
Donald Trumps Politik, welche auf eine vermeintliche Durchsetzung des “Make America Great Again” Slogans abzielt, hat die Welt in Tumult geworfen. Es ist eine “America First” Agenda, welche sich durch Protektionismus, immigrationsfeindliche Maßnahmen und Handelsdiplomatie charakterisiert. Diese dient dem Schutz der Macht des US-Kapitalismus, welcher, obwohl er weiterhin der weltstärkste ist, sich in einem Prozess des Rückgangs befindet. Die Konsequenzen dieser Politik haben bisher jedes Land getroffen, welches mit den USA handeln muss und droht, zu einer globalen Wirtschaftskrise zu führen. Als größte Wirtschaftsmacht der Welt ist es unwahrscheinlich, dass es ein Land geben wird, was sich als immun gegenüber dem zerstörerischen Widerhallen von Trumps Politik beweisen wird. Obwohl es sich um kein Hauptziel handelt ist Nigeria natürlich auch auf der Empfängerseite dieser Konsequenzen.
Von Peluola Adewale, DSM Nigeria (erstmals veröffentlicht am 22. April 2025)
Trotz seiner rassistischen und immigrationsfeindlichen Politik, welche das Potential zeigt viele Nigerianer*innen in den USA negativ zu beeinflussen, spaltet Trump Meinungen in Nigeria und verfügt dort über eine glühende Unterstützer*innenbasis. Er würde ein Stadion füllen, falls er eine Versammlung in Lagos abhalten würde. Wer sind die Unterstützer*innen von Trump in Nigeria? Sie inkludieren christliche Fanatiker*innen, genau wie ihre Gegenüber in den USA, welche glauben, dass Trump ein Symbol christlicher Werte sei. Dazu gibt es auch Unterstützer*innen der People’s Democratic Party (engl. Demokratische Volkspartei Nigerias, PDP). Während der Präsidentschaftswahl 2015 wurden Barack Obama und die Demokraten verantwortlich für die damalige Niederlage des amtierenden Präsidenten Goodluck Jonathan gehalten und Trump infolgedessen als “Payback” (engl. Rache, Vergeltung) unterstützt.
Obama und die Demokraten konnten ihre Unterstützung für den Kandidaten Muhammadu Buhari und seine Partei des All Progressive Congress (Oppositionspartei in Nigeria, APC) nur bedingt verschleiern. Dennoch waren sie nicht verantwortlich für die Niederlage Jonathans. Vielmehr waren die Hauptfaktoren für das Versagen von Jonathan in den Bereichen Wirtschaft und Sicherheit sowie einer großen Illusion um Buhari auffindbar. Jedoch sind die ökonomischen Probleme, Lebensstandards und Unsicherheit, welche die Verdrängung Jonathans veranlassten, deutlich schlimmer geworden, seitdem der APC einen Machtaufstieg erfuhr.
Es ist zudem nicht unmöglich, dass sich Trump die Zuneigung einiger Nigerianer*innen und Afrikaner*innen erschlichen hat, da sie sich durch die historische, unverhohlene Heuchelei des westlichen Imperialismus dazu aufgefordert fühlen, Russland im Krieg gegen die Ukraine zu unterstützen. Anders als andere US-amerikanische und westliche Akteure in Führungspositionen, verhält sich Trump gegenüber Putin nicht antagonistisch und hat die US-Unterstützung der Ukraine, in einem vermeintlichen Versuch den Krieg zu beenden, beachtlich reduziert.
Die emotionale Unterstützung Trumps durch manche Nigerianer*innen bietet ihnen allerdings kein Schutzschild vor seiner Politik. Um dazu Klarheit zu schaffen: Die momentane ungeheuerliche Verwüstung der Lebensstandards der meisten Nigerianer*innen wurde nicht von Trump verursacht. Sie ist die brutale Konsequenz der armenfeindlichen neoliberalen kapitalistischen Politik der Bola Tinubu Regierung, die eine Wirtschaft verschlechtert, welche sich bereits in einer Krise befindet. Dennoch würde Trumps Programm diese schlechte Situation nur weiter verschlimmern.
Während Öl und Gas, welche mehr als 90 Prozent von Nigerias Exporten an die USA umfassen, von Trumps Zollpolitik ausgenommen sind, ist Nigeria lange nicht immun gegenüber den nachhallenden Auswirkungen, sowohl auf die USA als auch auf die Weltwirtschaft. Die zunehmenden US Handelssanktionen gegen China, welche durch das aktuelle Trump Regime zu einem Handelskrieg eskaliert wurden, werden wahrscheinlich das globale Handelsvolumen verringern, den Weltwirtschaftswachstum verlangsamen und infolgedessen die Ölnachfrage hinunterstürzen lassen.
