Krankenhausreform löst kein Problem

Fallpauschalen werden nicht abgeschafft – Klinikschließungen drohen

Über Monate warnten Bündnisse von Aktiven wie in Dresden oder die Deutsche Krankenhausgesellschaft vor Lauterbachs Plänen – doch nun haben sich 14 Bundesländer für eine Krankenhausreform ausgesprochen und gemeinsam ein Eckpunktepapier verabschiedet. Bayern stimmte gegen die Reform, Schleswig-Holstein enthielt sich. Zwar muss festgehalten werden, dass die Länder in ihrem Beschluss in einigen Bereichen stark von den Empfehlungen der Regierungskommission abwichen, jedoch ist weiterhin die Versorgungssicherheit auf dem Land und auch in städtischen Ballungsgebieten gefährdet.

von Anne Pötzsch, Medizinstudentin und Intensivpflegekraft, aktiv in ver.di und im Bündnis für Pflege Dresden

Lauterbach warb seit dem letzten Jahr für seine Krankenhausreform in allen bürgerlichen Medien, sprach bis zum Schluss von einer Revolution und pries die Abschaffung der Fallpauschalen an. Dass weder eine Revolution kommt noch die Fallpauschalen endlich weichen, wurde schon ausführlich in einem anderen Artikel aufgeführt.

Gleiches Budget – aber unter anderem Namen

Sowohl die Länder als auch die Regierungskommission waren sich bis zum Schluss einig, dass es keine Budgetsteigerung für die Krankenhäuser gaben darf. Mit Lindners Haushalt für 2024 wird das Bundesgesundheitsministerium 33 Prozent weniger im Vergleich zu 2023 erhalten. Während immer mehr Kliniken durch unzureichende Bezahlungen ihrer Leistungen, Inflation und steigenden Energiekosten immer weiter in die roten Zahlen rutschen, sollen noch einmal Milliarden gespart werden. Im Gegensatz dazu erhält das Bundesverteidigungsministerium für neue Waffensysteme, Flugzeuge und Panzer neben dem Sondervermögen von hundert Milliarden Euro noch einmal eine jährliche Budgeterhöhung. Die neuste Anschaffung des Bundes ist das Raketenabwehrsystem Arrow 3 für vier Milliarden Euro.

Die Finanzierung der Krankenhäuser erfolgte seit 2003 über das sogenannte Fallpauschalensystem. Eine bestimmte Diagnose bekam einen festen Geldbetrag zu gewiesene, welcher dann nach der Behandlung der Patient*innen den Krankenhäusern von der kassenärztlichen Vereinigung ausgezahlt wurde. Das Problem dabei ist, dass die Festbeträge oft nicht die Behandlungskosten decken und die Kliniken gezwungen sind, die Kosten im eigenen Betrieb auf ein Minimum zu reduzieren. Dies führte nicht nur zu Personaleinsparungen, sondern sorgte für Outsourcing von Bereichen wie Reinigung, Technik oder Logistik. Damit verlieren die Arbeiter*innen in diesen Bereichen sehr oft ihre Tarifbindung aus dem Mutterbetrieb. Lohndumping bis zur Armutsgrenze sind die Folgen. Gleichzeitig steigen jährlich die Renditen von Aktionär*innen von privaten Klinikkonzernen wie Helios.

Jahrelang sprachen sich Krankenhausbeschäftigte und ver.di gegen das Fallpauschalensystem aus. Mehrere hunderte Kliniken mussten schließen, weil sie die Defizite zwischen Ausgaben (Behandlungskosten) und Einnahmen (Pauschalbetrag der Krankenkassen) nicht ausgleichen konnten. Vor allem kleine Krankenhäuser in ländlichen Gegenden mussten den Betrieb einstellen,wodurch die wohnortnahe stationäre Versorgung der Bevölkerung in vielen Regionen nicht mehr gewährleistet ist.

