Grundlage für staatliche Willkür geschaffen
Obwohl die Ampelregierung einen Tag zuvor ihr Ende gefunden und der Wahlkampf begonnen hatte, konnten sich CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne auf eine gemeinsame Resolution einigen. Am 7. November beschloss der Bundestag mit den Stimmen aller etablierten Parteien sowie der AfD eine „Resolution gegen Antisemitismus“. Nur das BSW stimmte dagegen, während die Linke sich enthielt. Eigentliches Ziel der Resolution ist nicht der Kampf gegen Antisemitismus, sondern Kritik an Israel noch schärfer zu kriminalisieren. Die Resolution stellt insbesondere Migrant*innen unter den Generalverdacht des Antisemitismus und zieht folgenschwere Konsequenzen nach sich. Die Antisemitismus-Resolution schürt Rassismus und Spaltung und leistet letztendlich dem Kampf gegen Antisemitismus einen Bärendienst.
von Jens Jaschik, Dortmund
Trotz zahlreicher Kritik, unter anderem eines Briefes von 1400 Kunstschaffenden und Intellektuellen aus Deutschland, beschloss der Bundestag mit gewaltiger Mehrheit die Resolution “Nie wieder ist jetzt – Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken”, kurz als Antisemitismus-Resolution bekannt. Anders als der Name es vermuten lässt, hat der Kern der Resolution wenig mit dem Schutz von jüdischem Leben und dem Kampf gegen Antisemitismus zu tun. Vielmehr geht es darum, Kritik an Israel und Deutschlands Unterstützung des israelischen Krieges gegen Gaza weiter zu marginalisieren und zu kriminalisieren. Jüdinnen und Juden werden nur als Vorwand für die deutsche „Staatsräson“ missbraucht. Der Kriminalisierung von Pro-Palästina-Protesten und der weiteren Einschränkung der öffentlichen Debatte wird mit dieser Resolution eine politische Grundlage gegeben, die sich trotz des nicht rechtsverbindlichen Charakters der Resolution auch mittelbar auf Gesetze, Verwaltungsvorschriften, Förderrichtlinien usw. auswirken kann. Im Windschatten wird also das Recht auf Meinungsfreiheit geschliffen und für verschiedene Gruppen ein repressives Klima der Verunsicherung geschaffen, welches an sich schon dazu führt, dass in der Gesellschaft, am Arbeitsplatz, in der öffentlichen Debatte, in Wissenschaft und Medien eine Form der „Selbstzensur“ aus Angst vor Konsequenzen befördert wird.
Das kann soweit gehen, dass durch die Antisemitismus-Resolution Kritik an Israel vollends kriminalisiert und Meinungs- und Versammlungsfreiheit weiter eingeschränkt werden. Kern der Resolution ist eine Aufforderung des Bundestags an die Bundesregierung, konsequenter gegen Antisemitismus vorzugehen. Nächsten Bundesregierungen, aber auch Landesregierungen und Kommunalverwaltungen wird so eine Steilvorlage für weitere, die Meinungsfreiheit einschränkende, Gesetze und Vorschriften gegeben.
IHRA-Definition und Kritik an Israel
Als Ausgangsbasis für die Definition von Antisemitismus nimmt die Resolution die sogenannte Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance. Die IHRA ist ein Bündnis von vierzig Staaten, zu denen unter anderem Deutschland, die USA und Israel gehören. Die 2016 veröffentlichte Definition selber ist sehr kurz und erscheint unkontrovers:
“Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.”