Trumps “Drill, Baby, Drill” (engl. “Bohr, Baby, Bohr”) Agenda erzielt eine Zunahme der US-inländischen Schieferölproduktion. Die darauf folgende Antwort der OPEC (The Organization of the Petroleum Exporting Countries – Organisation der Erdöl exportierender Länder), mittels einer gesteigerten Produktion den Marktanteil zu dominieren, hat bereits die Preise von Rohöl nach unten gezwungen. Brent Öl sank unter 60 amerikanische Dollar pro Barrel während der zweiten Aprilwoche, der niedrigste Preis seit Februar 2021. Die Prognose der US Energy Information Administration (engl. US-Energiebehörde, EIA) für Ölpreise in 2025 sind 63,88 Dollar pro Barrel, im Vergleich zu einer vorherigen Prognose von 70,68 Dollar pro Barrel. Als Gründe werden globale Handelspolitik und höhere OPEC Produktion angeführt (Reuters, 11. April). Die Ironie eines Ölpreisfalles, unter 60 Dollar nach Öl-Expert*innen, wäre, dass dies die US-amerikanische Schieferproduktion unprofitabel machen könnte und damit die Abhängigkeit der USA von Importen für einige Zeit erhöhen würde.
Der Haushalt von 2025 für Nigeria beträgt, als Bezugsgröße, 75 Dollar pro Barrel. Das heißt, dass die Tinubu Regierung deutlich mehr Kredite aufnehmen werden muss als vorab vorausgesehen wurde, um dieses Haushaltsdefizit finanzieren zu können. Dies wird zusätzlich zu stärkeren Kürzungen bei den Sozialausgaben (Bildung, Gesundheitsversorgung etc.) und einer Steigerung der Steuerabgaben erwartet, um die Last an der Arbeiter*innenklasse und der bürgerlichen Mittelschicht abzuwälzen. Gleichzeitig schützt sich die Regierung auf allen Ebenen vor der Möglichkeit des Looting (engl. Stehlen, Nehmen von Gütern während militärischer, politischer oder sozialer Krisenzeiten und Widerstände) und sichert die opulenten Lebensstile ihrer Top Funktionäre.
Zudem wird die Abnahme der Ölpreise Deviseneinnahmen verringern und eine weitere Wertminderung des nigerianischen Naira verursachen sowie den einhergehenden Inflationsdruck, auf die ohnehin schon maßlos unerschwingliche Lebenshaltungs- und Arbeitskosten, auslösen. Nigeria ist dabei für 90 Prozent ihres Devisenhandels von ihrem Rohwarenexport abhängig (Reuters, 6. April).
Die Central Bank of Nigeria (engl. Zentralbank von Nigeria, CBN) klagte im April, dass das Sinken der Rohölpreise als Antwort auf die Trump-Zölle “neue Dynamiken für Öl-exportierende Länder wie Nigeria.” [engl.: “new dynamics for oil-exporting countries such as Nigeria.”] (Reuters, 6. April) präsentieren würde. Dies veranlasste die CBN dazu, beinahe 200 Millionen Dollar zu verkaufen, um den Naira allein am 5. April zu stützen. Falls diese Krise länger andauern sollte, ist es unwahrscheinlich, dass die Tinubu Regierung, aufgrund ihrer Verpflichtung zur neoliberalen Wirtschaftsphilosophie, über die Kapazität oder die Bereitschaft verfügen wird, um diese Form der Intervention aufrechtzuerhalten.
Dies ist besonders relevant, da ein möglicher Anstieg der Inflation in den USA aufgrund der Zölle diese Situation verschlimmern könnte. Zusammen mit Anti-Immigrationsmaßnahmen könnte dies das Volumen an diasporischen Rücküberweisungen mindern, welche einen Großteil von Nigerias Devisenerträgen darstellen. Die Möglichkeit, dass die US-Notenbank die Zinssätze anheben würde, um die Inflation zu bekämpfen, könnte zu Kapitalabflüssen aus aufstrebenden Märkten wie Nigeria in die USA führen und eine Wertverminderung des Naira erforderlich machen.
