Trotz Widerstand – Mieten bei der städtischen Wohnungsgesellschaft steigen weiter

Foto: Roland Hägele

Kampf gegen Mietenwahnsinn muss weiter gehen

Am 1.7.2022 steigen für 13.100 Mieter*innen der Stuttgarter Wohnungsgesellschaft SWSG 10.12. die Mieten um bis zu 6% und bis zu 35 Euro. Viele Mieter*innen wird das hart treffen, zumal gleichzeitig durch die Erhöhung der Preise für Energie, Müllabfuhr und anderer Posten die Nebenkosten weiter steigen und die Einkommen stagnieren oder sogar sinken. Die Kampagne der SWSG-Mieter*inneninitiative und des Kreisverbands DIE LINKE und der linken Fraktionsgemeinschaft im Gemeinderat (DIE LINKE, SÖS, Piraten, Tierschutzpartei) konnte die Erhöhung nicht verhindern.

Von Ursel Beck, Mitglied von DIE LINKE Stuttgart und aktiv in den Mieter*inneninitiativen Stuttgart

Die Mieter*innen der SWSG müssen 2022 mit zwei Erhöhungen der Warmmiete in 2022 rechnen. Neben einer Erhöhung der Grundmiete im Juli 2022 werden die meisten wegen der steigenden Nebenkosten im Herbst 2022 mit hohen Nachforderungen aus der Abrechnung für 2021 und höheren monatlichen Vorauszahlungen belastet werden.

Ampel-Regierung gibt grünes Licht für weitere Mieterhöhungen

Vor allem Grüne und SPD hatten im Landtags- und Bundestagswahlkampf 2021 bezahlbare Mieten versprochen. Die Grünen hatten sogar ein Wahlplakat mit dem Spruch: „Die Mieten runter, das Land bunter“. Doch im Koalitionsvertrag der Berliner Ampel-Regierung steht, dass die Mieten in Städten mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ weiter alle drei Jahre um 11% (bisher 15%) steigen dürfen. Bei Neubauten gibt es weiter keine Mietpreisbegrenzung. Es sollen jährlich 400.000 neue Wohnungen gebaut werden, davon 100.000 öffentlich geförderte. Aber neu gebaut wird in den Städten vor allem im Luxussegment und meist dort, wo zuvor Altbauten mit günstigen Mieten und erhaltenswerter Bausubstanz abgerissen werden. Ob die 100.000 öffentlich geförderten Wohnungen Sozialwohnungen oder Eigentumswohnungen für die Besserverdienenden sein sollen, bleibt offen. Für die C02-Steuer soll es im Winter 2021/22 als Ausgleich einen Zuschuss in Form eines Energiegelds geben. Aber nach den bisherigen Plänen nur für die 700.000 Wohngeldempfänger und nur 135 Euro für einen Single-Haushalt, 175 bei zwei Personen und je 35 Euro für jede weitere im Haushalt lebende Person. Einen Teil der C02-Steuer müssen die Mieter*innen laut Koalitionsvertrag in jedem Fall übernehmen. Laut Koalitionsvertrag droht den MieterInnen dass die Steuer„ab dem 1. Juni 2022 hälftig zwischen Vermieter*in und Mieter*in“ aufgeteilt wird.

Gigantische Umverteilung des Reichtums über Mieten

Die Uni Bonn und das Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung hat ermittelt, dass die Immobilienbesitzer in Deutschland von 2011 bis 2018 um etwa drei Billionen Euro reicher geworden sind. Mehr als die Hälfte der Kapitalgewinne entfielen auf die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung. (Quelle: Artikel von Heinz-Josef Bontrup in JW Sonderausgabe „Kampf ums Wohnen“, 17.7.2019). Bei der VONOVIA gehen von jedem Euro Miete 37 bis 41 Cent als Dividende an die Aktionäre. Mit den steigenden Immobilienpreisen geht diese Umverteilung weiter. Allein im dritten Quartal 2021 stiegen laut Statistischem Bundesamt die Preise für Wohnungen und Häuser um 14,5 % in den sieben größten deutschen Städten. In weniger dicht besiedelten Städten und in vielen ländlichen Gegenden stiegen die Preise ebenfalls um mindestens 11%.

Städtische Wohnungsgesellschaften

Nur noch 2,3% der 23 Millionen Mietwohnungen in Deutschland sind in der Hand von Kommunen bzw. kommunalen Wohnungsgesellschaften. Viele Kommunen haben ihre Wohnungen in den 80er, 90er Jahren des letzten Jahrhunderts und Anfang der 2000er Jahre privatisiert. Dresden war die erste Kommune, die ihren kompletten Wohnungsbestand von 46.000 Mietwohnungen für eine Milliarde Euro im Jahr 2006 an einen privaten Investor verkaufte. Das entspricht einem durchschnittlichen Preis von weniger als 22.000 Euro. Die einst kommunalen Wohnungen in Dresden gehören heute dem Immobilienhai VONOVIA. In Berlin wurden 2004 rund 65.0000 landeseigene Wohnungen für 405 Millionen Euro verkauft. Der Marktpreis dieses Wohnungsbestands lag 2019 bei sieben Milliarden Euro (Quelle taz 3.2.2019). In Freiburg wurde der Verkauf von mehr als 7.000 städtischen Wohnungen 2006 durch die Mobilisierung der betroffenen Mieter*innen und einen erfolgreichen Bürger*innenentscheid verhindert. Im November 2020 haben die Vertreter*innen von CDU, FDP, SPD und Grünen im Aufsichtsrat der Wohnungsgesellschaft die Privatisierung von 120 Wohnungen mit Mieten von durchschnittlich 5,71 Euro beschlossen. Nach erneutem Protest ist dieser Plan ein Jahr später vom Tisch.

