Corona-Pandemie zerstört Hoffnungen auf wirtschaftliche Erholung
Ende März 2020 ist es schwer eine genaue Vorhersage über den Krisenverlauf zu treffen. Immer mehr Länder befinden sich im Corona-„Lockdowns“, der zu seinem Höhepunkt bis zu Dreiviertel der Weltwirtschaft erfassen könnte. Der IWF-Chef sprach von der “Mutter aller Rezessionen”, die uns möglicherweise ins Haus steht. Drei Sachen sind jedoch klar: 1. Die Krise ist da. 2. Die Auswirkungen werden erheblich sein, wirtschaftlich wie politisch. 3. Nur hoffnungslose Optimisten können darauf hoffen, dass alles wieder so wird wie vorher.
Von René Arnsburg, Berlin
Damit soll nicht gesagt werden, dass es keine Krisengewinner gibt. Der Kapitalismus wird sich nicht selbst abschaffen. Der Kampf um die Aufteilung der Welt und der Märkte wird sich zuspitzen. Am Ende wird es Gewinner geben, Konzerne und Staaten, die auf dem Rücken der anderen ihren politischen und wirtschaftlichen Einfluss ausbauen können. Manche schließen auch einfach lukrative Wetten in Milliardenhöhe auf fallende Kurse ab. Wer dabei nur verlieren kann, wenn sich nichts grundlegend ändert, steht jetzt schon fest: Die Arbeiter*innen und Armen, die Mehrheit der Milliarden Menschen auf der Welt.
Mehrfach-Schock im Überschall
Die US-Regierung hat in der Nacht zu 25. März 2020 ein Konjunkturpaket in Höhe von 2000 Milliarden US-Dollar beschlossen. Dies beinhaltet sogar die Auszahlung von Geld an private Haushalte. Die Bundesregierung hat 600 Milliarden Euro an Hilfen für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten beschlossen.
Das Volumen, als auch die Geschwindigkeit der Entwicklungen schlägt den Vergleich zur letzten Krise 2008/9. Während diese etwa drei Jahre brauchte, um sich voll zu entfalten, wurden Konjunkturpakete ebenso über diesen Zeitraum beschlossen. 2020 sehen wir, dass sich sowohl Einbruch der Weltwirtschaft, als auch Gegenmaßnahmen in diesem Ausmaß innerhalb von drei Wochen ereignet haben. Das Lahmlegen wichtiger Teile des Wirtschaftslebens als Maßnahme gegen die Ausbreitung des Corona-Virus führte ausgehend von China ab Januar 2020 zu einer Unterbrechung weltweiter Liefer- und Produktionsketten. Gleichzeitig ist sowohl das Angebot an Arbeitskraft durch zahlreiche Krankschreibung und Kontaktverbote sowie Quarantänemaßnahmen unzureichend, um die Produktion aufrecht zu erhalten.
Damit brach sowohl die Nachfrage nach Rohstoffen, Vorprodukten und anderen Waren in der Produktion, als auch der private Konsum ein. Die OECD schätzt, dass der Welthandel in diesem Jahr um 772 Milliarden US-Dollar einbrechen wird. Die kalkulierten Folgen davon sind unter anderem ein 14-prozentiger Anstieg der weltweiten Firmenpleiten. Für die gesamte Weltwirtschaft wird ein mögliches Nullwachstum oder gar eine Rezession angenommen.
Auf die deutsche Wirtschaft bezogen, die stark internationalisierte und vor allem mit China verbundene Wertschöpfungsketten aufweist, heißt das ein Einbruch des BIP zwischen zwei und fünf Prozent – letzteres ist mehr als im Krisenjahr 2009. Ein Faktor dabei ist auch das Einbrechen des Angebots an Arbeitskraft sowohl im Inland, als auch von Rohmaterialien und Zwischenprodukten aus anderen Ländern.
Die „Größere Depression“ – Verlauf unklar
Wie auch nach den letzten Krisen diskutieren die Kapitalisten und ihre „Weisen“ hitzig über den möglichen Verlauf der Krise. Ein V-förmiger Verlauf, also ein scharfer Einbruch mit einer folgenden ebenso schnellen Erholung basiert auf unrealistischen Annahmen. Allein der private Konsum, der die deutsche Wirtschaft in der zweiten Hälfte des letzten Jahres vor einer Rezession gerettet hat, dürfte jetzt durch Kurzarbeit und rasant steigende Arbeitslosigkeit einen Einbruch erleiden. Viel hängt davon ab, ob Maßnahmen ergriffen werden, die zu einer effektiven und schnellen Eindämmung des Corona-Virus führen können.
Nach der letzten Krise waren die Investitionen des chinesischen Kapitals im In- und Ausland der Motor der Weltwirtschaft. Schon vor der Corona-Krise zeichnete sich dort bereits eine deutliche Verlangsamung des Wachstums ab. Trotz aller Konjunkturpakete wird sich das nicht wiederholen lassen. Selbst eine U-Form, ein tiefer Fall, wie wir ihn gerade sehen, ein kurzes Verweilen und dann eine schnelle Erholung, scheint da noch sehr optimistisch. Das „L“, also eine Krise, gefolgt von einer Stagnation, scheint eine Möglichkeit zu sein. Der Wirtschaftswissenschaftler Nouriel Roubini, spricht sogar von einer „Größeren Depression“ im Vergleich zur großen Depression 1929-33 und einem „I“ im Krisenverlauf, also einem Fall ins Bodenlose. Nicht zuletzt hängt der Krisenverlauf und vor allem die Frage, wer für deren Folgen zahlt, davon ab, ob es zu Gegenwehr in Form von Klassenkämpfen kommen wird und die Arbeiter*innenklasse endlich dem kapitalistischen System, das uns in diese Lage gebracht hat, den Gar aus macht.