Doch diese kurze Definition kommt mit elf Beispielen, die den Rahmen für die Interpretation der Definition festlegen. Schnell wird deutlich, dass es darum geht, Kritik am Staat Israel als Antisemitismus zu delegitimieren. Sieben der elf Beispiele beziehen sich auf Israel. Insbesondere folgende zwei Beispiele machen Kritik an Israel so gut wie unmöglich:
“Das Aberkennen des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, z.B. durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen.”, wodurch allein aus einer Kritik an der rassistischen Politik des Zionismus (wie der Vertreibung hunderttausender Palästinenser*innen) eine Aberkennung des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung konstruiert wird;
und:
“Die Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das von keinem anderen demokratischen Staat erwartet oder gefordert wird.” – ein Beispiel, dass einen weiten Interpretationsspielraum offen lässt, insbesondere da nicht berücksichtigt wird, dass die Entstehung und Geschichte Israels, sowie die Rolle und der Charakter des israelischen Staates kaum mit anderen Staaten vergleichbar ist. Ironischerweise sind es manche Unterstützer*innen der IHRA-Definition, die sich an die Logik in diesem Beispiel am wenigsten halten. In Bezug auf Putins Krieg gegen die Ukraine waren einige schnell dabei von einem Genozid zu sprechen, aber in Bezug auf Israel greift man zu absurden Ausflüchten, dass ein Staat erst seine genozidalen Intentionen öffentlich erklären müsse, bevor man von einem Genozid sprechen kann.
Die „Jerusalemer Erklärung“ von etwa 370 Akademiker*innen aus der Antisemitismus-Forschung, die sich explizit von der IHRA-Definition abgrenzt, ist besser geeignet, eine Trennlinie zwischen Antisemitismus und Antizionismus oder legitimer Kritik am Staat Israel zu ziehen. Doch darum geht es der Bundestagsmehrheit nicht.
Die Bundesregierung und der Bundestag bekannten sich schon 2017 und 2019 zur IHRA-Definition und die Antisemitismus-Resolution bekräftigt dies nochmal, aber verbindet dies mit weiteren Forderungen an die Bundesregierung hinsichtlich der Vergabe von Haushaltsmitteln an Kultur- und Medienschaffende sowie der Bekämpfung von Antisemitismus im „Strafrecht sowie im Aufenthalts-, Asyl und Staatsangehörigkeitsrecht“. Die Antisemitismus-Resolution lässt gezielt den Spielraum offen und legt die Verantwortung in die Hände der Bundesregierung, frei nach ihrem Gutdünken zu entscheiden. Die Unklarheit der IHRA-Definition ermöglicht der Bundesregierung selbst zu entscheiden, wo sie die Grenze zieht.
Meinungsfreiheit und Grundrechte
Ein Bericht des European Legal Support Center (ELSC) aus dem Jahre 2023 kommt zu dem Schluss, dass die IHRA-Definition in den Ländern, wo sie als gesetzliche Grundlage genutzt wird, vorwiegend Kritik an Israel kriminalisiert. In einer Erklärung von Anwält*innen, darunter Professor*innen für internationalen Menschenrechtsschutz, internationales Recht und ein Richter am Sondertribunal für den Kosovo, wurde schon 2023 vor den Gefahren gewarnt, die Antisemitismusdefinition der IHRA zu einer Rechtsgrundlage zu machen:
- Die IHRA-Arbeitsdefinition ist ausdrücklich als nicht rechtsverbindlicher Text von der IHRA verabschiedet worden und auch nicht wie ein solcher formuliert. Sie dient dem Monitoring. Sie zum faktisch bindenden Text zu machen, geht gegen ihre Rechtsnatur. Sie ist viel zu unpräzise, um Rechtssicherheit zu erzeugen oder Behördenpraxis zu etablieren. Zudem ist der Status der elf Anwendungsbeispiele, die nicht zur Definition gehören, aber oft mit hinzugezogen werden, völlig unklar.
- Die Annahme der IHRA-Arbeitsdefinition als Regulierungsinstrument würde teilweise weitreichende verfassungsrechtliche Verwerfungen erzeugen, die nicht überblickt werden können. Insbesondere ist eine darauf gestützte Behördenpraxis ganz unvorhersehbar. Erfahrungen aus Kontexten, in denen die IHRA-Arbeitsdefinition als Regulierungsinstrument diente, zeigen, dass sie für erhebliche Einschränkungen von Grundrechten genutzt wird – sehr häufig auch gegen Juden, die die Politik der jeweiligen Regierung Israels kritisieren.
