Aktiv für sichere Schulen

Kundgebung der linksjugend[‘solid] in Aachen

Am Freitag versammelten sich rund 15, vor allem junge, Menschen am Aachener Elisenbrunnen, um für sichere Schulen zu protestieren. Aufgerufen hatte die lokale linksjugend[‘solid]-Basisgruppe.

Von Christian Walter, Aachen

Während der gesamten Kundgebung herrschte typisches Aachener Regenwetter. Es war grau und ungemütlich und entsprechend blieben auch nicht besonders viele Menschen stehen, um sich zu informieren. Dennoch konnten zahlreiche Flugblätter verteilt werden.

Auf Plakaten wurden zentrale Forderungen dargestellt – für Luftfilter in Schulen, gegen zwingende Prüfungen, für Sicherheit bei der An- und Abreise durch mehr Busse und vor allem dafür, dass Betroffene über Öffnungen entscheiden sollen. Woher das nötige Geld dafür kommen sollte wurde auf einem Transparent deutlich gemacht: „Geld für Bildung statt für Bomben und Banken!“

Ein Lehrer prognostizierte in seiner Rede, dass die Ansteckungen unter Schüler*innen in wenigen Wochen in die Höhe schießen werden – er nannte die Schulöffnungen unter den gegebenen Bedingungen unverantwortlich. Eine andere Rednerin, Aktivistin der linksjugend[‘solid] und Sol-Mitglied, warnte ebenfalls davor dass die Regierenden sehenden Auges eine dritte Pandemie-Welle in Kauf nähmen. Doch die Alternative zu Schulöffnungen seien nicht Schulschließungen, sondern massive Investitionen, um die Schulen und die An- und Abreise so sicher wie möglich zu gestalten.

In der nächsten Zeit sollen weitere Proteste folgen.

Mitglieder der Sozialistischen Organisation Solidarität (Sol) schlagen derzeit in LINKE- und linksjugend-Strukturen solche Proteste vor. Damit wollen wir einen Ausweg aufzeigen aus der aktuellen Misere: Der Staat tut so, als würden nach mehreren Monaten Lockdown und chaotischem Distanzunterricht vergleichbare Bedingungen herrschen wie in den letzten Jahren. Prüfungen sollen stattfinden, und das schon bald. Schüler*innen jedoch sind nicht einmal annähernd ausreichend vorbereitet, es gibt Berichte wonach Panikattacken und Zusammenbrüche (Link: https://www.tagesspiegel.de/berlin/alarmierende-bestandsaufnahme-berliner-schueler-verzweifeln-im-lockdown/26964354.html) mittlerweile trauriger Alltag sind.

Besonders Schüler*innen aus ärmeren Schichten der Arbeiter*innenklasse sind hart benachteiligt: Wer keine ruhige Arbeitsatmosphäre und leistungsfähigen Geräte für den Distanzunterricht besitzt hat starke Nachteile. Das Lernen via Videokonferenz hat sowieso viele Nachteile, die sozialen Nachteile wirken sich zusätzlich aus.

Gleichzeitig sind die Lockerungen der Regierung unverantwortlich. Denn die, die an der Macht sind, haben viele Monate nichts getan, um die Schulen sicher zu machen. Viele Schulen verfügen über keine Luftfilter. Klassenräume sind oft viel zu klein, als dass man vernünftig Sicherheitsabstände einhalten könnte. Bei kaltem Wetter kann man nicht ständig lüften, in manchen Räumen geht das aber auch nicht bei wärmeren Temperaturen: Die Fenster sind kaputt und lassen sich nicht öffnen. Und mit den Schulöffnungen werden auch die Busse zu Stoßzeiten wieder gut gefüllt sein.

Wir meinen, dass man die Zustände nicht hinnehmen muss. Aber die 1,5 Milliarden Euro, (Link: https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Coronavirus-Was-bringen-Luftfilter-an-Schulen,luftfilter100.html) die nötig wären, um alle Klassenräume bundesweit mit Luftfiltern auszurüsten, wollen die Herrschenden nicht locker machen. Das Geld stecken sie lieber in teure Rüstungsprojekte oder in Konzerne, die es an ihre Großaktionäre ausschütten. Viel mehr Geld gibt es bei den Superreichen, Banken und Konzernen zu holen.

