Javier Milei, Argentiniens rechtsgerichteter „libertärer“ Präsident, erzielt einen überwältigenden Sieg bei den Zwischenwahlen

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Zuerst veröffentlicht am 30. Oktober 2025, von Hugo Rodriguez und Pedro Albornoz (CWI Chile), Argentinien.

Javier Milei, Argentiniens rechtsgerichteter „libertärer“ Präsident, gewann die Zwischenwahlen 2025 und stärkte damit seine politische Position und seine Fähigkeit, seine reaktionäre Wirtschaftspolitik voranzutreiben.

Hugo Rodriguez und Pedro Albornoz betrachten die Wahlergebnisse, die Bilanz der arbeiter*innenfeindlichen Regierung von Javier Milei und das Versagen der peronistischen Opposition, den Wähler*innen aus der Arbeiter*innenklasse eine Alternative zu bieten (Der Peronismus war eine populistische politische Bewegung in Argentinien, die in den 1940er Jahren von Juan Perón gegründet wurde und sich durch staatliche Eingriffe in die Wirtschaft, Unterstützung durch Gewerkschaften und eine begrenzte Sozialpolitik auszeichnete. In den letzten Jahrzehnten hat sich die peronistische Opposition deutlich nach rechts bewegt).

Einige Tage sind seit den Zwischenwahlen vergangen, bei denen Milei einen überwältigenden Wahlsieg errungen hat. Dieses Szenario wurde von keiner Umfrage vorhergesagt, geschweige denn von der peronistischen Opposition.

Mileis Partei Libertad Avanza gewann die Wahl zur Hälfte der Abgeordnetenkammer mit 40,59 Prozent der Stimmen. Damit stieg ihre Zahl von 37 auf 93 Abgeordnete. Bei der Wahl zu einem Drittel des Senats stieg sie von 6 auf 19 Senatoren*innen, einer Kammer, in der sie etwas mehr als 42 Prozent der Stimmen erhielt. Die große Überraschung war jedoch, wie sie den Rückstand in der Provinz Buenos Aires, dem wichtigsten Wahlbezirk des Landes, überwinden konnte, wo sie am 7. September noch mit fast 14 Punkten Rückstand auf den Peronismus verloren hatte und bei dieser Wahl nur noch einen Punkt Rückstand hatte. Im separaten Wahlbezirk der Stadt Buenos Aires gewann Mileis Partei jedoch nur 25 Prozent.

Auf nationaler Ebene belegte die peronistische Allianz Fuerza Patria mit nur 33,64 Prozent den zweiten Platz. Die dritte Kraft mit 6,94 Prozent der Stimmen war die Provincias Unidas Alliance, ein Bündnis von sechs Gouverneur*innen, das versuchte, die politische Mitte zu besetzen. Der vierte Platz ging an die Frente de Izquierda (FIT-U) mit 3,9 Prozent, was einen Rückgang gegenüber den 5,53 Prozent bei den letzten Zwischenwahlen im Jahr 2021 bedeutet.

Es ist anzumerken, dass etwa 67,37 Prozent der Wahlberechtigten an diesen Wahlen teilgenommen haben. Dies war die niedrigste Wahlbeteiligung der letzten Jahre. Vor zwei Jahren, als der Präsident gewählt wurde, lag sie bei 77,01 Prozent und davor bei 70,83 Prozent bei den Zwischenwahlen 2021.

Es ist unerlässlich zu analysieren, warum die Regierung trotz Angriffen auf große Teile der Bevölkerung und der anhaltenden tiefen Wirtschaftskrise gewonnen hat.

Es gibt zweifellos mehrere Faktoren, die zur Erklärung dieses Ereignis beitragen. Einerseits gibt es eine akute soziale Fragmentierung und Polarisierung. Das Erstarken der anti-peronistischen Stimmen ist in der jüngeren Geschichte Argentiniens deutlich zu erkennen. Diese Stimmen sind konstant geblieben und lagen stets bei etwa 40 Prozent. Sie setzen sich aus den traditionell-rechtskonservativen Stimmen zusammen, umfassen aber auch die Unterstützung von Bevölkerungsschichten, die besonders unter der letzten Regierung von Alberto Fernández stark unter dem Peronismus gelitten haben. Dazu gehören wichtige Teile der jüngeren Bevölkerung, die traditionelle Parteien ablehnen und in Milei eine Hoffnung auf Veränderung sehen.

Darüber hinaus sah sich die argentinische Bevölkerung mit einer polarisierten und erpresserischen Wahlsituation konfrontiert, in der sie gezwungen war, sich für das kleinere Übel zu entscheiden. Zwischen dem Peronismus, der keine Kämpfe geführt hat, kein klares Alternativprogramm vorlegt und nur vorschlägt, den Kapitalismus in einer permanenten Krise zu verwalten. Und einer Regierung, die während der Wirtschaftskrise geschickt argumentiert hat, dass ein Sieg der Opposition den Zusammenbruch des Landes bedeuten würde.

