Wie kämpfen wir gegen Lohndiskriminierung?
Als Sozialistinnen vor über hundert Jahren den internationalen Frauentag ins Leben riefen, war ihnen bereits klar, dass die Ursache von Ungleichheit, Ausbeutung und Krieg nicht die Männer sind, sondern das kapitalistische System. Die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen nutzt den Herrschenden, weil sie uns in unserer Einheit und Kampfkraft spaltet.
Von Dorit Hollasky, Sprecherin der ver.di Betriebsgruppe am Städtischen Klinikum Dresden*
Nicht viel: es gibt weiter Kriege, Krisen und Umweltzerstörung. Konzerne und Banken machen trotz oder gerade wegen der Krise Gewinne. Die Rechnung dafür bezahlen wir – die Menschen ohne Vermögen, die abhängig Beschäftigten. Die steigenden Preise treffen die Geringverdienenden, und somit vor allem Frauen, besonders hart. Wirkliche Gleichstellung ist noch nicht erreicht.
Frauen verdienen in Deutschland (2022) im Durchschnitt 18 Prozent weniger als Männer (Gender Pay Gap). Auf das gesamte Leben gerechnet, erhalten Frauen sogar nur die Hälfte des Verdienstes von Männern. Sie arbeiten häufig in typischen Frauenberufen, die schlechter bezahlt sind, wie in der Dienstleistungsbranche als Friseurin oder Reinigungskraft oder in Carebereichen wie Pflege oder Kinderbetreuung. In der Pflege sind 85 Prozent der Beschäftigten weiblich. 65 Prozent arbeiten in Teilzeit, um sich am anderen Teil des Tages noch unbezahlt um Haushalt, Kindererziehung und Pflege der Eltern zu kümmern. Hierfür bringen Frauen 52 Prozent mehr Zeit auf als Männer, wenn Kinder dabei sind, sogar 83 Prozent mehr. Das führt im weiteren Leben dazu, dass Frauen circa fünfzig Prozent weniger Rente als Männer bekommen.
Auch beim Aufstieg in Führungspositionen sind Frauen im Nachteil. Selbst im üblicherweise weiblich geprägten Berufsfeld Gesundheitswesen waren mehr als drei Viertel der Studienanfänger*innen für Medizin weiblich, aber die Führungspositionen – die Lehrstühle und Chefarztsessel – sind weiterhin zu über neunzig Prozent von Männern besetzt.
Ungleicher Lohn für gleichwertige Arbeit
Als die Arbeiter*innenbewegung im 19. Jahrhundert entstand, war die Klage über die schlechter bezahlte Frau als „Schmutzkonkurrentin“, als „Lohndrückerin“ weit verbreitet. Manche versuchten, die Erwerbsarbeit von Frauen zu verhindern. Marxist*innen kämpften von Anfang an gegen diesen reaktionären Irrweg und für die Lösung des Problems durch die Organisierung auch der Arbeiterinnen und den gemeinsamen Kampf für gleiche und höhere Löhne.
Auch heute schaden schlechtere Löhne und Arbeitsbedingungen von Arbeiterinnen auch den männlichen Arbeitern.
Was tun?
Zum Beispiel ist es in den laufenden Tarifrunden so wichtig, die Festgeldforderungen durchzusetzen, um die Lohnunterschiede etwas auszugleichen. Bei prozentualen Erhöhungen geht die Schere zwischen höheren und unteren Lohngruppen immer weiter auseinander. Wenn zum Beispiel eine Pflegehilfskraft in Teilzeit bisher 1300 Euro brutto verdient, würde die Umsetzung von 10,5 Prozent mehr Gehalt eine Steigerung von etwa 135 Euro brutto bedeuten. Die Umsetzung der Festgeldforderung von 500 Euro würde jedoch zu einer Steigerung von 250 Euro führen. Wenn wir das erreichen, würde das vor allem Frauen nutzen, weil Frauen häufiger schlecht bezahlt werden. Es würde aber ebenso schlecht bezahlten Männern nutzen. An diesem Beispiel wird allerdings deutlich, dass selbst diese Festgeldforderung längst nicht ausreichend ist.
Um grundlegende Verbesserungen zu erreichen, brauchen wir mehr!
Dazu ist es als erster Schritt notwendig, dass sich Beschäftigte gewerkschaftlich organisieren und gerade in den Niedriglohnbereichen für überdurchschnittliche Lohnerhöhungen kämpfen. Andererseits ist „gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“ noch nicht gleichbedeutend mit der Abschaffung von Ausbeutung, sondern bedeutet letztendlich auch nur „gleiche Ausbeutung für Männer und Frauen“. Deshalb müssen wir unseren Kampf um Lohngleichheit verbinden mit dem Ziel einer sozialistischen Gesellschaft, in der die Betriebe und die Einrichtungen des öffentlichen Dienstes allen gemeinsam gehören und wir gemeinsam darüber bestimmen und in der es keine Ausbeutung mehr gibt.
Diese Umwälzung garantiert zwar nicht die sofortige Abschaffung der Ungleichheit und das Aufbrechen von althergebrachten Rollenmustern, aber sie ist die Voraussetzung dafür. Dafür müssen wir uns organisieren, Frauen und Männer gemeinsam.
*Angabe der Funktion dient nur der Kenntlichmachung der Person