Karl Lauterbach benannte nun das Problem von dem von seiner eigenen Partei eingeführten Fallpauschalensystem und versprach die Abschaffung.

Was jedoch von der Regierungskommission vorgeschlagen und den Ländern verabschiedet worden ist, ist ein Erhalt der Fallpauschalen. Lediglich der Zeitpunkt der Bezahlung wurde verändert. Vierzig Prozent des Pauschalbetrages wird nun im Voraus bezahlt und läuft unter dem Namen „Vorhaltebudget“. Die Kliniken sollen so bereits für das Vorhalten von Strukturen bezahlt werden. Die restlichen sechzig Prozent erhalten dann die Krankenhäuser nach der Behandlung weiterhin als Fallpauschale.

Das Problem ist jedoch, dass das Vorhaltebudget anhand der vergangenen Fallzahlen in einer Klinik errechnet wird und diese Fallzahlen ungefähr wieder erbracht werden müssen. Kann ein Krankenhaus im Berechnungszeitraum die Fallzahlen jedoch nicht erfüllen, muss es einen Teil des Vorhaltebudget zurückzahlen und erhält im nächsten Berechnungszeitraum weniger oder gar kein Vorhaltebudget. Auch sind die Klinikbetreiber nicht gezwungen, das Vorhaltebudget in die vorgehaltenen Strukturen zu investieren, wozu ausreichend Personal gehören würde. Die Vorhaltebeträge können stattdessen in die Taschen von Aktionär*innen oder Anteilseignern fließen.

Die Strukturvorgaben für das Vorhaltebudget sind noch nicht bekannt. Niemand weiß, ob es sich dabei um Personalvorgaben, Therapieangebot und Räumlichkeiten handelt oder nur bestimmtes medizintechnisches Gerät vorgehalten werden muss. Auch ist nicht gesagt, wie Kliniken die Strukturvorgaben in Form von räumlicher und technischer Ausstattung erreichen können. Werden die Kosten von den Ländern getragen (so wie es bereits jetzt das Gesetz eigentlich vorsieht) oder müssen die Kliniken selbst die Investitionen tätigen?

Im Eckpunktepapier ist für das Pflegepersonal eine ungewisse Situation festgehalten worden. In einem Satz wird davon gesprochen, dass das Pflegebudget, welches durch Beschluss des früheren Bundesgesundheitsministers Jens Spahn aus den Fallpauschalen herausgenommen ist und die Pflegepersonalkosten in den Krankenhäuser 1:1 deckt, weiterhin bestehen bleibt. In einem anderen Satz wird beschrieben, dass die Personalkosten für die Pflege am Bett aus dem Vorhaltebudget kommen. Würde dies so passieren, müsste man davon ausgehen, dass trotz massiver Pflegepersonalnot in allen Krankenhäusern noch einmal am Pflegepersonal gespart wird und zum Beispiel Ausgaben für dringend notwendige Leiharbeiter*innen in der Pflege nicht mehr bezahlt werden.

Abschaffung der Idee von Level

Die Regierungskommission schlug in ihren Stellungnahmen vor, dass die Krankenhauslandschaft einer Leveleinteilung unterzogen und danach neu gestaltet wird. In diesen Level sollten dann die Kliniken in Grund-, Regel-, und Maximalversorger eingeteilt werden. Prinzipiell kann man eine Strukturplanung für das jeweilige Bundesland oder eine Region nach Versorgungsumfängen begrüßen. Dadurch könnte eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung gewährleistet werden und das stationäre Angebot gesichert und auch erweitert werden. Problem war jedoch, dass die Regierungskommission und auch Lauterbach damit eine Welle von Klinikschließungen vorbereitet hätten, da im Level I die Grundversorgung vor allem von ambulanten Versorgungszentren gewährleistet werden sollte.