Schließlich hat die Rettungsaktion in letzter Minute durch Trump und das US-Finanzministerium die Wirtschaft und den Wechselkurs vorübergehend gestützt und damit die Inflation einigermaßen unter Kontrolle gehalten. Dieses Thema war für weite Teile der Bevölkerung von grundlegender Bedeutung. Trumps Unterstützung und seine Drohung, Argentinien im Falle eines Sieges der Opposition im Stich zu lassen, hatten einen erheblichen Einfluss auf das Wahlergebnis.

Es sei darauf hingewiesen, dass die geopolitischen Interessen der Vereinigten Staaten unter der Trump-Regierung und ihr Handelskrieg mit China ein wichtiger Grund für die Unterstützung der ultra-neoliberalen Regierung Mileis in der Region waren.

Woher kam die Niederlage des Peronismus?

Als Revolutionär*innen und Kämpfer*innen für eine sozialistische Gesellschaft ist es notwendig, unter die Oberfläche zu schauen, um die Gründe für diese Niederlage des Peronismus zu finden.

Einerseits haben die traditionellen Parteien der argentinischen Bevölkerung und der Arbeiter*innenklasse keine Alternative zur Lösung der Probleme geboten, unter denen sie seit Jahrzehnten leiden.

Diese Wahl hat gezeigt, dass Kritik an den betrügerischen Machenschaften der Regierung nicht ausreicht. Es gibt wichtige Schichten, die nicht gewählt haben; mehr als 30 Prozent der Bevölkerung haben sich der Stimme enthalten, weil sie an niemanden glauben, weil sie nicht an die Institutionen glauben. Darüber hinaus haben einige peronistische und radikale Parlamentarier*innen aufgrund der begrenzten Vertretung Mileis im Parlament für einige Gesetze der Regierung gestimmt.

Die vollständige Diskreditierung der Opposition und das Fehlen einer Partei, die die Arbeiter*innenklasse wirklich vertritt, erklären den Vormarsch der extremen Rechten, nicht nur in Argentinien, sondern weltweit.

Was wir in Zukunft zweifellos erleben werden, ist eine Krisenregierung, denn trotz aller Dollar, die die Vereinigten Staaten schicken können, werden sie die gravierenden strukturellen Probleme des argentinischen Kapitalismus nicht lösen können.

Angesichts dieses Ergebnisses werden die Angriffe auf die Arbeiter*innenrechte weitergehen. Es wird bereits eine Arbeitsmarktreform angekündigt, die eine größere Arbeitsplatzunsicherheit, eine Verlängerung der Arbeitszeiten und eine Flexibilisierung der Tarifverträge vorsieht, wodurch diese reversibel werden. Laut einem Regierungsbeamten handelt es sich dabei um „eine sehr notwendige Maßnahme zur Schaffung von Arbeitsplätzen” und für das Wirtschaftswachstum.

Die Gewerkschaftsführung, die in den letzten zwei Jahren eine passive Rolle gespielt hat, wird erneut auf die Probe gestellt werden.

Es baut sich viel Wut und Zorn auf, und einige aktuelle Analyst*innen und Kommentator*innen sprechen von der dringenden Notwendigkeit, eine Veränderung herbeizuführen, um dieses Debakel innerhalb des institutionellen Rahmens zu kanalisieren, bevor es zu spät ist und sich eine Situation wie die von 2001 wiederholt (Anm. d. Übers.: Wirtschaftskrise in Argentinien). Diese Situation könnte katastrophal sein und in ein Blutbad ausarten.

Es muss daran erinnert werden, dass die Ergebnisse irreführend sind. Berücksichtigt man die hohe Wahlenthaltung, so stellt man fest, dass die Regierung nur etwa 25 Prozent Unterstützung erhalten hat.

Eine Regierung der Krise

Klar ist, dass es weiterhin eine Regierung der Krise sein wird und sich an der Situation nichts ändern wird. Im Gegenteil, mit jeder Maßnahme gegen die Rechte der Arbeiter*innenklasse wird sich die Krise verschärfen.

Die politische Lage in Argentinien zeigt einerseits den völligen Bankrott des peronistischen Reformismus und andererseits den der Gewerkschaftsführung.

Die Regierung Milei hat trotz des kolossalen Scheiterns ihres Wirtschaftsprogramms und ihrer mit Kriminalität und Betrug verbundenen Maßnahmen große soziale Konflikte relativ erfolgreich überstanden.

Kurz nach seinem Amtsantritt begann Milei mit einem brutalen Angriff auf den Lebensstandard der Arbeiter*innenklasse. Seine beiden Hauptziele sind die Überwindung des von früheren Regierungen hinterlassenen Haushaltsdefizits und die Senkung der Inflation.