Städtische Wohnungen in Stuttgart

In Stuttgart gehören knapp 19.000 Mietwohnungen der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH (SWSG), die zu 100% im städtischen Besitz ist. Damit hat die SWSG 9% der Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern unter Kontrolle. Es ist inzwischen der Normalzustand, dass städtische Wohnungen in GmbHs ausgegliedert sind. Dadurch können Stadtverwaltung und Gemeinderäte hinter verschlossenen Türen entscheiden und die Wohnungsgesellschaft wie einen kapitalistischen Betrieb führen und Gelder hin- und herschieben.

Anfang der 2000er Jahre hat der Aufsichtsrat der SWSG entschieden, das Mietniveau der städtischen Wohnungsgesellschaft auf 80% des Mietspiegelniveaus heranzuführen. Damit wurde defacto entschieden bei den frei finanzierten Wohnungen auf Marktmieten überzugehen und entsprechend alle drei Jahre turnusmäßig die Mieten um ca. 10% zu erhöhen. Gleichzeitig werden viele Altbauten mit relativ niedrigen Mieten und erhaltenswerter Bausubstanz abgerissen und Arbeiter*innenstadtteile gentrifiziert. Die Kaltmieten der Neubauten liegen inzwischen bei 12,50 Euro pro Quadratmeter und bei 7 Euro bis 9,50 Euro bei den wenigen neu gebauten Sozialwohnungen. Mitgemietet werden muss bei Neubauten ein Tiefgaragenplatz für 65 Euro pro Monat. Die Nebenkosten bei Neubauten liegen meist bei drei Euro oder sogar darüber. Das liegt vor allem daran, dass es keine Hausmeister*innen mehr gibt und der Service mit hohen Gewinnmargen an Privatfirmen vergeben wird.

Im Prozess der Gentrifizierung spielt die SWSG in den betroffenen Stadtteilen den Vorreiter für private Investoren. Die SWSG ist inzwischen die teuerste kommunale Wohnungsgesellschaft. Unter Einbeziehung der 7.600 Sozialwohnungen wird im Jahr 2020 eine Durchschnittsmiete von 7,54 Euro ausgewiesen. Dieser Durchschnitt liegt sogar über dem Durchschnitt der VONOVIA (7,16 Euro) und weit über den Mieten vieler kleiner privater Vermieter*innen und Genossenschaften. Bei den frei finanzierten Mieten liegen die Mieten mit 10.43 Euro auf dem Niveau des Miet(erhöhungs)spiegels. Diese Zahl veröffentlicht die SWSG nirgends. Die Geschäftspolitik läuft darauf hinaus, dass noch nicht mal die städtischen Beschäftigten in den Kitas, Pflegeheimen und Krankenhäusern sich eine Wohnung der städtischen SWSG leisten können. Normal- und Geringverdienende, Familien und Rentner*innen werden aus der Stadt vertrieben. Gleichzeitig können Kitaplätze nicht vergeben werden, weil es keine Erzieher*innen gibt und im städtischen Klinikum können Stellen nicht besetzt werden, weil sich die meisten Krankenhausbeschäftigten mit dem Lohn keine Wohnung in Stuttgart leisten können. Diese Politik ist kein Versehen, sondern wird ganz bewusst gemacht und wird komplettiert durch den fortlaufenden Verkauf von städtischen Grundstücken an private Investoren. Das zeigt: im Kapitalismus werden Wohnungen nicht für Mieter*innen, sondern für den Profit gebaut.

Kampf gegen Mieterhöhung bei der SWSG

Mieterhöhungen bei der SWSG wurden erst durch die SWSG-Mieter*inneninitiative öffentliches Thema. Bei Mieter*innenversammlungen wird regelmäßig skandalisiert, dass die SWSG alle drei Jahre die Mieten erhöhen will und darauf hingewiesen, dass Mieter*innen dagegen auf die Straße gehen müssen Erstmals gelang es die für 2016 geplante 10%ige Erhöhung auf maximal 6% zu begrenzen. Die für 2019 geplante Erhöhung konnte ganz verhindert werden, wobei uns hier die damals stattfindende Kommunalwahl zugute kam. Für die Kampagne gegen die Mieterhöhung in 2022 entstand der erste Flyer der Mieter*inneninitiative im Juni 2021, wobei die Ausgaben in türkischer, griechischer, italienischer und rumänischer Sprache nur auf der Website bzw. als einzelne Kopien erschienen. In fast alle der 19.000 Mieterhaushalte wurden Flyer verteilt. Das war nur möglich, weil sich im Lauf der Jahre viele Mieter*innen aktivierten und bereit waren in ihrer Nachbarschaft zu verteilen. Auch Aktive der VONOVIA-Mieter*initiative halfen mit.

