CFM: Kündigungen zurück nehmen! Gewerkschaftliche Untersuchungskommission bilden!

Zu den Kündigungen und Abmahnungen von Gewerkschafter*innen beim Charité Facility Management (CFM)

Die Geschäftsführung der CFM, der ausgegliederten Dienstleistungssparte am Universitätsklinikum Charité, geht gegen aktive Gewerkschafter*innen vor. Mitten in den Tarifverhandlungen wurden zwei Mitglieder der ver.di-Tarifkommission wurden gekündigt, gegen ein weiteres wird mittels Abmahnung ebenfalls vorgegangen. Klare Sache möchte man meinen, aber der Umstand, dass der Betriebsrat – und in diesem auch eine Reihe von ver.di-Mitgliedern – der Kündigung eines Kollegen mehrheitlich zugestimmt hat, wirft Fragen auf. Denn den Kolleg*innen wird rassistisches und sexistisches Verhalten vorgeworfen.

Von Sascha Staničić

Wir haben mit verschiedenen Kolleg*innen von beiden Seiten gesprochen und die unterschiedlichen Stellungnahmen, die von verschiedenen linken und gewerkschaftlichen Gruppen veröffentlicht wurden, gelesen. Wir maßen uns kein abschließendes Urteil an, weil wir die genauen „Anklagepunkte“ nicht kennen und vor allem nicht beurteilen können, was in welchem Kontext vorgefallen ist.

Es gibt zwei Prämissen, auf deren Grundlage man mit dieser Situation umgehen kann. Erstens: Die Vorwürfe sind aus der Luft gegriffen und Teil eines Komplotts gegen kämpferische Gewerkschafter*innen. Dies wird in einigen Solidaritätserklärungen mit den gekündigten Kolleg*innen impliziert, weil dort von „fadenscheinigen Vorwürfen“ die Rede ist. Zweitens: Es gab, in welcher genauen Form auch immer, sexistische und rassistische Äußerungen und Verhaltensweisen. Wir sehen uns, auf Basis der uns bisher zugänglichen Informationen, nicht in der Lage zu beurteilen, welche dieser beiden Prämissen zutreffen und werden deshalb auch keine eindeutige Position einnehmen können. Wir sind deshalb der Meinung, dass diese Krise nur gelöst werden kann, wenn die Gewerkschaft ver.di eine demokratisch zusammen gesetzte Untersuchungskommission bildet, die den Fall von allen Seiten untersucht und Vorschläge für die weitere gewerkschaftliche Arbeit im Betrieb macht.

Betriebsräte und Kündigungen

Es gibt aber einige grundsätzliche Überlegungen, die wir in die Debatte über die Kündigungen einfließen lassen wollen. Unser Eindruck ist, dass – unabhängig davon, welche der beiden genannten Prämissen stimmt – von allen Seiten Fehler begangen wurden, die die Einheit der Streikenden und der Gewerkschaft ver.di an der CFM gefährden.

Erstens sind wir der Meinung, dass Betriebsräte und Gewerkschafter*innen nur in eindeutig geklärten Ausnahmesituationen Kündigungen zustimmen sollten. Sollte eine Betriebsratsmehrheit zu dem Schluss kommen, dass ein Betriebsratsmitglied aus dem Gremium ausgeschlossen werden muss, gibt es andere Wege dies zu erreichen. Die Angelegenheit dem Arbeitgeber zu übergeben, beinhaltet immer die Gefahr, dass dieser sie in seinem eigenen Interesse behandelt.

Das geschieht nun zweifelsfrei an der CFM. Für die Geschäftsleitung ist die entstandene Situation ein Geschenk, um gegen die Gewerkschaft und ihre gewählten Vertreter*innen in der Tarifkommission vorzugehen – und das mitten in einer Tarifauseinandersetzung und einem Kampf, der seit neun Jahren von ver.di geführt wird. Das hätte verhindert werden müssen. Die Leidtragenden sind die CFM-Beschäftigten, denen grundlegende Rechte verwehrt werden.

