Syrien: Hayat Tahrir al-Sham festigt autoritäre Herrschaft

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…sieht sich aber mit enormen wirtschaftlichen Problemen und Einmischung von außen konfrontiert

Der Sturz des Regimes von Baschar al-Assad Anfang Dezember 2024 wurde von weiten Teilen der syrischen Bevölkerung mit Jubel aufgenommen. Nach zwölf Jahren Bürgerkrieg, der mal intensiver und weniger intensiv geführt wurde, wurde das Regime schließlich nach einer kurzen Militäroperation unter der Führung von Hayat Tahrir al-Sham (HTS) von seiner Basis in der Provinz Idlib aus gestürzt. Assads Unterstützer*innenbasis war fast vollständig zusammengebrochen und seine verarmte Armee floh oder weigerte sich, für ein bankrottes Regime zu kämpfen.

Von Niall Mulholland, Mitglied im internationalen Sekretariat des CWI

Assads wichtigste Unterstützer von außerhalb, der Iran und Russland, waren weder bereit noch in der Lage, militärisch zu versuchen, sein zusammenbrechendes Regime zu retten. Putin ist mit der Ukraine beschäftigt, während das iranische Regime in einen Raketenaustausch mit Israel verwickelt ist und durch die schweren Schläge gegen seinen libanesischen Verbündeten, die Hisbollah, geschwächt wurde, die zuvor auch in Syrien interveniert hatte, um Assad zu stützen.

Seit dem Massenaufstand gegen das Assad-Regime im Jahr 2012, der Teil des „Arabischen Frühlings“ im Nahen Osten und in Nordafrika war, konnte sich die Regierung in Damaskus vor allem durch massive staatliche Unterdrückung an der Macht halten. Neue US-Sanktionen, die 2020 in Kraft traten und Berichten zufolge die Zahl der Syrer*innen, die nicht genug zu essen haben, verdoppelt haben, verschlechterten die bereits katastrophalen Lebensbedingungen und schmälerten Assads ohnehin schon geringe Unterstützung weiter.

Nach der Machtübernahme verhängte HTS rasch eine Ausgangssperre und brachte seine Kämpfer und Polizeikräfte aus der Provinz Idlib in die Hauptstadt. HTS besteht hauptsächlich aus ehemaligen Al-Qaida-Mitgliedern und Veteranen der dschihadistischen Kräfte im syrischen Bürgerkrieg. Der Anführer von HTS, Ahmed Hussein al-Sharaa, auch bekannt als Abu Mohammad al-Julani, wuchs in einem wohlhabenden Stadtteil von Damaskus auf und wandte sich in seiner Jugend dem religiösen Fundamentalismus zu. Im Jahr 2003 reiste er in den Irak, um gegen die US-Truppen zu kämpfen, die das Land besetzt hielten. Sharaa schloss sich Al-Qaida an und wurde dann von den USA inhaftiert. 2011 wurde er freigelassen und kehrte nach Syrien zurück, um eine Al-Qaida-Organisation zu gründen, einen Vorläufer von Hayat Tahrir al-Sham.

Im Jahr 2016 gab Sharaa bekannt, dass er mit Al-Qaida gebrochen habe und sich nun auf den bewaffneten Widerstand gegen Assad im eigenen Land konzentriere, statt auf den internationalen Dschihad. Nachdem HTS ein Gebiet in Idlib erobert hatte, soll die Organisation für die Grundversorgung gesorgt und Steuern erhoben haben, während sie reaktionäre islamistische Vorschriften durchsetzte und Rivalen gewaltsam ausschaltete. HTS wurde für die Durchführung von Massakern in alawitischen und drusischen Dörfern verurteilt.

Seit HTS Damaskus eingenommen hat, ist die Organisation bestrebt, sich anderen religiösen und konfessionellen Gruppierungen gegenüber entgegenkommend zu zeigen. An der Küste lebende Alawit*innen durften bisher ihre Waffen behalten. Aber wird diese Duldung und der relative Frieden, zumindest in Teilen Syriens, von Dauer sein?

Der Sieg der HTS über das Assad-Regime führte zur Ermordung alawitischer Richter und auch zum Anzünden von Weihnachtsbäumen, was zu Demonstrationen von Tausenden Christ*innen führte. Viele Syrer*innen befürchten, dass HTS Schritt für Schritt zu einer harten sunnitischen Herrschaft zurückkehren könnte, so wie die Taliban nach dem Abzug der westlichen Truppen die theokratische Herrschaft in Afghanistan wieder einführten. „Viele Syrer*innen halten ihre Koffer gepackt, in Erwartung einer überstürzten Abreise. Die erste Schiffsladung säkularer Alawit*innen ist laut einem ihrer Beobachter bereits in Zypern angekommen“, kommentierte das Magazin „Economist“.

Als Al-Qaida-Vertreter in Syrien vertrieb Sharaa vor zehn Jahren Tausende Christ*innen aus Idlib, beschlagnahmte ihr Eigentum und schloss die Bars und Clubs der Stadt. Sharaa ist sich zweifellos der Notwendigkeit bewusst, die Westmächte umwerben zu müssen, um Syrien wirtschaftlich zu stabilisieren und Bedrohungen von außen für sein junges Regime abzuwehren. Nun sagt er, dass seine Herrschaft in Idlib „nicht für ganz Syrien geeignet“ sei. Dies hinderte sein neues Bildungsministerium jedoch nicht daran, die Lehrpläne an die konservativen Lehren der sunnitischen Islamist*innen anzupassen – obwohl es später aufgrund von Protesten zum Rückzug gezwungen wurde. Scharaa hat noch keine bekannten Schiit*innen in hohe Regierungsämter berufen. Die wichtigsten Militär- und Sicherheitsposten werden von Gefolgsleuten eines strengen sunnitischen Islam besetzt.

Dennoch steht Sharaa unter dem Druck des Westens, ein integrativeres Regime zu schaffen. Angesichts ihrer Umwerbung der ölreichen Golfstaaten ist klar, dass die westlichen Mächte kein Problem damit haben, mit strengen sunnitischen Regimen als solchen umzugehen, solange sie keine Bedrohung für wesentliche westliche Interessen darstellen. Die „Optik“ ist für die westlichen Mächte jedoch wichtig, da sie jahrzehntelang den „islamistischen Terror“ angeprangert haben.

Enorme wirtschaftliche Probleme

Das HTS-Regime steht vor enormen wirtschaftlichen Problemen. Die Devisenreserven sind Schätzungen zufolge auf nur noch 200 Millionen Dollar gesunken; die Zentralbank unterliegt nach wie vor westlichen Sanktionen, ebenso wie die größte Geschäftsbank. Seit Beginn des Bürgerkriegs im Jahr 2011 hat das syrische Pfund 99 Prozent seines Wertes verloren.

Unter der Herrschaft der Baath-Partei in den 1960er Jahren wurde der Großteil der syrischen Wirtschaft verstaatlicht, was es dem Regime eine Zeit lang ermöglichte, Maßnahmen zu ergreifen, die zu einer Erhöhung des Lebensstandards führten. Dennoch hatte dies nichts mit echtem demokratischem Sozialismus oder einem Schritt in diese Richtung zu tun, wie der brutale, undemokratische Charakter des von der Assad-Familie dominierten Regimes bezeugte.

Im November 1970 übernahm Hafez al-Assad im Rahmen der sogenannten „Korrektiven Revolution“ die Macht von rivalisierenden Fraktionen der regierenden Baath-Partei. Assads Staatsstreich war ein schwerer Schlag für die „linke Fraktion“ der Baath-Partei. In den 1970er Jahren machte die Wirtschaft zaghafte Schritte in Richtung Marktwirtschaft. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion beschleunigte das syrische Regime die Öffnung der Wirtschaft für den globalen Kapitalismus. Dies führte zu Privatisierungen, Kürzungen bei Sozialleistungen und Subventionen, Massenarbeitslosigkeit und großen Ungleichheiten, was zu Massenunruhen führte und zusammen mit der Unterdrückung demokratischer Rechte zur Auslösung des Aufstands im März 2011 beitrug.

