Internationaler Frauentag 2021: Kämpfe von Frauen in Zeiten der Covid 19 Krise

Protest in London in Solidarität mit der polnischen Bewegung für das Recht auf Abtreibung

Stellungnahme des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale

Ein Jahr ist seit dem letzten internationalen Frauentag vergangen, dem Tag des Kampfes von arbeitenden Frauen für ein besseres Leben. Was für ein Jahr von Elend, Tod und Zerstörung! Aber gleichzeitig baut sich eine gigantische Feindschaft gegenüber dem System Kapitalismus auf!

Covid 19 hat sich über Kontinente und Ozeane ausgebreitet und dabei das Leben und die Lebensgrundlage von Millionen zerstört. Dieses Desaster, das keine Grenzen kennt, hat die Welt nicht “gleicher” gemacht, sondern enthüllt wer in der kapitalistischen Gesellschaft am meisten leidet. Während die Reichen weiterhin obszön reicher werden, hat es weltweit ein Gemetzel an Jobs und Bildung für die Arbeiter*innenklasse und Armen gegeben.

Es gibt eine Unmenge an Statistiken darüber, wo die Pandemie die meisten Toten verursacht hat. Es ist keine Überraschung dass die Ärmsten die höchste Sterblichkeit aufweisen – Geflüchtete in Lagern, Migrant*innen die in Hotels arbeiten, Textilarbeiter*innen in Sweatshops, gemeinsam mit den den schwarzen und migrantischen Arbeiter*innen im Gesundheitssystem in den USA und Europa. Die Mehrheit davon sind Frauen. In einigen Ländern, besonders Indien mit einer Population von beinahe 1,4 Milliarden und einem sehr schwachen Gesundheitssystem sind mehr Frauen als Männer an Covid 19 verstorben. Millionen haben keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung.

In einer kapitalistischen Welt werden Arbeiterinnen und arme Frauen sowie jene mit Migrationshintergrund immer ein schlimmeres Schicksal erleiden als ihre männlichen Gegenüber. Ihr Kampf für ein besseres Leben war der Grund warum sozialistische Frauen 1910 beschlossen haben, einen Tag ins Leben zu rufen an dem ihr Kampf gewürdigt wird.

Es gab historische Streiks und Demonstrationen von Arbeiterinnen im späten 19. Jahrhundert in den USA und anderswo. Die ersten Jahre, in denen der Internationale Frauentag zu Beginn des 20. Jahrhunderts gefeiert wurde, waren geprägt von Epidemien, wirtschaftlichen Krisen und Krieg um Rohstoffe und neue Märkte – in China, Europa, dem Balkan und Teilen von Afrika – und dem Leid, das sie verursacht haben.

Tradition

Die Tradition des internationalen Frauentags wurde durch ein Treffen von weiblichen Mitgliedern der sozialdemokratischen Parteien in der Zweiten Internationale etabliert. Die Sozialistische Partei in den USA organisierte einen bundesweiten Frauentag 1909 und im Jahr darauf beschloss eine Frauenkonferenz der Zweiten Internationale in Unterstützung ihrer Forderungen einen Internationalen Frauentag auszurufen. Der erste fand 1911 statt aber drei Jahre später unterstützte die Mehrheit der Führung derselben Internationale schäbigerweise den blutigen Krieg der Kapitalisten. Kurz nach Kriegsende machten sich die verachtenswerten Figuren an der Spitze der deutschen Sozialdemokratie der Ermordung der heroischen revolutionären Führer*innen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht schuldig.

Die “Rote Rosa” ist eine der von Sozialist*innen weltweit am meist gefeierten und verehrten Figuren am 8. März. Dieses Jahr ist Rosa Luxemburgs 150. Geburtstag. Das CWI beginnt eine Serie von Artikeln für den Internationalen Frauentag 2021 mit einem Artikel über das Leben und den Tod Rosa Luxemburgs aus der Zeitung der Sozialistischen Organisation Solidarität (Sol, CWI in Deutschland). Ein weiterer Artikel von Gauche Révolutionnaire (CWI in Frankreich) wird sich mit der Rolle von arbeitenden Frauen in der Pariser Kommune 1871 beschäftigen, die sich auch zum 150. Mal jährt.

