Solidaritätserklärung der Sol Berlin
Solidarität mit Eurem Streik
Streiks verbinden! Kapitalismus raus aus dem Gesundheitswesen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist ein Skandal: Alle wissen um den Pflegenotstand in Berlin und der Bundesrepublik. Der herrscht auch am Jüdischen Krankenhaus. Aber wenn ihr Euch völlig zurecht gegen die zermürbenden Arbeitsbedingungen wehrt und das fordert, was an anderen Berliner Kliniken schon Standard ist, werdet ihr von der Geschäftsleitung mit warmen Worten hingehalten. Mit dem Erzwingungsstreik geht ihr den einzig richtigen Schritt, denn eine andere Sprache sprechen diese Damen und Herren nicht.
Wir, die Sozialistische Organisation Solidarität – Sol Berlin, wollen Euch unsere solidarischen Grüße überbringen und erklären unsere Unterstützung für Euren Arbeitskampf.
Wir glauben, ihr kämpft nicht nur zurecht für eure ureigenen Interessen und die aller potenziellen Patient*innen. Euer Kampf ist auch ein politischer Kampf gegen die Logik der Fallpauschalen und die Ökonomisierung des Gesundheitswesens, welche aus eurer Arbeitskraft Gewinne rauspressen soll. Wir sind überzeugt, dass Profitlogik (nicht nur) im Gesundheitswesen nichts verloren hat. Hunderttausende examinierte Pflegekräfte würden in den Beruf zurückkehren, wenn es bessere Arbeitsbedingungen gibt. Euer Kampf ist deshalb auch ein Kampf gegen Profitlogik.
Das Geld ist da. 100 Milliarden und mehr werden für Aufrüstung lockergemacht. Allein die reichsten 50 Familien in Deutschland besitzen 563 Milliarden Euro. Diese und die Vermögen der Banken und Konzerne sollten durch drastisch höhere Steuern und Abgaben angezapft werden, um die nötigen Investitionen in Gesundheit, Bildung und Soziales zu finanzieren. Als Sozialist*innen kämpfen wir für eine Gesellschaft, in der die großen Banken und Konzerne in öffentlichem Eigentum und unter der demokratischen Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung geführt werden – damit die gesellschaftlichen Bedürfnisse und nicht der Profit im Mittelpunkt stehen.
Es stimmt nicht, dass für eure Forderungen kein Geld da ist. Das wurde den Kolleg*innen bei Charité und Vivantes auch gesagt und trotzdem haben sie durch Streiks Tarifverträge für Entlastung erzielt und wurden Mittel dafür freigemacht. Das Land Berlin ist eine Trägerin des Krankenhauses – uns erschließt sich also nicht, warum das nicht am Jüdischen Krankenhaus möglich sein sollte.
Wir glauben, dass euer Kampf die Solidarität anderer Gewerkschaften und der arbeitenden Bevölkerung verdient – aber auch, dass Kämpfe möglichst breit und gemeinsam geführt werden sollten. Es finden aktuell Tarifrunden am Sana Klinikum Lichtenberg, bei der Deutschen Bahn, im Einzelhandel und im Nahverkehr statt. Auch dort geht es zum Teil um Entlastung und bessere Arbeitsbedingungen. Gemeinsame Streiktage, Besuche und Protestaktionen können die Kraft aller streikenden Beschäftigen bündeln. Das müsste durch die verschiedenen Gewerkschaften organisiert werden.
Die Erfahrungen bei Charité und Vivantes zeigen, dass Tarifverträge hart erkämpft werden müssen – und selbst dann die Auseinandersetzung um deren korrekte Umsetzung weitergeht. Angesichts der bisherigen Haltung der Geschäftsleitung am JKB ist nicht ausgeschlossen, dass euer Streik länger dauert. Nicht nur deshalb wäre es wichtig, an den positiven Erfahrungen von Streikdemokratie bei Charité und Vivantes anzuknüpfen. Regelmäßige Versammlungen aller Streikenden sollten zudem demokratisch diskutieren und entscheiden, wie der Streik aufrechterhalten werden kann und wie mit Angeboten der Geschäftsleitung umgegangen werden soll.
Entscheidend könnte am Ende sein, dass auch die Solidarität aus anderen Betrieben und Bereichen organisiert wird. Wir glauben, ver.di sollte Solidaritätserklärungen, Besuche von Delegationen anderer Betriebe am Streikposten und gemeinsame öffentliche Proteste mit anderen Kolleg*innen, Nachbar*innen und (potenziellen) Patient*innen organisieren, um den Druck auf die Verantwortlichen zu erhöhen.
Viel Erfolg für Euren Arbeitskampf!