Lenin: Staat und Revolution

Der marxistische Klassiker über Kapitalismus und Staat

AktivisIinnen aus sozialen Bewegung machen oft die Erfahrungen, dass der Staat nicht auf ihrer Seite steht – so zum Beispiel während Demonstrationen, Sitzblockaden oder Gerichtsverhandlungen. Mit den geplanten Verschärfungen der Polizeigesetze in verschiedenen Bundesländern sollen die Behörden weitere Befugnisse erhalten. Gleichzeitig wird die Polizei mit Militärgerät ausgestattet. Der Staat rüstet auf und zwar in erster Linie gegen Linke und alle, die sich gegen den Terror des Kapitalismus wehren wollen.

von Aleksandra Setsumei, Aachen

Warum tut der Staat das? Und wie sollten SozialistInnen mit ihm umgehen? Diesen Fragen widmet sich Lenin in „Staat und Revolution“. Mit Bezügen auf Marx‘ und Engels‘ Schriften erarbeitet er den Charakter des Staates. Das Werk wird zurecht als das Standardwerk der marxistischen Staatstheorie bezeichnet und enthält grundlegende Analysen, die bis heute ihre Gültigkeit behalten haben.

Was ist der Staat? Sind das „wir alle“? Diese Frage beschäftigt die Arbeiterbewegung seit ihrer Entstehung. Dabei ist es eine entscheidende Frage, denn ausgehend aus der Einschätzung des Staates ergibt sich, wie mit ihm umgegangen werden sollte. Können wir uns auf eine Rechtsstaatlichkeit oder eine faire Behandlung verlassen?

In revolutionären Zeiten müssen die SozialistInnen entscheiden: Übernehmen sie den existierenden Staatsapparat und nutzen ihn für ihre Zwecke, oder bekämpfen sie die alten Strukturen und bauen einen neuen Staat auf? „Staat und Revolution“ entstand in der Zeit, als SozialistInnen konkret vor dieser Frage standen, nämlich 1917 zwischen der Februar- und der Oktoberrevolution in Russland. Allein die Tatsache, dass Lenin sich in dieser Zeit gerade mit dem Thema beschäftigte, zeigt die Wichtigkeit, die er dieser Entscheidung beimaß, und der daraus resultierende Umgang der Bolschewiki mit dem russischen Staat war ausschlaggebend für den Erfolg der Oktoberrevolution.

Staat als Organ der Klassenherrschaft

Grundlage für die marxistische Analyse des bürgerlichen Staates ist die Analyse der kapitalistischen Produktionsverhältnisse, also der Feststellung, dass Reichtum kollektiv produziert, aber privat angeeignet wird, und des daraus resultierenden Gegensatzes von Kapital und Arbeit. Davon ausgehend leitet Lenin die Notwendigkeit des Staates aus der Unversöhnlichkeit der Klassengegensätze ab. Damit die Gesellschaft an diesem Widerspruch nicht zugrunde geht, braucht sie eine stabilisierende Kraft, den Staat. Der Staat schützt die bestehende Ordnung sowie die bestehenden Produktions- und Verteilungsverhältnisse und damit die Ausbeutung einer Klasse durch eine andere. Weiter stellt Lenin fest, dass die Macht jeden Staates auf seinem Gewaltmonopol basiert. Der Staat ist nichts weiter als eine „besondere Formation bewaffneter Menschen, die Gefängnisse und anderes zu ihrer Verfügung haben“.

Daher ist ein Staat weder neutral, noch ein Staat „aller Menschen“, sondern ein Apparat im Dienste der ausbeuterischen Klasse zur Unterdrückung der Mehrheit. Wer es wagt, in eine zu Spekulationszwecken leerstehende Wohnung einzuziehen, wird brutal geräumt und kriminalisiert. Wer aber genug Kapital besitzt, ganze Wälder abzuholzen, Kohle abzubaggern und sie anschließend gewinnbringend zu verbrennen, dem hilft die Polizei dabei, die störenden UmweltschützerInnen loszuwerden.

Schlussfolgerungen

Des Weiteren verarbeitet Lenin die Erfahrungen der vergangenen Revolutionen, unter anderem die der Pariser Kommune. Dort standen die RevolutionärInnen einem Boykott des Staatsapparates gegenüber. Es war nicht möglich, die Staatsstrukturen zu übernehmen; die RevolutionärInnen mussten den Staat anders organisieren. Lenin zieht den Schluss, dass jede Klasse danach strebt, den Staat nach ihrem Nutzen zu formen. Der bürgerliche Staat ist so konstruiert, dass er den Interessen der Kapitalisten dient. Aus dem Grund muss die Arbeiterklasse diesen Staat zerschlagen und eine Staatsform schaffen, die die Interessen der Arbeiterklasse durchsetzt. Ein solcher Staat wäre der erste Staat, der nicht der Minderheit, sondern der ungeheuren Mehrheit dient. Bis dahin gilt es, gegen Verschärfungen, wie die der Polizeigesetze in NRW und Bayern, Widerstand zu leisten und gleichzeitig marxistische Werke zu lesen und aus ihnen zu lernen.

Das Buch ist bei Manifest-Bücher erhältlich.

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