In Erwägung, dass die Kollegin, die sich sexistisch und rassistisch gemobbt fühlte, in der Sache Recht hat und aus Verzweiflung den Weg zum Arbeitgeber gegangen ist, bleibt dieser Schritt trotzdem ein politischer Fehler. Das wirft aber auch die Frage auf, warum es in einem Betriebsrat und einer Gewerkschaft so weit kommt, dass solche Probleme so lange nicht angegangen und offen thematisiert wurden. Letztlich ist aber ohnehin nicht das individuelle Verhalten der einen Kollegin entscheidend, sondern die Zustimmung der Betriebsratsmehrheit zu den Kündigungen. Diese hätte nicht gegeben werden dürfen, selbst wenn man die Vorwürfe für berechtigt hält. Es ist nicht Aufgabe des Betriebsrat, der Geschäftsleitung dabei zu helfen, unliebsame Gewerkschafter*innen loszuwerden. Und Konflikte innerhalb eines Betriebsrats müssen von den Mitgliedern des Gremiums und den Wähler*innen in der Belegschaft geklärt werden, da haben die Bosse nichts mitzureden!

Dementsprechend ist es richtig, wenn ver.di die Kündigungen zurückweist und die Wiedereinstellung der Kollegen fordert. Der Landesbezirksfachbereichsvorstand 3 von ver.di Berlin-Brandenburg hat dazu eine Erklärung verfasst, der wir in vielen Punkten zustimmen können, die aber leider die eigene Verantwortung der Gewerkschaft bzw. der zuständigen Gewerkschaftssekretäre für die entstandene Situation nicht erwähnt und auch keine ausreichenden Schritte vorschlägt, um unter Einbeziehung der Gewerkschaftsmitglieder im Betrieb die Situation zu lösen. Wie schon erwähnt, halten wir eine demokratisch gewählte Untersuchungskommission für den besten Weg, um im Betrieb wieder eine Einheit und Kampffähigkeit aller ver.di-Mitglieder herzustellen. Alle Beteiligten sollten dabei bereit sein, eigenes Verhalten zu hinterfragen und zu verändern.

Kollektives Handeln gegen Rassismus und Sexismus

Individuelle Einsicht und Handeln können eine Voraussetzung für die Überwindung von Spaltungslinien sein. Es sind aber gerade die Kollektivität und Solidarität in einer Belegschaft, in einer Gewerkschaft und in gemeinsamen Kämpfen, die uns befähigen, Rassismus, Sexismus und andere Spaltungen zu überwinden und uns damit wiederum in die Lage versetzen gemeinsam Angriffen von Unternehmensseite zu trotzen. Mit der Zustimmung des Betriebsrates zur Kündigung wurde in diesem Fall, die Chance zum kollektiven Handeln nicht genutzt. Es besteht dadurch sogar die Gefahr, dass Kolleg*innen nun noch zusätzlich Befürchtungen haben, falsches Verhalten anzusprechen.

Was für die Aufarbeitung dieses Falls gilt, gilt auch für die Fortsetzung des Arbeitskampfs. Nur bei maximaler demokratischer Einbeziehung der Beschäftigten, kann der Kampf erfolgreich geführt werden. Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall und aus unserer Sicht wurden mit der Aussetzung des Streiks und der Zustimmung zu einer Schlichtung Fehler gemacht, die die Belegschaft einem Erfolg nicht näher gebracht haben. Auch das sollte auf Betriebsversammlungen und durch eine Wiederbelebung der ver.di-Betriebsgruppe aufgearbeitet werden und demokratisch eine Strategie für die Fortsetzung des Kampfes diskutiert und festgelegt werden.

Eins ist klar: Der Kampf für einen Tarifvertrag bei der CFM muss weiter gehen. Und er geht weiter. Wir fordern vom Berliner Senat und insbesondere der in diesem vertretenen Partei DIE LINKE, endlich dafür zu sorgen, dass der Koalitionsvertrag in dieser Frage umgesetzt wird und die CFM-Beschäftigten entsprechend dem TVÖD angegliedert werden.