Putsch in Niger kann Flächenbrand auslösen

Stellvertreterkrieg imperialistischer Mächte droht

Am 26. Juli putschte sich das Militär in Niger unter Führung des vormaligen Chefs der Präsidentengarde, General Abdourahamane Tiani, an die Macht und stellte den gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum unter Hausarrest. Der Machtkampf innerhalb der nigrischen Elite ist Ausdruck des Kampfes unterschiedlicher Großmachtinteressen auf dem afrikanischen Kontinent. Neben der Ukraine und Taiwan ist Niger bzw. die afrikanische Sahel-Zone ein weiterer Flashpoint dieses Kampfes.

Von Sascha Staničić

Niger ist von großer strategischer und ökonomischer Bedeutung für den westlichen Imperialismus, insbesondere für die frühere Kolonialmacht Frankreich. Es ist kein Zufall, dass fast dreitausend Soldat*innen aus den USA, Frankreich, Italien und Deutschland dort stationiert sind. Mohamed Bazoum galt als zuverlässiger Partner des Westens, sowohl bei der Sicherstellung der Uranexporte für französische Atomkraftwerke, als auch bei der Eindämmung von Fluchtbewegungen in Richtung Europa und dem Kampf gegen dem rechten politischen Islam angehörende Terrormilizen, die in Niger und angrenzenden Staaten ihr Unwesen treiben.

Krise und Protest

Davon haben die Menschen in dem als zweitärmsten Staat der Welt geltenden Land jedoch nichts. Trotz Uran-, Kohle- und Goldvorkommen leben drei der 25 Millionen Einwohner*innen in akuter Armut und Hunger und liegt die Analphabetenrate bei 37 Prozent. Dies hatte zu Protesten geführt, die sich auch gegen die jahrelange Vorherrschaft Frankreichs richteten. Nach dem Putsch hat es Medienberichten zufolge mehr Demonstrationen für die neuen Machthaber als gegen sie gegeben – bei denen auch russische Fahnen geschwenkt wurden. Das ist Ausdruck davon, wie verhasst die ehemaligen westlichen Kolonialländer nicht nur in Niger, sondern in vielen Ländern Afrikas, sind und dass es in Teilen der Bevölkerung und der Eliten eine Umorientierung in Richtung Chinas und Russlands gibt. Gerade China hat in den letzten Jahren massiv in Afrika investiert, Kredite vergeben und seinen Einfluss ausgebaut.

Krieg droht

Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS droht offen mit einer Militärintervention, um Mohamed Bazoum wieder ins Amt zu bringen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock findet für die ECOWAS nur lobende Worte. Gleichzeitig haben die Militärmachthaber in Mali und Burkina Faso ihre Unterstützung für die Putschisten in Niger erklärt und einen Militärpakt mit ihnen vereinbart. Es droht eine Eskalation, die sich zu einem Flächenbrand in Afrika und einem Stellvertreterkrieg ausweiten kann. Die US-Staatssekretärin Victoria Nuland hat selbst ein Eingreifen von US-Truppen nicht ausgeschlossen, während russische Wagner-Verbände in den angrenzenden Staaten Mali und Burkina Faso auf Seiten der dortigen Regierungen tätig sind. Leidtragende werden, wie immer im Kapitalismus, die einfachen Arbeiter*innen, Bäuer*innen und Armen sein. Diese haben nichts von den enormen Bodenschätzen in Afrika – dreißig Prozent der weltweiten Vorkommen. 

Klassenstandpunkt

Die nigrische Gewerkschaftsbewegung ist mit einem Organisationsgrad von fünf Prozent schwach und zudem gespalten. Die Demokratische Konföderation der Arbeiter*innen verurteilte den Staatsstreich, während die – kleinere – Gewerkschaftliche Aktionseinheit (UAS) diesen unterstützte und sich gegen ausländische Interventionen aussprach. Unsere Genoss*innen der Demokratisch-Sozialistischen Bewegung (DSM) in Nigeria rufen in ihrer Stellungnahme dazu auf, einen Klassenstandpunkt einzunehmen: „Die DSM ruft die Gewerkschaften und arbeitenden Massen auf, sich zusammenzuschließen, um den Militärputsch abzulehnen, die demokratischen Rechte zu verteidigen und ausländische Aggression und Intervention abzulehnen. Die Arbeiter*innenbewegung sollte eine verfassungsgebende Versammlung fordern und dafür mobilisieren, die von gewählten Vertreter*innen der arbeitenden Bevölkerung dominiert wird, um eine Verfassung zu verabschieden, die die Ressourcen des Landes unter die demokratische Kontrolle der arbeitenden Bevölkerung von Niger stellt.“

Die Stellungnahme der DSM Nigeria findet sich hier.

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