Corona erschwert Widerstand

Wegen Corona waren Mieter*innenversammlungen in 2020 zum Teil gar nicht möglich und selbst dann als sie möglich wurden, war die Beteiligung in 2020 und 2021 auch aufgrund von Corona geringer als sonst.

Am 23.4.2021 stellte die SWSG-Geschäftsführung im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen ihren Geschäftsbericht für 2020 mit einem operativen Gewinn von 23,4 Millionen Euro vor. Am 21.5. wurde im gleichen Ausschuss über eine Vorlage zur strategischen Ausrichtung der SWSG beraten. In der Vorlage stand das Ziel einer „angemessenen Verzinsung“ und ein „moderater Jahresüberschuss“ von durchschnittlich 15 – 18 Millionen Euro, was eine Steigerung des operativen Gewinns bedeutet. Bis 2025 soll der Wohnungsbestand lediglich um 1.000 Wohneinheiten erhöht werden. Bei diesen Ausschusssitzungen wurden bereits Protestaktionen organisiert. Damit wurden die Anträge der linken Fraktionsgemeinschaft unterstützt, die u.a. einen Verzicht auf Gewinn und Mieterhöhungen sowie die Erhöhung des kommunalen Wohnungsbestand von 19.000 auf 30.000 Wohnung bis 2030 verlangten.

Für den 20.9. und 2.12. rief die SWSG-Mieter*inneninitiative anlässlich von Gemeinderatssitzungen zu Protestkundgebungen vor dem Rathaus auf. In den Stadtteilen mit SWSG-Wohnungen wurden dafür Plakate aufgehängt und Flyer verteilt. Auch das Bündnis „Recht auf Wohnen“ und DIE LINKE Stuttgart mobilisierten für die Protestkundgebung. Es kamen jeweils um die 50 Personen. Trotz einer monatelangen Kampagne war die Teilnahme damit geringer als beim Protest im Oktober 2015 gegen die Mieterhöhung in 2016. Wobei die Bedingungen am 2.12.21 aufgrund von Corona, Regen und früher Dunkelheit extrem schlecht waren und die Ratssitzung wegen Corona auch noch kurzfristig vom Rathaus in die Liederhalle verlegt wurde. Viele Mieter*innen, die bei Haustürgesprächen und Mieter*innenversammlungen ihre Teilnahme zugesagt hatten, kamen am Ende doch nicht. Für die vergleichsweise geringe Teilnahme an den Protestaktionen gab es neben Corona zusätzliche Gründe. Ein Faktor dürfte gewesen sein, dass die Mieterhöhung 2019 bereits nach Ankündigung von Protesten abgesagt wurde und auch 2016 eine Beteiligung von um die 70 Protestierenden ausgereicht hatte, die Mieterhöhung von ursprünglich geplanten 10% auf 6% zu begrenzen. Manche Mieter*innen könnten daraus den Schluss gezogen haben, dass es am Ende doch nicht auf jeden ankommt, obwohl wir das immer wieder in Diskussionen betont haben. Andere mögen sich gedacht haben, dass nach der letzten Erhöhung im Jahr 2016 eine Erhöhung in 2022 nicht verhindert werden könne, zumal öffentlich immer wieder von der SWSG-Geschäftsführung und von Gemeinderäten erklärt wurde, dass es die erste Mieterhöhung nach 6 Jahren sei, die Mieten alle drei Jahre um 15% erhöht werden dürften und die SWSG mit einer angeblich sozialen Politik diesen Spielraum nicht ausschöpfe. „Meine Miete zahlt eh das JobCenter“ bekamen wir auch immer wieder als Argument für Gleichgültigkeit gegenüber der Erhöhung zu hören. Unser Argument, dass das JobCenter nur bis zu einer bestimmten Höhe und bis zu einer Jobaufnahme die Miete voll übernimmt, brachte Mieter*innen zum Nachdenken, mobilisierte diese Mieter*innen aber nicht zu den Protestaktionen. Hinzu kam, dass es offensichtlich für viele SWSG-Mieter*innen ein Hürde ist zu einer Kundgebung in die Innenstadt zu fahren, zumal dann wenn dafür auch noch die Kosten für ein ÖPNV-Ticket aufgebracht werden müssen. Erschwert wurde die Kampagne gegen die Mieterhöhung zusätzlich dadurch, dass der sozialdemokratisch geführte Stuttgarter Mieter*innenverein sich im Herbst 2020 in die öffentliche Debatte mit einer Pressemitteilung einschaltete, in der es hieß: „Der Mieter*innenverein rät dringend von einem weiteren Mietenmoratorium ab. Denn wenn die Mietpreise der SWSG länger als sechs Jahre unverändert bleiben, dürfen deren Mieten nicht mehr in den Stuttgarter Mietspiegel einfließen…Leidtragende eines weiteren Moratoriums wären die restlichen 200.000 Mieterhaushalte in Stuttgart, weil dann von den städtischen Wohnungen keine mietpreisdämpfende Wirkung mehr für sie ausgeht.“ Letztlich war es eine Kombination aller genannten Faktoren, die die Beteiligung an den Protestaktionen begrenzte. Das kann sich allerdings ändern, wenn die Mieterhöhungsschreiben im April in den Briefkästen landen und die Mieter*innen aufgrund der allgemeinen Preissteigerungen und stagnierenden bis sinkenden Einkommen immer größere Schwierigkeiten bekommen, ihr Miete zu bezahlen. Dann könnte die Bereitschaft zu Protestaktionen sprunghaft ansteigen und bei Aktionen direkt in den Wohngebieten zu einer größeren Beteiligung führen. Im Wohngebiet Hallschlag mit einer hohen Konzentration von SWSG-Wohnungen wurden in den Jahren 2015, 2016 und 2017 bereits 100, 120 und 150 Mieter*innen gegen Mieterhöhungen, für niedrigere Betriebskosten, besseren Service und gegen Abriss von Häusern zu Protestaktionen vor dem dortigen SWSG-Kundencenter und in einem Fall zu einer Demonstration durch den Stadtteil mobilisiert. Durch die Kampagne in 2021 gegen die Mieterhöhung haben sich die Voraussetzungen für künftige Proteste verbessert. Die Mieter*inneninitiativen sind bekannter geworden bei den SWSG-Mieter*innen und es gibt mehr Aktive als jemals zuvor, mehr Bereitschaft sich für seine Interessen einzusetzen. Die Erkenntnis, dass kollektive Gegenwehr notwendig ist, sei es als Hausgemeinschaft, als Gemeinschaft einer ganzen Siedlung oder stadt- und bundesweit ist gewachsen. Mieter*innen ergriffen auch Eigeninitiative und haben eine Mail an die Gemeinderäte geschickt. In einem Fall wurden von drei Mieter*innen in einem Wohnblock Unterschriften gesammelt und an den Aufsichtsrat geschickt.

