Ja zur Solidarität mit den Eisenbahner*innen
Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will. Dieses Motto wird wahr, wenn die GDL zum Streik aufruft. In einer Urabstimmung hatten 95 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder bei einer Wahlbeteiligung von rund 70 Prozent für Arbeitskampfmaßnahmen gestimmt.
Von Ronald Luther, Berlin
Die starke Streikbeteiligung zeigt die große Wut bei vielen Bahn-Beschäftigten. Während sich die Führungskräfte weiter ihre Boni auszahlen lassen und alleine für das Bahn-Projekt „Stuttgart 21“ bisher über 8,2 Mílliarden Euro aus dem Fenster geworfen wurden, sollen die Eisenbahner*innen für Milliardenverluste in der Corona-Pandemie aufkommen. Vor dem Hintergrund einer drastisch steigenden Inflation sind die Forderungen der GDL nach einer Gehaltserhöhung von 3,2 Prozent über zwei Jahre, mindestens aber 50 Euro mehr, einer Corona-Beihilfe von 600 Euro für das Jahr 2021 und gegen die Kürzung bei der betrieblichen Altersversorgung mehr als berechtigt.
Für Einheit, aber im Kampf!
Es ist richtig so, dass die GDL zur Durchsetzung der Forderungen auch zum Mittel des Streiks greift. Um diesen zu brechen und die Gewerkschaft in die Knie zu zwingen wendet der DB-Vorstand erstmals das Tarifeinheitsgesetz (TEG) an. Mit diesem Gesetz, welches eine Einschränkung des Streik- und Koalitionsrechts ist, soll die kämpferische GDL gezwungen werden, sich der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) unterzuordnen und ihre Eigenständigkeit aufzugeben. Es ist auch falsch, der GDL den schwarzen Peter zuzuschieben, sie sei schuld an einer Spaltung der Belegschaft. Einheit sollte es nicht beim Verzicht, sondern beim Kampf geben! Die GDL wird gerade deshalb attackiert, weil sie in den letzten Jahren eine kämpferische Politik betrieben und eine Alternative zur Akzeptanz von faulen Kompromissen durch die EVG-Führung aufgezeigt hat. Das TEG ist ein Angriff auf die gesamte Gewerkschaftsbewegung und muss von dieser entschieden zurückgeschlagen werden! Eine Solidarisierung mit dem Kampf der GDL ist unbedingt notwendig.
Ronald Luther ist Mitglied der EVG
Solidaritätserklärung der Sol vom 31.8.2021
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir gratulieren Euch zu Eurer Kampfbereitschaft und Eurer Entschlossenheit. Euer Streik ist mehr als berechtigt. Statt Euch in den Rücken zu fallen, sollten sich führende Vertreter*innen der DGB-Gewerkschaften ein Beispiel an Euch nehmen und ebenfalls für bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen zum Streik mobilisieren!
Viel Feind, viel Ehr‘
Der Gegenwind für Euch ist heftig. Umso wichtiger, dass Ihr zusammen haltet und standhaft bleibt. Die prokapitalistischen Politiker*innen und Medien werfen Euch vor, einen politischen Streik zu führen und weisen darauf hin, dass Eure Forderungen und das Angebot des DB-Vorstands nicht so weit auseinander liegen. Leider wird dabei immer verschwiegen, dass Ihr Eure Forderungen ja schon heruntergeschraubt habt – was vielleicht keine gute Idee war, denn Eure ursprünglichen Forderungen waren absolut berechtigt und diese Reduzierung der Forderungen, von der GDL-Führung als Zeichen des guten Willens und der Kompromissbereitschaft gedacht, wird jetzt zum Eigentor. Umso wichtiger, das Ihr erstens darauf hinweist und zweitens nicht weiter von Euren Forderungen abweicht!
