
Für die Arbeiter*inneneinheit gegen Rassismus und konfessionelle Spaltung!
In der Stadt Ballymena in der Grafschaft Antrim in Nordirland kam es zwei Nächte lang zu schweren Ausschreitungen, bei denen gezielte Angriffe gegen Migrant*innen und ethnische Minderheiten verübt wurden. Migrant*innen wurden aus ihren Häusern vertrieben. Aus Angst haben ethnische Minderheiten in ihrer Verzweiflung Aufkleber an ihren Haustüren angebracht, um sich zu unterscheiden und Angriffen zu entgehen.
Statement der Militant Left (Schwesterorganisation der Sol in Nordirland)
Letzte Nacht warfen Randalierer Steine und Molotowcocktails auf die Polizei von Nordirland (PSNI), die mit Plastikgeschossen und Wasserwerfern reagierte. An anderen Orten im Norden kam es zu kleineren rassistischen Tumulten.
Militant Left verurteilt diese entsetzlichen rassistischen Angriffe aufs Schärfste und ruft die arbeitende Bevölkerung in Ballymena dazu auf, sich gegen alle Versuche der Spaltung zusammenzuschließen.
Die gewalttätigen Ausschreitungen begannen nach Berichten über die Festnahme von zwei Teenagern, denen sexuelle Übergriffe auf einen anderen Teenager in der Umgebung von Ballymena vorgeworfen werden.
Militant Left verurteilt jede Form von sexueller Gewalt. Geschlechtsspezifische Gewalt hat ein alarmierendes Ausmaß erreicht. Rund 98 Prozent der Frauen in Nordirland geben an, im Laufe ihres Lebens geschlechtsspezifische Gewalt erlebt zu haben. Die Zahl der gemeldeten Fälle von Gewalt und Belästigung gegen Frauen ist gestiegen, gleichzeitig ist die Zahl der Strafverfolgungen wegen Vergewaltigung auf einem Rekordtief und es gibt einen enormen Stau an Fällen, die vor Gericht verhandelt werden müssen. Kürzungen bei der Prozesskostenhilfe und der Finanzierung von Frauenhäusern haben beispielsweise zu einem enormen Anstieg der Gewalt gegen Frauen in allen Bereichen geführt.
Am Dienstagabend fand in Ballymena eine Mahnwache der örtlichen Bevölkerung statt, die Berichten zufolge friedlich verlief. Es scheint, dass eine Splittergruppe der Protestierenden die Häuser rumänischer Einwohner*innen angegriffen hat. Häuser wurden niedergebrannt und die Migrant*innen von der Polizei aus dem Gebiet gebracht.
Ausländerfeindliche Stimmung wird angeheizt
Diese schrecklichen Ereignisse fanden nicht in einem Vakuum statt. Die einwanderungsfeindliche und rassistische Propaganda und Agitation durch rechtsextreme und rechtspopulistische Gruppen und Parteien, auch in den sozialen Medien, hat zweifellos zu diesen empörenden Szenen beigetragen. Darüber hinaus schüren Teile der rechten Medien und Politiker*innen zunehmend eine einwanderungsfeindliche Stimmung, um von den wahren Ursachen der sozialen und wirtschaftlichen Krise abzulenken, unter der die Arbeiter*innenklasse leidet. Die jüngste Rede von Premierminister Keir Starmer, in der er davon sprach, dass sich Menschen in Großbritannien wie „Fremde“ fühlten, war eindeutig auf rechtspopulistische, ausländerfeindliche Ressentiments ausgerichtet.
Militant Left Unterstützer*innen in den Gewerkschaften im Norden fordern die Gewerkschaftsbewegung auf, dringend in diese gefährlich eskalierende Situation einzugreifen und Massenaktionen zu organisieren, um die Einheit der arbeitenden Bevölkerung gegen Rassismus und alle Formen der Spaltung zu fördern.
Wir begrüßen die für den 11. Juni in Magherafelt im Bezirk Mid Ulster geplante Gegendemonstration gegen die Provokationen der rechtsextremen „besorgten Eltern“.