Aufsichtsrat entschied für Mieterhöhung

Am 10.12.2021 beschloss der Aufsichtsrat der SWSG eine Mieterhöhung ab 1.7.2022 von bis 6% und bis 35 Euro im Monat ab 1.7.2022. Laut Angaben der SWSG-Geschäftsführung werden damit von den MieterInnen pro Jahr 4 Millionen Euro mehr Miete abkassiert. In der Debatte im Gemeinderat hat der SWSG-Geschäftsführer bei einer Reduzierung des Mietenniveaus auf dauerhaft 70% statt 80% des Mietspiegelnviveaus von einem „Ertragspotenzial, das uns entgeht, pro Jahr von 15,5 Millionen“ gesprochen. Daraus lässt sich schließen, dass ursprünglich eine höhere Mieterhöhung vorgesehen war.

Umgerechnet auf die 13.000 Mieterhaushalte, die von der Mieterhöhung betroffen sind, bedeutet die Erhöhung pro Haushalt 307,70 Euro im Jahr. Laut SWSG-Geschäftsführung werde die durchschnittliche Erhöhung bei 26 Euro im Monat liegen. Zuviel für diejenigen, die jetzt schon Schwierigkeiten haben jeden Monat ihre Miete zu bezahlen. Und völlig ungerechtfertigt für alle betroffenen Mieterinnen, weil es nicht darum geht, Kosten zu decken, sondern Profite zu machen. Um dem ganzen einen sozialen Anstrich zu geben soll die Mieterhöhung auf 30% des Nettoeinkommens (einschließlich Wohngeld) gegrenzt werden. Wer darüber liegt, kann bei der SWSG für drei Jahre einen Zuschuss beantragen. Ohne den von den Mieter*inneninitiativen und von DIE LINKE organisierten Protest hätte es selbst dieses Zugeständnis nicht gegeben. Es ist allerdings zu befürchten, dass viele der betroffenen Mieter*innen die bürokratischen Hürden dieser 30%-Klausel scheuen und eher versuchen, den Gürtel noch enger zu schnallen oder in der Verschuldung landen.

Nur die linke Fraktionsgemeinschaft stimmt seit Jahren im Aufsichtsrat der SWSG gegen jede Mieterhöhung und macht das Thema Mieterhöhung zum Thema im Gemeinderat und in den Bezirksbeiräten. Die SPD hatte bisher allen Mieterhöhungen zugestimmt. Diesmal sprach sie sich im Frühjahr 2021 für eine Mieterhöhung von 1% aus. Schließlich brachte die SPD aufgrund des Drucks im Aufsichtsrat einen Antrag ein, die Mieterhöhung um ein Jahr auszusetzen. Nachdem dieser Antrag abgelehnt wurde, stimmte sie zum ersten mal gegen die Mieterhöhung. Die Grünen, die sich sowohl im Landtags- als auch im Bundestagwahlkampf einen sozialen Anstrich gaben und Mietsenkungen versprachen, entpuppten sich in der Auseinandersetzung als die härtesten Befürworter einer Mieterhöhung. Während der Auseinandersetzung wurde auch bekannt, dass in 2019 erst die CDU von einer Mieterhöhung Abstand nahm. Die Grünen waren damals trotz Kommunalwahl zunächst für eine Mieterhöhung und machten erst nach der CDU einen Rückzieher.

