Großbritannien: Gewerkschaftskongress offenbart zwei Trends

Partnerschaft mit den Bossen oder Kampf für die Arbeiter*innen

Zwei Monate nach dem Amtsantritt der neuen Labour-Regierung hielt der Trades Union Congress (TUC), in dem 5,5 Millionen Arbeiter*innen in Gewerkschaften des öffentlichen und privaten Sektors zusammengeschlossen sind, seinen Jahreskongress ab.

von Rob Williams, Socialist Party (CWI England & Wales)

In einer Zeit, in der die Kluft zwischen Arm und Reich nie größer war und Schätzungen zufolge einige Beschäftigte im Gesundheitswesen den Gegenwert eines Jahresgehalts verloren haben, während die Gewinne Rekordhöhen erreichen, präsentierten Keir Starmer und seine Unterstützer*innen dem Kongress das Trugbild vernünftiger Arbeitgeber*innen, die zunehmend “gemeinsame Interessen” anerkennen und “Fairness” und “Arbeiter*innenrechte” wollen!

Partnerschaft oder Vorbereitung auf den Kampf?

Der Kongress spiegelte die beiden großen Strömungen in der Gewerkschaftsbewegung wider: die Strömung, die sich Starmers Agenda der Partnerschaft mit den Bossen angeschlossen hat, und die Strömung, zu der auch die Socialist Party gehört, die bereit ist, sich der Realität von Starmers pro-kapitalistischer Regierung zu stellen und die Arbeiter*innen auf die Kämpfe vorzubereiten, die jetzt und in Zukunft stattfinden werden.

Am ersten Tag des Kongresses fanden wichtige Debatten statt. Der Entschließungsantrag “Beendigung der arbeiter*innenfeindlichen Lage” enthielt einen Änderungsantrag der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes (PCS), der von der Mehrheit ihres nationalen Exekutivausschusses ausgearbeitet worden war. Darin wurde gefordert, dass ein Sonderkongress des TUC einberufen werden sollte, wenn der “New Deal for Workers” nicht in den ersten 100 Tagen der Regierung Starmer umgesetzt wird.

Der zusammengesetzte Antrag wurde angenommen und ist damit nun offizielle TUC-Politik – es liegt nun an den Gewerkschaftsaktiven, dies in die Tat umzusetzen.

Dies zeigt, wie wichtig eine organisierte Linke innerhalb einer Gewerkschaft ist. Die PCS-Rede wurde vom nationalen Vorsitzenden Martin Cavanagh gehalten, der ansonsten eigentlich dafür bekannt ist, dass er zusammen mit dem Generalsekretär versucht, die kämpferische Strategie der Mehrheit des Nationalen Exekutivkomitees (NEC) der PCS zu blockieren. Da er jedoch von der organisierten Linken, einschließlich der Socialist Party, unter Druck gesetzt wird, war er in dieser Situation gezwungen, sich gegen den Trend zur Partnerschaft zu stellen.

Der nächste Antrag kam von der Prison Officers Association (POA) zur Wiederherstellung ihres Streikrechts. In einer kämpferischen Rede erinnerte der nationale Vorsitzende Mark Fairhurst den Kongress daran, dass das ursprüngliche Verbot 1994 von den Tories ausgesprochen worden war und auch die vorherige New Labour-Regierung unter Blair und Brown das Streikrecht der Gefängnisbediensteten abgeschafft hatte. Obwohl der POA Versprechungen gemacht worden waren, war diese Verpflichtung zur Wiederherstellung ihrer Rechte nicht im Labour-Manifest enthalten. Mark warnte den Kongress, dass dies ein Test dafür sein würde, ob die neue Labour-Regierung etwas für die Arbeiter*innenklasse tun würde. Auch dies wurde beschlossen und ist jetzt TUC-Politik.

Der Ton dieser wichtigen Debatten stand in krassem Gegensatz zu der Rede, die der TUC-Generalsekretär Paul Nowak vor ihnen gehalten hatte. Er legte seine Beweggründe für eine inoffizielle Partnerschaft mit der Regierung klar dar. Er sagte zwar, dass sie nicht immer einer Meinung sein würden, aber er sprach nicht ein einziges Mal von der Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, sondern sagte stattdessen, die Gewerkschaften müssten bereit sein, “die Ärmel hochzukrempeln” und mit der Regierung zusammenzuarbeiten.