Die Länder haben die Strukturplanung nach Level nicht aufgenommen, sondern sich nur auf die Verteilung von Leistungsgruppen festgelegt. Vorerst werden 65 Leistungsgruppen definiert, die an Qualitätsvorgaben und Fallzahlen gebunden sind. Erfüllt eine Klinik diese Vorgaben, so bekommt sie vom Land den Zuschlag für eine Leistungsgruppe. Dieser Zuschlag ist wichtig, da sonst das Vorhaltebudget nicht gezahlt wird. Bundeseinheitliche Ausnahmeregelungen können aber zusätzlich Krankenhäusern eine Leistungsgruppe zu weisen, ohne dass die Klinik die Qualitätsvorgaben erfüllt, um die „bedarfsnotwendige stationäre Versorgung sicherzustellen.“ Eine zwingend notwendige Bettenplanung wird jedoch nicht angestrebt. Diese Bettenplanung wäre aber die Grundlage für die Sicherung einer ausreichenden stationären Versorgung. Fallzahlen sagen im ersten Blick wenig über die Sicherung aus, da durch kurze Liegezeiten oder eine ambulante Versorgung die Fallzahlen künstlich nach oben korrigiert werden können.

Auch muss gesehen werden, dass die Länder in ihrem Eckpunktepapier die Fusionierung bzw. das Aufkaufen kleiner Krankenhäuser durch private Krankenhauskonzerne ermöglichen. Dies wird unter dem Deckmantel von Netzwerkstrukturen vermittelt. Zwar möchte man solche „Verbundmöglichkeiten“ nur dann gewähren, wenn diese auf medizinischer Grundlage „sinnhaft“ sind – was darunter verstanden wird, ist jedoch nicht geklärt. Hierdurch entsteht die Gefahr, dass große Konzerne sich ökonomisch günstige Leistungsgruppen erkaufen, um ihre Gewinne zu erhöhen. Die aufgekauften Standorte könnten dann zu ambulanten Zentren oder Reha-Einrichtungen umgebaut werden, während das stationäre Angebot in die großen Kliniken verlegt wird. Durch die alten, aufgekauften Standorte würde in der Bedarfsplanung der Länder nicht auffallen, dass an diesen Standorten jedoch das Erbringen der gesamten Leistungsgruppe nicht mehr möglich ist. Die Bevölkerung einer Region würde damit immer wieder wohnortnahe stationäre Angebote verlieren.

Level Ii kommt unter neuen Namen

Der einzige Vorschlag der Regierungskommission zu einer Level-Einteilung von Krankenhäusern, welcher bleibt, sind die integrierten ambulanten Versorgungszentren, welche ab sofort sektorenübergreifende Versorger heißen werden. In diesen Einrichtungen wird es niedergelassene Ärzt*innen mit Fachpraxen und stationären Angeboten geben. Auch Pflegeleistungen sollen hier angeboten werden. Die Vergütung erfolgt anders als bei den Krankenhäusern über die Gebührenordnung der Ärzt*innen und über Tagespauschalen bei stationären und pflegerischen Angeboten.

Diese Zentren sollen zwar einen gesetzlichen Versorgungsauftrag erhalten, dürfen jedoch keine Notfallversorgung anbieten und nicht vom Rettungsdienst angefahren werden. Dadurch werden sie nichts anderes als Ärztehäuser darstellen, welche auch Pflegebetten für kurzfristige Aufnahmen anbieten – ersetzen aber zeitgleich richtige Krankenhäuser. Telemedizin soll hier ebenfalls angeboten werden. So können Mediziner*innen aus Ballungsgebieten per Computer eine Versorgung in ländlichen Gegenden vornehmen.

Es ist zu hoffen, dass sich der Marburger Bund und die Ärztekammern entscheiden gegen eine Telemedizin aussprechen. Sie widerspricht klar der ärztlichen Ausbildung und hat nichts mit sicherer und allumfassender Medizin zu tun. Es kann per Videochat nicht einmal eine körperliche Untersuchung vorgenommen werden.