Die Rolle von DIE LINKE

Die Linke spielt in den Mieter*inneninitiativen Stuttgart eine große Rolle. Drei Mitglieder von Die Linke sind im Vorstand der SWSG-Mieter*inneninitiative. Von Anfang an wurde die Kampagne gegen die Mieterhöhung bei der SWSG im Kreisvorstand und bei Kreisparteitagen diskutiert und die Mitgliedschaft aufgefordert sich daran zu beteiligen. Mitglieder von DIE LINKE halfen Flyer der Mieter*inneninitiative und des Kreisverbandes zu verteilen. Es wurden Infostände zu dem Thema in verschiedenen Stadtteilen gemacht und kleinere Mieter*innentreffs im Freien organisiert. Dadurch hat sich DIE LINKE in den Stadtteilen zweifellos stärker verankert.

Am 11. Februar 2021 wurde coronabedingt zu einer Videokonferenz des Kreisverbandes mit dem Titel „Keine Profite mit der Miete bei der SWSG – geplante Mieterhöhung verhindern“ eingeladen. Bereits im Wahlkampf für die Landtagswahl im März 2021 machte DIE LINKE die Mieterhöhung bei der SWSG zum Thema und zwei linke Mitglieder, die eine führende Rolle in der SWSG-Mieter*inneninitiative spielen, waren Kandidat*innen bei der Landtagswahl und erzielten überdurchschnittlich gute Ergebnisse.

Von März bis Dezember 2021 klingelten Aktive der Linken Stuttgart für Hausbesuche an 4.000 Türen. Die Resonanz war überaus positiv. Viele Mieter*innen empörten sich über die geplante Erhöhung. Immer wieder war zu hören: „Wofür erhöhen die die Mieten? Die machen hier gar nichts an den Wohnungen.“ Mieter*innen sprachen offen darüber, dass sie jetzt schon Schwierigkeiten hätten die Miete zu bezahlen oder im Winter nicht mehr heizen, um Kosten zu sparen. Mieter*innen beklagten sich, dass ihre Beschwerden wegen Schimmel, kaputte Türen und andere Mängel ins Leere laufen, die SWSG sich um nichts kümmere und nur kassiere. Solche Reklamationen wurden von uns aufgegriffen und die Mieter*innen direkt dabei unterstützt, ihre Rechte durchzusetzen. In einem vom Kreisverband DIE LINKE gemachten Video schildert ein Mieter seine erdrückende Situation.

Parlamente ohne Illusionen nutzen

Seit der ersten Kampagne 2016 gegen Mieterhöhungen geht der Streit mit den anderen Parteien darum, ob sich Bezirksbeirat und Gemeinderat überhaupt mit dem Thema Mieterhöhung bei der städtischen Wohnungsgesellschaft befassen und darüber abstimmen dürfen. Schließlich sei der Aufsichtsrat dafür zuständig. Mieter*inneninitiativen und die Vertreter*innen der linken Fraktionsgemeinschaft hatten sich bereits in 2016 darauf verständigt, in Stadteilen in denen die SWSG-Wohnungen konzentriert sind, Anträge gegen eine Erhöhung in die Bezirksbeiräte und in den Gemeinderat einzubringen. In 2021 wurden in 12 Bezirksbeiräten entsprechende Anträge gestellt. Bis auf einen Bezirksbeirat, in den ein Antrag eingebracht wurde, konnte überall eine Abstimmung und zum Teil auch eine Diskussion von Vertreter*innen der linken Fraktionsgemeinschaft durchgesetzt werden. In einigen Bezirksbeiräten wurden über die Mieter*inneninitiativen Mieter*innen mobilisiert, die am Anhang ihr Recht auf die „5 Minuten für die Bürger*innen“ nutzten, um gegen die Mieterhöhung zu sprechen. Nicht überall war diese wegen Corona erlaubt und nicht überall fanden sich mutige MieterInnen. Es zeigte sich jedoch, dass der direkte Druck in den Stadtteilen auf die Bezirksbeiräte wirkte. In 12 Bezirksbeiräte, in denen Anträge eingebracht wurden, wurden in vier eine Mehrheit gegen eine Erhöhung gewonnen, weil hier Vertreter*innen von der SPD und der Grünen für den Antrag stimmten. Protestaktionen und Anträge in Bezirksbeiräten und Gemeinderat führten dazu, dass das Thema Mieterhöhung in der Lokalpresse über Monate immer wieder Thema war.

Gewerkschaften

Anstrengungen, die Gewerkschaften für die Kampagne gegen die Mieterhöhung zu gewinnen, erreichten eine Solidaritätserklärung des DGB. Auf der anderen Seite erklärten sich die Mieter*inneninitiativen Stuttgart solidarisch mit dem Streik der Lokführer*innen und konnten bei einer Streikkundgebung die Solierklärung vorlesen.

https://mieterinitiativen-stuttgart.de/wp-content/uploads/sites/24/2021/08/Soli-MI-GDL.pdf

Auf der Website der Mieter*inneninitiative wurde ebenfalls über den Streik informiert und um Unterstützung geworben.