Und als Starmer am nächsten Morgen vor dem Kongress sprach, hätte er nicht deutlicher sein können.

Blair Starmer

In Anlehnung an Tony Blair, der 1997 sagte: “Wir haben als New Labour gewonnen und wir werden als New Labour regieren”, war Keir Starmer eindeutig: “Wir hätten die Wahl nicht gewonnen, wenn wir uns nicht verändert hätten. Wir haben als veränderte Labour-Party gewonnen und wir werden als veränderte Labour-Party regieren”.

Das war eine Absage an das linke Wahlprogramm, mit dem Jeremy Corbyn 2017 antrat – und drei Millionen Stimmen mehr als Starmer erhielt! Corbyns Programm war eins der Arbeiter*innen und gegen die Austerität. Starmer ist eindeutig: Er akzeptiert die Grenzen des kranken Zustands des britischen Kapitalismus, einschließlich der Tory-Ausgabenpläne, und versucht, die Arbeiter*innenbewegung zu kastrieren, indem er eine Partnerschaft zwischen den Gewerkschaften und den rasenden Bossen des Großkapitals befürwortet.

Er warnte vor kommenden Sparmaßnahmen und wies erneut auf das so genannte “schwarze Loch” in den öffentlichen Finanzen hin und erklärte: “Ich muss klarstellen, dass diese Regierung die wirtschaftliche Stabilität nicht aufs Spiel setzen wird – und angesichts der bevorstehenden harten Entscheidungen werden die Löhne und Gehälter unweigerlich davon geprägt sein.” Es gab Zwischenrufe im Saal: “Besteuert die Reichen!”

Er plädierte für “Kompromisse” und sagte: “Ich plädiere für eine Politik der Partnerschaft – zwischen Unternehmen und Arbeitnehmer*innen, öffentlich und privat.”

In der vorangegangenen Debatte zum Thema “Aufbau einer gerechteren Wirtschaft” wandte sich die Generalsekretärin der Gewerkschaft Unite, Sharon Graham, gegen jegliche Sparmaßnahmen der Labour-Party und sagte, wir müssten die Superreichen besteuern. Der Generalsekretär der Eisenbahngewerkschaft RMT, Mick Lynch, warnte Labour davor, sich auf die Ausgabenpläne der Tories zu beschränken und sagte, wir bräuchten eine gerechtere Verteilung des Wohlstands.

Diese Kritik und die Forderung, weiter zu gehen, sind wichtig. Aber sie müssen durch die Vorbereitung von Maßnahmen unterstützt werden, die sicherstellen, dass die Arbeiter*innen nicht weiterhin für die kapitalistische Krise bezahlen, und durch Schritte der Gewerkschaften hin zu einer unabhängigen politischen Stimme der Arbeiter*innenklasse, die für sie kämpft.

Bericht: Nationales Netzwerk der gewerkschaftlichen Vertrauensleute beim TUC

Was sollten die Gewerkschaften jetzt tun? Das war die Schlüsselfrage der Veranstaltungen des Nationalen Netzwerks der gewerkschaftlichen Vertrauensleute (NSSN), an der Mitglieder der Socialist Party teilnahmen und die stattfand, als der Gewerkschaftskongress (TUC) zu seinem Jahreskongress zusammenkam.

Als die Delegierten eintrafen, wurden sie von einer Lobby von über 100 Gewerkschafter*innen empfangen, von erfahrenen Gewerkschafter*innen bis hin zu jungen Arbeiter*innen. Sie riefen den TUC auf, sich auf den Kampf vorzubereiten: Lasst die Reichen zahlen, nicht die Arbeiter*innen!

Der Lobby war eine Diskussionsveranstaltung vorausgegangen, auf der Generalsekretäre, gewählte nationale Vorstandsmitglieder und Vertreter darüber diskutierten, was die Gewerkschaften in dieser neuen Situation tun sollten.

Rob Williams, Vorsitzender des NSSN, eröffnete die Debatte:

Wir begrüßen die Niederlage der Tories – die Niederwerfung der erfolgreichsten Partei der Bosse in Westeuropa ist ein Sieg für die Arbeiter*innenklasse und die Gewerkschaftsbewegung.

