerstand gegen ungleiche Arbeits- und Lebensbedingungen und gegen die Auswirkungen des Kapitalismus fort. 

Ein gemeinsamer Kampf von Beschäftigten, Arbeitslosen und der Jugend kann das Übel an der Wurzel packen. Robert Bechert zieht diesen Schluss auch in Hinblick auf die DDR Revolution 1989, die zwar gescheitert ist, aber nicht die letzte Revolution bleiben wird.

ISBN 978-3-96156-088-2, 192 Seiten, 9,00 Euro, zu bestellen: hier