
Ein neuer Skandal am Hafenplatz in Kreuzberg: Die Eigentümer*innen haben rund 800.000 Euro an Wasserrechnungen nicht bezahlt, obwohl sie das Geld längst über die Nebenkosten von den Mieter*innen eingezogen hatten. Um eine drohende Wassersperre zu verhindern, springt nun der Bezirk ein – und bezahlt von öffentlichen Geldern die Schulden des Eigentümers.
Von Tim Brandes, Sol Mitglied und aktiv in der Hafenplatz-Initiative (HAI)
Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Am Hafenplatz reiht sich ein Missstand an den nächsten:
‐ Wie fast jedes Jahr gingen falsche Mietforderungen in Höhe von bis zu 9.500 Euro an Mieter*innen raus. Ohne dass klar ist, woher diese Summen stammen.
– Bei den Nebenkostenabrechnungen wird seit Jahren zu viel abkassiert (Siehe: https://solidaritaet.info/2024/07/moraitis-geht-die-graefin-bleibt/ )
– Einsicht in die Belege wird selbst nach neun Monaten nicht gewährt, weil die alte Hausverwaltung sie angeblich nicht weitergibt. Auf welcher Grundlage werden dann die Forderungen erhoben?
Der Zustand der Gebäude ist lebensgefährlich: Vor kurzem blieb eine Person im Fahrstuhl stecken, der seit einem Jahr keinen TÜV mehr hatte. Sowohl die Hausverwaltung als auch das Bauamt wurden mehrfach darauf hingewiesen – ohne Konsequenzen. Seit Monaten geht im zehnstöckigen Haus nur ein Aufzug – dessen TÜV auch diesen Monat ausläuft.
Das zeigt, wie das System funktioniert: Für die Profite der Immobilienhaie gibt es alle Freiheiten, während Mieter*innen keine wirklichen Rechte haben. Selbst wenn sie betrogen oder gefährdet werden, können sie sich oft nur individuell und mühsam juristisch wehren. Die Kosten am Ende tragen die Mieter*innen oder die Allgemeinheit – die Gewinne bleiben privat. Das Geld soll vom Eigentümer durch das Finanzamt eingetrieben werden. Ob das im Kontext der Gerüchte um seine Insolvenz passieren wird, bleibt zu sehen.
Was am Hafenplatz passiert, ist kein Einzelfall, sondern Ausdruck kapitalistischer Logik: jahrelange Vernachlässigung, falsche Nebenkostenabrechnungen und Verdrängungspläne. Im Kapitalismus zählt nicht, dass Hunderte Menschen dort wohnen, sondern nur, wie viel Profit sich aus dem Filetgrundstück schlagen lässt.
Wir sagen: Schluss mit diesem Wahnsinn! Der Hafenplatz gehört enteignet und in öffentliches Eigentum überführt – unter demokratischer Kontrolle der Mieter*innen selbst. Nur so kann sichergestellt werden, dass endlich nötige Reparaturen und schonende Sanierungsmaßnahmen stattfinden, Nebenkosten korrekt abgerechnet werden und Wohnraum dauerhaft bezahlbar bleibt. Schluss mit der Ausbeutung! Keine Profite mit der Miete!

Dokumentiert: Pressemitteilung der Hafenplatz-Initiative, Berlin, 29. September 2025
„Uns soll das Wasser abgedreht werden“ – 800.000 Euro Investoren-Schulden gefährden über 1.000 Bewohner:innen am Hafenplatz
Die Mieter:inneninitiative Hafenplatz zeigt sich entsetzt über die jüngsten Enthüllungen zu ausstehenden Wasserzahlungen in Höhe von rund 800.000 Euro, die die Eigentümergesellschaften nicht an die Berliner Wasserbetriebe weitergeleitet haben – trotz regelmäßiger Abschlagszahlungen durch die Mieter:innen.[1] Die Folge wäre eine drohende Wassersperre für mehr als tausend Bewohner:innen am Hafenplatz, darunter auch rund 600 Geflüchtete.
„Das ist kein Versehen, sondern Teil eines Systems: Seit Jahren ist klar, dass wir hier schrittweise rausgedrängt werden sollen. Erst befristete Mietverträge, dann monatelang keine Hausverwaltung und keine Reinigung, falsche Nebenkostenabrechnungen – Dächer sind kaputt, Fahrstühle funktionieren über Wochen nicht, es gibt Kakerlaken – und jetzt sogar die Androhung, uns wortwörtlich das Wasser abzudrehen“, erklärt eine Sprecherin der Mieter:inneninitiative Hafenplatz. „Es ist zu vermuten, dass die Eigentümer den Komplex bewusst verfallen lassen, um ihn im laufenden Betrieb zu entmieten. Das ist illegal, verantwortungslos und zynisch – es geht hier um das Zuhause von mehr als tausend Menschen. Wir fragen uns zudem, wo unser Geld abgeblieben ist.“
Der Zustand des Gebäudes ist bereits seit Jahren katastrophal. Mietzahlungen werden nicht in notwendige Instandhaltung oder Betriebskosten investiert, sondern verschwinden offenbar in den Taschen des Investors. Das Bezirksamt hat die geplante Wasserabschaltung zwar vorerst abgewendet, doch die Mieter*innen fordern eine umfassende und dauerhafte Lösung.
„Wir sehen hier nur die Spitze des Eisbergs“, so die Sprecherin weiter. „Wenn Politik und Behörden nicht entschlossen handeln, werden wir unser Dach über dem Kopf verlieren. Wir brauchen endlich wirksame Instrumente gegen Entmietungsstrategien – und nicht erst, wenn über 1.000 Menschen buchstäblich auf dem Trockenen sitzen. Solange Wohnraum als Ware gehandelt wird, bleibt das Problem allerdings systemisch. Was wir am Hafenplatz und in ganz Berlin brauchen, ist die Vergemeinschaftung und gemeinnützige Bewirtschaftung großer Wohnungsbestände.“
Das Geschäftsgebaren von Ioannis Moraitis, Geschäftsführer der Hedera Gruppe und damit vermuteter Mehrheitseigentümer des Hafenplatz-Areals, ist in der Immobilienbranche längst kein Geheimnis mehr. Laut einer schriftlichen Anfrage der Linken im September 2024 existieren mehr als 130 laufende Verfahren gegen Mitglieder der Hedera-Gruppe vor Amtsgerichten, Landgerichten, dem Kammergericht, durch Staatsanwaltschaften und Behörden.[2] Auch wird über staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen Kreditbetrugs gegen Moraitis berichtet.[3] In der öffentlichen Debatte wird die Hedera vielfach mit halb fertigen Bauprojekten in Verbindung gebracht, die Käufer*innen und Mieter*innen im Stich lassen.[4][5][6]
Die Mieter*initiative fordert den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und das Land Berlin, schnell und konsequent einzuschreiten. Dazu gehört auch die Prüfung, ob das Objekt enteignet werden kann.
Kontakt für Rückfragen:
Mieter:inneninitiative Hafenplatz, per e-Mail an: mietvernetzungsus@gmail.com
[2] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-20156.pdf
[6] https://taz.de/Immobilieninvestor-Ioannis-Moraitis/!6018051/