Pharmaindustrie verstaatlichen!

Konzerne auf der Jagd nach Corona-Profiten

Weltweit läuft die Suche nach einem Impfstoff gegen den Coronavirus sars-CoV-2 und nach einem Mittel gegen die durch diesen verursachte Lungenkrankheit Covid-19 auf Hochtouren.

Von Daniela Weber, Dortmund

Da es derzeit noch kein Medikament gegen die Krankheit gibt und auch die Entwicklung und Zulassung neuer Medikament meist mehrere Jahre dauert, werden verschiedene Mittel ausprobiert, die gegen andere Erkrankungen entwickelt und zugelassen wurden, oder erst gar nicht zugelassen sind.

In erster Linie werden derzeit antivirale Medikamente getestet, die ursprünglich gegen Ebola, HIV, Malaria oder Hepatitis B oder C entwickelt wurden, oder auch Mittel gegen Lungenkrankheiten oder sogenannte Immunmodulatoren, welche sowohl dazu dienen können, das Immunsystem anzuregen, als auch eine Überreaktion des Immunsystems zu verhindern.

Derzeit werden über dreißig verschiedene Medikamente auf eine Wirksamkeit gegen Covid-19 getestet, eine Vielzahl an Pharmakonzernen hat mit ersten klinischen Studien begonnen und hofft darauf, dass sie ihr Medikament als Mittel gegen Corona einsetzen können, denn dann würden enorme Profite winken. 

Wettrennen um einen Impfstoff 

Auch das Wettrennen um einen Impfstoff ist in vollem Gange. Obwohl die Entwicklung eines Impfstoffs meist auf drei Verfahren beruht, wurden bis Mitte April 77 Projekte gestartet. Bereits im März wurde mit den ersten klinischen Tests begonnen, also Tests an Menschen.

Während die Dringlichkeit für einen Impfstoff zweifellos hoch ist, kritisieren dennoch einige Wissenschaftler*innen die frühen Tests und warnen vor unkalkulierbaren Risiken. 

So schnell wurde wohl noch nie ein Impfstoff entwickelt. Dabei hätte die Fortsetzung an der Entwicklung von Medikamenten und einem Impfstoff gegen das SARS-Virus, welches 2002 eine Epidemie auslöste, jetzt wahrscheinlich große Vorteile gebracht. Damals wurden 22 Projekte zur Entwicklung eines Impfstoffs gestartet. Als die Epidemie aber ein plötzliches Ende nahm, wurde nicht weiter daran geforscht. Wie auch bei vielen der Medikamente, die damals gegen den SARS-Virus zum Einsatz kamen und derzeit gegen Corona getestet werden, lohnte sich für die Unternehmen durch den nun fehlenden Absatzmarkt die weitere Forschung nicht mehr.

Jetzt versucht jeder Pharmakonzern der erste zu sein, einen Corona-Impfstoff zu liefern. Dabei schließen sich zwar ein paar große Unternehmen zusammen, da sie sich hiervon einen Wettbewerbsvorteil versprechen. Der Großteil der Forschung läuft aber gegeneinander. 

Friedrich Bohlen, Mitgründer der Beteiligungsgesellschaft Diebin, über die auch der Multimilliardär Dietmar Hopp sein Geld in das Biotech Unternehmen CureVac investiert, sagte in einem Interview auf die Frage, ob man mit- oder gegeneinander arbeite, dass es sich natürlich um einen Wettlauf handle.

Dietmar Hopp, der bereits über eine Milliarde Euro in das Biotech Unternehmen investierte, zeigte sich optimistisch, dass er seinen Einsatz verdreifachen wird. Dies bezog er zwar nicht direkt auf Corona, aber es ist klar, dass er dies als seine Chance zur Profitmaximierung sieht.

Konzerninteressen und WHO

Die Unternehmensbosse behaupten, dass es ihnen in erster Linie um die Gesundheit geht und darum zu helfen. Das ist allerdings alles andere als glaubwürdig. Die Pharmakonzerne, die derzeit an einem Medikament oder Impfstoff forschen, gehören zu den größten der Welt mit jährlichen Milliarden-Umsätzen.