Wir dürfen nicht vergessen, dass Alberto Fernández sein Amt mit einer Inflationsrate von 36 Prozent antrat und es mit einer Rate von über 210 Prozent verließ.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, versprach er, die Elite für die Kosten der Krise aufkommen zu lassen. Was jedoch nie konkretisiert wurde, war, wer diese Elite eigentlich ist. Javier Milei und seine Regierung richteten ihre direkten Maßnahmen gegen die schwächsten Bevölkerungsschichten: Sie kürzten die öffentlichen Ausgaben für Renten und Medikamente für Krebspatient*innen und legten öffentliche Bauprogramme vollständig lahm.

In seinem ultraneoliberalen Diskurs behauptete er, dass Ausgaben für soziale Rechte Diebstahl und ein Angriff auf das Privateigentum seien, und ging sogar so weit zu sagen, dass es nicht fair sei, wenn ein ganzes Land die Kosten für den Bau einer Brücke in einer Stadt trage, die diese benötige, sondern dass die Stadtbewohner*innen dafür aufkommen sollten, da sie davon profitieren würden.

Die Polizei griff nicht nur die Rentner*innen, die für eine Verbesserung ihrer Renten protestierten, brutal an, sondern schoss auch einem Fotografen und Reporter in den Kopf, der nach achtmonatiger Behandlung bis heute im Krankenhaus liegt und sich in einem kritischen Zustand befindet.

Es gab auch einen Fall von massivem Betrug. Die Regierung geriet in Schwierigkeiten, nachdem sie den Kauf einer Kryptowährung (Libra) unterstützt hatte. Als Milei dafür warb, stieg der Kurs der Libra innerhalb weniger Minuten um 1.200 Prozent. Dann brach er ein, was für 40.000 Investor*innen einen Verlust von Millionen Dollar bedeutete.

In Bezug auf die Wirtschaft war die Regierung Milei entschlossen, den Dollarpreis auf Kosten von Interventionen am Devisenmarkt zu stabilisieren und Milliarden von Dollar zu investieren, um den Peso überbewertet zu halten. Diese Dollar stammen aus den Ersparnissen Tausender Argentinier*innen der Mittelschicht, aus Krediten der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds und zuletzt aus dem US-Finanzministerium.

All diese Maßnahmen haben zu einem Anstieg der Armutsquote geführt. Tausende Familien können mit ihrem Einkommen nicht mehr über die Runden kommen. Der Konsum sank innerhalb eines Jahres um 6,3 Prozent und im September um 7,9 Prozent gegenüber August. Tausende kleine Industriebetriebe mussten schließen und Tausende von Arbeiter*innen entlassen werden.

Neben dem wirtschaftlichen Debakel und der Unterdrückung musste Javier Milei in seinem Bestreben, ein Konjunkturpaket zu erhalten, auch Demütigungen durch Donald Trump hinnehmen. Milei hat sich außerdem für die Plünderung der natürlichen Ressourcen Argentiniens eingesetzt.

Der Mangel an Organisation der Arbeiter*innenklasse

Die Gewerkschaftsbewegung hat sich bei den Demonstrationen gegen die Politik von Milei durch ihre Abwesenheit hervorgetan. Und im Kongress hat sich ein großer Teil der peronistischen Parlamentarier*innen kläglich der Politik der Regierung angeschlossen.

All dies unterstreicht das Fehlen einer Organisation der Arbeiter*innenklasse, die einen Kampf gegen die brutalen Angriffe auf den Lebensstandard anführen könnte.

Das globale kapitalistische System befindet sich in einer Krise, und alle Maßnahmen zur Lösung dieser Krise zielen darauf ab, die durch jahrzehntelange Kämpfe errungenen sozialen Rechte zu beschneiden.

Wenn es uns nicht gelingt, eine revolutionäre Organisation aufzubauen, die darauf abzielt, das kapitalistische System zu verändern, wird die Menschheit weiterhin in Gefahr sein, werden Kriege weitergehen und Menschen weiterhin an Hunger sterben.

Nur eine sozialistische Gesellschaft, die sich auf das soziale Wohlergehen und nicht auf individuelle Anhäufung von Reichtum konzentriert, kann die Probleme in den Bereichen Bildung, Gesundheitswesen, Wohnungsmangel, Arbeitsplätze und Naturschutz lösen.

Es ist das System, das sich in einer permanenten Krise befindet, und viele Regierungen in der Region stehen vor derselben Herausforderung. Wenn es keine echte Alternative für die Arbeiter*innenklasse gibt, wird Argentinien weiterhin von Krise zu Krise schlittern. Nur eine revolutionäre, klassenbasierte Organisation kann eine Lösung für die aktuelle Krise bieten, indem sie die Fahnen des Sozialismus und einer echten Arbeiter*innendemokratie hochhält.