- Eine Annahme der IHRA-Arbeitsdefinition würde Verstöße gegen höherrangiges Recht, insbesondere das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention, nach sich ziehen oder zumindest wahrscheinlich machen. Das betrifft insbesondere das Recht der freien Meinungsäußerung und seine Anwendungen etwa im Versammlungsrecht und im politischen Strafrecht. Es betrifft auch die Kunstfreiheit, für die die IHRA-Arbeitsdefinition nicht passt, sowie die Freiheit von Forschung und Lehre.
- Die IHRA-Arbeitsdefinition zur prinzipiellen Grundlage von Förderungsrichtlinien zu machen, ist rechtlich problematisch. Offensichtlich ist das für die Forschungsförderung. Denn die Definition des Antisemitismus ist selbst Gegenstand der Wissenschaft; ihr kann eine bestimmte Definition nicht vorgeschrieben werden. Aber auch bei der Kunstfreiheit fragt sich, ab wann die Kunst nicht mehr „frei“ ist (wie das Grundgesetz fordert), weil eine zu extensive Nutzung der IHRA-Arbeitsdefinition und eine Selbstzensur auch dort eingreifen, wo es die Bekämpfung von Antisemitismus nicht mehr erfordert. Schließlich kann die Meinungsfreiheit betroffen sein, wenn früher in anderem Kontext gemachte Aussagen in die Beurteilung der Förderwürdigkeit mit einbezogen werden.
- Die IHRA-Definition ist für eine antidiskriminierungsrechtliche Bekämpfung von Antisemitismus nicht erforderlich; sie ist teilweise hinderlich für die wirksame Bekämpfung der Diskriminierung von Jüd*innen. Das Antidiskriminierungsrecht kennt keine vergleichbare staatliche Definition von Rassismus, Sexismus oder Homo- und Transphobie.
- Im Aufenthalts- und Asylrecht würde die Implementierung der IHRA-Definition erhebliche Probleme schaffen und kann zu Konflikten mit der Genfer Flüchtlingskonvention führen, die enge Voraussetzungen stellt.
Auf Verfassungsblog.de erklären vier Autor*innen, warum die Resolution trotz ihres unverbindlichen Charakters gravierende Auswirkungen haben wird:
„Mittelbar-faktische Auswirkungen können sich insbesondere daraus ergeben, dass der Bundestag Länder und Kommunen dazu auffordert, ihrerseits verbindliche Regelungen zur Umsetzung der Resolutionsinhalte zu verabschieden. Überdies beeinflussen Resolutionen die behördliche Praxis und finden Eingang in rechtliche Argumentationslinien.“
Die Resolution macht klar, dass es in diese Richtung gehen wird und wie das politische Establishment unter dem Deckmantel des Kampfes gegen Antisemitismus die Meinungsfreiheit einschränkt. So wird vorgeschlagen, ein Verbot der BDS-Bewegung1 zu prüfen. Gleichzeitig wurde erklärt, dass man die angeblich antisemitischen Vorfälle auf der Berlinale aufarbeiten müsse, um in Zukunft sicherzustellen, dass keine Vorhaben und Projekte finanziert werden, die Antisemitismus fördern.Kurzum bedeutet dies, dass nach Ansicht des Polit-Establishment, die Worte eines jüdischen und eines palästinensischen Regisseurs über die illegale Siedlungspolitik des israelischen Staates Antisemitismus fördern.
Verbote von Demonstrationen und Parolen konnten wir seit Israels Krieg gegen Gaza zu Genüge sehen. Davon standen einige auf wackligen Beinen bezüglich der rechtlichen Grundlage. Die Antisemitismus-Resolution des Bundestag hat nun den Boden geebnet, um Verbotsverfügungen, Verfolgungen und Festnahme eine rechtliche Basis zu geben.