Dass Euer Druck wirkt, sieht man nicht nur daran, dass die Geschäftsleitung nun bereit ist, über eine Corona-Prämie zu verhandeln, sondern vor allem daran, dass die EVG-Führung nun auch mit Streiks droht, sollte die GDL einen besseren Abschluss erzielen als die EVG. Welch Offenbarungseid für eine Gewerkschaftsführung, wenn sie angesichts der größeren Kampfbereitschaft einer anderen Gewerkschaft zugeben muss, dass sie in ihrer Tarifverhandlung mit einem Streik ein besseres Ergebnis hätte erzielen können. Da fragt man sich, warum nicht gleich so?
Aber Euer Streik ist auch politisch, denn es ist faktisch ein Streik gegen die arbeiterfeindlichen Auswirkungen des Tarifeinheitsgesetzes und der Renditeorientierung bei der Bahn. Und auch das ist berechtigt!
Gemeinsam kämpfen!
Von EVG-Kolleginnen und EVG-Kollegen wissen wir, dass es unter vielen von ihnen Sympathien für Euren Streik gibt und viele sich denken, sie würden auch gerne streiken. Umso wichtiger finden wir, dass Ihr deutlich macht, dass die GDL bei aller berechtigten Kritik an der EVG-Führung bessere Bedingungen für alle Beschäftigten bei der Bahn will und zum gemeinsamen Kampf bereit ist. Würden EVG und GDL zusammen streiken, würde der Bahn-Vorstand im Nullkommanix einknicken.
Nie war es wichtiger, eine starke Gewerkschaftsbewegung zu haben, als heute. Aber wir brauchen Gewerkschaften, die bereit sind, sich mit den Bossen anzulegen und ihre Mitglieder zu mobilisieren. Egal, wie nach dem 26. September die Bundesregierung aussehen wird, die Kapitalisten werden darauf drängen, dass die abhängig Beschäftigten die Rechnung für die Corona- und Wirtschaftskrise zahlen. Jetzt schon fordern sie eine Erhöhung des Renteneintrittsalters, die Senkung der Unternehmenssteuern und andere arbeiterfeindliche Maßnahmen. Dagegen werden wir uns gemeinsam massiv zur Wehr setzen müssen, wenn wir nicht für die kapitalistische Krise und die arbeiterfeindliche Corona-Politik die Zeche zahlen wollen. Deshalb halten wir es auch für dringend geboten, dass in den Gewerkschaften eine Debatte darüber geführt wird, in welchem Wirtschaftssystem wir leben und arbeiten wollen, ob der Profit einiger Weniger oder die Bedürfnisse von Mensch und Umwelt im Mittelpunkt stehen sollen. Der Kapitalismus kann uns keine lebenswerte Zukunft bieten – deshalb fordern wir Euch auf, in den Gewerkschaften und mit uns eine Diskussion über Alternativen zu dieser menschenfeindlichen Wirtschaftsweise zu führen.
Wir stehen im Arbeitskampf voll und ganz hinter der GDL und den Kolleginnen und Kollegen. Wir möchten euch gleichzeitig auffordern, die Position der GDL zur Bahnreform nochmals zu diskutieren und zu überdenken. Unserer Meinung nach braucht es die Rückführung aller privatisierten Betriebe und ein Ende der Profitorientierung auch bei der DB. Statt Zersplitterung und Konkurrenzdruck braucht es ein sinnvolles Konzept für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. In diesem Zusammenhang sind wir gegen eine Trennung von Betrieb und Netz, weil dies eine weitere Aufteilung und damit verbundener Privatisierung der Bahn bedeuten würde. Daher fordern wir einen Verkehrsbetrieb in öffentlichem Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung. Nah- und Fernverkehr sowie der Schienengüterverkehr gehören ausgebaut und unterstützt, finanziert durch Steuern auf Unternehmensgewinne und Vermögen der Milliardäre. Dies wäre auch gesellschaftlich und umweltpolitisch notwendig und sinnvoll.