Ein Artikel der New Socialist Alternative – CWI in Indien – wird die Härte des Lebens und der Involvierung von Frauen in wichtigen Kämpfen im letzten Jahr beleuchten. Andere Beiträge über die Kämpfe von Frauen werden in der Woche vor dem 8. März veröffentlicht. Am Sonntag dem 7. März findet eine Online-Veranstaltung unter dem Motto “Frauenunterdrückung beenden” statt mit einer Reihe von Rednerinnen aus verschiedenen Ländern.

Für Sozialist*innen kann es keinen Internationalen Frauentag geben, ohne an die Petrograder Textilarbeiterinnen zu erinnern, die 1917 den Frauentag mit einem Streik feierten und mit den Forderungen “Brot und Frieden” zum Palast des Zaren marschierten. Innerhalb von Tagen war der Zar Geschichte und der Weg war frei für den Sturz des Kapitalismus in Russland – sobald die Bolschewiki unter der Führung von Lenin und Trotzki eine Mehrheit in den “Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten” gewonnen hatten und im Zuge dessen sofort begannen gleiche Rechte für Frauen an Arbeitsplatz und in der Gesellschaft umzusetzen. Eine neue Generation ist nun auf den Straßen in ganz Russland, die gegen das Regime und die Entbehrungen in Russland kämpfen. Alle Lehren aus der Geschichte müssen erneut gezogen werden und die Notwendigkeit einer revolutionären Partei und Führung wieder und wieder festgehalten werden.

Frauen in Kämpfen ganz vorne

Sogar in Zeiten von Covid gibt es kein Fehlen von Kämpfen, die Elemente von Revolutionen in sich tragen. Nach dem heroischen Kampf der jungen Pro-Demokratie Bewegung in Hong Kong sahen wir den Ausbruch von Wut gegen den Reichtum und die autokratische Herrschaft der Monarchie in Thailand. Furchtlose junge Frauen waren ganz vorne in diesen Kämpfen und in der EndSARS Bewegung, die Nigeria im Oktober erzittern ließ, dabei.

Dasselbe gilt für die Bewegung in Myanmar, wo Lehrerinnen und Pflegerinnen in der Generalstreiksbewegung gegen die Herrschaft des Militärs eine führende Rolle spielen. Andrew Tillet-Saks, ein Gewerkschafter in Myanmar (Labor Notes, 26. Februar): “Industriearbeiterinnen, besonders junge Textilarbeiterinnen, dürften die Öffentlichkeit zutiefst inspiriert haben. Sie haben die Furcht gebrochen und waren Katalysator für die massiven Proteste und Generalstreiks die wir jetzt sehen.”

Frauen waren stets an der vordersten Front von Bewegungen um Despoten zu stürzen, wie z.B. in Algerien und dem Sudan. In Belarus, trotz der Covid Pandemie und zum Teil aufgrund Lukashenkos abfälliger Haltung bezüglich der Ernsthaftigkeit der Proteste, haben Frauen der Arbeiter*innenklasse, wie auch Frauen und Partnerinnen von gefangenen Oppositionellen, ihre Entschlossenheit gezeigt dieses despotische Ein-Mann-Regime zu stürzen.

Während sie in ihrer Konfrontation mit den Staatskräften furchtlos sind, kämpfen all diese Frauen und ihre männlichen Kampfgenossen mit einer Hand auf dem Rücken. Um eine Revolution gegen den Kapitalismus bis zum Ende zu bringen, braucht es eine Partei mit einer klaren Idee über den Weg nach vorne und darüber, wie eine wirklich demokratische sozialistische Gesellschaft etabliert werden kann.

Die Welt für arbeitende und arme Frauen zu verändern, das kann weder durch akademische Seminare zum 8. März noch durch das Gerede über Frauen, die in der Wirtschaft oder der Regierung hohe Posten ergattern, erreicht werden. Es gab ein Abfeiern der ersten schwarzen Frau an der Spitze der World Trade Organisation – eine Körperschaft die den Interessen des großen Kapital weltweit zutiefst ergeben ist. Wie H.T. Soweto des Democratic Socialist Movement (Nigeria) in einem detaillierten Artikel auf der CWI Website am 19. Februar 2021 ausführt: “Ngozi Okonjo-Iweala ist eine waschechte kapitalistische neoliberale Ökonomin mit einer brutalen Hinterlassenschaft in Nigeria. Ihre gegen die Armen gerichteten wirtschaftlichen Maßnahmen, verkleidet als Reformen, haben den Zugriff des Imperialismus auf Nigerias Wirtschaft stärker gemacht und die sozialen Ungleichheiten und Massenarmut mitten in einem Überfluss an Ressourcen vertieft.”