Neben den Revolutionen in Tunesien und Ägypten und den massiven Protesten in anderen Teilen der Region eröffnete der Massenaufstand gegen Assad die Möglichkeit einer echten Alternative zum Imperialismus und zu arabischen Despoten. Diese Ereignisse zeigten, dass es die vereinte Massenbewegung der arbeitenden Bevölkerung und der Jugend ist, die Tyrann*innen stürzen, dem Imperialismus widerstehen und für echte soziale und politische Veränderungen kämpfen kann.

Leider kam der Arabische Frühling mangels einer weitsichtigen sozialistischen Führung der Massen im Nahen Osten und in Nordafrika zum Stillstand und führte in vielen Fällen zu einer Konterrevolution und der blutigen Unterdrückung von Massenbewegungen.

Der Massenaufstand gegen Assads Herrschaft in Syrien artete ab 2011 in einen Bürgerkrieg aus. Dabei verfolgte Assad eine Politik des „Teile und herrsche“, mit militärischer Unterstützung Russlands und des Iran, während externe Mächte wie die USA verschiedene Milizen gegen Assad unterstützten.

Der jahrelange Bürgerkrieg verschlimmerte die wirtschaftliche Misere. Das Magazin „The Economist“ führt die düsteren Statistiken auf: Das Bruttoinlandsprodukt ist von 60 Milliarden US-Dollar im Jahr 2010 auf heute weniger als 9 Milliarden US-Dollar gesunken. Nach Schätzungen der Weltbank leben 69 Prozent der Syrer*innen von weniger als 3,65 US-Dollar pro Tag. Öl war einst die größte wirtschaftliche Lebensader Syriens, und bis 2011 produzierte Syrien rund 400.000 Barrel pro Tag, was die Inlandsnachfrage überstieg. Seit Beginn des Bürgerkriegs ist die Produktion jedoch auf unter 100.000 Barrel pro Tag gesunken. Darüber hinaus werden die größten Ölfelder von kurdischen Milizen kontrolliert. Auch die Landwirtschaft ist eingebrochen. Syrien war einst ein Nettoexporteur von Weizen, doch die Ernten sind seit 2010 auf fast die Hälfte geschrumpft. Der Tourismussektor, der jährlich rund 40 Milliarden US-Dollar einbrachte, ist verschwunden.

Das HTS-Regime versucht, die Sanktionen zu umgehen und die Überweisungen seiner großen Diaspora zu erhöhen, um zu überleben. Staatsbeamt*innen wurden angewiesen, sich um Einlagen der Zentralbank aus befreundeten arabischen Staaten, darunter Saudi-Arabien, zu bemühen. Der Wiederaufbau nach 14 Jahren Konflikt wird Teile der Wirtschaft ankurbeln. Allein in der Stadt Aleppo wurden nach Schätzungen der Weltbank 137.000 der 660.000 Häuser beschädigt, 35 Prozent der Krankenhäuser und 25 Prozent der Brücken zerstört. Das größte Kraftwerk des Landes, ebenfalls in Aleppo, ist nicht funktionsfähig.

Die Arbeit, die mit der Behebung all dieser Schäden verbunden ist, könnte möglicherweise Hunderttausenden Syrer*innen einen Arbeitsplatz bieten. Es wird erwartet, dass die Türkei, die relativ gute Beziehungen zum neuen HTS-Regime unterhält, Rohstoffe und Fachwissen bereitstellt. Die Türkei allein verfügt jedoch nicht über die Mittel, um den Wiederaufbau zu finanzieren, der schätzungsweise 250 bis 400 Milliarden US-Dollar kosten könnte. Dies bedeutet wahrscheinlich, dass das HTS-Regime die Golfstaaten um finanzielle Unterstützung bitten wird. Dies wird jedoch damit verbunden sein, dass die Golfstaaten Geld für von ihnen bevorzugte Wiederaufbauprojekte und konfessionelle Klientelfraktionen bereitstellen.

Die prokapitalistische Politik der HTS wird vom neuen syrischen Außenminister Asaad al-Shaibani in einem Interview mit der Financial Times („Syria to dismantle Assad-era socialism“, 22.01.25) klar dargelegt. Vor seiner Teilnahme am Weltwirtschaftsforum in Davos sagte Shaibani, das HTS-Regime plane die Privatisierung staatseigener Häfen und Fabriken sowie von Öl-, Baumwoll- und Möbelfabriken. Shaibani versicherte den Regionalstaaten, darunter die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten, die aufgrund der Erfolge der HTS Angst vor dem innenpolitischen Wachstum der Muslimbruderschaft haben, dass Syrien nicht beabsichtige, „die Revolution zu exportieren und sich in die Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen“.

Sanktionen

Die westlichen Mächte stehen unter Druck, die Sanktionen gegen Syrien aufzuheben, da sie es in Damaskus nun mit einem zugänglicheren Regime zu tun haben. Amerika hat etwa 700 Personen und Firmen in Syrien auf die schwarze Liste gesetzt. Im Jahr 2019 verabschiedete der US-Kongress den Caesar Act, der auf den Energie- und Bausektor abzielt. Der größte Mobilfunkbetreiber und die größte Fluggesellschaft Syriens sind seit 2011 mit Sanktionen der USA belegt. Das Magazin „Economist“ erklärt, dass diese Maßnahmen damals sinnvoll waren, aber heute möglicherweise ein Hemmschuh für notwendige Investitionen sind.

Jetzt, da die westlichen Mächte eine potenziell „freundliche“ islamistische Kraft entdeckt haben, erklärten das Weiße Haus und europäische Beamt*innen, dass sie bereit seien, viele der Sanktionen zu überdenken, darunter auch das Kopfgeld von 10 Millionen US-Dollar auf Ahmed al-Sharaa. Die westlichen Mächte sind jedoch vorsichtig und besorgt, dass die Herrschaft von HTS immer noch konfessionelle und ethnische Konflikte im ganzen Land auslösen könnte. Zwei Wochen nach Assads Flucht aus dem Land unterzeichnete Präsident Biden ein Gesetz über Militärausgaben, das den Caesar Act bis 2029 verlängerte.

Da jedoch verschiedene Regionalmächte wie die Türkei, Saudi-Arabien und Katar um Einfluss im Syrien nach Assad und um die Durchsetzung ihrer Interessen konkurrieren, lockerten die USA Anfang Januar die Beschränkungen für humanitäre Soforthilfe und einige Energielieferungen für sechs Monate. Die EU und das Vereinigte Königreich werden möglicherweise nachziehen.

Sharaa hat seine Absicht bekundet, eine neue nationale Armee zu schaffen, die aus dem Zusammenschluss vieler der derzeitigen Milizen hervorgehen soll. Angesichts der tiefen Feindseligkeiten und der Angst vor einer Dominanz der HTS-Truppen wird dies eine gewaltige Aufgabe sein. Darüber hinaus zeigen die anhaltenden Angriffe der türkischen Armee gegen kurdische Truppen in Syrien, wie fragil die Lage ist.

Hayat Tahrir al-Sham hat eine komplexe Beziehung zur regionalen Großmacht Türkei. HTS-Hardliner bezeichneten die Türkei einst als „ungläubige Armee“. Seit 2017 bietet die Türkei dem HTS-Kleinstaat in Idlib jedoch Schutz und betrachtet ihn als nützlichen, wenn auch etwas unberechenbaren Verbündeten.

Die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan in Ankara hat die neue Situation in Syrien ausgenutzt, um militärische Angriffe gegen die kurdischen „Demokratische Kräfte Syriens“ (SDF) zu starten, die große Teile des Territoriums im Nordosten Syriens kontrollieren. Die Regierung in Ankara betrachtet die von Kurd*innen kontrollierten Gebiete in Syrien seit langem als Bedrohung für den territorialen Status der Türkei, da es in der Türkei eine große unruhige kurdische Bevölkerung gibt. Die “Syrische Nationale Armee” (SNA), die gegen kurdische Streitkräfte kämpft, gilt als türkischer Stellvertreter. Bei einem kürzlichen Besuch in Ankara traf der neue syrische Außenminister Präsident Erdoğan und versicherte ihm Syriens „territoriale Integrität“.

Seit der Machtübernahme versucht HTS, die SDF zur Auflösung zu bewegen und ihre Kämpfer*innen in den Staat zu integrieren, und fordert „nationale Einheit“. Das HTS-Regime behauptet, dass eine neue Verfassung die Rechte der Kurden garantieren und ihre Vertretung in der Regierung sicherstellen werde. Die Führer*innen der SDF, die sich zweifellos an viele frühere uneingelöste Versprechen regionaler Despoten erinnern, haben sich trotz ihres Vertrauens in den US-Imperialismus bisher nicht HTS gebeugt.