Jetzt, wo die Tories weg sind, werden sich vielleicht einige fragen: “Warum müssen wir jetzt Lobbyarbeit beim TUC machen? Redet Labour nicht mit uns? Bringt sie keine Politik für uns ein?’

Wir begrüßen jede Politik und jedes Zugeständnis, das den Arbeiter*innen zugute kommt. Es ist richtig, die versprochene Aufhebung einiger der jüngsten gewerkschaftsfeindlichen Tory-Gesetze zu feiern. Auch wenn die Gewerkschaft der Lokomotivführer (Aslef) die Mindestanforderungen an die Dienstleistungen außer Kraft gesetzt hat und (Tory-Premierminister) Sunak diese Gesetze nicht anwenden konnte. Aber es ist wichtig, dass die Gewerkschaften die Aufhebung aller gewerkschaftsfeindlichen Tory-Gesetze fordern, die bis zu Thatcher zurückreichen.

Einige werden auf die Gehaltsangebote an die Gewerkschaften des öffentlichen Sektors verweisen, die in einer Größenordnung von 5 Prozent aufwärts liegen, als Beweis dafür, dass Starmer zuhört. Diese liegen zwar über der aktuellen Inflationsrate, machen aber bei weitem nicht den enormen Betrag wieder wett, der in 14 Jahren brutaler Reallohnkürzungen durch die Tories und das Einfrieren der Löhne durch New Labour verloren ging. Und einige sind nicht vollständig finanziert und werden zu Kürzungen führen.

Die Gewerkschaften sollten für mehr kämpfen und dafür, dass alle Lohnerhöhungen voll finanziert werden.

Neben Streiks zur Verteidigung von Arbeitsplätzen und Dienstleistungen sollten die Gewerkschaften die Labour-Stadträte auffordern, Kürzungen abzulehnen, und verlangen, dass Starmer und seine Finanzministerin Rachel Reeves die volle Finanzierung garantieren.

Der fatalste Fehler ist Wunschdenken.

Während der Streikwelle stand Starmer nicht mit uns im Schützengraben, sondern entließ Schattenkabinettsmitglieder, die sich den Streikposten anschlossen. Die Kürzung des Heizkostenzuschusses für Rentner*innen und die Weigerung, die Obergrenze für das Kindergeld für zwei Kinder aufzuheben, sowie seine schändliche Haltung zum Gazastreifen sollten unsere Bewegung warnen.

Dass Reeves’ Herbsthaushalt mit Warnungen vor Kürzungen im öffentlichen Sektor einherging, ist eine deutliche Warnung an diejenigen, die argumentieren werden, dass wir Starmer mehr Zeit geben müssen. Wir müssen uns auf die Labour-Sparpolitik vorbereiten.

Die Rolle der Gewerkschaftsbewegung ist es, klar zu sagen, was ist, und nicht, die Situation zu beschönigen. Starmer sagt in der Presse, er müsse möglicherweise “schwierige Entscheidungen” treffen. Es gibt keine schwierigen Entscheidungen, es gibt Klassenentscheidungen – ihr seid entweder für uns oder gegen uns!

Die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes PCS hat einen Änderungsantrag eingebracht, der besagt, dass ein Sonderkongress des TUC einberufen werden sollte, um über die nächsten Schritte zu beraten, wenn Starmer die in seinem New Deal for Workers versprochenen wichtigen Arbeiter*innenrechte nicht innerhalb der ersten 100 Tage umgesetzt hat.

Wegen der Streikwelle und wegen des politischen Vakuums sind die Gewerkschaften zu einem Anziehungspunkt geworden. Umso notwendiger ist es, dass die Gewerkschaften neben der Bereitschaft zu Aktionen auch ein politisches Programm vorlegen – ein Arbeiter*innenmanifest, die sozialistische Politik, die die Arbeiter*innen brauchen. Für Arbeitsplätze, Löhne und Renten – und sie mit den Forderungen verknüpfen, die notwendig sind, um die Arbeiter*innen und ihre Gemeinschaften zu verteidigen, einschließlich der Verstaatlichung der Öl- und Gasunternehmen, von Royal Mail und BT sowie von Tata Steel.