Wie das CWI stets erklärt, bedeutet eine Frau an einer Regierungsspitze nicht, dass die Einkommen der von arbeitenden und armen Frauen sich verbessern noch dass ihre Interessen durchgesetzt werden – die Beispiele von Indira Gandhi in Indien und Margaret Thatcher im Vereinigten Königreich untermalen das.

Kampagnen

Das CWI hat Zeit seines Bestehens für die Rechte von Frauen der Arbeiter*innenklasse gekämpft. Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit sowie das Recht zu entscheiden ob und wann sie Kinder wollen stehen ganz vorne. Aufklärung, die Verfügbarkeit von kostenlosen Verhütungsmitteln, Schwangerschaftsabbruch oder Fruchtbarkeitsbehandlungen sind entscheidend. Wohnen ist ein grundlegendes Recht – es muss für Haushalte der Arbeiter*innenklasse erschwinglich sein. Das CWI verbindet diese Forderungen mit der Notwendigkeit eines Kampfes gegen Kapitalismus Großrundbesitz weltweit zu beenden.

Im letzten Jahr gab es eine beeindruckende landesweite Kampagne in Polen zum Recht auf Schwangerschaftsabbruch gegen die Morawiecki Regierung, die starke Verbindungen zur machtvollen katholischen Kirche Polens hat. Am 27. Januar dieses Jahres wurde ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichtshofes veröffentlicht, das besagte dass Frauen das Kind austragen müssen selbst wenn es schwere Beeinträchtigungen hat. Schwangerschaftsabbruch kann demnach nur in Fällen von bewiesener Vergewaltigung erfolgen oder wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist.

Die Frauen auf den Massendemonstrationen in Polen trugen grüne Tücher, in Solidarität mit der Frauenbewegung in Argentinien die erfolgreich für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen gekämpft hatte. Der “linke” Präsident von Argentinien, Alberto Fernandez, ließ schließlich das Recht auf Schwangerschaftsabbruch bis zur 14. Woche zu. Eine Aktivistin vor dem Senatsgebäude kommentierte am 30. Dezember: “Der Kampf für Frauenrechte ist immer mühsam, und diesmal mussten wir uns sogar mit der Pandemie messen, also bin ich überglücklich mit diesem Ergebnis.” Aber dauerhaft sind Siege erst, wenn es keine Regierungen mehr gibt, die Religion und Vorurteile benutzen um ihre Herrschaft und die Interessen der großen Konzerne abzusichern.

In Irland (Nord und Süd) mussten die Regierungen schließlich Berichte veröffentlichen über den Skandal und Horror der Mutter-Kind-Heime. Offizielle, wenn auch stark eingeschränkte, Berichte schockieren Menschen auf der ganzen Welt durch ihre Beschreibung der brutalen Behandlung, die ledige schwangere Frauen in religiösen Institutionen erfuhren.

In Großbritannien hat die Socialist Party und ihr Vorgänger Militant seit den frühen 90ern lange und harte Kampagne geführt zum Thema häusliche Gewalt. Sie haben geschafft häusliche Gewalt in den Gewerkschaften zum Thema zu machen und fordern nach wie vor mehr Ressourcen um  jene zu schützen die gewalttätigen Beziehungen entfliehen. Dies ist besonders wichtig in Zeiten der Pandemie mit ihren Lockdowns und damit einhergehender häuslicher Isolation. Frauen und ihre Kinder, eingeschlossen in ihren Wohnungen, werden dadurch noch leichter Opfer gewalttätiger und sogar mörderischer Angriffe. Durch die Einsparungen in den Kommunen gibt es immer weniger Möglichkeiten den Opfern angemessene Unterkünfte und -Zufluchtsorte anzubieten.

Laut dem American Journal of Emergency Medicine stiegen Vorfälle von häuslicher Gewalt während der Pandemie massiv an, um 50 Prozent in Brasilien, 33 Prozent in Singapur, 30 Prozent in Zypern, 25 Prozent in Argentinien und unglaubliche 300Prozent in Hubei/China.

