„Mitarbeiter spielen da keine Rolle“

Interview mit Danny Albrecht zur Situation bei Real

Man hört gerade jeden Tag eine neue Nachricht über den anstehenden Verkauf der Real-Kette. Wie ist die Situation zur Zeit?

Die Situation bei Real ist für alle Beschäftigten ungewiss. Keiner weiß, wie es weiter geht. Viele haben Angst und andere fordern einen entschlossenen Arbeitskampf bei Real. Fakt ist, dass es so nicht weiter gehen darf. Wir Real-Beschäftigte stehen unter Druck und die Arbeitsverdichtung nimmt auch zu. Viele werden krank oder kündigen, weil sie es einfach nicht mehr aushalten. Es ist unerträglich geworden, deshalb ist Abwarten sinnlos und spielt dem Arbeitgeber in die Hände. Von ver.di sollte eine Kampfansage kommen. Flugblätter (von ver.di, Anm. d. Red.) hatten wir genügend. Die Kritik ist berechtigt und ich kenne so einige, die das genauso sehen.

Man könnte meinen, dass nicht nur Real, sondern die gesamte Metro AG insgesamt zu Verkauf stehen könnte, was ja noch viel mehr Leute betreffen würde…

Real sollte laut den Aussagen von Herrn Koch (Geschäftsführer) als Ganzes verkauft werden. Allerdings stimmt das nicht, weil bereits während des Verkaufsprozesses Filialen geschlossen werden. Metrochef Olaf Koch bringt durch den wahrscheinlichen Verkauf von Real die Metro selbst zurück auf das Niveau der 60ziger Jahre, weil Metro dann nur noch Großhändler ist. Aktuell hat man aber die Verhandlungen mit Redos abgebrochen und verhandelt nun mit x-Bricks, einem anderen Immobilien-Fond. Real soll bis Ende Januar an x-Bricks verkauft werden. Dann dürfte die Zerschlagung beginnen. Die Situation für uns Real-Beschäftigte bleibt trotzdem im Schwebezustand. Redos und X-Bricks sind Profithaie, denen es nur um die Grundstücke und den Verkauf geht. Mitarbeiter spielen da keine Rolle, eher sind sie lästige Kosten für diese Kapitalisten.

Wie sieht die Zukunft der 34.000 Beschäftigten bei Real aus? Wird es überhaupt noch Real-Märkte geben?

Zur Zeit sieht die Zukunft für die 34000 Real-Beschäftigten düster aus. Ungewissheit und Angst sind da. Ob wir unsere Arbeitsplätze 2020 und darüber hinaus behalten werden, ist unsicher. Ein kleiner Teil, etwa fünfzig Real-Märkte, soll angeblich erhalten bleiben. Aber seit der Tarifflucht im Juni 2015 glaube ich dieser Geschäftsführung kein Wort mehr. Es wurde immer versprochen und passiert ist genau das Gegenteil. Wahrscheinlich werden wir für Sozialpläne und Abfindungen noch kämpfen müssen. Momentan gibt es noch 280 Märkte.

Führt der Verkauf der Handelskette nicht zu weiteren Konzentrationsprozessen am Markt mit den entsprechenden Folgen für Kolleg*innen und Verbraucher*innen?

Der Verkauf oder die Zerschlagung von Real bedeutet für den Markt nichts Gutes. Die Vielfalt wird noch weniger und der Verbraucher wird weiter drauf zahlen. Das Monopol wird gestärkt. Entscheidend wird auch sein, was im Einzelnen das Bundeskartellamt dazu sagt. Ich bin der Meinung, die Politik sollte eingreifen. Hubertus Heil von der SPD hat beim bundesweiten Streik in Düsseldorf soviel über Solidarität und faire Bezahlung gesprochen. Aber wirklich etwas Positives ist nicht passiert. Warum lässt man uns so im Stich frage ich mich!?

Seit der Tarifflucht von Real im Jahr 2015, ist ver.di nicht mehr Verhandlungspartnerin für Lohnerhöhungen und Kolleg*innen bekommen mittlerweile bis zu 25 Prozent weniger Lohn. Ein Absenkungstarif wurde mit der unternehmensnahen Organisation DHV abgeschlossen. Das schien ein Versuch zu sein, die Kette profitabler, aber auch interessanter für potentielle Investments zu machen. Wie hat die ver.di reagiert?

ver.di hat immer Vieles angekündigt, aber am Ende den Arbeitskampf bei Real immer wieder abgebrochen. Aus heutiger Sicht war der Abschluss des Zukunftstarifvertrages ein Riesenfehler. Real hat ihn gekündigt und somit hatte man endlich einen Grund ver.di rauszukicken. Das hat der Arbeitgeber schon vor langer Zeit geplant. Es war nichts Anderes als ein Sterben auf Raten. Das Gleiche passiert gerade bei Kaufhof. Man darf in einer Gewerkschaft auch Fehler machen, aber man sollte sie nicht wiederholen und auch mal Kritik annehmen und den Dialog suchen. Für mich ist es nie zu spät, aber ich erwarte jetzt von den ver.di-Verantwortlichen eine passende Antwort. In 18 Monaten habe ich über dreißig Aktionen organisiert und Verdi hat zwei Streiks hinbekommen. Das muss sich ändern und zwar dringend.

Was erwartest du von ver.di und was wäre notwendig, um die Arbeitsplätze zu sichern?

Von ver.di erwarte ich klare Antworten gegenüber der Geschäftsführung und dass dieses sinnlose Abwarten beendet wird und man aufhört zu reden und endlich für die Interessen der Kollegen kämpft. „ver.di sind wir Mitglieder“ hat als Standardsatz längst ausgedient. Es kann nicht sein das man selbst Protest organisieren muss. Für eine Zukunft muss man kämpfen und nicht Kuschelkurs oder Streikileinchen machen. Die Verursacher müssen unsere Forderungen erfüllen und dazu brauchen wir eine ver.di, die kämpft ohne Wenn und Aber. Das ist meine ehrliche Meinung dazu und auch Betriebsräte bei Real könnten viel mehr machen. Jetzt oder nie!

Danny Albrecht ist Kreisvorsitzender des DGB Landkreis Dahme-Spreewald, ver.di-Vertrauensmann bei real und aktiv bei „Die Aktion“

Das Interview führte René Arnsburg

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