Militärputsch im Sudan

Foto: Agence France-presse/CC

Die Massen setzen sich zur Wehr

Im Sudan hat ein Militärputsch stattgefunden. Die Armee hat zivile Minister und ihre Berater verhaftet. Dennoch sind Zehntausende von Demonstranten auf die Straße gegangen, um mit Sprechchören zu protestieren: “Das Volk ist stärker, stärker!” und “Rückzug ist keine Option!”

von John Gillman, Socialist Party England & Wales

Die Angestellten der Zentralbank sind in den Streik getreten und es wurde ein Generalstreik ausgerufen. Bedrohlicherweise hat die Armee auf die Menschenmenge geschossen, wobei Berichten zufolge mindestens zehn Menschen erschossen und viele weitere verletzt wurden.

Die Putschisten haben anscheinend den Druck der Regierung Biden und der EU-Länder ignoriert, sich an den zuvor vereinbarten “Übergang zur Demokratie” zu halten, der auf die Revolution im Jahr 2019 folgte.

Das Militär hatte im vergangenen Monat versucht, einen Putsch durchzuführen, doch die Massen gingen auf die Straße und schlugen ihn zurück. In den letzten Monaten haben die Militärs jedoch die Spannungen im Land geschürt und eine Blockade des Hafens Port Sudan verursacht, die die Versorgung mit lebenswichtigen Lebensmitteln, Medikamenten und Treibstoff behindert.

Vor dem jetzigen Staatsstreich gab es eine gemeinsame militärisch-zivile Regierung, den so genannten Souveränitätsrat. Diese unruhige und instabile Koalition von Kräften entstand nach der Revolution von 2019, die die 30-jährige Diktatur von Präsident Omar al-Bashir stürzte.

Es wurden die üblichen Taktiken einer militärischen Machtübernahme angewandt: die Inhaftierung der zivilen Führer der Übergangsregierung (Souveränitätsrat), die Absetzung der Gouverneure der Bundesstaaten, die Schließung des Flughafens und des Internets, die Übernahme des staatlichen Rundfunks, die Ausrufung des Ausnahmezustands sowie die Forderung nach Wahlen unter dem Slogan “Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden”.

Die Erklärung von General Abdel Fattah al-Burhan, dem Vorsitzenden des Souveränitätsrates, das Militär werde den Prozess der Wahlen beschleunigen und sich an einen Verfassungsentwurf halten, ist völlig unaufrichtig. Selbst wenn sie Wahlen abhalten würden, würden sie bestenfalls eine Marionettenregierung des Militärs akzeptieren. Sie könnten sich aber auch für schnellere Wahlen entscheiden, um sicherzustellen, dass militärnahe Parteien der alten Garde eine Regierung bilden, und hoffen, dass keine neuen Kräfte entstehen.

Kein Vertrauen in pro-kapitalistische Übergangsregierung

Doch wie das Komitee für eine Arbeiter*inneninternationale damals warnte, können die Arbeiter und die Armen in Stadt und Land kein Vertrauen in die prokapitalistische Übergangsregierung setzen, die den kapitalistischen Staat faktisch in den Händen der alten Militärgarde belässt.

Außerdem argumentierten wir, dass das Militär, wie sich herausstellte, einfach abwarten würde, die Wirtschaft und die Regierungsverwaltung sabotieren und dann vor diesem chaotischen Hintergrund einen Staatsstreich organisieren würde.

Die zivile Komponente der Regierung – organisiert unter dem Banner des Bündnisses “Kräfte der Freiheit und des Wandels” (FFC) – diente lediglich als Feigenblatt für die Militärmacht. Und obwohl der Souveränitätsrat einige soziale Reformen durchführte, handelte er in erster Linie im Interesse des Kapitalismus. Dazu gehörte die Umsetzung des Diktats des Internationalen Währungsfonds, die Subventionen für Lebensmittel und Treibstoff zu kürzen.

Diese Gegenreformen führten unweigerlich zu einem Anstieg der Brot- und Kraftstoffpreise und zu einer Vergrößerung der Armut, was zu einer weiteren Desillusionierung der Massen führte. Dieses Abwürgen der Revolution führte auch zu Spaltungen innerhalb der FFC.

Das Militär, angeführt von Mohamed Hamdan ‘Hemeti’ Dagolo, der rechten Hand des ehemaligen Präsidenten al-Bashir und verantwortlich für weit verbreitete Gräueltaten an der Zivilbevölkerung in der Region Darfur, nutzte das wachsende Chaos und rief in den Tagen vor dem Staatsstreich zu Demonstrationen gegen den Souveränitätsrat auf.

Warum hat das Militär dies getan? Erstens wehrt es sich strikt gegen jede Beschneidung seiner Macht und seiner Privilegien. Es hat eine lange Geschichte blutiger Putsche. Es war auch für schreckliche Gräueltaten gegen Aktivist*innen verantwortlich, als es versuchte, die Revolution von 2019 niederzuschlagen, und davor für den Völkermord in Darfur.

Darüber hinaus ist es notorisch korrupt. Die hohen Tiere haben ihre Finger in der Goldindustrie, im Finanzsektor und anderswo. Es will nicht, dass der Geldfluss auf ihre Bankkonten versiegt.

Die während der Revolution von 2019 entstandenen Widerstandskomitees sollten nicht nur die bewaffnete Verteidigung von Vierteln organisieren, in denen Arbeiter*innen und Arme leben und arbeiten, sondern auch versuchen, die einfachen Soldaten in der Armee von den Militärchefs zu trennen, um den Putsch zu vereiteln.

Dringend notwendig ist auch der Aufbau einer unabhängigen, revolutionären Arbeiter*innenpartei mit einem Programm für eine revolutionäre verfassungsgebende Versammlung der Arbeiter*innenklasse und der armen Bevölkerung. Eine solche Versammlung könnte dann eine Regierung bilden, die, um Sicherheit und eine im Interesse der Mehrheit geführte Wirtschaft zu erreichen, sozialistische Maßnahmen wie die Verstaatlichung der Schlüsselunternehmen ergreifen müsste.

Die Revolution voranzutreiben bedeutet vor allem, den Kapitalismus zu stürzen, und das erfordert, wie die Geschichte deutlich zeigt, den Aufbau einer revolutionären sozialistischen Massenpartei.

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