IG Metall muss in der kommenden Tarifrunde kämpfen
Wir dokumentieren hier eine Stellungnahme der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) zur kommenden Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie:
Die Tarifverträge für die Metall- und Elektroindustrie laufen Ende September 2022 aus. Am 28. Oktober endet die Friedenspflicht. Die Diskussion über die Forderungen laufen. Ende Juni sollen sie in der Großen Tarifkommission beschlossen werden.
Die ersten Rufe nach Verzicht auf höhere Löhne von Seiten des Kapitals wegen des Krieges in der Ukraine sind bereits zu hören und sollen die Forderungen und Erwartungen der Kolleg*innen nach unten drücken. Angesichts der Reallohnverluste in den letzten beiden Jahren, der extrem hohen Inflation bei gleichzeitig hohen Unternehmerprofiten halten wir eine offensive Tarifrunde für dringend notwendig.
Wenn die nächste Tarifrunde im Herbst 2022 beginnt, war die letzte Tabellenerhöhung viereinhalb Jahre her. Viele der vereinbarten Sonderzahlungen wurden nicht ausbezahlt, weil Ausstiegsklauseln vereinbart wurden, die dem Kapital Verschiebung und Nichtauszahlung ermöglichten, was reichlich ausgenutzt wurde. Viele Kolleg*innen waren außerdem in Kurzarbeit oder hatten Arbeitszeitabsenkungen ohne Lohnausgleich. Viele – insbesondere Frauen – haben wegen notwendiger Kinderbetreuung während der Lockdowns ihre Arbeitszeit reduzieren müssen und hatten dadurch weniger Einkommen.
Gewinne der Automobilkonzerne 2021
Mercedes-Benz Group: 14 Mrd. Euro, eine Verdoppelung zu 2020
Porsche: 5,3 Mrd. Euro, Steigerung um 27 Prozent
Bosch: 3,2 Mrd. Euro, 60 Prozent mehr als 2020
Angesichts dieser Rahmenbedingungen, der hohen Preissteigerungsrate (im März bei über sieben Prozent mit weiter steigenden Prognosen), den durch die Decke schießenden Energie- und Lebensmittelpreisen, den hohen Mietsteigerungen, sowie viereinhalb Jahre ohne Tabellenerhöhungen – braucht es dringend eine hohe Lohnforderung, am besten als Festgeldforderung oder Mindestbetrag, da in den unteren Lohngruppen die Einbußen wesentlich höher waren, wie mehrere Studien belegen.
Arme Haushalte geben einen großen Teil ihres Einkommens für Miete, Gas, Strom und Lebensmittel aus, also für Dinge mit hohen Preissteigerungsraten. Klar ist: Eine Fünf-Prozent-Forderung wie in vergangenen Jahren wird nicht reichen! Eine Forderung in Höhe von ca. zehn Prozent des Facharbeiterecklohns ist notwendig. Das wären als Festgeld rund 350 Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Damit könnten Reallohnsenkungen der vergangenen Jahre und die hohe Inflation einigermaßen ausgeglichen werden. Diese Forderung wollen wir zur Diskussion in die Vertrauensleutestrukturen einbringen.
Wir sind gegen eine Verschiebung der Tarifrunde oder sogenannte Brückenlösungen. Südwestmetall-Chef W. Porth schlägt vor, den Tarifvertrag nicht zu kündigen und jammert über die schwierige Lage, die Auswirkungen der hohen Inflation und der Kriegsfolgen auf die Unternehmen. Aber jammern sie nicht immer? Mal ist es die Pandemie, mal die höheren Produktionskosten, mal dies, mal das. Aber Profite und Dividenden steigen – auch in der Pandemie sind sie gestiegen. Dem Kapital geht es auch in Krise, Pandemie und Krieg um die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums und zwar von unten nach oben – sie sind die Krisenprofiteure. (…)