…und am 26.9. in Berlin für die Enteignung der Immobilienkonzerne stimmen
Egal wie der Volksentscheid am 26. September zur Enteignung der Immobilienkonzerne in Berlin ausgeht. Die Mietenbewegung in Berlin hat eine Stärke und Politisierung erreicht, die international ausstrahlt und auf der sich bundesweit aufbauen lässt.
von Ursel Beck, Mietenaktivistin in den Mieter*inneninitiativen Stuttgart
Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. Enteignen“ hat es trotz aller Versuche von Immobilienlobby, Presse und Teilen des Senats, der Enteignungskampagne den Wind aus den Segeln zu nehmen, geschafft, innerhalb von vier Monaten 360.000 Unterschriften für den Volksentscheid zur Enteignung aller Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen zu sammeln. Alle Unterschriften von Mieter*innen ohne deutschen Pass wurden als ungültig aussortiert. Sie müssen zwar genauso wie alle anderen hohe Mieten und Steuern bezahlen, sind aber nicht abstimmungsberechtigt. Zurecht hat die Initiative des Volksentscheids diese Diskriminierung kritisiert. Dennoch wurde die Marke von 172.000 nötigen Unterschriften von Wahlberechtigten weit überschritten. Damit war es das bisher erfolgreichste Volksbegehren. Bei der Abstimmung am 26. September müssen mindestens ein Viertel der Wahlberechtigten (mehr als 600.000) für die Enteignung stimmen. Eine immens hohe Hürde. Aber selbst wenn dieses Quorum und eine Mehrheit erreicht wird, wird der Senat – unabhängig davon wie die Wahlen zum Abgeordnetenhaus ausgehen – das Begehren auf die lange Bank schieben und versuchen nicht umzusetzen; erst recht nicht so, wie es von der Initiative verlangt wird. Gleichzeitig gewinnt die Forderung nach Enteignung aufgrund der Spekulation mit Wohnraum immer mehr Unterstützung.
Bundesweite Vernetzung
Mieter*inneninitiativen sind in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen und haben sich stadtweit und bei der VONOVIA auch bundesweit vernetzt. Dieser Prozess muss forciert werden: auf lokaler, landes- und bundesweiter Ebene. Ziel könnte zum Beispiel ein bundesweiter Kongress sein, der verschiedene Initiativen und Organisationen zusammenbringt, einen Forderungskatalog von Sofortmaßnahmen beschließt und eine Kampagne mit dezentralen und/oder zentralen Aktionen und Demonstrationen anstößt. Am 11. September wird es erstmals eine bundesweite Demonstration gegen den Mietenwahnsinn in Berlin geben. DGB und Deutscher Mieterbund rufen mit zur Demonstration im September auf. Da sie jedoch ihre Mitglieder nicht ernsthaft dafür mobilisieren, wird das Potenzial nicht genutzt.
Rolle der Gewerkschaften
In den Gewerkschaften muss ein Kurswechsel durchgesetzt werden. Steigende Mieten müssen ein zentrales Argument für höhere Löhne sein. Die Politik des Lohnverzichts muss aufhören. Bei der VONOVIA, Deutsche Wohnen und anderen Immobilienkonzernen gibt es für die meisten Beschäftigten keine tarifliche Bezahlung. Längst hätte ver.di hier einen Kampf bis hin zu Streiks für höhere und tarifliche Löhne aufnehmen und mit der Forderung nach Enteignung der Immobilienkonzerne verbinden müssen. Denn bei der Forderung nach Enteignung der Immobilienkonzerne geht es nicht nur darum Profitmacherei mit der Miete sondern auch mit der Ausbeutung der Beschäftigten zu beenden.
Rolle von DIE LINKE
DIE LINKE hätte die Eigentumsfrage sowohl in Berlin als auch bundesweit ins Zentrum ihres Wahlkampfes rücken müssen. Stattdessen ist die zentrale Forderung im Bundestagswahlkampf ein Mietendeckel, von dem die LINKE-Führung glaubt, dass dieser von einer SPD-Grüne-LINKE-Regierung umgesetzt werden kann. Bereits im April hat DIE LINKE im Bundestag einen Antrag für einen bundesweiten Mietendeckel eingebracht, der sich am Berliner Mietendeckel orientiert. Alle anderen Parteien im Bundestag haben das abgelehnt. Die Presse hat keine Notiz davon genommen. Hätte DIE LINKE im Bundestag einen Antrag zur Enteignung aller Immobilienkonzerne mit Entschädigung nur für die Kleinaktionär*innen gestellt, hätte das bundesweites Aufsehen erregt und die notwendige Polarisierung in den Wahlkampf gebracht. Mit einem sozialistischen Programm – nicht nur in der Wohnungsfrage – kann DIE LINKE den Unterschied zum Einheitsbrei der anderen prokapitalistischen Parteien ausmachen. Egal, wer nach der Wahl an der Regierung ist: Maßnahmen gegen den Mietenwahnsinn müssen erkämpft werden. Dazu gehören ein sofortiger Mietenstopp, die Einführung einer reglementierten und kontrollierten Kostenmiete, die Enteignung der großen Immobilienkonzerne und ein massives öffentliches Wohnungsbauprogramm.