Türkei und Israel

Die Türkei ist nur eines von mehreren Ländern in der Region, die ein aktives Interesse an Syrien haben und damit drohen, das Land so weit zu destabilisieren, dass es auseinanderbricht. Nach dem Sturz von Assad drangen israelische Streitkräfte in die entmilitarisierte Zone in den Golanhöhen ein, zerstörten den größten Teil der militärischen Infrastruktur Syriens und dehnten die Besetzung syrischen Territoriums aus. Die israelische Regierung betrachtete das Assad-Regime als einen relativ vorhersehbaren Feind, fürchtet nun aber die unberechenbare islamistische HTS an der Macht in Damaskus. Die „iranisch-schiitische Achse“ wurde in den Augen der Regierung Netanjahu durch eine „sunnitisch-türkische Achse“ ersetzt. Die Türkei wiederum ist empört darüber, dass Israel sich Gebiete in Syrien aneignet. In den letzten Monaten hat Erdoğan vor einem möglichen Krieg zwischen Israel und der Türkei gewarnt, da Israel „nach Palästina und dem Libanon auch unser Heimatland ins Visier nehmen wird“.

Angesichts der veränderten Machtverhältnisse zwischen Schiit*innen und Sunnit*innen nach dem Sturz des von Iran unterstützten Assad warnt die israelische Regierung nun, dass die Türkei „Syrien in einen Klientelstaat verwandeln und damit ihren regionalen Einfluss vergrößern“ wolle. Die israelische Regierung hat auch die Möglichkeit eines künftigen Krieges zwischen den beiden Ländern ins Spiel gebracht.

Das Beharren der Türkei auf der Beendigung der „autonomen“ kurdisch verwalteten Gebiete und die Unterordnung der SDF unter das neue Regime Hayat Tahrir al-Sham unter Androhung einer türkischen Militärintervention führt zu Spannungen mit anderen NATO-Verbündeten wie Frankreich und den USA. Sowohl die USA als auch Frankreich nutzten die kurdischen Streitkräfte der SDF als Verbündete gegen Assad und haben Streitkräfte in der Region stationiert (hauptsächlich schätzungsweise 2.000 US-Amerikaner*innen).

Die Biden-Regierung begrüßte zwar den Sturz des Assad-Regimes und die erheblichen Rückschläge für den iranischen und russischen Einfluss, zeigte sich aber auch sehr besorgt über die Folgen. Das US-Militär führte in den chaotischen Tagen nach dem Einmarsch der HTS in Damaskus Dutzende von Luftangriffen auf Ziele des Islamischen Staates in Syrien durch. In Anspielung auf die Bedenken der USA behauptet das HTS-Regime, es sei bereit, die Leitung der von den SDF kontrollierten Gefängnisse zu übernehmen, in denen Tausende von ISIS-Kämpfern inhaftiert sind.

Das vielleicht größte Hindernis für eine vollständige Rückkehr zum Bürgerkrieg ist die Stimmung der Masse der Menschen in Syrien, die Jahrzehnte der Diktatur, Armut und blutiger Konflikte erlebt haben. Die kriegsmüden Werktätigen aller religiösen und ethnischen Hintergründe wollen Frieden und einen angemessenen Lebensstandard. Sie werden keines dieser Ziele unter Hayat Tahrir al-Sham oder einer „Einheitsregierung“ reaktionärer, marktwirtschaftlicher Kräfte erreichen. Die Einmischung externer Mächte führt nur zu neuen Runden des Blutvergießens und der Spaltung.

Der Aufbau von unabhängigen Klassenorganisationen, wie Gewerkschaften und Parteien der Arbeiter*innenklasse, und der Einsatz für demokratische Rechte ist der Ausgangspunkt für die Gewährleistung von echtem, dauerhaftem Frieden und Wohlstand für alle. Dies muss mit sozialistischer Politik verbunden werden, um die konfessionell-spalterischen Kräfte und Bosse herauszufordern und die Gesellschaft zu verändern.