Bundestagswahl

Es hat sich gezeigt, dass die Kampagne trotz der vielen Flyer und Hausbesuche in den SWSG-Siedlungen nicht ausreichte, um bei der Bundestagwahl in Stuttgart besser als im Bundesdurchschnitt abzuschneiden, wobei im Gegensatz zur Landtagswahl linke Mietenaktivist*innen bei der Bundestagswahl keine Kandidat*innen waren. Um die vielen vom Politikbetrieb entfremdeten SWSG-Mieter*innen bei einer Bundestagswahl vermehrt zu einer Stimmabgabe für DIE LINKE und zur Mitarbeit zu bringen, reicht eine noch so gute lokale Kampagne und eine Verankerung in den Stadtteilen nicht aus. Entscheidend ist hier die Wahrnehmung von DIE LINKE als bundesweite Partei. Mit der Orientierung auf eine rot-rot-grüne Bundesregierung durch die Parteiführung erschien DIE LINKE nicht als kämpferische Alternative zu SPD und Grünen. Der Kreisverband von DIE LINKE Stuttgart hat es zudem versäumt die Auseinandersetzung weiter zuzuspitzen. So wurde die Forderung der SWSG-Mieter*inneninitiative die Mieten um 1 Euro pro Quadratmeter zu senken, weder vom Kreisverband noch von der linken Gemeinderatsfraktion übernommen. Die Forderung den nach TvöD bezahlten Tarifbeschäftigten der SWSG eine Corona-Zulage von mindestens 1.000 Euro zu bezahlen, wurde zwar diskutiert aber bislang nicht als Antrag gestellt und kam bei den Beschäftigten nur an, wenn sie die entsprechende Presseveröffentlichung gelesen haben. In der Begründung für eine solche Corona-Zulage hätten die Spitzengehälter der SWSG-Geschäftsführer von 21.000 Euro im Monat einschließlich 40.000 Euro Boni im Jahr skandalisiert werden können.

Demokratische Verwaltung und Kontrolle von städtischen Wohnungsgesellschaften

Generell muss DIE LINKE es ablehnen, dass hochbezahlte neoliberale Vorstände städtische Wohnungsgesellschaften managen und Aufsichtsratsmitglieder für ein paar tausend Euro für drei bis vier Sitzungen im Jahr deren Geschäftspolitik abnicken. Das Management gehört entlassen, die Aufsichtsräte aufgelöst. Kommunale Wohnungsgesellschaften gehören unter demokratische Verwaltung und Kontrolle. Wir brauchen eine demokratisch von den Mieter*innen, der Belegschaft und der Stadtbevölkerung gewählte Geschäftsführung für kommunale Gesellschaften. Die Geschäftsbücher müssen offen gelegt werden, damit klar wird, ob in den Rückstellungen weitere Gewinne versteckt sind und welche Banken mit welchem Zinssatz an den 11 Millionen Euro Zinszahlungen der SWSG profitieren und wofür sonst Mieteinnahmen ausgegeben werden. Es kann nicht akzeptiert werden, dass eine städtische Wohnungsgesellschaft wie die SWSG 23,4 Millionen operativen Gewinn einfährt und eine Kapitalverzinsung von 5,6% erzielt. Eine Absenkung der Mieten um einen Euro pro Quadratmeter könnte sofort finanziert werden. Eine 60 Quadratmeter große Wohnung wäre dann 60 Euro billiger im Monat. Das wäre eine echte und notwendige Erleichterung für die Mieter*innenhaushalte. Es könnten Hausmeister*innen eingestellt werden, um den Service zu verbessern und die hohen durch Privatfirmen verursachten Nebenkosten gesenkt werden. Das Verdienst der Berliner Kampagne „ Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ besteht nicht nur darin, dass sie die Eigentumsfrage in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung gerückt hat und für die Enteignung aller Immobilienkonzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen eine sensationelle Mehrheit von 59,1 % der Wähler*innen hinter sich bekommen hat. Mit ihrem Modell für eine demokratische Verwaltung der enteigneten und in öffentliches Eigentum überführten Wohnungen hat sie darüber hinaus die Diskussion über die demokratische Bewirtschaftung der Wohnungen eröffnet. Die Berliner Initiative schlägt vor, dass die öffentliche Wohnungsgesellschaft durch einen Verwaltungsrat aus gewählten und abrufbaren Vertreter*innen der Mieter*innen, der Beschäftigten, der Stadtgesellschaft und Vertreter*innen des Senats verwaltet wird. Dieser Verwaltungsrat ernennt, kontrolliert und entlässt die Geschäftsführung. „Bewusst sind die Vertreter*innen des Senats in der Minderheit“. Der Verwaltungsrat soll nach dem Modell „in der Regel öffentlich tagen“ Geschäftsgeheimnisse soll es nicht geben. Alle Verträge und detaillierte Quartalsberichte sollen öffentlich sein. Ergänzt werden soll diese Form der demokratischen Verwaltung durch dezentrale Selbstverwaltung in bestimmten Fragen. Zusätzlich soll es einen gewählten Mieter*innenrat als Kontrollgremium der Mieter*iinnen geben. Die sozialistische Organisation Sol würde ergänzen, dass ein Teil der Vertreter*innen der Stadtgesellschaft im Verwaltungsrat aus demokratisch gewählten Vertreter*innen der Gewerkschaften als Vertreter*innen der organisierten Arbeiter*innenklasse bestehen sollte. Was unserer Meinung nach in dem Konzept fehlt ist die wichtige Frage der Höhe der Bezahlung der Geschäftsführung und Aufwandsentschädigung für Mitglieder im Verwaltungs- und MieterInnenrat. Um Karrieretum, Privilegien und Bürokratisierung zu verhindern, müssen Geschäftsführer*innengehälter auf den Durchschnittslohn der Beschäftigten der Wohnungsgesellschaft begrenzt werden. Aufwandsentschädigungen für gewählte Mitglieder des Verwaltungs- und Mieter*innenrats dürfen sich in keinem Fall an den hohen Aufwandsentschädigungen heutiger Aufsichtsratsmitglieder orientieren, sondern sollten sich auf Verdienstausfall bzw. einen Mindestlohn von 15 Euro begrenzen. Die demokratische Verwaltung von Wohnungsgesellschaften wirft neue Fragen auf. Wie können Menschen, die viel Zeit und Energie im Job und für die häusliche Arbeit aufbringen müssen, sich an der demokratischen Verwaltung ihrer Wohnungen und ihres Wohnumfelds beteiligen. Das führt zur Forderung nach radikaler Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich und einem Mindestlohn von dem man Leben kann und kostenlosen Weiterbildungsmöglichkeiten. In einer sozialistischen Gesellschaft mit Gemeineigentum an Produktionsmitteln in der der erarbeitete Reichtum für höhere Löhne und kürzere Arbeitszeit und für Investitionen in Wohnungen und das Wohnumfeld zur Verfügung steht, wäre das alles möglich. Deshalb reicht es nicht Immobilienkonzerne zu enteignen. Alle anderen Konzerne und auch die Banken müssen ebenfalls durch Enteignung mit Entschädigung nur für Kleinanleger*innen und Belegschaftsaktionäre in öffentliches Eigentum überführt werden. Nur dadurch kann der gesellschaftliche Reichtum und die Ressourcen im Interesse von Mensch und Umwelt genutzt und demokratisch verwaltet und kontrolliert werden.

Keine Profite mit der Miete – Kapitalismus abschaffen

Die Wohnungsfrage ist erklärtermaßen für DIE LINKE eine zentrale Frage und seit Jahren gibt es außer der Pflegekampagne eine Mietenkampagne. Allerdings hat die Parteiführung dabei die falsche Idee im Regierungsbündnis mit SPD und Grünen einige Verbesserungen im Rahmen des Kapitalismus durchzusetzen. Als das Bundesverfassungsgericht im April 2021 den Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt hat, hat die Kampagne Deutsche Wohnen und Co. enteignen richtigerweise mit dem Slogan reagiert: „Jetzt erst recht enteignen“. DIE LINKE hätte genauso reagieren müssen und die Berliner Enteignungskampagne zu einer bundesweiten Kampagne ausweiten müssen. Sie hätte im Bundestag, in die Parlamente der Stadtstaaten Hamburg und Bremen und in alle Landesparlamente in denen sie vertreten ist, einen Antrag auf Enteignung aller Immobilienkonzerne einbringen können. Das hätte zu einer entsprechenden Polarisierung zwischen der Linken und den anderen Parteien geführt. DIE LINKE hätte sich damit als antikapitalistische Kraft und Interessenvertreterin der Mieter*innen profilieren können. Stattdessen hat sie im April einen Antrag für einen bundesweiten Mietendeckel in den Bundestag eingebracht, der wie nicht anders zu erwarten von allen anderen Parteien abgelehnt und null öffentliche Aufmerksamkeit erzielt hat. In Berlin hat DIE LINKE das Volksbegehren zur Enteignung unterstützt. Die Partei hat aber trotz 8.000 Mitglieder und einem großen Apparat keine führende Rolle bei der Enteignungskampagne gespielt. Immerhin hat die Unterstützung des Volksentscheids durch DIE LINKE dafür gesorgt, dass die Wählerverluste bei der Bundestags- und Abgeordnetenwahl nicht ganz so schlimm waren, wie bundesweit. Mit den Eintritt in eine Regierung, die den Volksentscheid zur Enteignung nicht umsetzen, sondern verhindern will, verliert DIE LINKE die Glaubwürdigkeit in dieser Auseinandersetzung. Sie verhält sich bei der Regierungsfrage wie alle anderen etablierten Parteien: Hauptsache regieren, Hauptsache hochbezahlte Dezernentenposten. Im Bundestagswahlprogramm 2021 wird gesagt, dass DIE LINKE „Teil der Kampagne Deutsche Wohnen & Co enteignen“ ist. Es wurde aber noch nicht mal die Forderung nach bundesweiter Enteignung der Immobilienkonzerne gestellt, sondern nur gefordert dass Immobilienerträge stärker besteuert werden sollen und dass ein Vergesellschaftungsgesetz verabschiedet werden soll und über einen Rekommunalisierungsfonds Wohnungen, Grund und Boden in öffentliches Eigentum überführt werden soll, was nichts anderes bedeutet, als Immobilien mit hohen Entschädigungen zurückzukaufen.

Sozialistisches Bewusstsein schaffen

DIE LINKE hat in der Wohnungsfrage die Aufgabe einen aktiven Beitrag zur Organisierung der Mieter*innen und zu Gegenwehr bis hin zu Mietenstreiks zu organisieren. Gleichzeitig muss sie erklären, dass der Kapitalismus mit seinem Kapitalverwertungszwang die Ursache für Wohnungsnot und hohe Mieten ist. Weil die anderen Parteien den Kapitalismus am Laufen halten wollen, sorgen sie dafür, dass private Investoren im Immobiliensektor ihr Geld mit hohen Renditen anlegen können. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Immobilienwirtschaft seit 2018 den Löwenanteil bei angezeigten Parteispenden ausmacht. 2020 flossen bereits 1,25 Millionen Euro von hier in die Kassen von CDU, FDP, SPD, Grüne und AFD. Von der kommunalen bis zur Bundesebene bedienen diese Parteien die Profitinteressen der Immobilienhaie auf Kosten der Mieter*innen. Und wo Kommunen diesen Profitinteressen in die Quere kommen, rettet sie die Klassenjustiz. So hat das Bundesverfassungsgericht im April 2021 den Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt und im November 2021 hat das Bundesverwaltungsgericht geurteilt, dass Kommunen kein Vorkaufsrecht haben, um Mieter*innen vor Immobilienspekulation zu schützen. Die Konsequenz daraus ist, sich nicht auf Regierungen und Gerichte zu verlassen oder an sie zu appellieren, sondern die Mieter*innen zu organisieren und zu mobilisieren bis hin zu Mietenstreiks und in Kampagnen gegen Wohnungsnot und Mietenwahnsinn deutlich zu machen, dass die Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt im Kapitalismus ihre Ursache haben und der Kampf deshalb dazu führen muss, den Kapitalismus abzuschaffen. Eine solche Orientierung sollte das Alleinstellungsmerkmal der Linken sein. DIE LINKE kann auch eine Rolle dabei spielen den Kampf gegen Mietenwahnsinn und Wohnungsnot in die Gewerkschaften zu tragen und Bündnisse für gemeinsame Kampagnen und Demonstrationen von Gewerkschaften, Mietenbewegung und anderen sozialen Bewegungen zu schmieden um die Durchsetzungskraft für alle zu erhöhen und Kämpfe zu verallgemeinern.

Mietenfrage ist Test für DIE LINKE

Leider sind Mietenkampagnen wie in Stuttgart bundesweit eher die Ausnahme. Aber auch in Stuttgart orientieren Kreisvorstand und die linke Fraktionsgemeinschaft immer wieder auf SPD und Grüne. So hat der Kreisvorstand Anfang September 2021 einen Offenen Brief an die grüne Fraktion im Gemeinderat und den Kreisvorstand der Grünen geschrieben, in dem die „lieben Mitglieder“ daran erinnert wurden, dass sie mit ihren vier Stimmen zusammen mit Vertreter*innen der linken Fraktionsgemeinschaft und der SPD die Mieterhöhung verhindern könne. Richtig wäre gewesen den Grünen öffentlich Heuchelei vorzuwerfen, weil sie im Bundestagswahlkampf die Senkung der Mieten versprachen und sich gleichzeitig als vehemente Vertreter einer Mieterhöhung bei der SWSG zeigten.

In einem Flyer des Kreisverbands nach dem Beschluss über die Mieterhöhung wurde darüber informiert, dass auch die SPD im Aufsichtsrat gegen die Erhöhung gestimmt hat. Es wurde aber nicht erwähnt, dass die SPD genauso wie alle anderen Parteien bisher jeder Erhöhung zugestimmt hat und auch diesmal nur einen Aufschub der Mieterhöhung um ein Jahr wollte.

Erfreulicherweise gehört der Stuttgarter Kreisverband der Linken zu den Unterzeichnern des Aufruf „Lieber richtig in die Opposition als falsch in die Regierung“, der sich gen den Eintritt der Linken in die Berliner Landesregierung richtet.

Die unweigerlich stattfindenden verschärften Auseinandersetzungen in der Mietenfrage, sind ein Test für DIE LINKE, den sie nur mit einer kämpferischen außerparlamentarischen Ausrichtung und einer klaren antikapitalistischen und sozialistischen Position gewinnen kann. Sol- Mitglieder kämpfen innerhalb von DIE LINKE für eine solche Ausrichtung.

Lesehinweise

Keine Profite mit der Miete

Sozialistisches Programm gegen Wohnungsnot und Mietenwahnsinn von Ursel Beck

https://manifest-buecher.de/produkt/mieten/

Bilanz der Landtagswahl und die Bedeutung der Verankerung in der Mieterschaft von Ursel Beck

file:///C:/Users/ursel/AppData/Local/Temp/LTwahl2021_Fazit.pdf

Seite zur Kampagne des Kreisverbands Stuttgart gegen die Mieterhöhung bei der SWSG

https://www.stuttgart.die-linke-bw.de/index.php?id=8840

Flyer von DIE LINKE Bad Cannstatt im Rahmen der Kampagne

Website der Mieter*inneninitiative Stuttgart

www.mieterinitiativen-Stuttgart.de

Offener Brief der SWSG-Mieter*inneninitiative an den Mieter*innenverein gegen dessen Positionierung für eine Mieterhöhung