Kein Wort zum Personal

In der gesamten Planung der Regierenden zur Krankenhausreform spielte Gewinnung und Stärkung von Pflegepersonal zu keinem Zeitpunkt eine Rolle. Zwar wird erkannt, dass es vor allem an Pflegepersonal fehlt, jedoch möchte man eher das stationäre Angebot in den unterfinanzierten und unterbesetzten ambulanten Bereich schieben, um so Personalaufwand in den Kliniken zu minimieren, anstatt sich einmal nachhaltig mit dem Personalnotstand und seinen Gründen auseinanderzusetzen.

Im ambulanten Bereich finden vor allem in ländlichen Regionen immer mehr Ärzt*innen weder Nachfolger*innen für ihre Praxen noch Fachpersonal, welches den jetzigen Betrieb aufrechterhalten kann. Ambulante Pflegedienste können immer wieder keine neuen Klient*innen aufnehmen, da es auch hier an Pflegepersonal fehlt. Frauen können in den Schwangerschaften nicht durch Hebammen betreut werden, weil es in Stadt und Land an Hebammen mangelt. Eltern finden im gesamten Bundesgebiet keine Praxen für ihre Kinder, können aber auch nicht in Kliniken gehen, da es kaum noch Kinderkrankenhausbetten gibt.

Die Belastung der Krankenhäuser durch eine Ambulantisierung minimieren zu wollen, ist utopisch und gefährlich. Der gesamte ambulante Bereich hat nicht die Kapazität Aufgaben der Krankenhäuser zu übernehmen. Dies zeigen tagtäglich die überfüllten Notaufnahmen, die die Menschen aufsuchen, weil sie im ambulanten Bereich nicht versorgt werden können und teilweise zwei Monate auf Termine bei Fachärzt*innen warten.

Auch spielt es scheinbar keine Rolle, in den Struktur- und Qualitätsvorgaben für Kliniken Personalvorgaben von der Reinigungskraft über die Techniker*innen bis hin zu Pflegekraft zu verankern. Doch gerade die Personaldichte und die Be- bzw. Entlastung des gesamten Personals in Krankenhäuser ist ausschlagegebend für die Qualität der Versorgung.

Trotz aller Erläuterung bleibt die Krankenhausreform eine große Blackbox. Niemand weiß genau, was im Gesetzesentwurf stehen wird. Viele Dinge bleiben offen. Der notwendige Bettenaufbau durch Personalstärkung und -gewinnung wird nicht angegangen, sondern stattdessen durch eine undurchsichtige Reform verschleiert. Auch fehlt das Mitspracherecht von Gewerkschaft und Fachpersonal aus allen Professionen einer Klinik, um einerseits Arbeiter*innenrechte durchzusetzen, andererseits eine fachliche Beurteilung durch praktisch tätiges Personal einfließen zulassen.

Was brauchen wir stattdessen?

Wir brauchen eine Reform im Gesundheitswesen – das ist unbestreitbar. Doch es müsste um eine sektorenübergreifende Neustrukturierung gehen. Das DRG-System gehört endlich abgeschafft. Die Krankenhäuser müssen durch staatliche Gelder vollständig und kostendeckend finanziert werden. Der Sparzwang durch Staat und Krankenkassen muss beendet werden. Solange Profitlogik auch in öffentlichen Kliniken herrscht, wird es keine Besserung geben. Stattdessen müssten Profitmöglichkeiten und Privateigentum vollständig aus dem Gesundheitswesen verschwinden und gesetzlich unterbunden werden. Mit Krankheit, Alter und Pflegebedürftigkeit dürfen keine Profite mehr gemacht werden!

