
Stellungnahme der Sol Hamburg gegen die Schließung von Notaufnahme und Chirurgie
Diese Stellungnahme wurde bei der Demo gegen die Schließung am 15. Juli verteilt.
Den Hamburger Süden trifft ein schwerer Schlag: am Dienstag, 15. Juli 2025 werden die Notaufnahme und Chirurgie im Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand geschlossen. Das betrifft unmittelbar 60.000 Menschen, die in Wilhelmsburg und auf der Veddel leben. Auch zahllose umliegende Betriebe und der Hafen haben jetzt bei Unfällen keine Notfall-Anlaufstelle mehr in der Nähe.
Von Franka Niebling, Hamburg
Das Erzbistum Hamburg gibt am 15. Juli seine Trägerschaft an die Stadt Hamburg zurück – das war absehbar. Statt das Krankenhaus in städtischer Hand nun angemessen auszustatten und zu finanzieren, wie manche Menschen es einer rot-grünen Regierung mit wohlwollendem Blick zutrauen könnten, tut diese jedoch das genaue Gegenteil. Die Stadt wirft dem Erzbistum Fehlmanagement vor, und unterwirft sich selbst weiter brav dem auf Profitstreben getrimmten Gesundheitssystem: So kommt es zu den geplanten Kürzungen. Man könnte sich fragen: Was ist mit dem städtischen Auftrag für die stationäre Grund- und Notfallversorgung im größten Hamburger Stadtteil? Nun: Der lässt sich scheinbar einfach ignorieren. Und das nicht etwa, weil das Geld fehlt: Für spekulative Leuchtturmprojekte wie die Hafencity, die Elphi, den Elbtower, oder die neue Olympiabewerbung werden die Steuergelder von uns Hamburger*innen schließlich auch locker gemacht, ohne mit der Wimper zu zucken.
2020/21 waren es unter anderem auch die SPD und die Grünen sowie eine Linke Sozialbürgermeisterin, welche in Dresden einen massiven Bettenabbau planten (Letztere gegen den Widerstand von Teilen ihrer eigenen Partei). Klar wird auch hier: Egal unter welcher kapitalistischen Regierung, es gibt keinen Verlass auf eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung. In Dresden gingen die Menschen deshalb auf der Straße: Genoss*innen der Sol und das „Bündnis für Pflege Dresden“ mit der Gewerkschaft ver.di und der Linken Dresden. Das wirkte und führte schließlich dazu, dass letztlich der geplante Bettenabbau und die Schließung des Standortes immerhin auf 2025 verschoben wurden. Damit ist das Problem nicht dauerhaft gelöst, aber kurzfristig entschärft – ein weiterer Kampf blieb aber nötig. Allerdings zeigt es auch: wer kämpft, kann gewinnen! (https://solidaritaet.info/2021/06/dresden-wer-kaempft-kann-gewinnen/ )
Eine Petition gegen die Schließung fand schnell große Unterstützung – mittlerweile wurden über 10.000 Unterschriften gesammelt. Herausgeber der Petition und zahlreiche Kommentare sind sich einig: Im Klinikum Groß-Sand wird wichtige und notwendige Versorgung geleistet, auf die man nicht verzichten kann. Für eine vage, von Rot-Grün versprochene „Stadtteilklinik“ liegt bisher kein überzeugendes Konzept vor – und diese gäbe es wohl auch frühestens in einem Jahr. Was soll denn bis dahin nach dem 15. Juli passieren? Wo soll denn der Krankenwagen hinfahren, wenn die Elbbrücken dicht sind, aber jede Minute zählt? Nicht nur die Zufahrtsstraßen, sondern auch die anderen Krankenhäuser nördlich und südlich der Elbe sind bereits überlastet. Die Schließung ist ein zynisches Spiel mit dem Leben von Menschen, die der profitgierigen Politik einmal mehr schutzlos ausgeliefert werden. Ein Armutszeugnis.
Als Sol Hamburg rufen wir zum Unterschreiben der Petition von Hans Martin Wismar, einem Arzt in der Notaufnahme des Krankenhauses Groß-Sand, auf. (Hier findet ihr sie: https://www.change.org/p/gegen-die-schlie%C3%9Fung-der-notaufnahme-und-der-chirurgie-gro%C3%9F-sand-in-hamburg). Wir sind solidarisch mit den kämpfenden und demonstrierenden Wilhelmsburger*innen. Als Lösung fordern wir den vollständigen Erhalt aller Krankenhausabteilungen, um die Notfallversorgung auf der Insel zu gewährleisten. Wir fordern, dass die Stadt Hamburg ihrer Verantwortung dafür nachkommt. Das Gesundheitswesen gehört in die öffentliche Hand, demokratisch kontrolliert durch die Beschäftigten. Es sollte hier um Menschen gehen, nicht um Profitstreben oder Effizienzdenken. Dazu muss demokratisch über die Verwendung des gesellschaftlichen Reichtums entschieden werden.
Wir fordern:
- Sofortige Wiedereröffnung des Krankenhauses und Erhalt aller Arbeitsplätze!
- Aufstellung eines Krankenhausplanes, der den realen Bedarf und den Bedarf in Not- und Krisensituationen in Hamburg erfasst und anhand dieses Plans die Gesundheitsversorgung ganz Hamburg ausrichtet. Erarbeitet werden sollte dieser Plan nicht durch private Beraterfirmen, die ein Profitinteresse haben, sondern durch die Beschäftigten und Patient*innen.
- Nein zu einem kranken System: gegen das Fallpauschalensystem, welches nach Profit ausgelegt ist und zur Unterfinanzierung und Schließung von Kliniken und immer weiterer Verschlechterung des Gesundheitssystem führt.
- Es braucht Transparenz! Für eine Offenlegung der Bücher und Bilanzen.
- Widerstand ausweiten! Die Schließung bedeutet für die Kolleg*innen aller umliegenden Kliniken eine noch stärkere Belastung und Überarbeitung. Gemeinsam mit den Gewerkschaften, der Linken und aller Krankenhaus- und Pflegebeschäftigten muss diskutiert werden, wie demokratisch Widerstand aufgebaut werden kann. Auch Anwohner*innen und Patient*innen sollten miteinbezogen werden und so könnte eine lokale Widerstandskonferenz vorbereitet werden. Zu dieser könnten auch Kolleg*innen eingeladen werden, die sich anderswo erfolgreich gegen Schließungen gewehrt haben oder gerade einen ähnlichen Kampf führen, um die Vernetzung zu erweitern und sich gegenseitig zu unterstützen.
- Das Gesundheitswesen muss in die öffentliche Hand, demokratisch kontrolliert durch die Beschäftigten. Im Gesundheitswesen darf es nicht um Profitstreben oder Effizienzdenken gehen, sondern um die Menschen, die gesund werden sollen und die, die in diesem System arbeiten und alles am Laufen halten.