So etwa Gilead, der Hersteller des Medikaments Remdesivir, welches derzeit als einer der aussichtsreichsten Kandidaten für ein Mittel gegen Covid-19 gehandelt wird. Dieses wurde ursprünglich gegen Ebola entwickelt, zeigte aber keine ausreichende Wirkung. Gilead hofft nun eine Zulassung des Medikaments gegen Corona schnell durchbringen zu können und setzt dabei auch auf den derzeitigen Druck, der sich aus der Pandemie ergibt. 

Es stellt sich aber die Frage, ob der Konzern nicht zu viel Risiken in Kauf nimmt, nur um der erste zu sein, der ein Medikament gegen Corona vermarkten kann. Auch war der Konzern 2014 in die Kritik geraten weil er sein Mittel gegen Hepatitis C zum vierzigfachen Preis der Herstellungs- und Vertriebskosten vermarktete und eine zwölfwöchige Therapie damit 60.000 Dollar kostete. Natürlich sollen auch mit einem Corona-Medikament Milliarden an Profiten erwirtschaftet werden.  

Bei manchen Medikamenten kritisieren Experten, dass diese überhaupt jetzt getestet werden, wie etwa bei dem Wirkstoff Oseltamivir. Das Medikament Tamiflu des Pharmakonzerns Roche, das diesen Wirkstoff enthält, wurde bereits während der Vogelgrippe von der WHO empfohlen und viele Länder kauften es auf Vorrat. Der Konzern verdiente Milliarden. Es gab zu der Zeit allerdings keine unabhängige Studie und Roche wollte die Daten, auf welche die Aussagen zur Wirksamkeit des Medikaments beruhten, nicht offen legen. Als der Konzern aufgrund von öffentlichem Druck die Daten dennoch offenlegen musste, schätzten Experten das Mittel als wirkungslos ein.

Heute wird es dennoch als vorbeugendes Medikament gegen die Influenza-Grippe vermarktet, auch auf Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Dazu muss man sagen, dass die WHO inzwischen zu etwa achtzig Prozent aus privaten Geldern, insbesondere auch von Pharmakonzernen finanziert wird, unter anderem von Roche. Einer der größten Geldgeber der WHO ist Bill Gates, welcher ebenfalls viele Anteile an Pharmakonzernen besitzt. An einer Unabhängigkeit der Entscheidungen der Organisation von ihren Geldgebern darf man Zweifel haben.

Pharmakonzerne verstaatlichen 

Das alles zeigt, dass die Pharmabranche unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung verstaatlicht werden muss. Es kann nicht sein, dass die Gesundheit und die Überlebenschancen von Menschen in die Hände von Konzernen gelegt werden, die damit Profite erwirtschaften wollen. 

Um so schnell wie möglich einen wirkungsvollen und sicheren Impfstoff sowie Medikamente gegen Corona zu finden, müssen Forschungsergebnisse geteilt werden. Die Studien müssen auf dieser Grundlage öffentlich und demokratisch kontrolliert stattfinden.

Wie schnell mit einer Impfkampagne begonnen werden kann, hängt auch von den Produktionskapazitäten ab. Neben der Forschung und Verteilung müsste auch die Produktion demokratisch nach den Bedürfnissen geplant und kontrolliert werden. Dies könnte etwa durch ein gewähltes Gremium aus Mediziner*innen, Forscher*innen, Patient*innenvertretungen und Gewerkschaften geschehen.

An erster Stelle muss stehen, dass die Menschen weltweit mit sicheren Medikamenten versorgt werden können, unabhängig vom Geldbeutel, und dass Profitinteressen von Pharmabossen keine Rolle mehr spielen. Es wird Zeit, die Macht der Konzerne zu brechen und gemeinsam für eine sozialistische Demokratie zu kämpfen.

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