Wir begrüßen die Erklärung des Nordirischen Komitees des Irischen Gewerkschaftskongresses, in der die rassistischen Übergriffe in Ballymena verurteilt werden, doch der Text bleibt hinter dem zurück, was notwendig wäre. Die populistische Rechte und Rassist*innen machen Migrant*innen und ethnische Minderheiten zum Sündenbock für die Krise im Wohnungswesen, im Gesundheitswesen und in der Infrastruktur. Migrant*innen werden fälschlicherweise für die Angriffe der Bosse auf Löhne und Arbeitsbedingungen verantwortlich gemacht.
Wir können uns auch nicht auf den Staat verlassen, wie es die Erklärung von NIC-ICTU (Nordirisches Komitee im Irischen Gewerkschaftsverband) impliziert, um rassistischen Angriffen und rechtsextremen Protesten entgegenzuwirken. Die Anwesenheit der PSNI konnte die Brandstiftung gegen migrantische Familien in Ballymena am Dienstag nicht verhindern. Und die Polizei und andere staatliche Behörden im Norden haben eine lange Geschichte der Unterdrückung und tiefen Entfremdung von großen Teilen der Gesellschaft. Gewerkschaften wie die NIPSA (Gewerkschaft für Öffentlichen Dienst in Nordirland, größte Gewerkschaft Nordirlands) standen in den letzten Monaten an vorderster Front bei der Organisation von Gegenprotesten gegen die extreme Rechte in der Innenstadt von Belfast, einschließlich der Organisation von Sicherheitskräften.
Rolle der organisierten Arbeiter*innenbewegung
Die organisierte Arbeiter*innenbewegung in Nordirland muss die Arbeiter*innen dazu aufrufen, sich nicht entlang rassistischer oder ethnischer Linien spalten zu lassen, so wie sie sich in der Vergangenheit mutig gegen den Sektierertum vereint haben, der die Gemeinden oft gespalten hat. Die Region Ballymena hat eine stolze Tradition der Solidarität unter Arbeiter*innen über konfessionelle Grenzen hinweg. Der Gewerkschaftsrat von Ballymena spielte vor einigen Jahren eine wichtige Rolle dabei, die zunehmenden Spannungen nach gezielten Angriffen und bewussten Falschinformationen über lokale Wanderarbeiter*innen durch Rassist*innen abzubauen.
Vorläuferorganisationen der Militant Left, die Ballymena Labour and Trade Union Group/Young Socialists und Anhänger*innen der Zeitung Militant, spielten eine Schlüsselrolle bei ähnlichen Aktionen während der „Troubles“ (einer Phase der Unruhen in Nordirland), als massive Aktionen der Arbeiter*innenklasse an Arbeitsplätzen und in Gemeinden notwendig waren, um ein Abgleiten in einen umfassenden konfessionellen Konflikt zu verhindern. Solche Demonstrationen der Klasseneinheit sind in Ballymena und darüber hinaus dringend wieder notwendig!
Die Gewerkschaftsbewegung muss außerdem massive Investitionen in den sozialen Wohnungsbau, das Gesundheitswesen (Nordirland hat die längsten Wartelisten im britischen Gesundheitssystem NHS), lokale Jugenddienste in Gebieten der Arbeiter*innenklasse, eine angemessen finanzierte Bildung und hochwertige Ausbildungsplätze fordern.
Mit dem Herannahen der jährlichen „Marschsaison“ werden sich die konfessionellen Spannungen unweigerlich verschärfen. Da die Arbeiter*innenbewegung keinen Einfluss auf die Entwicklungen nimmt, besteht die reale Gefahr einer Eskalation rassistischer und spalterischer Gewalt.
Militant Left steht für die Massenaktion der organisierten Arbeiter*innenbewegung gegen alle Formen der schädlichen Spaltung und für die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft. Diese würde die Bedürfnisse der Mehrheit erfüllen, nicht die Gier der Milliardäre, und Armut und Not sowie alle Formen von Rassismus, Spaltung und Diskriminierung beseitigen.