In Pakistan werden CWI Mitglieder am 8. März auf den Straßen sein mit ihren Bannern und Slogans – und ein Ende für die unvorstellbaren Grausamkeiten gegen Frauen und Kinder im Land fordern, in einer Gesellschaft die immer noch von feudalen Grundherren und korrupten kapitalistischen Politiker*innen dominiert wird.

In Sri Lanka wird die United Socialist Party (CWI in Sri Lanka) ihre Unterstützung für die Arbeiterinnen der Hill Country Teeplantagen erneuern. Nach dem langen Kampf der Arbeiter*innen für bessere Entlohnung hat das Parlament von Sri Lanka schließlich beschlossen dass sie tausend Rupien pro Tag bekommen (immer noch nur fünf US-Dollar). Aber die Besitzer der Plantage haben dies nicht akzeptiert und die Inflation wird bald die magere Lohnerhöhung halbiert haben.

Covid 19

In Afrika, wo Frauen stark in Subsistenzagrarwirtschaft involviert sind und wo Millionen ihre Produkte in Städten verkaufen müssen, hat Covid die Märkte geschlossen. Das hat nicht nur ihre Einkommen verringert sondern auch drastisch Lebensmittel für die Arbeiter*innen in den Städten beschnitten.

Frauen und ihre Kinder sind eine Mehrheit unter den achtzig Milllionen Menschen weltweit, die aus ihrer Heimat durch Kriege, wie jenem im Kaukasus, vertrieben wurden. Sie fliehen auch vor Verfolgung, wie die Rohingya in Myanmar, und Umweltdesastern. In den Geflüchtetenlagern fehlen jegliche medizinischen Einrichtungen und Frauen schultern die größte Last der Pflege der Alten, Kinder und Kranken, die nicht nur an Covid leiden sondern auch anderen Krankheiten und unter Hunger. 

Auf der ganzen Welt dominieren Covid Infektionen unter Arbeiter*innen und Pflegenden in Kliniken, Pflegeheimen und Hospizen. Sie waren unter den Ersten die an Covid 19 gestorben sind. Die CWI Sektionen überall führen Kampagne für ausreichende Schutzausrüstungen und andere Schutzmaßnahmen an den Arbeitsplätzen, einen Lohn von dem man leben kann für  Beschäftigte im Gesundheitssektor und für ein Ende der profitgetriebenen privaten Organisierung der Gesundheitseinrichtungen und Pharmawirtschaft.

Frauen sind von den Schulschließungen und Schließungen der Kinderbetreuungseinrichtungen während der Pandemie am schärfsten betroffen, sogar in den reichsten Ländern. Millionen wurden zurück an den Herd gedrängt. Der Economist berichtet dass amerikanische Frauen härter getroffen sind als jene in anderen reichen Ländern. Der Rückgang des Anteil der Teilnahme in der Arbeiter*innenschaft im Vergleich zum Anteil der Männer ist einer der schärfsten in den OECD Ländern gewesen – der reichsten Länder.

Einer der größten Skandale der Covid Pandemie ist die weltweit ungleiche Verteilung der Impfungen, die entwickelt wurden um den Virus einzudämmen. 160 Länder haben keine Impfungen zur Verfügung, während die reichen einen Überfluss haben. Wenn die Trends sich fortsetzen, dann wird Afrika vor 2023 nicht genügend Impfstoffe erhalten. Es gibt einen Impfstoffkrieg, ähnlich dem Krieg um Schutzausrüstung und Masken zu Beginn der Pandemie. Er findet im Interesse von Prestige und Profit statt. Zur selben Zeit sieht man in den Medien Bilder von Kindern die an heilbaren Krankheiten und an Hunger sterben.

Der Internationale Frauentag findet statt in einer Welt im Aufruhr die das Beste und das Schlechteste in der Gesellschaft hervorbringt. Sozialist*innen werden ihre Entschlossenheit verdoppeln um alle Übel in dieser Gesellschaft, die auf die Herrschaft einer Handvoll Superreicher, Grundbesitzenden und Kapitalist*innen zurückgehen zu beenden. Ein Programm von sozialistischen Forderungen, die sich in den Zeitungen, Homepages und Social Media Seiten der Sektionen des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale finden, zielt auf den Aufbau einer Welt ohne Diskriminierung, Ausbeutung, Armut, Hunger, Krankheit und Krieg ab – eine sozialistische Welt. 

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