“Post-Beschäftigte gehen in die Offensive“

Offensive Tarifforderungen beschlossen

Die ver.di-Tarifkommission hat für die Beschäftigten der Deutschen Post AG als Ergebnis einer Befragung von 43.000 ver.di-Mitgliedern entschieden, in der im Januar beginnenden Post-Tarifrunde 15 Prozent Lohnerhöhung und monatlich 200 Euro mehr  für Auszubildende und dual Studierende bei zwölf Monaten Laufzeit zu fordern. 

Von zwei Post- und Paketzustellern 

Die Forderungen sind in der Höhe das richtige Signal und zeigen die Unzufriedenheit unter den Beschäftigten, die angesichts einer Inflationsrate von 10,5 Prozent reale Lohnsteigerungen erkämpfen wollen. Eine Festgeldforderung von mindestens 500 Euro wäre besser gewesen, damit niedrige Lohngruppen stärker angehoben werden. Das Einstiegsgehalt eines Zustellers beträgt 14.89 Euro und die Durchsetzung der Forderung würde etwas über 300 Euro brutto bedeuten. Umso wichtiger, einen ernsthaften Kampf für die Durchsetzung zu führen.

Arbeitsbedingungen und Personalmangel

In den letzten Jahren hat die Belastung und Unsicherheit für Zusteller*innen kontinuierlich zugenommen. Zustellbezirke werden jährlich größer und zwischen 2019 bis 2021 stiegen die jährlichen Paketmengen von knapp 1,4 Milliarden auf über 1,8 Milliarden Pakete an. Es werden viel zu wenige  Zusteller*innen eingestellt, diese dann auch noch zu prekären Bedingungen, so dass nur ein Drittel der neu eingestellten Zusteller*innen länger als drei Monate bei der Post arbeitet und zum Beispiel in der Paketsparte 28 Prozent befristet angestellt sind. Ein Defizit der aktuellen Tarifforderungen ist angesichts dieser Zustände das fehlende Aufwerfen der Abschaffung der Befristungen.

Rekordgewinne

Im Kontrast stehen die von den Kolleg*innen erarbeiteten Gewinne der DP AG, welche 2018 bis 2021 von 3,2 Milliarden Euro auf acht Milliarden Euro anwuchsen. Die Konzernleitung denkt aber nicht daran, höhere Löhne zu zahlen und den Personalmangel zu lösen. Die Forderung nach 15 Prozent mehr Lohn wird als „realitätsfern“ bezeichnet, während allein mit der Dividende für 2021 von 2,2 Milliarden Euro über 50.000 neue Zusteller*innen eingestellt werden könnten – mehr als genug, um den Personalmangel zu beenden.

Kampfmaßnahmen vorbereiten

Es ist klar, dass harte Auseinandersetzungen zur Durchsetzung der Lohnforderungen anstehen werden. ver.di muss darum eine innerbetriebliche Kampagne beginnen, um die Kolleg*innen hinter den Tarifforderungen zu sammeln und für einen geeinten Kampf zur möglichst vollen Durchsetzung der Forderungen zu gewinnen. Zusätzlich müssen Betriebsgruppentreffen in den Betrieben stattfinden, um die nötigen Arbeitskampfmaßnahmen im Frühjahr 2023 vorzubereiten. Hier sollte auch diskutiert werden, wie mit möglichen Spaltungs- und Einschüchterungsversuchen von Seiten der Geschäftsleitung, wie zum Beispiel gegen befristet Beschäftigte, umgegangen werden kann und wie es gelingt, hier möglichst alle solidarisch in den Streik einzubeziehen und auch für ver.di zu gewinnen. Auf den Versammlungen sollten demokratische Streikleitungen gewählt werden. Gewählte Streikdelegierte sollten auf lokaler und bundesweiter Ebene zusammenkommen und über alle Schritte im Arbeitskampf diskutieren und abstimmen. Urabstimmung und Erzwingungsstreik sollten so vorbereitet werden.

Streikende Post-Beschäftigte könnten eine wichtige Rolle einnehmen, mit einem kämpferischen Kurs eine Alternative zum Lohnverzicht aufzuzeigen und die Gewerkschaftsbewegung zu stärken. Es ist wichtig, Aktionen mit der zeitgleich stattfinden Tarifrunde im öffentlichen Dienst und wenig später bei der Bahn zu koordinieren, um eine breite Tarifbewegung aufzubauen und eine gesellschaftliche Bewegung gegen die Abwälzung der Krisenkosten auf die arbeitende Bevölkerung zu initiieren.