Die gesetzlichen und privaten Krankenkassen müssen zusammengeführt werden. Auch der ambulante Bereich muss endlich so finanziert werden, dass Kosten bedarfsgerecht gedeckt werden und auch die Beschäftigten anhand der Tarife im öffentlichen Dienst bezahlt werden. Ziel sollte ein steuerfinanziertes öffentliches Gesundheitswesen, sein welches für jeden Menschen frei zugänglich ist.

Der Staat muss in Milliardenhöhe ins Gesundheitswesen investieren – anstatt in Rüstung oder den Ausbau von Autobahnen. Diese Investitionen können durch die Profite enteigneter Gesundheits- und Pharmakonzerne, einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer und einer höheren Besteuerung von Unternehmensgewinnen ermöglicht werden

Alle privaten Konzerne wie Asklepios, Helios und Sana müssen in öffentliches Eigentum überführt werden. Ehemals städtische Krankenhäuser gehören rekommunalisiert und sollten unter der demokratischen Kontrolle und Verwaltung von Beschäftigten, Gewerkschaften, Kommunen und Patient*innenvertretungen geführt werden. Auch alle ausgegliederten Servicegesellschaften müssen wieder in öffentliche Häuser zurückgeführt werden, um die Arbeitsbedingungen der Menschen zu verbessern und Lohndumping zu verhindern.

Die Kontrolle der Versorgungsqualität im gesamten Gesundheitswesen muss bundesweit und regional durch gewählte Gremien aus Beschäftigten, Gewerkschaften, Patient*innenverbände und Kommunen demokratisch kontrolliert und verwaltet werden. Die Verwaltungs- und Kontrollinstanzen müssen durch Mediziner*innen, Fachgesellschaften und Wissenschaftler*innen beraten werden, die nicht in Abhängigkeit irgendwelcher Konzerne, sondern im Dienst des staatlichen öffentlichen Gesundheitswesens stehen.

Mehr Personal

Im Gesundheitswesen müssen sofort in allen Bereichen mehr Stellen finanziert werden – von der Reinigungskraft bis zur Pflegekraft, von Rettungssanitäter*innen bis zu Therapeut*innen und vielen mehr.  Es braucht zudem sofort eine Ausbildungsoffensive aller medizinischen Berufe. Die Ausbildungen müssen durch den Bund und die Länder finanziert werden. Für die praktische Ausbildung braucht es Raum und Zeit. Auszubildende dürfen nicht auf sich allein gestellt sein. Berufe wie in der Pflege können nur attraktiver werden, wenn sich die Arbeitsbedingungen inklusive der Ausbildungsvergütungen verbessern, die Gesundheit der Arbeiter*innen geschützt wird und der Beruf mit einem Leben außerhalb der Klinik zu vereinbaren ist.

Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung hat aufgezeigt, dass 300.000 zusätzliche Vollzeitstellen in der Pflege durch Wiedereinstieg in den Beruf oder durch Aufstockung der Arbeitszeit besetzt werden könnten, wenn sich die Arbeitsbedingungen verbessern und Entlastung geschaffen werden würde.

Es braucht für alle Einrichtungen im Gesundheitswesen eine verbindliche Personalbemessung, die sich an dem reellen Bedarf orientiert und von den Beschäftigten definiert wird. Es können nur so viele Betten pro Klinik geplant werden, wie es Personal gibt. Die Entlastung des Pflegepersonals muss auch im Rahmen der Qualitätssicherheit im Fokus stehen.

Es bedarf mindestens 500 Euro mehr Entlohnung für alle Pflege- und Funktionsberufe, deutliche Reduzierung der Arbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich statt Teilzeitflucht. Auf diese Weise können Stellen besetzt und neue geschaffen werden – von der Pflege bis zu den Funktionsbereichen. Bundesweit müssen außerdem jährlich mehrere tausend zusätzliche Medizinstudienplätze finanziert werden, um den Ausbau des ambulanten Bereichs zu ermöglichen, wie der Marburger Bund seit Jahren anmerkt.