Sol-Mitglieder haben in linksjugend [‘solid] NRW ein Flugblatt (Link: http://linksjugend-solid-nrw.de/3737/schulen) vorgeschlagen, das jetzt landesweit verbreitet wird. Diese Forderungen hat der Landesverband aufgestellt:

  • Luftfilterungsanlagen für alle Klassenzimmer! Kostenlose Masken für Schüler*innen und Personal! Regelmäßige Massentests an allen Schulen!
  • Massive Investitionen zwecks Einstellung und Ausbildung von pädagogischem Lehrpersonal und Sanierung maroder Schulgebäude!
  • Flächendeckende Bereitstellung von Laptops und Bereitstellung eines Internetzugangs für alle Schüler*innen, die es brauchen!
  • Entscheidung über Schließung bzw. Öffnung von Schulen durch demokratisch gewählte Vertreter*innen von Schülerschaft, Elternschaft und Lehrpersonal!
  • Niemand darf wegen der Pandemie sitzen bleiben! Prüfungen nur auf freiwilliger Basis!
  • Freier Zugang zu Bildung, Lernmittelfreiheit und Abschaffung aller Gebühren in Kitas, Unis und Volkshochschulen!
  • Finanzierung der Maßnahmen durch eine einmalige Corona-Abgabe von 30 Prozent auf Vermögen ab einer Million Euro, sowie drastisch höhere Besteuerung von Unternehmen und Super-Reichen!
  • Ausbau des ÖPNV besonders auf Schulweg-Strecken, um eine sichere An- und Abreise zu gewährleisten. Ausstattung der Fahrzeuge mit Desinfektionsmittelspendern und kostenfreien Masken.

Der Bundesarbeitskreis Revolutionäre Linke in der linksjugend [‘solid] wird am Mittwoch eine Online-Veranstaltung (Link: https://www.facebook.com/events/527129355349730) durchführen, wo diskutiert werden soll, mit welchem Programm der Kampf um sichere Schulen geführt werden sollte – und was die nächsten Schritte sind, um ihn voran zu bringen.

Wir dokumentieren hier die Rede, die Cassy von der Sozialistischen Organisation Solidarität (Sol) und linksjugend[‘solid] Aachen bei der Kundgebung gehalten hat:

„Während die zweite Welle noch nicht überstanden ist, droht die dritte Welle auszubrechen und wieder interessiert sich die Bundesregierung nur für die Profite der Banken und Konzerne. Anstatt im Sinne der einfachen Bevölkerung zu handeln und sinnvolle Strategien zur Bekämpfung der Pandemie zu erarbeiten, scheitern die Verantwortlichen mit ihrer trial and error-Politik. So müssen nun auch viele Schüler*innen und Lehrer*innen Angst haben sich zu infizieren, denn ab kommenden Montag sollen die Schulen wieder weitgehend öffnen. Jedoch hat weder die Bundes- noch die Landesregierung ein Konzept für sichere Schulen entwickelt und vorgelegt.

Seit Monaten hätte die Bundesregierung Schulen mit Luftfiltern, FFP2-Masken und Desinfektionsmittelspendern versorgen können. Schüler*innen, die sie benötigen, hätten mit Laptops und einem Internetzugang ausgestattet werden können. Doch die Regierung behauptet, nicht genügend Geld bereit stehen zu haben. Doch wo kommen die 5,5 Milliarden Euro für neue Kampfjets her? Es ist ein Armutszeugnis, dass selbst Supermärkte wie Aldi besser ausgerüstet sind als Schulen.

Eines ist uns allen klar: Ein Spiel der Regierung mit unserer Gesundheit wollen und können wir nicht länger dulden. Viele Berichte zeigen, dass Schüler*innen insbesondere aus Abschlussklassen reihenweise unter dem Leistungsdruck zusammenbrechen. Denn von ihnen wird trotz schlechten Lernbedingungen, fehlender Betreuung durch Lehrpersonal sowie einem völlig überholten Notensystem dieselbe Leistung wie im Präsenzunterricht erwartet.