Das steht im Gegensatz zu den Rassisten, die versuchen, das politische Vakuum auszunutzen. Stellt Euch vor, die Gewerkschaften hätten die auf dem TUC-Kongress 2018 verabschiedeten Beschluss für ein Programm “Arbeitsplätze und Wohnungen, nicht Rassismus” umgesetzt.

Die Niederlage der Tories hat eine neue Phase für unsere Bewegung eingeläutet. Aber es ist nicht das Ende unseres Kampfes, es ist erst der Anfang.

Bereitet euch darauf vor, jetzt zu kämpfen – oder in Zukunft?

Steve Gillan, Generalsekretär der Prison Officers Association, äußerte sich deutlich, insbesondere in Bezug auf die gewerkschaftsfeindlichen Gesetze: “Ich bin froh, dass wir keine Tory-Regierung haben, aber wir müssen für das kämpfen, was wir wollen.”

Sarah Woolley, Generalsekretärin der Bäcker*innengewerkschaft BFAWU, bezeichnete dies zu Recht als einen kritischen Moment nach 14 Jahren der Sparmaßnahmen. Sie skizzierte die Forderungen im “Bäckerdutzend”-Manifest der Gewerkschaft und sagte: “Zu viele Leute in unserer Bewegung wollen abwarten, ihnen eine Chance geben und sehen, was passiert. Aber wir haben keine Zeit zum Warten. Wir fordern einen echten Wandel. Wenn das bedeutet, vor dem Parlament zu demonstrieren, weil die im Manifest gemachten Zusagen nicht eingehalten wurden, müssen wir vor dem Parlament demonstrieren”. Sie sagte: “Wenn die Labour Party die Arbeiter*innenklasse nicht unterstützt, müssen wir sie wie jede andere Partei behandeln, die die Arbeiter*innenklasse nicht unterstützt.”

Ian Lawrence, Generalsekretär der Gewerkschaft der Bewährungshelfer*innen Napo, argumentierte, dass die Labour-Regierung damit beginnen könnte, sich um die nicht gezahlten Steuern der Reichen zu kümmern. “Wir brauchen ein Rettungspaket für Gefängnisse und Bewährungshilfe und einen ganzheitlichen Ansatz für die Strafzumessung. Es gibt zu viele Menschen in den Gefängnissen.”

Daniel Kebede, Generalsekretär der Nationalen Bildungsgewerkschaft, wies darauf hin, dass die Tories 4,3 Millionen Kinder in Armut und eine Finanzierungskrise der Schulen hinterlassen hätten, die zu bröckelnden Gebäuden und einer Krise bei der Einstellung und Bindung von Lehrkräften geführt habe. Er hob die Kampagne für eine allgemeine kostenlose Schulspeisung und eine Erhöhung der Bildungsfinanzierung hervor. Er sagte: “Wir werden etwas erreichen, aber Starmer wird einen Anstoß brauchen. Es wird in Zukunft Zeiten geben, in denen wir wieder kämpfen müssen.

Der Generalsekretär der Lokführergewerkschaft Aslef, Mick Whelan, feierte die Niederlage der Tory-“Bastarde”.

Er sagte zwar, dass die Gewerkschaften “niemals zufrieden sein werden” und dass “wir Kampagnen führen, protestieren und die Stimmen der Menschen, die wir vertreten, artikulieren können”, aber er sagte auch: “Ich mache mir keine allzu großen Sorgen über den ‘Was wäre wenn’-Moment, denn selbst wenn wir nur 40 Prozent dessen bekommen, was versprochen wurde, sind wir 40 Prozent besser als in der Vergangenheit.”

Während er für die Notwendigkeit plädierte, “alle Arbeiter*innen überall zu unterstützen” und darauf bestand, dass man sich den Wiederaufbau der öffentlichen Dienste leisten könne, sagte Mick: “Ich erwarte das nicht über Nacht, aber ich erwarte es.”

Er argumentierte, dass der New Deal for Working People “revolutionär” sein könne, ein “Baustein”, von dem aus man “Labour und seine Politik verändern” könne. “Wir müssen die Bewegung wieder dahin zurückbringen, wo wir in den 70er und 80er Jahren waren. Wenn dies ein Baustein auf dem Weg dahin ist, sind wir meiner Meinung nach auf dem richtigen Weg.