Rassismus und Spaltung
Antisemitismus von Rechts spielt in der Antisemitismus-Resolution und in der Debatte kaum eine Rolle. Kein Wunder, dass auch die AfD für die Resolution stimmte. Die Resolution stellt einen „Anstieg antisemitischer Einstellungen und Taten“ fest, führt diesen „sowohl auf einen zunehmend offenen und gewalttätigen Antisemitismus in rechtsextremistischen und islamistischen Milieus als auch auf einen relativierenden Umgang und vermehrt israelbezogenen und links-antiimperialistischen Antisemitismus zurück” und erklärt zudem: “In den vergangenen Monaten ist nicht zuletzt das erschreckende Ausmaß eines Antisemitismus deutlich geworden, der auf Zuwanderung aus den Ländern Nordafrikas und des Nahen und Mittleren Ostens basiert, …” In eine Reihe wird also Antisemitismus von Nazis und rechten Islamist*innen mit einem vermeintlich „linken“ Antisemitismus gestellt und ein kausaler Zusammenhang zwischen wachsendem Antisemitismus und Migration hergestellt. Migrant*innen aus den betreffenden Ländern und Regionen werden unter den Generalverdacht des Antisemitismus gestellt.
Die Resolution erklärt “Die Nationale Strategie gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben ist vollständig und nachhaltig auszufüllen und umzusetzen. Dazu gehört es unter anderem, ‘Gesetzeslücken zu schließen und repressive Möglichkeiten konsequent auszuschöpfen’”. Wie dies aussehen soll, kann man zum Beispiel am geleakten Vorläufigen Anwendungshinweis des Bundesinnenministeriums für das neu Staatsangehörigkeitsgesetz sehen. Hier soll zum Beispiel mit Hilfe der IHRA-Definitiom auf Basis der Auswertung von Social-Media-Postsnicht nur die Einbürgerung von Migrant*innen verhindert werden, sondern sogar eine Ausbürgerung, d.h. eine Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft, in Betracht gezogen werden. Dabei geht die Handlungsanweisung sogar soweit zu erklären, dass “Handlungen mit Bezug zum Staat Israel, die nicht eindeutig als antisemitisch motiviert im Sinne des § 10 Absatz 1 Satz 3 eingeordnet werden können, jedoch dem Bekenntnis zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands und zum friedlichen Zusammenleben der Völker nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a entgegenstehen [können].”Damit wäre jegliche Kritik am Staat Israel – selbst wenn diese sogar nach Ansicht des BMI nicht antisemitisch ist – ein Ausschlusskriterium für die deutsche Staatsbürgerschaft.
Sachsen-Anhalt hat schon ein Gesetz erlassen, dass ein schriftliches Bekenntnis zum Existenzrecht Israels als Voraussetzung für die Einbürgerung fordert. Im Zuge der Antisemitismus-Resolution werden weitere solche Gesetze folgen. Insbesondere Friedrich Merz hat erklärt im Falle einer Kanzlerschaft solche Gesetze auf Bundesebene zu forcieren.
Vielen Migrant*innen aus arabischen Ländern oder sogar aus Palästina selber wird die Einbürgerung verwehrt. Vielen Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, die wie zehntausend andere seit dem Beginn des Kriegs gegen Gaza auf der Straße waren, wird erklärt, dass sie diese wahrscheinlich nie erreichen können, ohne sich selbst zu verleugnen. Nicht nur diesen. Allen Menschen aus neokolonialen Ländern, die aus ihrer eigenen Erfahrung solidarisch gegen Imperialismus und Unterdrückung stehen, werden unter Generalverdacht gestellt oder eine Einbürgerung in Frage gestellt.Die Antisemitismus-Resolution treibt einen Spaltkeil in die Arbeiter*innenklasse.
Was tun?
Unter dem Deckmantel des Kampfes gegen Antisemitismus wird nicht nur die Solidarität mit den Palästinenser*innen bekämpft, sondern sollen auch Einschränkungen des Demonstrationsrechts durchgesetzt, eine freie Debatte zum Nahostkonflikt verhindert und Abschiebungen und Zuwanderungsbeschränkungen ausgeweitet werden. Menschen, denen auf Grund ihres Aufenthaltsstatus grundsätzliche demokratische Freiheiten verweigert werden oder die tagtäglich von Rassismus betroffen sind, werden jetzt noch mehr in die Enge getrieben. Die Erzählung eines angeblich „linken Antisemitismus“ wird in Zukunft noch stärker gegen Linke und Sozialist*innen gerichtet werden, wenn diese für ihre Ideen eine größere Resonanz in der Bevölkerung finden – so war es auch zum Beispiel der Fall mit dem linken Ex-Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn in Großbritannien.