Dieses Bildungssystem war schon vor Corona chronisch unterfinanziert. Die Pandemie hat das deutlich offengelegt und noch verschärft. Wenn sie uns jetzt zurückschicken wollen, unter welchen Bedingungen erwarten sie das von uns? Was wurde in den letzten Monaten und über den Winter getan? Gibt es Luftfilter in allen Klassenräumen? Werden medizinische Masken an den Schulen kostenlos abgegeben? Gibt es flächendeckende Schnelltests an allen Schulen? Gibt es genug Räume und Personal, um halbierte Klassen zu organisieren? Werden genügend Schulbusse und öffentliche Verkehrsmittel zu Verfügung gestellt? Nein. Der Staat hat Milliarden für die Lufthansa, Tui und andere kapitalistische Unternehmen, aber nicht für uns.

Wir wollen das nicht hinnehmen. Doch für Veränderungen müssen wir kämpfen – am besten zusammen mit Gewerkschaften, Lehrkräften und Eltern. Wir glauben, dass Proteste (mit Hygienekonzepten) der richtige Weg sind, um Druck aufzubauen.

Wir starten gerade in Aachen eine Kampagne um Druck aufzubauen, damit sich etwas an den Zuständen ändert. Unsere wichtigsten Anliegen sind:

  • Luftfilterungsanlagen für alle Klassenzimmer! Kostenlose Masken für Schüler*innen und Personal! Regelmäßige Massentests an allen Schulen!
  • Marode Schulgebäude müssen saniert werden, beispielsweise, damit sich die Fenster in allen Klassen wieder öffnen lassen!
  • Mehr Lehrpersonal, um Klassen halbieren zu können! Dafür muss eine Einstellungskampagne auf die Beine gestellt werden die, arbeitslose Lehrer*innen, Nachhilfelehrer*innen und mögliche Quereinsteiger*innen und Aushilfsstudis die gerade auf Lehramt studieren ansprechen soll.
  • Mehr und vor allem größere Räume zum Unterrichten, zum Beispiel könnten Veranstaltungsräume genutzt werden.
  • Demokratisch gewählte Vertreter*innen aus Schülerschaft, Lehrerschaft und Elternschaft, die über Schließung bzw. Öffnungen der Schulen entscheiden. Damit Konzepte beschlossen werden können um alle zu schützen.
  • Niemand sollte während der Pandemie sitzen bleiben. Prüfungen sollen nur auf freiwilliger Basis zur Aufbesserung der Noten stattfinden.
  • Allen Schüler*innen sollte eine sichere An- und Abreise gewährleistet werden! Es müssen mehr Busse und Bahnen fahren, um überfüllte Verkehrsmittel zu vermeiden. Desweiteren sollen Desinfektionsmittelspender sowie FFP2-Masken in Bus und Bahn bereitgestellt werden.

Uns ist klar, dass unsere Forderungen ziemlich viel Geld kosten. Sinnvoll sind sie trotzdem.

Wenn man sich anschaut, wie viel Geld vorhanden ist, erscheint es aber gar nicht mehr so viel:

Die Regierung hat hunderte Milliarden in große Konzerne gepumpt, von denen einige trotz Corona fette Gewinne an ihre Aktionäre ausgeschüttet haben. Fürs Militär werden vierzig Milliarden Euro jährlich ausgegeben. Vor allem aber liegt extrem viel Geld auf den Konten der Banken, Konzernen und Superreichen – viele von ihnen konnten ihr Vermögen während der Pandemie deutlich vergrößern. Zum Vergleich: Die flächendeckende Ausstattung aller Klassenräume bundesweit mit Luftfiltern kostet knapp 1,5 Milliarden Euro.

Wir wollen diese Missstände überwinden. Deshalb lasst uns gemeinsam protestieren! Kommt zu uns an den Infotisch. Nehmt euch Flyer mit. Informiert euch über unsere Kampagne und macht mit!

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit.