Jugend gegen Mietenwahnsinn

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Das Problem heißt Kapitalismus

Auch dieses Jahr fällt die „Große“ Koalition wieder drastisch hinter ihre Zielsetzungen zurück: Bislang wurde nur ein Bruchteil des von der Regierung geplanten Wohnungsbaus umgesetzt. Während die Bereitstellung von Wohnraum immer mehr in private Hände gegeben wird, steigen die Mieten besonders in den Metropolen in absurde Höhen. Besonders für Studierende, Azubis und Geringverdienende bedeutet dieser Trend eine Existenzbedrohung.

von Marius Sackers, Bochum

Der Kapitalismus zeichnet sich dadurch aus, dass alles den Profitinteressen einiger Weniger unterworfen wird. In vielen Ländern gehören selbst Wälder, Seen und Gebirge den Reichen und werden zu Profitmaschinen umfunktioniert. Mit dem Boden verhält es sich genau so und weil davon nur eine begrenzte Menge vorhanden ist, kann man ihn besonders teuer bebauen. Darunter leiden alle Menschen, die keine Immobilien besitzen und sich einmieten müssen. Logischerweise betreffen die hohen Mieten diejenigen am meisten, die am wenigsten Geld zur Verfügung haben. 

Ihre Profite gegen unsere Lebensgrundlage

Deutschlandweit gab es laut dem Bericht des Deutschen Studienwerkes 2018 etwa 2,5 Millionen Studierende. Aufgrund geringer Attraktivität der Löhne in vielen Ausbildungsberufen steigt diese Zahl von Jahr zu Jahr weiter. Während seit 2009 700.000 mehr Menschen an die Universitäten strömten, erhöhte sich die Zahl der Wohnheimplätze von 200.000 auf lediglich 224.000. Somit liegt die Unterbringungsquote bei etwas über neun Prozent: Nur jede*r zehnte Studierende hat die Möglichkeit auf einen Wohnheimplatz, in Berlin ist es nur jede*r 17.! 

In den Metropolen und Unistädten zeigen sich die verheerenden Auswirkungen des Wohnungsmarkts am deutlichsten. In Berlin sind die Mietpreise in den letzten sieben Jahren um 71 Prozent gestiegen, in München kostet ein WG-Zimmer im Durchschnitt 600 Euro. Der BaföG-Satz sieht dort aber nur 250 Euro für Wohnraum vor. Im Schnitt stehen in Universitätsstädten nur für etwa zehn Prozent aller Immatrikulierten Wohnheime zur Verfügung. Viele Menschen sind gezwungen, in Vororte und Außenbezirke zu ziehen und somit lange Fahrtwege und schlecht ausgebauten öffentlichen Nahverkehr hinzunehmen. 

Der akute Mangel an Wohnraum und die damit einhergehenden Wuchermieten sorgen dafür, dass Azubis und Studierende nur selten eine eigene Wohnung beziehen können, und das, obwohl Studium und Ausbildung für viele einen großen Schritt zu Selbstbestimmung und Emanzipation bedeutet. Laut dem DGB-Ausbildungsbericht lebten 2014 71 Prozent aller Auszubildenden bei ihren Eltern oder bei Verwandten, weil sie sich mit ihrem Lohn die eigenen vier Wände nicht leisten konnten. Und von denen, die trotz Ausbildung in einer eigenen Wohnung leben, können sich nur 24 Prozent die Miete ohne Hilfe der Eltern oder anderen Unterstützer*innen leisten.

Ein großer Teil des Wohnraums ist in privater Hand. Städte und Kommunen verscherbeln Grundstücke, während immer mehr Wohnungen aus der Sozialbindung fallen und sich somit den Gesetzen des Wohnungsmarktes unterordnen. Große Unternehmen wie „Deutsche Wohnen“ oder „Vonovia“ machen sich das zu Nutze: Sie kaufen einen großen Teil der Wohnungen und fordern Wucherpreise. Die Gesetze stehen dabei auf ihrer Seite.

Mieter*innen wehren sich! 

Doch dagegen regt sich auf der Straße der Widerstand. In allen größeren Städten gab es in den letzten Jahren vermehrte Proteste von Menschen aller Altersgruppen gegen die horrenden Mieten.  In Münster organisierte der ASTA letztes Jahr eine Kampagne mit Demonstration unter dem Motto „All we need is Wohnraum“, um auf die Situation der Studierenden aufmerksam zu machen. In Berlin fand die Forderung nach der Enteignung von Unternehmen wie „Deutsche Wohnen“ großen Zuspruch, die Kampagne erregte bundesweit große Aufmerksamkeit. Im April diesen Jahres gingen in Köln 3000 Menschen auf die Straße, um gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahn zu protestieren. Das wurde in Berlin u.a. von ver.di unterstützt. Bundesweit müssten Gewerkschaften und ihre Jugendorganisationen solche Kampagnen auch aktiv in die Betriebe und Berufsschulen tragen und ein konkretes Programm gegen den Wohnungsmangel entwickeln. Die steigenden Mieten machen es unmittelbar notwendig, deutlich höhere Lohnforderungen zu erkämpfen. 

Die Sol kämpft für eine sozialistische Gesellschaft, in der Wohnungskonzerne in demokratisch verwaltetem Gemeineigentum günstigen und hochwertigen Wohnraum zu Verfügung stellen würden. In der LINKEN und der linksjugend setzen wir uns dafür ein, in Mietenbewegungen ein sozialistisches Programm aufzustellen und Proteste und Kampagnen führend zu organisieren. Der Mietenwahn ist zwangsläufiger Ausdruck des herrschenden Wirtschaftssystems. Im Kapitalismus geht es nicht um Mensch und Natur, sondern um Profitmaximierung. Deshalb muss er abgeschafft werden! Dringend notwendige unmittelbare Forderungen sind unter anderem die Beschlagnahmung von leerstehendem Wohnraum zu Gunsten von Studierenden, Azubis und anderen Wohnungssuchenden, der Stopp von Wohnungsverkauf an private Investoren, die Rekommunalisierung privatisierter Bestände und die Bereitstellung von vierzig Milliarden Euro für die Kommunen zum Bau von 250.000 kommunalen Wohnungen mit einer Kaltmiete von maximal fünf Euro. 

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