Nein zur Flexibilisierung der Arbeitszeit!

Offensiver Kampf für Arbeitszeitverkürzung nötig

Nach jahrzehntelangen Streiks, Protesten und politischem Kampf erreichte die  Arbeiter*innenbewegung 1918 den Acht-Stunden-Tag. Nun wollen Kapitalist*innen und ihr Kanzler Merz diesen abschaffen. Jetzt heißt es, diese Errungenschaft zu verteidigen und in den offensiven Kampf für eine Arbeitszeitverkürzung zu gehen!

von Magda Majeed, Berlin

Die durch gewerkschaftliche Kämpfe in verschiedenen Branchen erreichte Verkürzung der Arbeitszeit auf teilweise 35 Stunden in der Woche steht unter Beschuss. Angesichts der kapitalistischen Krise greift die herrschende Klasse die Zugeständnisse der letzten Jahrzehnte an, um die Profite der Reichen zu sichern. In den letzten Jahren fordern viele Politiker*innen und Wirtschaftsverbände immer wieder eine Verlängerung von Arbeitszeiten.

Aktuelle Angriffe

Diese Entwicklung führte in den letzten Jahren dazu, dass zum Beispiel bei VW die wöchentliche Arbeitszeit von 33 zuerst auf 34 und nun auf 35 Stunden angehoben wurde, bei den Berliner Verkehrsbetrieben vor kurzem ein Tarifabschluss vereinbart wurde, der die Möglichkeit einer Verlängerung der Arbeitszeit von 37,5 auf 39 Stunden beinhaltet und im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) ist nun eine “freiwillige” und befristete Arbeitszeiterhöhung auf bis zu 42 Stunden möglich.

Kurz nach seinem Amtsantritt sagte Friedrich Merz auf dem CDU-Wirtschaftstag: “Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten. Mit Vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand dieses Landes nicht erhalten können.”

Die Abschaffung der täglichen Höchstarbeitszeit wäre erst der Anfang. Die Merz-Klingbeil-Regierung will auch durch andere Maßnahmen die Arbeitszeit erhöhen: Überstundenzuschläge sollen steuerfrei und die Anreize für Teilzeit vermindert werden. Die gesetzlich vorgeschriebene digitale Arbeitszeiterfassung soll dadurch aufgeweicht werden, sodass eine Vertrauensarbeitszeit grundsätzlich möglich bleibt.

Arbeitnehmer*innenfreundlich?

Es wird oft der Eindruck erweckt, dass eine Arbeitszeitflexibilisierung weg von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit Beschäftigten die Möglichkeit bietet, sich die Arbeitszeit flexibler einzuteilen und so mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu haben. Das Gegenteil ist aber der Plan der Regierung, denn Deutschland soll  “produktiver” werden, indem durch mehr Arbeit die Wirtschaftsleistung erhöht wird – dabei steht nicht das Wohl der Arbeiter*innenklasse im Fokus und erst recht keine freie Wahl, wann und wie wir arbeiten wollen. Die tägliche Ausweitung der Arbeitsstunden ist noch viel schwerer zu kontrollieren als die bisherigen Regelungen, die ohnehin schon in vielen Bereichen aufgeweicht sind. Das würde mehr Raum für größere Ausbeutung am Arbeitsplatz bieten und die Kapitalist*innen würden noch mehr Macht und Kontrolle über unsere Arbeitsbedingungen bekommen, als sie ohnehin schon haben.

Offensiver Kampf nötig

Das sind besondere Herausforderungen für die Gewerkschaftsbewegung und gefährliche Entwicklungen. Die Arbeitszeit ist neben dem Lohn der Hauptgegenstand des direkten Verteilungskampfes zwischen Kapital und Arbeit. Historische Errungenschaften wie den Acht-Stunden-Tag gilt es zu verteidigen bzw. der Forderung nach weiterer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich nachzukommen. Dafür brauchen wir kämpferische Gewerkschaften, die gegen solche Angriffe konsequent kämpfen. Nötig ist eine groß angelegte gewerkschaftliche Kampagne gegen die geplante Arbeitszeitflexibilisierung. Das sollte verbunden werden mit dem Kampf gegen weitere von der Regierung geplante Verschlechterungen, sowie gegen Haushaltskürzungen und Aufrüstung. Um einen Kurswechsel in den Gewerkschaften hin zu kämpferischer Politik statt Sozialpartnerschaft herbeizuführen, ist es nötig, dass sich kritische und kämpferische Kolleg*innen vernetzen. Das Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di und die Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) sind dazu Ansätze.