Staat und Nazis Hand in Hand – Solidarität mit Antifaschisten nötig!
Zwei Mitglieder der Sozialistischen Organisation Solidarität, sowie zwei weitere linke Aktive stehen in Lemgo vor Gericht. Der Vorwurf des Staatsschutzes und der Staatsanwaltschaft: Vor mehr als vier Jahren sollen die Angeklagten im Vorfeld einer durch die linksjugend[‘solid] und DIE LINKE Lippe organisierten Protestkundgebung gegen die AfD für Sachbeschädigungen am Veranstaltungsgebäude verantwortlich zu sein. Durch die Akteneinsicht wurde nun die Grundlage für die Hausdurchsuchungen und das Gerichtsverfahren bekannt: Der Staatsschutz arbeitet mit einem bekannten rechtsextremen Aktivisten zusammen, der seit Jahren LINKE-Mitglieder bedroht.
von einem Sol-Mitglied aus Lemgo
Die einzige Grundlage des Verfahrens sind Behauptungen von Nick-Patrick S. S. war Ende 2016 vor seinem Rechtsschwenk kurzzeitig im Umfeld des JuCa Libre, einem Jugendcafé in den Räumlichkeiten des LINKE-Büros. Nach kurzer Zeit wurde er jedoch einstimmig ausgeschlossen. Nach dem Ausschluss radikalisierte S. sich nach rechts über die Identitäre Bewegung und war über Zwischenstationen in rechten Hooligan-Gruppierungen und der rechten Rockerszene aktiv.
Bedrohungen gegen Linke
Am 31. Oktober 2019 – eine Woche vor der Nazi-Demonstration in Bielefeld für die Freilassung der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck – bedrohte Nick-Patrick S. mit einer Gruppe von Faschisten mehrere Genoss*innen vor dem LINKE-Büro in Lemgo (Pressemitteilung der LINKE Lippe dokumentiert auf solidaritaet.info). Die Genossen entschieden sich, Anzeige bei der Polizei Lemgo zu erstatten. Die Aufnahme der Anzeige wurde jedoch rechtswidrig durch den diensthabenden Polizisten abgelehnt – mit der Begründung, in den Bedrohungen keine Straftat erkennen zu können. Erst eine Intervention durch den LINKE-Bundestagsabgeordneten Friedrich Straetmanns sorgte für die Aufnahme der Anzeige und Ermittlungen durch den Staatsschutz Bielefeld.
Die Polizei schikaniert Betroffene
Die Ermittlungen des Staatsschutzes gegen S. wurden nach kurzer Zeit eingestellt und stattdessen Verfahren gegen die betroffenen Genossen aufgenommen. Diese basierten auf den abstrusen Behauptungen von S., unter anderem sei die linksjugend [‘solid] eine kriminelle Organisation. Doch der Staatsschutz sowie die Staatsanwaltschaft Detmold sahen S.‘ Aussagen offensichtlich als willkommene Gelegenheit, Sozialist*innen mit Repressionen zu überziehen. Anfang August 2020 fanden dann durch den Staatsschutz mitten im Kommunalwahlkampf Hausdurchsuchungen bei den Angeklagten statt, die keinerlei Hinweise auf eine Tatbeteiligung der Betroffenen ergaben.
Wir halten fest: Die Polizei weigert sich zuerst gegen einen stadtbekannten Rechtsradikalen Ermittlungen wegen Bedrohungen aufzunehmen. Nach Druck durch DIE LINKE werden die Ermittlungen aufgenommen, aber dann nach kurzer Zeit einstellt und die Behauptungen von S. genutzt, LINKE-Mitglieder zu kriminalisieren und die Wohnungen zu stürmen.
Nun hat die Staatsanwaltschaft trotz fehlender Beweise Anklage erhoben und möchte am 7. Mai 2021 das Gerichtsverfahren am Amtsgericht Lemgo aufnehmen. Die Sol fordert zusammen mit der linksjugend [‘solid] Lippe die sofortige Einstellung des Verfahrens. Wir lassen uns nicht einschüchtern und werden Solidarität mit den Angeklagten mobilisieren.
Repression gegen Links hat System
Dieser Vorfall muss in einen Zusammenhang mit den aufgedeckten rechtsextremen Netzwerken im Staatsapparat gesetzt werden, den Enthüllungen bezüglich des „NSU 2.0“ und rechten Chatgruppen innerhalb der Polizei. Der Staatsschutz Bielefeld ist in den letzten Jahren vor allem mit der Kriminalisierung linker und kurdischer Strukturen aufgefallen. Auch die Staatsanwaltschaft Detmold versuchte zum Beispiel in der Vergangenheit mit maßlos überzogenen Haftstrafenforderungen einen Flüchtlingshelfer einzuschüchtern, der sich gegen eine Abschiebung einsetzte. (Näheres: https://www.lz.de/lippe/kreis_lippe/22422217_Fluechtingshelfer-wehrt-sich-gegen-Geldstrafe-und-zieht-vor-das-Landgericht.html)
Das Ziel des aktuellen politischen Verfahrens ist es, die Arbeit der Sol, der linksjugend[‘solid] und DIE LINKE in Lemgo zu diskreditieren. Wir sind aktive Unterstützer*innen des Kampfs der Mieter*innen am Biesterberg für guten und bezahlbaren Wohnraum, von betrieblichen Kämpfen gegen Stellenabbau wie bei ISRINGHAUSEN und kämpfen für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Aktuell machen wir uns für sichere Schulen stark und fordern angesichts der Corona-Krise bedarfsgerecht ausgestattete Krankenhäuser und mehr Personal! Konsequenterweise verbinden wir alle unsere Kämpfe mit dem Ziel der Überwindung des Kapitalismus und dem Aufbau einer sozialistischen Demokratie, in der die arbeitende Bevölkerung und nicht der Profitzwang des Kapitals herrscht.
Dass Polizei und Staatsanwaltschaft auf dem rechten Auge blind sind und in unserem Fall bereitwillig mit Rechtsextremisten zusammenarbeiten, ist kein Zufall, sondern hat System. Denn dass sich im Staat Hass gegen Linke, Rassismus usw. breitmacht, hat vor allem mit seiner Grundaufgabe zu tun: Die Verteidigung der herrschenden Macht- und Eigentumsverhältnisse des Kapitalismus. Und es ist die herrschende Klasse mit ihren Vertreter*innen, die auf Repressionen und Spaltungsmechanismen wie Rassismus setzen, um von den wahren Ursachen von Arbeitslosigkeit, Wohnungsmangel, Entlassungen etc. abzulenken. Im Kampf gegen Rassismus, Faschisten und Polizeigewalt können wir uns nicht auf den bürgerlichen Staat und die Polizei verlassen, sondern brauchen Solidarität, Organisierung und Mobilisierungen der arbeitenden Bevölkerung.
Bitte schickt Solidaritätsbriefe an info@solidaritaet.info