Das war der 8.März

Wie weiter im Kampf für Frauenbefreiung?

Am 8. März, dem internationalen Frauenkampftag, gingen wieder weltweit Tausende Frauen auf die Straße. In Chile demonstrierten mehrere Millionen Menschen gegen Gewalt an Frauen und für gleiche Rechte. Auch in Deutschland gab es in vielen Orten Aktionen und Demonstrationen. Sol-Mitglieder waren aktiv bei den Demonstrationen dabei, organisierten Veranstaltungen zur Frage eines sozialistischen Feminismus und beteiligten sich an der Kampagne der linksjugend[‘solid] NRW.

Von Luise Artmann, Mainz

Allerdings muss man festhalten, dass die Beteiligung deutlich geringer ausfiel als letztes Jahr. Der Frauenkampftag hatte 2019 in Deutschland einen regelrechten Aufschwung erlebt. Von vierzig lokalen Gruppen (frauenstreik.org) wurden Demos und Aktionswochen organisiert. Im Jahr 2020 hat die Beteiligung stark nachgelassen. In Berlin waren 2019 über 20.000 Menschen auf der Demonstration, 2020 nur 12.000 Menschen. Die Erwartungen vieler wurden nicht erfüllt. Es gab zwar Forderungen des bundesweiten Bündnisses, aber es wurde keine Strategie entwickelt, um einen Streik zu etablieren. Menschen außerhalb des linken politischen Spektrums wurden nicht angesprochen. Für viele Lohnabhängigen war es nur eine Demo und kein Streik, da man nicht aktiv seine Arbeitgeber bestreiken konnte. Die Interessen von lohnabhängigen Frauen müssen stärker in den Vordergrund gestellt werden, um über die linke Blase hinaus Menschen zu erreichen und den Kampf gegen Sexismus mit dem Kampf gegen Kapitalismus und Ausbeutung zu verbinden. Um das zu erreichen, muss vor allem in den Gewerkschaften darum gekämpft werden, dass diese sich an den Aktionen beteiligen. Das Bewusstsein gegen Sexismus und Diskriminierung ist zwar in den letzten Jahren durch Kampagnen wie #metoo gestiegen, doch es ist unsere Aufgabe, den Zusammenhang zwischen Frauenunterdrückung und der herrschenden Politik herzustellen, um ein sozialistisches Bewusstsein zu fördern.

Der Aufruf, den 8. März zum Streiktag zu machen, ist sicherlich ein Fortschritt und hat seit 2019 in einigen Orten zu einer erhöhten Aktivität an diesem Tag geführt. Doch da dieser Tag in Berlin nun ein offizieller Feiertag ist und dieses Jahr zusätzlich auf einen Sonntag fiel, hat die Streikidee einiges an Potenzial verloren. Von einem richtigen Streiktag sind wir noch weit entfernt. Vielmehr wurden symbolische Aktionen durchgeführt, zum Beispiel durch einen gleichzeitigen lauten Aufschrei, das Zerschlagen von Geschirr oder dem Ausstatten von Männerstatuen mit Haushaltsutensilien. Diese Aktionen werden der Dringlichkeit des Problems nicht gerecht und verfehlen das Ziel, einen Streiktag zu etablieren. Das Bestreiken der Hausarbeit, zu der das Bündnis aufgerufen hat, führt dazu das man den Kampf isoliert und nur im Privaten austrägt. Der Kapitalismus versucht uns zu spalten. Der Kampf für Emanzipation darf kein Kampf zwischen Mann und Frau sein – dies lenkt nur vom eigentlichen Problem ab. Der Kapitalismus kann nicht ohne die Ausbeutung von Lohnarbeit und unbezahlte Care-Arbeit existieren, deswegen erleben Frauen eine doppelte Unterdrückung. Die Überwindung des Kapitalismus kommt allen aus der Arbeiter*innenklasse zugute, also müssen wir gemeinsam kämpfen.

Wenn wir das wollen, brauchen wir aber auch einen klaren Fokus auf lohnabhängige Frauen und eine einheitliche Strategie. In der Klassengesellschaft bilden nicht automatisch alle Frauen eine Einheit. Managerinnen von großen Firmen und Unternehmerinnen haben zwar auch ein Interesse daran, keinen Sexismus und Diskriminierung zu erfahren, doch wenn es um höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen geht, stehen diese auf Seite der herrschenden Klasse. Daher ist es auch nicht möglich, alle feministischen Strömungen unter einen Hut zu bekommen, ohne in seinem Programm inkonsequent und beliebig zu werden.

Einen offenen Brief an die DGB Gewerkschaften zu schreiben, war von Seiten des Frauenbündnisses daher der richtige Ansatz, um eine stärkere Betonung auf lohnabhängige Frauen zu richten. Dennoch richtete sich dieser primär an die Führungsebene der Gewerkschaften und nicht an deren Basis. Für eine richtige Streikbewegung müssen wir Druck von unten aufbauen und Arbeiter*innen organisieren.

Nur über die Basis in der Arbeiter*innenklasse ist dies möglich, denn sie haben die ökonomische Stärke, die Produktion stillzulegen. Nur so können langfristig höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen erkämpft werden. Wir müssen glaubhaft an der Seite aller Lohnabhängigen stehen und eine klare Alternative zum aktuellen kapitalistischen System aufzeigen, um auch wirklich ernst genommen zu werden. Wir sind dafür, alle Streiks in frauendominierten und allen anderen Berufen zu unterstützen und dort sozialistische Forderungen einzubringen und dabei die Klassenfrage zu stellen und zu beantworten: Nur wenn wir die Vormachtstellung von Wenigen durch ihren Eigentum durchbrechen, können alle Geschlechter frei und gleichberechtigt leben.

Luise Artmann ist Mitglied im Landessprecher*innenrat der linksjugend[‘solid] Rheinland-Pfalz.