Ein RMT-Mitglied argumentierte, dass es richtig sei, unsere Forderungen an eine Labour-Regierung zu stellen, aber wir müssten eine handlungsfähige Kraft aufbauen. Das ist keine akademische Frage darüber, was in ein paar Jahren zu tun ist: Wir sind jetzt mit Angriffen konfrontiert.

Marion Lloyd, Mitglied der NEC-Mehrheit in der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes (PCS)*, sagte: “Ich hoffe, dass wir nächstes Jahr um diese Zeit hier die offizielle Gewerkschaftsposition wiedergeben.“

Sie argumentierte, dass sich der TUC in einer entscheidenden Phase befindet, wenn es darum geht, die Bestrebungen der arbeitenden Menschen voranzubringen. Sie sagte: “Die Situation ist klar: Die Austerität, unter der wir jahrzehntelang unter den Tories gelitten haben, wird nicht verschwinden.” Starmer und Rachel “Cutting” Reeves werden im Interesse des britischen Kapitalismus handeln und nicht im Interesse der arbeitenden Menschen, und deshalb ist die Rolle der Gewerkschaftsbewegung entscheidend. Die Gewerkschaften haben die Pflicht zu erklären, was möglich ist, wenn wir uns auf ein Programm einigen, das Arbeitsplätze und Löhne schützt.

“An der Spitze der Gewerkschaftsbewegung gibt es zwei Meinungen – diejenigen, die abwarten und hoffen wollen, und diejenigen, die die Gelegenheit nutzen wollen, den Kampf jetzt aufzubauen.” Das ist der Kampf an der Spitze der PCS. “Wir dürfen keine Illusionen in eine Regierung säen, die eine rücksichtslose Austerität plant.“

Der extremen Rechten entgegentreten

Sarah Woolley, Generalsekretärin der Bäcker*innengewerkschaft BFAWU, argumentierte, dass angesichts der Tatsache, dass “die Menschen von der Politik abgekoppelt sind und nicht auf die Gewerkschaften schauen”, die Unruhen und die Unterstützung für die Reform-Partei “uns im Moment mehr Sorgen bereiten sollten als das, was Starmer in den ersten 100 Tagen tun wird.”

Dieser Punkt wurde von April Ashley, Vertreterin der schwarzen Mitglieder im Nationalen Exekutivkomitee von Unison, in einer persönlichen Rede aufgegriffen. April erklärte, dass Unison einen Antrag an den Gewerkschaftskongress TUC gestellt hat, in dem die Gewerkschaften aufgefordert werden, antirassistische Kampagnen zu unterstützen und für Demos zu mobilisieren, aber sie argumentierte, dass die Gewerkschaften noch weiter gehen sollten: Die Gewerkschaften sollten im Mittelpunkt des Kampfes stehen. Die Gewerkschaften können alle Teile der Arbeiter*innenklasse gegen die Bosse vereinen und müssen dringend gegen die Austerität kämpfen.

Der TUC muss den 2018 gefassten Beschluss über eine Kampagne “Für Arbeitsplätze und Wohnungen, nicht Rassismus” dringend umsetzen – und darf ihn nicht einfach als “schöne, glänzende Entschließung im Regal” stehen lassen! Ihre Unison-Zweigstelle hatte eine Resolution verabschiedet, wonach der TUC zu einer nationalen Demo aufrufen sollte. “Zu oft schieben die Gewerkschaften die Aufgabe der Rassismusbekämpfung auf andere Organisationen ab”, anstatt die zentrale Rolle zu spielen. “Wir müssen den Kampf um die sozialen Bedingungen mit dem Kampf gegen den Rassismus verbinden – so kann man die extreme Rechte und den Rassismus untergraben.“

Gewerkschaftsrechte

Steve Gillan, Generalsekretär der Prison Officers Association (Vereinigung der Strafvollzugsbeamten), freute sich über den New Deal for Workers: “Wir müssen eine ganze Reihe von Thatcher-Gesetzen abschaffen”, darunter auch das vor 30 Jahren eingeführte Verbot für Strafvollzugsbeamte, aktiv zu werden.

