
Wie den Kampf gegen die neue Regierung führen?
Am 9. April veröffentlichte die kommende schwarz-rote Koalition unter dem Titel “Verantwortung für Deutschland” ihren Koalitionsvertrag. Wenn man sich die Inhalte dieses Papiers anschaut, ist klar, dass die kommende Regierung vor allem bereit ist, Verantwortung dafür zu übernehmen, die von der herrschenden Klasse geforderten Angriffe auf unseren Lebensstandard durchzuführen.
Von Christoph Farwig, Mainz
Auf die kommende Merz-Regierung wird von allen Seiten Druck ausgeübt werden. Von Links und Rechts durch den Wahlerfolg von AfD und Linke, aber auch von Oben und Unten durch die Arbeitgeberverbände auf der einen und die frustrierte Arbeiter*innenklasse auf der anderen Seite. Schon zu den Zeiten der Ampel-Regierung wurden Forderungen des Kapitals nach Einschränkung von Streikrecht und Angriffe auf das, was vom Sozialstaat geblieben ist, laut. Elemente davon finden sich auch im Koalitionsvertrag. Harz IV kommt zurück, Steigerung der Höchstarbeitszeit und selbst die Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro die Stunde ist nicht sicher.
Doch trotzdem ist es unklar, ob die neue Regierung den Forderungen der Bosse gerecht werden kann. Schon jetzt haben CDU/CSU und SPD in Umfragen fünf Prozentpunkte der Stimmen verloren, ohne überhaupt offiziell zu regieren. Der Blackrock-Bänker Friedrich Merz wird von Arbeiter*innen sicherlich auch keine Vorschußlobeeren bekommen. Die kommende Regierung wird weiterhin von Instabilität geprägt sein.
Angriffe werden kommen
Sicher ist jedoch, dass Angriffe kommen werden. Allein für die Aufrüstung wird die Arbeiter*innenklasse per Kürzungen bezahlen müssen. Dazu kommt die finanzielle Krise der Kommunen, in denen Kürzungen und Haushaltssperren auf der Tagesordnung stehen. In Dresden und Mainz haben Mitglieder der Sol Initiativen zur Gründung von Bündnissen gegen Kürzungen ergriffen. Besonders in Dresden war es möglich, Tausende auf die Straße zu bringen und damit einige der Kürzungen abzuwehren (siehe Seite 7). Das ist jedoch nur ein Vorgeschmack darauf, was möglich ist, wenn wir kämpfen. Gewerkschaften, Die Linke und Sozialverbände müssen überall, wo es zu Kürzungen auf kommunaler Ebene kommt, Bündnisse schmieden und Widerstand organisieren. Dazu wäre es nötig, diese Initiativen bundesweit zu vernetzen, denn auch wenn es sich um lokale Kampagnen handelt, können wir vereint die Wurzel des Problems anpacken und für bedarfsgerechte Haushälte kämpfen. Das Geld dafür wäre da – es wird halt nur für Aufrüstung ausgegeben oder landet in den Taschen der Bosse.
Doch auch auf weitergehende Angriffe auf die Arbeiter*innenklasse müssen wir uns jetzt vorbereiten. Deshalb hat die Sol zusammen mit anderen Linken und Gewerkschafter*innen vor einem Jahr den Aufruf “Wir Schlagen Alarm” initiiert. Dort warnen wir vor einer Agenda 2030 und rufen dazu auf, sich jetzt bereits zu vernetzen, um kommenden Angriffen schlagkräftig begegnen zu können.
Gewerkschaftsführung schläft
Dabei käme gerade dem DGB und seinen Gewerkschaften eine wichtige Rolle zu. Doch leider zeigt die Führung in die andere Richtung und gibt sich staatstragend. Yasmin Fahimi (DGB-Vorsitzende) ging sogar soweit, das kürzlich beschlossene Aufrüstungspaket zu begrüßen und Frank Werneke (ver.di-Vorsitzender) äußerte nur zahme Opposition zum vorgestellten Koalitionsvertrag. Dass die Gewerkschaftsführung eigenständig Widerstand, der über einmaliges Dampf ablassen hinausgeht, organisiert, ist also unwahrscheinlich. Doch die große Unzufriedenheit unter den ver.di-Mitgliedern über die schwachen Tarifabschlüssen bei der Post und beim öffentlichen Dienst zeichnet ein anderes Bild. Dass die Kolleg*innen der Post den von der Tarifkommission zur Annahme empfohlenen Tarifabschluss mehrheitlich ablehnten, zeigt, dass es den Willen gibt, für tatsächliche Verbesserungen zu kämpfen. Darum müssen sich kämpferische Arbeiter*innen gemeinsam vernetzen, um in der Gewerkschaft für einen Kurswechsel zu kämpfen.
Die Rolle der Linken
Die Linke ist die einzige relevante Partei, die in Fällen von Angriffen auf die Arbeiter*innenklasse auf der Seite der Arbeiter*innen steht. Durch das explosive Wachstum in der Mitgliedschaft kann sie beim Aufbau und der Koordinierung von Kämpfen gegen die kommende Regierung eine wichtige Rolle spielen. Das wäre auch für den weiteren Aufbau der Partei wichtig. Die Linke darf keine reine Wahlpartei sein, sondern muss eine aktive und führende Rolle in der Organisierung von Widerstand in den Gewerkschaften und auf der Straße spielen. Sollte Die Linke diese Chance nicht wahrnehmen, wird das zwangsläufig zur Stärkung der AfD führen. Das Programm der Linken zu sozialen Fragen wirkt auf viele anziehend, doch allein durch parlamentarische Arbeit wird es nicht erreichbar sein. Das geht nur, wenn die Partei eine aktive Mitgliederpartei ist, welche den Druck von unten gegen den Klassenkampf von oben aufbaut. Dafür kämpfen Mitglieder der Sol innerhalb der Linken.
Kämpfen!
Die Angriffe, mit denen zu rechnen ist, sind nicht nur Produkt von Merz’ diabolischem Charakter, sondern Resultat der weltweiten Krise des Kapitalismus. Der Kapitalismus hat in den letzten Jahrzehnten in regelmäßigen Abständen immer schärfere Krisen produziert. Daraus folgt für die herrschende Klasse, dass bei den Arbeiter*innen gespart und ihre Rechte beschnitten werden müssen, um das Wachstum ihrer Profite zu garantieren. Genau deshalb sind keine sozialen Errungenschaften in diesem System sicher, was uns regelmäßig in Verteidigungskämpfe drängt. Diese müssen konsequent geführt werden, aber dabei darf nicht stehen geblieben werden. Forderungen nach Reallohnsteigerungen, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich, Entlastungstarifverträgen, höherem Mindestlohn und Sozialleistungen etc. gehören ebenso auf die Tagesordnung. Wirkliche Sicherheit kann uns langfristig aber nur eine sozialistische Demokratie geben. Wenn du dem zustimmst und etwas gegen kommende Angriffe tun möchtest – werde bei der Sol aktiv!