Gleichzeitig schafft die Einschränkung der Debatte einen Boden, auf dem sich wirklicher Antisemitismus zum Beispiel in der Form von Verschwörungstheorien ausbreiten kann („Juden kontrollieren die Bundesregierung, um Kritik am Genozid in Gaza zu verhindern“). Die größte Gefahr für Jüdinnen und Juden und die meisten wirklich antisemitischen Straftaten gehen in Deutschland immer noch von deutschen Nazis aus (aber niemand diskutiert über die Aberkennung von deren Staatsbürgerschaft).
Linke und Gewerkschafter*innen müssen sich gegen die Antisemitismus-Resolution stellen und klar machen, dass sie nicht dazu dient Antisemitismus zu bekämpfen.Deshalb war es falsch von der Parlamentsgruppe der Linken sich bei der Abstimmung zu enthalten. Sie hätte gegen die Resolution stimmen müssen. Wir müssen freie Meinungsäußerung und Grundrechte verteidigen und uns gegen Kriminalisierung und Abschiebungen stellen. Wir müssen deutlich sagen: Die Gegnerschaft der Palästinenser*innen gegen Besatzung und Unterdrückung durch den Staat Israel ist legitim – und Palästinenser*innen haben ein Recht auf Widerstand. Das zu sagen, heißt nicht dass man den Terror der Hamas gegen Zivilist*innen unterstützt. Wir sind stattdessen für eine demokratisch organisierte Massenbewegung der Palästinenser*innen gegen ihre Unterdrückung. Angesichts der gewaltigen Verbrechen gegen die palästinensische Bevölkerung ist es absolut notwendig, Solidarität zu zeigen und sich dem Mantra der deutschen Regierung entgegenzustellen. Wir treten dafür ein, im Rahmen des palästinensischen Befreiungskampfes reaktionäre bürgerlich-nationalistische und islamistische Ideen zurückzudrängen und die Frage der nationalen Befreiung Palästinas mit einer sozialistischen Perspektive zu verbinden. Das beinhaltet die Idee, die gemeinsamen Klasseninteressen der arabischen und jüdischen Lohnabhängigen und der Armen herauszustellen und den Kampf für sie zu befördern. Die Sol setzt sich für ein sozialistisches Palästina neben einem sozialistischen Israel, mit vollen Rechten für Minderheiten ein, wobei wir anerkennen, dass Vertreter*innen der Arbeiter*innen und Unterdrückten demokratisch über die Grenzen und Staatsformen entscheiden werden. Wir weisen alle Versuche zurück, den palästinensischen Widerstand per se als antisemitisch zu diffamieren.
Wir müssen uns an Protesten und Demos beteiligen, Polizeiübergriffe dokumentieren, unsere Kolleg*innen und Freund*innen aufklären, in Vereinen und Gewerkschaften Resolutionen einbringen, um eine Gegenöffentlichkeit aufzubauen. Wir müssen uns gegen Verbote, gegen rassistische Gesetzesnovellen und Abschiebungen stellen. Internationale Solidarität war immer ein Kernbestand der Arbeiter*innenbewegung – diese müssen wir verteidigen, auch wenn wir gegen den Strom schwimmen. Gleichzeitig müssen wir deutlich machen, dass nur der Aufbau einer starken Arbeiter*innenbewegung und der Kampf gegen jede Form von Spaltung – sei es Rassismus, Antisemitismus oder Sexismus – und für eine sozialistische Alternative, die effektivsten Mittel sind, um der Propaganda der Medien und des politischen Establishments entgegenzuwirken.
1BDS steht für “Boycott, Divestment and Sanctions”. Um diese Parole herum fordern unterschiedliche Kräfte der Palästina-Solidarität das die Wirtschaft des Staats Israel in unterschiedlichem Ausmaß durch Mittel des Boykotts, der Investitionsverweigerung und durch Sanktionen belegt werden sollte.