Er rief die gesamte Gewerkschaftsbewegung dazu auf, sich an ihre Seite zu stellen und nicht nur für ihren Antrag zu stimmen, sondern eine konzertierte Kampagne zu starten.

Er erläuterte, warum Gewerkschaftsrechte so wichtig sind: “Die Gefängnisse sind in einem schrecklichen Zustand. Hätten wir das Recht zu streiken, wären die Gefängnisse nicht in diesem Zustand”. Bei der Aktion der POA im Jahr 1994, die zu dem Verbot führte, ging es um die Überbelegung der Gefängnisse und den Kampf für die “Gesundheit und Sicherheit unserer Mitglieder und der uns anvertrauten Personen”. Damals betrug die Zahl der Gefangenen 40.000, heute sind es 88.000, und das bei weniger Personal.

Wie können wir unsere politische Stimme organisieren?

Hugo Pierre, Mitglied des Unison-Gruppenvorstands für Kommunalverwaltungen*, warf die wichtige Frage auf, wie wir neben unserer industriellen Stärke auch unsere politische Stärke einsetzen können. Er plädierte für eine Strategie, die die Stadträte unter Druck setzt, keine Kürzungen vorzunehmen, einschließlich der Aufstellung von Kandidaten; und er rief die Gewerkschaften auf, die unabhängigen und suspendierten Labour-Abgeordneten (die sich gegen die Begrenzung des Kindergeldes auflehnten) aufzufordern, für eine sozialistische Politik zu kämpfen.

Len Hockey, Unite-Sekretär im Londoner Barts-Krankenhaus, dankte dem NSSN für seine Unterstützung des Kampfes im Barts Health Trust und beschrieb den jüngsten Sieg über die Covid-Bonuszahlungen und forderte die Gewerkschaftsführer*innen im Gesundheitswesen auf, dies zu wiederholen. Er sagte, dass die 5,5 Prozent Lohnzuschlag “völlig unzureichend” seien. „Der Kampf um die Gehälter ist ein Kampf um den NHS selbst”. Er schloss sich Hugos Argumenten an und sagte, dass Starmers Herumtrampeln auf den “suspendierten sieben” ehemaligen Labour-Abgeordneten “die Stimme der herrschenden Klasse” sei.

Wohnen und Grenfelli

Suzanne Muna, Exekutivmitglied von Unite the Union, sprach als Vertreterin der Kampagne für Sozialen Wohnraum (SHAC) und sagte: “Grenfell zeigt, in welchem Ausmaß Vermieter mit dem Leben von Menschen spielen dürfen”. Rachel Reeves habe zugestimmt, den Vermieter*innen von Sozialwohnungen zu gestatten, die Mieten um 1 Prozent zusätzlich zur Inflation zu erhöhen – “Das zeigt, auf wessen Seite diese Labour-Regierung steht, und es ist nicht unsere.”

Linda Taaffe, ehemalige Sekretärin des NSSN und langjährige Aktivistin für den Wohnungsbau, sagte, der Grenfell-Bericht1 sei eine “Verdammung des gesamten Systems – er stellt den Kapitalismus auf die Anklagebank”. Sie sagte: “Wir können die Überlebenden nicht alleine kämpfen lassen” und forderte den TUC auf, sich mit ihnen zu treffen und Maßnahmen zu ergreifen.

*Angaben dienen nur zur Kenntlichmachung der Personen

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache am 11. September 2024 auf www.socialistworld.net

  1. Kürzlich veröffentlichte der Untersuchungsausschuss seinen Abschlussbericht zu dem Hochhausbrand im Grenfell-Tower, bei dem 2017 72 Menschen starben. Dem Bericht zufolge hatten die Behörden Kenntnis von den Gefahren, die aus dem leicht entflammbaren verbauten Material ausgingen, handelten aber nicht. Vgl. Grenfell Tower Inquiry 2024: GRENFELL TOWER INQUIRY: PHASE 2 REPORT, OVERVIEW REPORT of the PUBLIC INQUIRY into the FIRE at GRENFELL TOWER on 14 JUNE 2017. Online verfügbar unter: https://www.grenfelltowerinquiry.org.uk/sites/default/files/CCS0923434692-004_GTIProzent20PhaseProzent202_ReportProzent20Overview_E-Laying_0.pdf [abgerufen am 22.9.2024]. ↩︎