Die Manufacturers Association of Nigeria (Handelsgruppe aus Lagos für Produzent*innen mit Einfluss auf ökonomische, industrielle, soziale und Arbeitspolitik, MAN) beklagt außerdem die ernsthaften Auswirkungen von Trumps 14 prozentigen Zollgebühren auf nigerianische Nicht-Öl-Exporte der MAN Mitglieder*innen. In einer Stellungnahme vom 15. April gab MAN preis, dass ihre “Mitglieder, die Exporteure in der Agrarverarbeitung, Chemie und Pharmazie, Grundmetalle, Eisen und Stahl, nichtmetallische Mineralprodukte und andere leichte industrielle Produktion sind, sich stark auf die USA für ihren Marktzugang verlassen.” [engl.: “members who are exporters in agro-processing, chemicals and pharmaceutical, basic metal, iron and steel, non-metallic mineral products and other light industrial manufacturing rely heavily on the U.S. for market access.”]. So könnten die Trump-Zölle etwa zu einem Verlust zwischen einer und zwei Billionen bei Nigerias Agrarexporten führen, die im Jahr 2024 mehr als 4,42 Billionen ausmachten. Als Folge der sinkenden Exporteinnahmen könnten, laut MAN, viele Unternehmen die Ausmaße ihrer Produktion verringern und bei den Arbeitskräften kürzen, um Kosten einzusparen (Stand: 16. April).
Gesundheitsversorgung
Abseits der handelspolitischen Krise hat Trumps Suspendierung von ausländischen Hilfsprogrammen für Entwicklungsländer wie Nigeria, mit einer anfänglichen Dauer von 90 Tagen, bereits seinen Tribut an die einfache Bevölkerung gefordert. Insbesondere von denjenigen, die auf eine medizinische Grundversorgung angewiesen sind. Nach der World Health Organisation (engl. Weltgesundheitsorganisation, WHO) würden Nigeria, samt Kenia, Lesotho, Süd-Sudan, Burkina Faso und Mali – sowie Haiti und die Ukraine – lebensrettende antiretrovirale Medikamente (ARV) in den kommenden Monaten ausgehen (BBC, 18. März). Besonders in Nigeria könnten Millionen von Menschen, die mit dem Humanen Immundefizienz Virus (HIV) und Tuberkulose (TB) leben, aufgrund eines groben Mangels an lebensnotwendigen Medikamenten und Konsumgütern vor schwierigen Zeiten stehen (Guardian, 24. März).
Zwar hat die Trump Regierung humanitäre Ausgaben gewährt, einschließlich des US President’s Emergency Plan for AIDS Relief (US-Notprogramm zur AIDS-Hilfe, PEPFAR). Aber der Abbau der U.S. Agency of International Development (engl. Behörde der Vereinigten Staaten für Internationale Entwicklung, USAID) bedeutet, dass es an Arbeiter*innen fehlt, welche diese Ausgaben tatsächlich bearbeiten könnten (Reuters, 7. Februar). In Nigeria beispielsweise, wo PEPFAR, Berichten zufolge, fast 90 Prozent der Behandlung von Menschen mit HIV ausmacht, hat diese Behandlungsweise einen Tiefpunkt der Zugänglichkeit erreicht. Ein*e Arbeiter*in des Gesundheitswesen kommentierte dazu: “Die Logistik war eine Einschränkung, weil die meisten Menschen, die in den ARV-Kliniken arbeiten, sich unter dem IHVN (Institut für Human Virologie, Nigeria) und nicht unter der (nigerianischen) Regierung befinden. Nach Trumps Dekret wurde uns gesagt, dass das Konto eingefroren wurde und viele von uns (Arbeiter*innen) wurden nicht bezahlt.” [engl.: “Logistics was a constraint because most people working in the ARV clinics are under the IHVN [Institute of Human Virology, Nigeria], and not under (Nigerian) government. After Trump’s Executive order, we were told that the account had been frozen, and many of us (workers) did not get paid” ] (Guardian, 24. März). Das IHVN ist ein wichtiger Partner der Projekte zu HIV und TB der USAID in Nigeria. Etwa zwei Millionen Menschen in Nigeria leben Berichten zufolge mit HIV.
