Gewerkschaften: Gegen Verzichtslogik

Diskutieren, mobilisieren, kämpfen

Während die Bundesregierung versucht, mit ihrem Konjunkturpaket die schlimmsten Folgen der aktuellen wirtschaftlichen Krise abzufedern und dabei vor allem die Interessen der Großkonzerne im Blick hat, wird immer deutlicher, auf was sich Lohnabhängige in Deutschland einzustellen haben. 

Jan Horsthemke, Dortmund

Hunderttausende haben trotz des massiven Gebrauchs der Kurzarbeit bereits ihren Job verloren und fast täglich geben weitere Großkonzerne bekannt, dass sie Stellen streichen wollen. Lufthansa und BMW werden Tausende Arbeitsplätze wegkürzen und Rene Benko schließt als Eigentümer von Galeria Karstadt Kaufhof kurzerhand dutzende Warenhäuser und raubt somit Tausenden Mitarbeiter*innen ihre Existenz. 

Diese Stellenstreichungen werden erst der Anfang einer Entlassungswelle sein. Die pro-kapitalistischen Parteien werden versuchen, die momentan entstehenden Defizite der öffentlichen Haushalte durch Kürzungen zuungunsten der arbeitenden Bevölkerung wettzumachen.

Verzicht rettet keine Arbeitsplätze

Die jetzige Situation macht auch deutlich, wie fatal die Herangehensweise der Gewerkschaftsführungen ist. ver.di hat immer wieder einer Verzichtspolitik bei Galeria Karstadt Kaufhof für die Mitarbeiter*innen zugestimmt. Gedankt wird es jetzt durch rücksichtslosen Stellenabbau und weiteren Forderungen der Arbeitgeberverbände, die beispielsweise Verschlechterungen bei der Rente oder den Arbeitszeiten vorsehen.

Tarifrunde im öffentlichen Dienst

Zuletzt gab sich der Ver.di-Vorsitzende Frank Wernecke geschockt darüber, dass die kommunalen Arbeitgeber die anstehenden Tarifverhandlungen nicht gegen eine Einmalzahlung auf das nächste Jahr verschieben wollen, sondern noch in diesem Jahr die komplizierte Lage aufgrund der Pandemie ausnutzen und einen für sie günstigen Tarifvertrag verhandeln wollen: Inflationsausgleich bei drei Jahren Laufzeit, mehr nicht. Auch wenn die Gewerkschaftsführung immer wieder die vermeintliche Sozialpartnerschaft mit den Konzernchefs dem Klassenkampf vorzieht, heißt das nicht, dass der Klassenkampf nicht schon längst von den Bossen entschieden geführt wird. 

Als ver.di-Vertreter*innen in der ersten Sondierungsrunde mit den kommunalen Arbeitgebern daran erinnerten, dass man sich zu Beginn der Pandemie in Deutschland vermeintlich darüber einig war, dass für die Gesellschaft essentielle Berufe mehr Anerkennung bräuchten, erwiderten diese nur, dass ein sicherer Job während der Krise genug Anerkennung sei und sie spürbare Lohnerhöhungen oder Bonuszahlungen, auch für Krankenhausbeschäftigte, ablehnen.

Was tun?

Wichtig ist, dass von den Kolleg*innen auf Angriffe solcher Art entsprechend geantwortet wird. Auch wenn die zahme und im während Tarifverhandlungen ritualisiert wirkende Taktik der Gewerkschaftsführungen der letzten Jahre ein Hindernis sein wird, muss jetzt entschieden in den Betrieben und Dienststellen mobilisiert werden, um eine bestmögliche Streikfähigkeit herzustellen.

Und wenn man sich anschaut, wie viele Milliarden Euro durch immense staatliche Rettungspakete erneut in den Taschen der Unternehmer landen, sollte in der anstehenden Tarifrunde kein Platz für Bescheidenheit sein. Die Vermögen solcher Superreichen sollten dafür genutzt werden, Verbesserungen wie Festgelderhöhungen und Arbeitszeitverkürzungen bei Lohn- und Personalausgleich durchzusetzen. Egal, ob in privaten Großkonzernen oder im öffentlichen Dienst: Die Gewerkschaften müssen aus ihrer sozialpartnerschaftlichen Deckung heraus kommen und entschiedene Kämpfe führen. 

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