Frankreich: Macron drückt Rentenreform durch

Massive Streikwelle konnte Regierung der Reichen nicht stoppen

So sieht die französische Demokratie aus: Am Abend des 14. April hat der französische Verfassungsrat die Rentenreform von Marcon gebilligt, nachdem dieser das Gesetz ohne Abstimmung im Parlament durchgedrückt hatte. Die große Streik- und Protestbewegung steht nun vor der schwierigen Frage, wie es weitergehen soll. 

von Caspar Loettgers, Berlin

Umfragen zu Folge sind die Zustimmungswerte für Macron auf 28 Prozent gefallen. Noch nie war ein Präsident so verhasst. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Macron führt sich wie ein Kaiser auf. Kein Präsident hat vor Marcon mit so vielen Dekreten gearbeitet, um Debatten und Abstimmungen im Parlament zu umgehen. Gleichzeitig behauptet er, dass er auf Dialog und Verständigung setze! Eine blanke Lüge, auf die die Mehrheit der Bevölkerung nicht herein fällt. Statt zuzugeben, dass seine Reform auf breite Ablehnung stößt, erklärte er, dass die Menschen sie bloß nicht verstanden haben! Macrons Regierung hat unter anderem deshalb auch keine Basis mehr in der Bevölkerung. Es ist nur eine Frage der Zeit bis die nächste Krise Frankreich erschüttert. Ob Macron diese dann überstehen würde, ist mehr als fraglich. 

Weitergehende Wut 

Die Bewegung, die durch die Rentenreform losgetreten wurde, nahm schnell Fahrt auf. Dies lag  auch daran, dass die Wut vieler Menschen in Frankreich weit über die neue Reform hinaus geht. Seit Jahren wurde der öffentliche Dienst kaputt gespart. Die Arbeitsbedingungen wurden in den letzten Jahren so sehr verschlechtert, dass viele Arbeiter*innen sich fragen, ob sie  ihre Rente überhaupt irgendwann mal in Anspruch nehmen können. 

Jugend 

Die Angriffe der Macron-Regierung haben auch die Jugend in Aufruhr versetzt. Zwar hat es ungewöhnlich lange gedauert, bis die Jugend auch an der Bewegung teilnahm. Dies lag teilweise an den Folgen der Corona Pandemie, aber auch dem enormen Prüfungsstress und dem Druck, den Schüler*innen und Student*innen ausgesetzt sind. Dennoch fanden in den letzten Wochen vermehrt Blockaden vor Schulen und Unis statt und die Bewegung wurde deutlich jünger. Gründe dafür gibt es mehr als genug. Die neoliberalen Reformen haben keinen Halt vor den Schulen und Unis gemacht. Weitere Reformen haben dafür gesorgt, dass es für Kinder aus der Arbeiter*innenklasse immer schwieriger wird, Zugang zu den Unis zu bekommen. Jugendliche sollen möglichst früh dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt und in prekäre Arbeitsverhältnisse gedrängt werden.

Profite steigen

Macron argumentiert, dass die Reform notwendig wäre, da weniger Mensch ins Arbeitsleben eintreten als austreten. Dabei verschweigt er die Rekordprofite, die die großen Unternehmen in den letzten Jahren gemacht haben. Alleine in diesem Jahr hat TotalEnergies 19 Milliarden Euro Profit gemacht, der Energieversorger Engie 5,2 Milliarden. Mit diesem Geld könnte nicht nur die bestehenden Renten finanziert werden, sondern das Renteneinstiegsalter sogar auf sechzig Jahre oder weniger herabgesetzt werden! Es könnten aber auch dringende Investitionen ins Gesundheitswesen, in die Schulen und in den öffentlichen Dienst getätigt werden.  

Die Führung der Bewegung 

Die Protest- und Streikbewegung hat Millionen mobilisiert, war aber nicht stark genug, Macron zurückzudrängen. Das hing zum einen damit zusammen, dass die Gewerkschaftsführungen sich auf das Thema Rente beschränkten und nicht durch eine Ausweitung des Kampfes für andere Forderungen, breitere Teile der Arbeiter*innenklasse in den Kampf mobilisierten. Zum anderen hat die Führung von France Insoumise (FI, der linken Partei von Jean-Luc Mélenchon) diese Gelegenheit nicht genutzt, um sich aufzubauen und eine Regierungsalternative zu propagieren. Auch wenn sich viele FI-Abgeordnete an Streiks und Blockaden beteiligt haben und 900.000 Euro durch FI für den Streikfonds gesammelt wurden (in Frankreich haben die Gewerkschaften traditionell keine Streikkassen), hat die Partei nicht als organischer Bestandteil der Bewegung gehandelt, Vorschläge eingebracht und daraus demokratische Strukturen aufgebaut. 

FI wurde zwar von vielen, die an den Protesten teilnahmen, positiv gesehen, es gibt aber kaum Möglichkeiten in der Partei aktiv zu werden oder Einfluss auf die programmatischen Entscheidungen zu nehmen.

Wie weiter? 

Die Bewegung um die Rentenreform hat erneut den neoliberalen Charakter der Macron-Regierung offen gelegt. Sie hat aber auch Schwächen der Arbeiter*innenbewegung gezeigt. Es fanden viel weniger Streikposten vor Betrieben statt, als früher. Auch die sonst üblichen Betriebsversammlungen, auf denen konkrete Fragen der Bewegungen hätten diskutiert werden können, waren rarer. Die Führungen der Gewerkschaften haben wenig getan, um diese Schwächen zu beheben.

Die Bildung von betrieblichen Komitees und Durchführung von Versammlungen sind ein wichtiger Schritt für zukünftige Bewegungen, wie auch das Einsetzen für eine erfolgversprechende Strategie in den Gewerkschaften. Auf der politischen Ebene braucht es eine Arbeiter*innenpartei, die die Interessen der Jugend und Arbeiter*innen konsequent vertritt und diese organisiert. Eine solche Partei der Arbeiter*innenklasse könnte eine klare Alternative zur Politik von Macron im Interesse der Reichen aufzeigen. Sie könnte erklären, wie eine Arbeiter*innenregierung die zentralen Bereich der Wirtschaft verstaatlichen und unter demokratische Kontrolle und Verwaltung setzen könnte. So könnte endlich Schluss gemacht werden mit dem Elend für Millionen und endlich ein besseres Leben für alle erkämpft werden!    

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