Trumps Finger auf dem Puls der Entwicklungshilfe hat, aufgrund deren neokolonialen Charakters, einen verheerenden Einfluss auf Länder wie Nigeria. Dies wird verschlimmert durch die Rückständigkeit der korrupten kapitalistischen herrschenden Klasse. Was die chronische Unterfinanzierung des Gesundheitswesens und anderer grundlegender Notwendigkeiten, wie Bildung und Bereitstellung von sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen, erklärt. Gleichzeitig reist die herrschende Klasse, in den meisten Fällen auf Kosten öffentlicher Fonds, für ihre eigenen gesundheitlichen Bedürfnisse und die ihrer Familien ins Ausland.
Trotz der Vereinbarung der Afrikanischen Union bei ihrem Treffen in Abuja im Jahr 2001, dass die Mitgliedsländer mindestens 15 Prozent ihres Haushalts für den Gesundheitssektor ausgeben sollten, ist Nigeria im Laufe der Jahre nicht über fünf Prozent hinausgekommen. Selbst nach afrikanischem Standard ist die nigerianische herrschende Elite also nutzlos und unverantwortlich. Es muss jedoch gesagt werden, dass sowohl eine angemessene Finanzierung der Gesundheitsversorgung als auch ihre demokratische Kontrolle notwendig sind, um den sinnvollen Einsatz der finanziellen Mittel sicherzustellen.
Wie sukzessiv verantwortungslose Regierungen kritische Gesundheitsbedürfnisse aufgegeben haben, zeigt die Finanzierung der Behandlung von HIV und Tuberkulose, die durch ausländische Hilfsgelder finanziert werden. Nach einem Bericht der US-Botschaft haben die USA allein in 2023 mehr als 600 Millionen US-Dollar in die Gesundheitsversorgung von Nigeria investiert. Das sind etwa 21 Prozent des jährlichen nigerianischen Gesundheitsbudgets in 2023 (The Conversation, 5. Februar). Trotz der Auslandshilfe wird die Finanzierungslücke der Gesundheitsversorgung im Allgemeinen, jedoch hauptsächlich durch Ausgaben über jegliche Akteure, die es sich leisten können, aus der eigenen Tasche gestopft. Natürlich können sich demnach viele Arbeiter*innen die Kosten privater Gesundheitsversorgung oder die Kommerzialisierung entscheidender Dienstleistungen in öffentlichen Krankenhäusern nicht leisten.
Widerstand
In den USA haben sich Arbeiter*innen und Jugendliche nicht mit den Waffen in ihrer Hand lediglich dem Schicksal ergeben. Sie haben begonnen, gegen die zerstörerische Politik Trumps Widerstand aufzubauen. Am 5. April fanden Massenproteste in 1.400 Städten und Gemeinden statt. Die US ist tief gespalten. Dennoch wird die Unterstützung für Trump im Fall einer Wirtschaftskrise abschwächen, besonders weil er während seiner Wahlkampagne “gute Arbeitsplätze und gute Löhne” [engl.: “good jobs and good wages”] versprach. Trumps internationale Rivalen werden versuchen, ihn für diese Krise allein verantwortlich zu machen, obwohl es sich dabei um ein Ergebnis des Wettbewerbs zwischen allen kapitalistischen Ländern, speziell den Imperialistischen, handelt. Es besteht die Notwendigkeit für die internationale Solidarität der Arbeiter*innenklasse in jeglicher Form, überall, als Opposition gegen alle kapitalistischen Elemente.
Was in Nigeria jedoch mehr gebraucht wird, ist der Aufbau einer gewaltigen Massenbewegung, einschließlich Gewerkschaften, um sich gegen alle armenfeindlichen, kapitalistischen Angriffe zur Wehr setzen zu können, welche möglicherweise durch Trumps America-First-Politik verstärkt werden. Die Aufgabe einer solchen Bewegung beinhaltet den Aufbau einer Arbeiter*innenpartei, basierend auf einem sozialistischen Programm. Dies dient dazu, der rückständigen kapitalistischen Elite die Macht zu entreißen und, auf der Grundlage demokratischer sozialistischer Planung und der Solidarität der internationalen Arbeiter*innenklasse, das kollektive Vermögen des Landes zum Wohle der großen Mehrheit zu nutzen. Eine solche Entwicklung in jedem Land, besonders in einem Großen wie Nigeria, wäre eine Inspiration für die Arbeiter*innenklasse und arme Menschen weltweit diesem Beispiel zu folgen und sozialistischen Wandel in der ganzen Welt zu realisieren.
Erstmals veröffentlicht auf englisch unter: https://www.socialistworld.net/2025/04/22/trump-administrations-shockwaves-hit-nigeria/