
Stellungnahme des Netzwerks für eine kämpferische und demokratische ver.di
Nachdem es in der zweiten Verhandlungsrunde zwischen ver.di und der Deutschen Post AG erneut kein Angebot vom Arbeitgeber gab, haben bundesweit Warnstreiks begonnen. Die hohe Streikbeteiligung in den Zustellbetrieben zeigt die Bereitschaft der Kolleg*innen für die Forderungen von 7 Prozent mehr Geld und 3 zusätzlichen Urlaubstage (plus einen weiteren für ver.di Mitglieder) zu kämpfen.
Die Deutsche Post behauptet wie immer, dass kein Geld für die Finanzierung der Lohnerhöhungen da sei, doch der Konzern macht weiterhin hohe Gewinne. Gleichzeitig steigen die Preise auf alltägliche Güter weiterhin an und Lohnerhöhungen sind dringend notwendig.
Kampfstärke
Um Stärke aufzubauen und sichtbar zu machen, ist es wichtig, möglichst große und
gemeinsame Streikkundgebungen von Post-Kolleg*innen zu organisieren. Es sollte auch gemeinsame Aktionen mit ebenfalls streikenden Beschäftigten im öffentlichen Dienst und in den Verkehrsbetrieben geben. Anstatt die Tarifkämpfe isoliert zu führen, sollten sie koordiniert werden, um gemeinsame Streikdemonstrationen möglich zu machen.
Bisher deutet wenig darauf hin, dass die Deutsche Post ein ausreichendes Angebot vorlegen wird, hat sie sich doch bereits in der zweiten Verhandlungsrunde geweigert, überhaupt ein Angebot vorzulegen. Umso wichtiger ist es, dass die Kolleg*innen während der dritten Verhandlungsrunde darüber diskutieren können, ob sie einem Angebot zustimmen oder aber in eine Urabstimmung und Erzwingungsstreik gehen wollen. Notwendig sind Versammlungen der Mitglieder und Vertrauensleute in den Bezirken, sowie bundesweiten Delegierten-Konferenzen, um die Voten der Mitglieder demokratisch auszuwerten und über das „Wie weiter“ zu diskutieren und abzustimmen.
Skepsis unter Kolleg*innen
Bei Gesprächen mit Kolleg*innen in den vergangenen Monaten wurde deutlich, dass viele sich fragen, ob die ver.di-Führung genug tut, um einen solchen konsequenten Kampf zu führen. Viele waren unzufrieden, wie in der letzten Tarifrunde 2023 trotz einer Mehrheit von 88 Prozent für die Aufnahme eines Erzwingungsstreiks in letzter Minute ein Ergebnis zur Annahme empfohlen wurde, was nur geringfügig besser war als zuvor. Rund 40 Prozent stimmten trotz dieser Empfehlung in der nachfolgenden Urabstimmung gegen die Annahme des Ergebnisses.
Auch wird die Forderung nach 7 Prozent (ursprünglich hatte die Gewerkschaftsführung nur 6 Prozent vorgeschlagen) von vielen als zu niedrig angesehen. Gleichzeitig wird das Thema Arbeitsbelastung gar nicht thematisiert, obwohl es den meisten Kolleg*innen sehr wichtig ist. Erfahrungsgemäß werden Vertrauensleute in die Erarbeitung und Umsetzung der Streikstrategie kaum einbezogen und stattdessen werden Beschlüsse meist von oben nach unten durchgegeben. Die Folge ist, dass es selbst Vertrauensleuten bisweilen schwerfällt, die Streikstrategie gegenüber den einfachen Kolleg*innen überzeugend zu vermitteln. Das schwächt die Mobilisierungskraft.
Gemeinsam kämpfen
Grade jetzt, in politisch und wirtschaftlich so krisenhaften Zeiten, brauchen wir kämpferische Gewerkschaften, die ihre Mitglieder aktiv und demokratisch miteinbeziehen. Gewerkschaften, die konsequent die Interessen ihrer Mitglieder verteidigen, ohne schlechte und vorauseilende Kompromisse einzugehen.
Nach der Bundestagswahl müssen wir mit einer von dem ehemaligen Black Rock Manager Friedrich Merz geführten Bundesregierung rechnen. Merz will eine Agenda 2030 durchsetzen und damit die Axt an die hart erkämpften Arbeitnehmer*innenrechte und das soziale Sicherungssystem anlegen. Ver.di sollte mit Streiks und der Durchsetzung der Tarifforderungen auch ein Signal an die künftige Regierung senden: Die Gewerkschaften werden sich Sozialkürzungen und dem Abbau von Rechten der Lohnabhängigen in den Weg stellen. Das ist auch nötig, um deutlich zu machen, dass wir Kolleginnen und Kollegen uns nicht entlang von Nationalität, Hautfarbe oder Religionszugehörigkeit spalten lassen. Kein Geflüchteter oder Migrant ist für hohe Mieten, steigende Preise, Arbeitsdruck oder Arbeitsplatzvernichtung verantwortlich – das sind Regierung und Kapital! Die sogenannte Migrationsdebatte ist ein großes Ablenkungsmanöver, das uns davon abhalten soll, gemeinsam für unsere Interessen einzutreten. Mit einer kämpferischen Streikbewegung kann es auch gelingen, rassistischer Spaltung entgegenzuwirken und stattdessen das Gefühl von gemeinsamem Kampf und Solidarität unter Kolleg*innen zu stärken.
Dafür ist eine Vernetzung von kämpferischen Kolleg*innen an der Basis nötig. Tretet mit uns in Kontakt.