“Eher schießen die jemanden auf den Mond, als uns anständig zu bezahlen”

ver.di startet mit erstem 24-stündigen Warnstreik in die Tarifrunde bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG)

Etwa 16.000 BVG-Beschäftigte waren am Montag, den 27. Januar zum ersten 24-stündigen Warnstreik in der Tarifrunde aufgerufen. Bislang hat der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) noch kein Angebot vorgelegt. Die Kolleg*innen hingegen fordern 750 Euro mehr im Monat, sowie die Erhöhung der Fahrtdienst-/Wechselschichtzulage um 300 Euro, der Schichtzulage um 200 Euro und ein 13. Monatsgehalt.

von Caspar Loettgers, Berlin

Schon am frühen morgen versammelten sich am Betriebshof Lichtenberg etwa hundert Beschäftigte, sowie solidarische Unterstützer*innen. Die Stimmung war gut und kämpferisch. Auch an zahlreichen anderen Betriebshöfen blieben die Busse und Bahnen stehen. Sol-Mitglieder waren in Lichtenberg ab sieben Uhr am Betriebstor und haben mit Kolleg*innen über die Lohnforderung, und wie diese am besten erkämpft werden kann, diskutiert. Dabei betonten viele Kolleg*innen, dass die vergleichsweise hohe Forderung völlig gerechtfertigt ist. Nicht nur weil die Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren sich stetig verschlechtert haben, sondern auch, weil die BVG-Löhne im Bundesvergleich am unteren Ende liegen.

SPD und Co. schuld an den Niedriglöhnen

Dass die Löhne so sind, wie sie sind, ist kein Zufall. In den 2000ern war es der Berliner Senat, der durch Ausgliederungen und einen Absenkungstarifvertrag die Löhne bewusst drückte, um Geld zu sparen. Damals machten Teile der Linken, die selber im Senat saßen leider mit und auch ver.di ließ sich auf die Verzichtslogik ein. Die Rechnung wird nun präsentiert. Umso wichtiger, dass nun für die Durchsetzung aller Forderungen konsequent gekämpft wird und die Tarifkommission sich nicht auf voreilige Kompromisse einlässt.

Geld ist genug da

Der schwarz-rote Senat betont nun, dass die Kassen leer seien. Doch noch vor kurzem fabulierten CDU-Politiker*innen selber von einer neuen Magnetschwebebahn zum BER Flughafen. Wofür plötzlich alles Geld da ist! Vor dem Betriebstor heute morgen wurde dazu nur knapp erklärt: “Eher schießen die jemanden auf den Mond, als uns anständig zu bezahlen”. Auch die selbstgenehmigte Diätenerhöhung der Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses um 435 Euro im November war Gesprächsthema und zeigt, dass genug Geld da ist.

Kein Spaziergang

In vielen Gesprächen wurde klar, dass der Kampf um die 750 Euro kein Spaziergang wird. Doch was am Ende rauskommt, ist eine Frage des Kräfteverhältnisses und wie weit die Gewerkschaftsführung bereit ist, den Kampf konsequent zu führen. Letzteres hängt auch davon ab, welchen Druck es von Kolleg*innen gibt. Mitglieder der Sol betonten daher, dass es keine voreiligen Kompromisse geben darf und die ganze Kampfkraft genutzt werden muss. Konkret bedeutet das, sich jetzt schon auf einen Erzwingungsstreik vorzubereiten und die Verbindung zu anderen laufenden Tarifrunden zu suchen, wie bei der Post, Bahn und dem öffentlichen Dienst. Erste Schritte in diese Richtung wurden bereits unternommen, so sprachen Kolleg*innen der Post und der Stadtreinigung auf den Streikposten, nachdem Kolleg*innen der BVG letztere bereits in der vergangenen Woche bei ihrer Forderungsübergabe unterstützten. Hier könnte durch gemeinsame Streiktage der Druck in allen Bereichen massiv erhöht werden.