Pflegefall Altenpflege

Aktion in Dresden des Bündnisses für Pflege und mehr Personal im Krankenhaus

Man erfährt viel über den Zustand einer Gesellschaft, wenn man sich deren Umgang mit ihren schwächsten Mitgliedern anschaut, beispielsweise den kranken und pflegebedürftigen Menschen. Die Situation in der Altenpflege in Deutschland ist erschreckend. Daher ruft die Gewerkschaft Ver.di einmal im Jahr zu Aktion zum „Tag der Altenpflege“ auf. In diesem Jahr war auch das Dresdner „Bündnis für Pflege und mehr Personal im Krankenhaus“ aktiv.

von Steve Hollasky, Dresden

Profit, das ist das Wort, was die Betreiber vieler Altenpflegeeinrichtungen antreibt. Nicht weniger als 43 Prozent der Einrichtungen im stationären Bereich befinden sich in der Hand privater Träger. In der ambulanten Altenpflege sind es sogar zwei Drittel. Ihr Anteil steigt stetig. Zuletzt machte selbst die „Deutsche Wohnen“ von sich reden. Der Großvermieter, der sich in Berlin massiven Protesten von Mieter*innen gegenübersieht, kaufte sich auch in die Altenpflege ein.

Für einen großen Teil der mehr als 750.000 Beschäftigten bedeutet die Ausrichtung auf Profit in der Altenpflege Löhne, von denen es jeden Monat schwer ist, die eigenen Rechnungen zu bezahlen. Spätestens in der Rente sind viele von ihnen auf Unterstützung vom Amt angewiesen.

Während ihrer Zeit im Beruf, sind sie Überarbeitung, Mehrarbeit, körperlichen Herausforderungen und nicht selten dem Unmut vieler Angehöriger ausgesetzt.

Ein Unmut, der entsteht, weil die Pflegekräfte trotz aufopferungsvoller Arbeit nicht in der Lage sind für die Bewohner*innen der Heime da zu sein. Sie waschen und füttern; und kaum sind die nötigsten Arbeiten geschafft, geht es zum nächsten Bewohner*in und dann zur immer umfangreicher werdenden Dokumentation, die vielfach nur dazu dienen, die Geldbeutel der Heimbetreiber zu füllen.

Umso wichtiger war es auch dem Dresdner „Bündnis für Pflege und mehr Personal im Krankenhaus“ auf die Situation in der Altenpflege aufmerksam zu machen.

Hierzu studierten die Aktivist*innen, die zum Großteil selbst aus der Pflege kommen, eigens eine neue Szene für ihr Straßentheater ein. Bei nicht besonders gutem Wetter organisierte das Bündnis eine kleine Kundgebung auf dem Albertplatz. Trotz des nur noch in Sachsen existierenden Buß- und Bettags als gesetzlichem Feiertag, versammelten sich Beschäftigte aus der Altenpflege, sahen dem Stück zu, hörten Reden, sangen zusammen das inzwischen bekannte Kampagnenlied und verteilten Flugblätter an die Umstehenden.

Der Druck der Beschäftigten ist unübersehbar. Auch die Bereitschaft aktiv zu werden scheint, verglichen zur Zeit von vor ein paar Jahren, gestiegen. Dennoch mobilisiert die ver.di-Führung, wenn überhaupt, dann nur mit angezogener Handbremse. Eine Strategie, wie man flächendeckend die Situation in der Altenpflege verbessern kann, fehlt bislang. ver.di vor Ort ist nicht selten aufgrund der Belastung der Sekretär*innen kaum fähig, wirklich spürbare Aktionen zu organisieren.

Will man die Entlohnung der Beschäftigten und die Arbeitsbedingungen verbessern, darf man sich nicht auf Scheinmaßnahmen wie jene des Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU) verlassen, der die Tarifparteien zu Verhandlungen für einen Tarifvertrag in der Altenpflege aufgerufen hat.

Echte Verbesserungen wird Ver.di in diesen Verhandlungen nur dann durchsetzen können, wenn organisierte Beschäftigte Druck aufbauen. Will man nicht „kollektiv betteln“, muss man „kollektiv kämpfen“.

Zudem kann ein solcher Tarifvertrag nur ein Schritt im Kampf um Verbesserungen sein. Will man die Altenpflege menschlich gestalten, muss Schluss sein mit Profitstreben. Doch dafür kann es nur ein Mittel geben: Die Verstaatlichung privater Träger unter demokratischer Kontrolle der Beschäftigten, der Bewohner*innen und der Angehörigen.

Für:

– gemeinsame Proteste aller Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegewesen!

  • eine bundesweite Strategie im Kampf für Entlastung!

– drastische Erhöhung der Bezahlung der Pflegekräfte und der Ausbildungsvergütung!

– bundesweite Einstellungsoffensive mit dem Ziel die Zahl der Beschäftigten in der Altenpflege dauerhaft zu erhöhen!

– gesetzliche Personalbemessung, die sich ausschließlich am Bedarf für eine umfassende Pflege orientiert!

– Verstaatlichung privater Träger unter demokratischer Kontrolle der Beschäftigten, der Bewohner*innen und der Angehörigen, damit das Profistreben ein Ende hat!

– gesellschaftliche Alternative: Sozialistische Demokratie, statt kapitalistischem Irrsinn!

Kurzer Bericht im mdr Sachsenspiegel: