Solidarität mit allen Geflüchteten!

Spaltung und Fluchtursachen bekämpfen

Seit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine sind über 14 Millionen Menschen auf der Flucht. Doch auch aus anderen Regionen der Welt flüchten Menschen vor Krieg, Hunger, Umweltzerstörung und Armut.

von Chiara Stenger, Mainz

Diese Fluchtursachen sind Ergebnis der kapitalistischen Ausbeutung von Mensch und Natur und des Interesses kapitalistischer, imperialistischer Staaten an Ressourcen und Einfluss. Im Mittelmeer ertrinken immer noch Menschen, eine staatliche Seenotrettung gibt es nicht – obwohl diese Fluchtroute eine der gefährlichsten der Welt ist. Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge kamen dort innerhalb des letzten Jahres 2.836 Flüchtlinge ums Leben oder werden vermisst.  

In Anbetracht dessen wirkt die Planung des Bundes, die zivile Seenotrettung 2023 mit nur zwei Millionen Euro zu fördern, wie ein schlechter Scherz – insbesondere im Vergleich zu dem für 2021 geplanten Frontex-Budget von 1,6 Milliarden Euro. Insgesamt sind auf europäischen Fluchtrouten im vergangenen Jahr über 5.000 Menschen gestorben. 

Rassismus und Ausbeutung

Die Situation von Geflüchteten aus der Ukraine ist wiederum eine andere. So erhalten sie direkt einen Aufenthaltsstatus, zunächst für ein Jahr, mit der Option für eine Verlängerung auf maximal drei Jahre. Dies ermöglicht den Bezug von Hartz IV oder Sozialleistungen und auch die Erlaubnis zu arbeiten. Im Vergleich dazu erhalten Flüchtende aus anderen Krisenregionen lediglich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, welche viel geringer sind. Die Verfahren für eine Aufenthaltserlaubnis sind oft bürokratisch und sehr langwierig. Erst nach monate- oder jahrelangem Verfahren erhalten sie eine solche und erst nach der Anerkennung als Flüchtling bekommen sie Zugang zum Sozialsystem. Im Jahr 2022 wurden jedoch nur 34.311 Asylanträge angenommen, während 41.705 abgelehnt wurden. 

Menschen, die sich über die Festung Europa hinweggesetzt haben, werden einfach wieder abgeschoben, manchmal Jahre nach ihrer Ankunft und obwohl sie Ausbildung, Job oder Familie in Deutschland haben. 

Zwischen Geflüchteten herrscht also auch Ungleichheit. Doch auch Menschen aus der Ukraine werden in Deutschland ausgebeutet, indem sie insbesondere im Niedriglohnsektor als billige Arbeitskräfte eingesetzt werden. 

Rassismus erleben alle Geflüchteten – nicht nur an den Grenzen, sondern überall. So gab es seit April 46 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte. Rechte versuchen gerade in der aktuellen Krise Hetze und Rassismus zu verbreiten und uns damit gegeneinander auszuspielen und zu spalten. Stattdessen braucht es den Kampf gegen rechts, gleiche Rechte für alle Menschen, ein Ende der bürokratischen Asylantragsstellung und die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Deutlich werden staatlicher Rassismus und Ungleichbehandlung auch bezüglich der Situation von russischen Kriegsverweigerern und Deserteuren. Statt Visa-Vergaben zu beschränken, braucht es Solidarität und die Möglichkeit auf Asyl und sichere Fluchtrouten. 

Gemeinsam organisieren, protestieren und streiken!

Durch die hohe Inflation in der Türkei sowie die Repressionen und den Krieg gegen Kurd*innen flüchten auch vermehrt Menschen aus diesem Land nach Deutschland. Die Zahl hat von Januar bis September 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 254 Prozent zugenommen. In Zukunft werden sich solche Entwicklungen durch Preissteigerungen, Hungersnöte und Kriege verstärken. Umso wichtiger ist es, ein Programm gegen diese Fluchtursachen, gegen Ausbeutung und Rassismus vorzulegen und das kapitalistische System zu überwinden. 

Als Sol fordern wir sichere und legale Einreisemöglichkeiten sowie ein Bleiberecht für alle! Solidarität mit allen Geflüchteten und ein menschenwürdiges Leben für jede*n. Dafür braucht es höhere Einkommen, massive Investitionen und die Verstaatlichung von Wohnungs- und Energiekonzernen unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung und damit natürlich auch durch Migrant*innen und Geflüchtete sowie gemeinsame, organisierte Aktionen, Proteste und Streiks. Gewerkschaften müssen migrantische und hier geborene Beschäftigte dafür organisieren. Es gibt genug Geld, um Geflüchtete aufzunehmen und gleichzeitig bezahlbaren Wohnraum, Schul- und Kitaplätze und öffentliche Infrastruktur für alle bereitzustellen. Doch das Geld liegt bei den Reichen, Banken und Konzernen. Dort müssen wir es holen!