Die Beschäftigten der Unimedizin müssen sich auf einen Erzwingungsstreik vorbereiten
Die nichtärztlichen Beschäftigten der Universitätsmedizin Mainz haben am 4. und 5. Mai ihre Arbeit niedergelegt. Verhandelt wird aktuell für 7.350 Kolleg*innen, von denen sich an den beiden Tagen 800 bis 1000 an den Streikdemonstrationen beteiligten. Aber auch von Seiten des Notdienstes gab es große Zustimmung für den Arbeitskampf.
Von Max Klinkner, Mainz
Wer am vergangenen Freitag morgens das Gelände der Uniklinik betreten wollte, musste sich durch eine riesige Menge gelber Westen bewegen. Der Vorplatz war gefüllt von Streikenden mit Schildern, Transpis und Trillerpfeifen. Diese Masse zog später sehr laut und in kämpferischer Stimmung durch die Mainzer Innenstadt bis zum Staatstheater. Auf den Schildern las man zum Beispiel: „Ich kann gar nicht so schlecht arbeiten, wie ihr mich bezahlt!“. Auch unsere Forderung nach der Abschaffung von Fallpauschalen auf einem Sol-Plakat stieß auf Zustimmung.
Hoch mit den Löhnen!
Die Forderungen an die Geschäftsführung sind sehr deutlich. Es geht um 550 Euro mehr im Monat für alle Beschäftigten, 275 Euro für die Azubis und Praktikant*innen, sowie eine Erhöhung des Nachtdienstzuschlags von 25 auf 40 Prozent. Dabei wurde explizit eine Festgeldforderung aufgestellt, um auch den unteren Einkommensgruppen eine deutliche Lohnerhöhung zu geben. Für ver.di Mitglieder soll außerdem das Deutschlandticket in Höhe von 49 Euro übernommen werden. Dies sind mehr als berechtigte Forderung, wenn man sich die Inflation der letzten Jahre anschaut.
Die Chefs der Unimedizin haben dagegen in vier Verhandlungsrunden ein Angebot vorgelegt, das nur als Verhöhnung der Kolleg*innen betrachtet werden kann, die noch vor drei Jahren als „systemrelevant“ bezeichnet wurden. Geht es nach ihnen, soll es ab 1. Januar rückwirkend zwei Prozent geben, im Laufe des Jahres noch zweimal zwei Prozent. Dies missachtet die Forderung nach einem monatlichen Festbetrag und gleicht nicht einmal ansatzweise die Inflation aus.
Laut dem kaufmännischen Vorstand würden die Forderungen nicht die „wirtschaftliche Lage“ berücksichtigen und die 44 Millionen mehr Personalkosten seien nicht tragbar. Es sind aber eben nicht die Menschen, die in der Pflege arbeiten, die dafür gesorgt haben, dass Krankenhäuser profitabel sein müssen. Dies ist klar die Folge vergangener und jetziger Entscheidungen der politisch Verantwortlichen. Mit der Einführung des Fallpauschalensystems, Privatisierungen und Ausgliederungen wurde das Gesundheitswesen darauf getrimmt, Profite für einige Konzerne zu generieren, anstatt eine gute, kostenlose und ausreichende Gesundheitsversorgung für die Masse der Bevölkerung zu gewährleisten. Diese Entwicklung bedeutet höhere Arbeitsbelastung für die Kolleg*innen und schlechtere Versorgung für die Patient*innen. Stattdessen sollte das Gesundheitssystem wieder vollständig in öffentliches Eigentum überführt und voll ausfinanziert werden. Geld dafür ist genug da. Konzerne haben auch während der Krisen der letzten Jahre fette Gewinne eingefahren, so zum Beispiel auch das Mainzer Unternehmen BioNTech, welches durch seinen Impfstoff Milliarden eingenommen hat. Die Grundlagenforschung stammt dagegen aus der Mainzer Unimedizin.
Mehr Entlastung durch Arbeitszeitverkürzung
Eine weitere wichtige Forderung in dieser Tarifauseinandersetzung ist der Beginn einer schrittweisen Arbeitszeitverkürzung. Diese soll in drei Schritten von 38,5 auf 32 Wochenstunden gesenkt werden. Dies ist ein wichtiger Vorstoß für mehr Entlastung und sollte in anderen Kliniken und Branchen ebenfalls aufgegriffen werden. Dies macht die gleichzeitige Erhöhung der Löhne und ein Bestehen auf Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich aber um so notwendiger. Die Reduzierung von Arbeitszeit und damit der massiven Belastung würde dafür sorgen, dass mehr Menschen den Beruf ergreifen oder dauerhaft in diesem bleiben würden.
Erzwingungsstreik vorbereiten
Der Streik hat schon dazu geführt, dass sich die Bosse dazu genötigt sehen einen neuen Verhandlungstermin anzubieten, bei dem ein neues Angebot vorgelegt werden soll. Es ist aber nicht damit zu rechnen, dass sie die notwendigen Forderungen erfüllen. Von ver.di wurde bereits angekündigt, dass die Urabstimmung eingeleitet wird, um in den Erzwingungsstreik zu treten, sollte es nach der fünften Verhandlungsrunde am 30. Mai kein annehmbares Ergebnis geben. Auf diese Möglichkeit muss sich jetzt schon vorbereitet werden. Wir haben gesehen, dass es auch zu wochenlangen Streiks kommen kann, wie beispielsweise in NRW. Über diese Perspektive müssen die Beschäftigten diskutieren und sich in Streikversammlungen austauschen, um die weiteren Schritte im Streik demokratisch abzustimmen. Da die Unimedizin über einen Haustarifvertrag verfügt, führen die Kolleg*innen den Kampf ohne parallele Unterstützung in anderen Kliniken. Um dies auszugleichen wäre eine Solidaritätskampagne von anderen Einrichtungen, ver.di-Fachbereichen und Gewerkschaften sinnvoll und auch die positive Einstellung der Bevölkerung gegenüber den Pflegekräften zu nutzen, um die Forderungen durchzusetzen.