Bedarfsgerechte Versorgung

Es braucht flächendeckende ambulante Gesundheitszentren wie auch kommunale Krankenhäuser für die schnelle Notfall- und nötige stationäre Versorgung in Stadt und Land. Die Menschen müssen im Notfall Tag und Nacht schnell medizinische Einrichtungen erreichen können und dort die Möglichkeit erhalten, umfänglich versorgt zu werden. In den Gesundheitszentren und Krankenhäusern muss es dem medizinischen Personal ermöglicht werden, die Patient*innen vollumfassend und kontinuierlich zu betreuen.

Die Aufgabe von Gewerkschaft und der LINKEN

DIE LINKE zeigt auch in der Krankenhausreform kein einheitliches Auftreten. Während die Bundestagsfraktion sich gegen die Reform stellt und die vollständige Abschaffung der Fallpauschalen fordert, stimmten die linke Gesundheitssenatorin aus Bremen und die linke Gesundheitsministerin aus Thüringen für Lauterbachs Pläne.

Die Position der Gewerkschaft ver.di hat sich in den letzten Monaten verändert. Anfang des Jahres begrüßte man noch die Reform im Ganzen und sah nur in wenigen Punkten Nachbesserungsbedarf. Mit der Veröffentlichung des Eckpunktepapiers stellte sich ver.di nun gegen die entscheidenden Punkte. ver.di lehnt die Ambulantisierung aufgrund mangelnder Versorgungskapazitäten ab, stellt sich weiterhin gegen das Fallpauschalensystem und fordert hohe Investitionen ins Gesundheitssystem. Auch betont die Gewerkschaft in ihrer Stellungnahme, dass es klare Personalvorgaben in allen Bereichen der Kliniken braucht und Outsourcing beendet werden muss.

Die Gewerkschaftsführung hat es jedoch über die gesamte Zeit versäumt, den Prozess der Reform kritisch und öffentlichkeitswirksam zu begleiten und einen Kampf dagegen zu organisieren. Viele Stimmen von der Basis sehen in der Reform eine Gefahr, diese Stimmen hätte man hörbar machen müssen. ver.di hätte die Arbeiter*innen im Gesundheitssektor gegen die Reform mobilisieren müssen. Auch hätte es in der Sommerpause breite Kampagnen, Demonstration und Aktionen gegen das geplante Gesetz benötigt.

Neben der veröffentlichten Stellungnahme braucht es jetzt dringend eine kämpferische Gewerkschaft, die gemeinsam mit Pflegebündnissen und sozialen Bewegungen eine bundesweite Kampagne organisiert. Angesichts der zu erwartenden Verschärfung durch Schließungen von Krankenhäusern und weiterem Personalmangel ist es nötiger denn je, dass ver.di bundesweite Aktivenkonferenzen einberuft, um zu diskutieren, wie man gemeinsam reagieren und kämpfen kann. Es gibt eine Vielzahl von guten lokalen Ansätzen wie die Tarifkämpfe für Entlastung oder lokale Bewegungen gegen Privatisierung oder Schließungen – diese müssen sie zusammenbringen.

DIE LINKE müsste sich darauf fokussieren, eine solche Bewegung aus der Opposition heraus zu unterstützen, anstatt auf der Ebene von Länderregierungen oder kommunalen Ämtern die Misere mitzuverwalten.

Zukunft – ein öffentliches Gesundheitswesen

Ein Gesundheitswesen, welches die Menschen mit ihren Bedürfnissen im Blick hat, ist bezahlbar und umsetzbar. Allerdings wäre es Voraussetzung, dass keine ökonomischen Interessen im Mittelpunkt stehen. Wir brauchen ein öffentliches Gesundheitswesen nach Bedarf unter Kontrolle, Verwaltung und Planung von Beschäftigten, Gewerkschaften und Patient*innenverbänden. Dies wäre eine wahrhafte Revolution, die nur im Kampf gegen Kapitalinteressen erreicht werden kann.