Die Arbeiter*innenklasse Südafrikas braucht eine neue Partei
Der Kongress des African National Congress (ANC) ist vor langer Zeit zu einem Ringen um Positionen für den Erhalt von Staatsgeld verkommen. Riesige Summen werden für Hotels, Essen und Trinken ausgegeben. Der ANC hat sich seit der Machtübernahme 1994 völlig gewandelt:. Einst das wichtigste Banner für den Massenkampf gegen das rassistische Apartheidsregime, wird er heute als Plünderer staatlicher Gelder wahrgenommen.
Von Shaun Arendse, Marxist Workers Party (CWI in Südafrika)
Der Kongress im Dezember hat Cyril Ramaphosa für weitere fünf Jahre zum Parteivorsitzenden gewählt. Er gilt als „wählbarster“ ANC-Führer. Dennoch wird die Partei voraussichtlich bei den Wahlen nächstes Jahr die Mehrheit verlieren, Instabilität wird die Folge sein. Die herrschende Klasse steht vor einer allgemeinen Krise der politischen Repräsentation, die ein Produkt der kapitalistischen Krise ist.
In den Wochen vor dem Kongress stand Südafrika am Rand einer Verfassungskrise. Ramaphosa stand nach einem Skandal um den Diebstahl großer Dollarbeträge von seiner Viehzuchtfarm kurz vor dem Rücktritt. Sein Anspruch, die Korruption zu bekämpfen, wurde über Nacht zerschmettert. Trotzdem betrachtet die herrschende Klasse ihn und sein Lager im ANC als das sicherste Paar Hände für den südafrikanischen Kapitalismus und so wurde er überredet, im Amt zu bleiben.
Kontrahent Zweli Mkhize
Wäre Ramaphosa zurückgetreten, wäre die Präsidentschaft an die offen korrupten Kräfte zurückgegangen, die sich während seiner Amtszeit von 2009 bis 2018 um den ehemaligen Präsidenten Jacob Zuma zusammengeschlossen hatten. Unter dem Druck strafrechtlicher Ermittlungen sind diese Kräfte zerbrochen. Die meisten unterstützten nun den ehemaligen Gesundheitsminister Zweli Mkhize. Er war 2021 als Parteivorsitzender zurückgetreten, weil er – während der Pandemie! – über massive Geldtransfers aus dem Gesundheitsbudget an Unternehmen, die mit Freund*innen und seiner Familie in Verbindung stehen, stolperte. Mkhize wurde dennoch nominiert und erhielt 43 Prozent der Delegiertenstimmen.
Soziale Frage
An den Kommissionen, die die Politik diskutieren sollten, nahmen nur eine Handvoll Delegierte teil. Es gibt innerhalb des ANC keine ernsthafte Debatte mehr über die Themen, die die Arbeiter*innenklasse und die Armen beschäftigen. Die ANC-Fraktionen begrüßen beispielsweise die Gesetzgebung, die das Streikrecht angreift, und die inzwischen mehrjährigen Angriffe auf die Gehälter des öffentlichen Sektors. Trotz einer Arbeitslosigkeit von 34 Prozent hat keine Fraktion eine ernsthafte Politik zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Unglaublicherweise stand im Mittelpunkt der Kampagne des Mkhize-Lagers ein Aufruf, die sogenannte „Step-aside-Regel“ abzuschaffen, die von kriminell angeklagten Führer*innen, Minister*innen, Abgeordneten usw. den Rücktritt verlangt.
Die überwältigende Mehrheit der Arbeiter*innenklasse sieht den ANC als Hauptarchitekten von Armut, Ausbeutung und Leid.
Gewerkschaften gehen auf Abstand
Auf dem Kongress des Gewerkschaftsbundes Cosatu 2022 weigerten sich die Delegierten, dem ANC das Wort zu erteilen. Im Mai wird ein Sonderkongress über die Beendigung der Unterstützung für den ANC debattieren. Cosatu-Mitglieder sollten sich organisieren, um sicherzustellen, dass die Unterstützung des ANC ein Ende findet.
Dies würde die Möglichkeit einer politischen Wiedervereinigung mit der Saftu-Föderation eröffnen, die aus der Cosatu-Spaltung 2015 hervorgegangen ist. Saftu hat Resolutionen zugunsten der Gründung einer Arbeiter*innenpartei verabschiedet, aber die Führung weigert sich, sie umzusetzen.
Delegierte von Gewerkschaften, Verbänden, Betrieben, Gemeinden und der Jugend müssen zusammenkommen und die Gründung einer sozialistischen Arbeiter*innenmassenpartei planen. Diese müsste Kampagnen für Arbeitsplätze, angemessene Bezahlung und öffentliche Dienstleistungen führen, damit das Ende der korrupten ANC-Herrschaft einläuten und eine sozialistische Alternative zum korrupten Kapitalismus bieten.